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Alvia Defense Organisation (Arbeitstitel!)

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier nun endlich das zweite Kapitel und ich hasse es immer noch Dinge beschreiben zu müssen! :-D Ich hoffe dennoch, dass es mir einigermaßen gelungen ist und das auch dieses Kapitel gut ankommen wird!

Viel Spaß beim lesen! ^^
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Alvia Defense Organisation

Die Sonne war bereits untergegangen, als wir die Kleinstadt Darish erreicht hatten.

Wir fuhren direkt durch ein Gebiet, welches aus mehreren Ein- und Mehrfamilienhäusern, sowie kleinen Parks bestand und sehr ruhig und friedlich wirkte. Die Vorgärten der Häuser wirkten sehr gepflegt und wenn man sie so betrachtete, konnte man gar nicht richtig glauben, dass wir bereits Ende September hatten. Die Bäume und Büsche waren noch saftig grün und auch die Blumen ließen sich nicht anmerken, dass der Herbst da war.

Je näher wir der Innenstadt kamen, desto mehr verschwanden die grünen Flächen und auch die Ein- und Mehrfamilienhäuser wurden durch farbenfrohe Hochhäuser ersetzt. Ein Laden nach dem Anderen tauchte auf und schon bald waren wir in einer Art Einkaufspassage angekommen, die zurzeit ziemlich verlassen wirkte, da die meisten Geschäfte bereits geschlossen hatten. Kopfsteinpflaster bedeckte die Straße, welches einen leichten, verwaschenen Rotton besaß. Darish war also eine Stadt mit farbigen Häusern und ebenso farbigen Straßen! Nun... Zumindest wirkte es freundlicher als dieses triste Grau, welches in Besk Standard gewesen war.

Wir kamen vor einem Gebäude zum Stehen, welches gar nicht in das Stadtbild von Darish reinpasste. Es wirkte wie ein weißer, riesiger Klotz mit Fenstern, welcher von einer kleinen Mauer umgeben war, die nur zwei Eingänge präsentierte, durch die man das Gebäude betreten konnte. Bewacht wurden diese Eingänge von zwei Mitgliedern der ADO, mit strengem, wachsamen Blick und bewaffnet bis an die Zähne! Josh fuhr direkt an einen Eingang heran, öffnete das Fenster und zeigte dem Wachmann seinen Dienstausweis, woraufhin dieser uns durchwinkte. Anschließend parkte Josh das Auto auf einem großen Parkplatz, direkt vor dem Gebäude, welcher schon recht leer war. Ich konnte mir vorstellen, dass es am Tage hier brechend voll war.

Als wir das Gebäude betraten, kam ich aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. So langweilig die Zentrale der ADO von außen auch wirkte, so wenig war sie es doch von innen! Die Eingangshalle, die wohlgemerkt verdammt groß war, war mit weißen Fliesen ausgelegt, auf denen ein rotbrauner Teppich lag, welcher direkt zu einem Tresen führte. Hinter diesem stand eine Elfe, die den Blick auf riesige Monitore gerichtete hatte, offenbar von den Überwachungskameras auf dem Gelände. Rechts von dem Eingang erstreckte sich eine kleine Sitzlandschaft, neben der ein Automat für heiße Getränke stand, wahrscheinlich für Besucher und auf der linken Seite kam man direkt ins Treppenhaus oder zum Fahrstuhl, um die anderen Stockwerke zu erreichen. Wir hingegen marschierten erst direkt auf den Tresen und somit auf die junge Elfe zu, die uns sogleich bemerkte.

Meiner Meinung nach zählten Elfen zu den schönsten Geschöpfen, die auf unserem Planeten lebten. Mit ihren langen, glänzenden Haaren, dieser makellos reinen Haut und den spitzen Ohren wirkten sie wie Wesen von einer anderen Welt. Auch diese Elfe hier war eine reine Augenweide. Sie besaß weißblonde, hüftlange Haare und sah uns aus hellgrünen Augen erfreut an. Ein breites Lächeln zierte ihr Gesicht, als sie uns zuwinkte.

„Hey Kyra!“ begrüßte Josh sie freundlich.

„Abend Josh! Ganz schön spät geworden heute, was?“

„Leider ja. Aber dafür waren wir auch recht erfolgreich...“ Josh warf einen kurzen Blick zu Tess und mir, welchen ich grimmig erwiderte. „Haben sich Aaron und Mrs. Johnson schon bei dir gemeldet?“

Die Elfe namens Kyra schüttelte den Kopf.

„Nein! Sie werden wohl noch unterwegs sein. Aber ich soll dir ausrichten, dass du sofort zu Ameya gehen sollst!“

„Ameya ist noch da? Ich hatte ihr doch gesagt, dass ich mich kümmer!“

„Du kennst sie doch! Seit du Bescheid gesagt hast, dass ihr mit den beiden Ausreißern auf dem Weg hierher seid, hat sie mich jede halbe Stunde gefragt, ob ihr euch schon gemeldet habt! Mich wundert es ja, dass sie dich nicht ständig angerufen hat.“

Josh seufzte und schüttelte leicht mit dem Kopf.

„Das ist so typisch... Na dann werden wir uns mal auf den Weg machen, damit sie beruhigt ist. Bis später!“

„Bis später!“

Mit diesen Worten wandten wir uns wieder von Kyra ab und machten uns auf direktem Weg zum Fahrstuhl. Ich spürte, wie sich ein wenig Nervosität in mir breit machte, als wir uns diesem näherten. Eigentlich hatte ich ganz stark damit gerechnet, dass Josh uns direkt zum Teamleiter von Team Ignis bringen würde, bei dem wir alles erklären durften, um dann unsere Strafen entgegen zu nehmen. Womit ich wirklich absolut nicht gerechnet hatte, war, dass wir sofort zu ihr gebracht wurden! Anhand des bitteren Gesichtsausdruckes meiner besten Freundin ahnte ich aber, dass nicht nur ich nicht damit gerechnet hatte...

Als wir beim Fahrstuhl ankamen, wandte sich Josh an Adrian, welcher nachwievor an der Seite von Teresa lief und sie am Arm festhielt.

„Du machst jetzt Feierabend, Adrian!“ sagte er zu ihm. „Um den Bericht brauchst du dich nicht kümmern, den schreibe ich morgen.“

„Ganz sicher?“ fragte der Novize. Dies war das erste Mal, dass ich ihn sprechen hörte, fiel mir auf... „Ich kann doch morgen nochmal vorbeikommen.“

„Nein! Du nimmst dir den Rest der Ferien frei, immerhin hast du in den letzten zwei Wochen genug Überstunden gemacht.“

„Okay... Wenn du meinst. Dann bis zum nächsten Mal!“

Josh nickte ihm noch einmal zu, dann verließ Adrian uns und ging zum Treppenhaus um in Richtung Keller zu verschwinden, wo offensichtlich die Umkleideräume waren. Josh stellte sich nun zwischen Teresa und mich und führte uns in den Fahrstuhl, um mit uns in das erste Stockwerk zu fahren. Keiner von uns sagte ein Wort, während wir darauf warteten, dass sich die Fahrstuhltür wieder öffnete. Ein wenig besorgt kaute ich auf meiner Unterlippe herum, bei dem Gedanken, dass wir in wenigen Minuten vor Ameya Night standen, der berühmtesten, aber auch vom Schicksal gebeuteltsten Frau Alvias! Ich hatte sie noch nie persönlich kennengelernt, doch da sie die Leiterin der ADO, sowie die Direktorin der beiden dazugehörigen Akademien war, besaß sie natürlich einen ähnlichen Bekanntheitsgrad wie Aaron Fey. Zudem galt sie als mächtigste Frau Alvias und genoss bei der Bevölkerung unseres Landes ein hohes Ansehen. Auch Teresa und ich bewunderten sie sehr, immerhin hatte sie die ADO zu einer ganz besonderen Kriegereinheit gemacht! Es war wirklich kaum zu glauben, dass ausgerechnet so eine Person, die alles dafür tat, dass die Bürger in Alvia friedlich leben konnten, eines der schlimmsten Schicksale ereilte, dass einen treffen konnte – sie hatte ihre Tochter verloren! Es war nun fast genau zwei Jahre her, als ein Serienmörder in Darish sein Unwesen trieb. Dies war einer der härtesten Fälle seit Jahren für die ADO und in den Nachrichten gab es kein anderes Thema mehr. Ich weiß noch, dass ich gebannt jede Sondersendung dazu gesehen hatte und immer die neuesten Einzelheiten zu dem Fall wissen wollte. Selbst bei uns in der Schule gab es kaum ein anderes Thema und Teresa hatte mir erzählt, dass ihr Vater fast nur noch in Darish war, um Ameya und der ADO ein wenig zu helfen und dennoch hatten die Krieger wochenlang kein Glück. Sie schafften es einfach nicht den Mörder zu schnappen, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, wahllos Vampire zu köpfen und deren Kopf auf einem Spieß neben dem leblosen Körper anzubringen. Wirklich jedes der vier Teams war an diesem Fall beteiligt und sogar die ADO-Zentrale in Perox schickte ein komplettes Team zur Hilfe nach Darish und dennoch fehlte vom Mörder jede Spur.

Ungefähr fünf Wochen lang lebten die Bewohner Darish´s in Angst und Schrecken und die Medien berichteten von fünfzehn Vampiren, die dem Mörder zum Opfer fielen. Eines Tages kam schließlich eine weitere Sondermeldung in den Nachrichten, die davon berichtete, dass es der ADO tatsächlich gelungen war, den Täter zu stellen! Laut Nachrichtensprecher hatte der Mörder versucht zwei weitere Vampire umzubringen, die allerdings zwei ADO. Krieger waren, darunter Ameyas Tochter Leena Night! Leider wurde damals nicht sehr viel von dem was da geschehen war, bekannt gegeben, da Ameya selbst dafür gesorgt hatte, dass nicht zu viel an die Öffentlichkeit gelang, doch eines hatte man doch heraussickern lassen: Leenas Kollege, der an diesem Tag bei ihr gewesen war, hatte den Mörder eigenhändig umgebracht! Wie und vor allem warum, war nicht bekannt, doch als weitere Krieger am Ort eintrafen, fanden sie nur noch die Leiche von ihm … sowie die Leiche von Leena! Natürlich gingen alle davon aus, dass sie dem Mörder zum Opfer gefallen war, woraufhin ihr Kollege ihn getötet hatte, doch ein paar Tage nach dem Vorfall drang die Nachricht an die Öffentlichkeit, dass Leena nicht vom Mörder, sondern von ihrem Kollegen selber umgebracht worden war. Wie diese Nachricht an die Öffentlichkeit kam, obwohl Ameya versucht hatte, es zu verhindern, wusste niemand, doch es war ein riesiger Skandal! Ein Mordfall innerhalb der ADO und das Opfer war auch noch die Tochter der Leiterin! Es wurden natürlich sofort Ermittlungen in diesem Fall eingeleitet, in die sich die Einheit aus Miratos, dem Land, welches neben Alvia und Beor, hoch im Norden lag und normalerweise im Zwist mit unserem Land lag, eingemischt hatte, da die ADO einen Mordfall innerhalb ihrer eigenen Einheit nicht bearbeiten durfte. Das war allerdings das Letzte, was die Öffentlichkeit von diesem Fall erfahren hatte. Was mit dem Mörder passiert war oder wer gar der Mörder gewesen war, wusste bis heute niemand und Ameya hatte sich nie wieder dazu geäußert.

Ich stellte es mir schrecklich vor, sein eigenes Kind zu verlieren und wollte mir gar nicht ausmalen, wie sich Ameya fühlen musste. Ich an ihrer Stelle wäre wahrscheinlich komplett durchgedreht, doch sie hatte sich nicht unterkriegen lassen. Nachwievor sorgte sie dafür, dass die ADO ihr Ansehen bewahrte, trotz diesen Vorfalles und sicherte uns somit ein einigermaßen ruhiges und sicheres Leben. Allein das, ließ meinen Respekt ihr gegenüber steigen. Wären die Umstände in diesem Moment auch anders, hätte ich mich durchaus auch gefreut, sie einmal persönlich kennenzulernen, aber so...? Nun... Meine Freude hielt sich ein wenig in Grenzen.

Es machte bing und die Fahrstuhltür öffnete sich wieder, als wir das erste Stockwerk erreichten. Vor uns erstreckte sich ein kleiner Flur, der gerade einmal zu zwei Türen führten, wovon eine am anderen Ende des Flures und die Andere rechts von uns war. Josh führte uns zu der Tür rechts von uns und klopfte an. Neben der Tür hing ein Schild, auf dem Ameya Night, Leiterin Alvia Defense Organisation stand. Ich wandte meinen Kopf zur anderen Tür und erkannte auch da ein Schild, auf dem allerdings nichts weiter drauf stand, als Versammlungsraum. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass die Büros der Teamleiter ebenfalls hier zu finden waren, doch offensichtlich täuschte ich mich da.

Ein paar Sekunden, nachdem Josh angeklopft hatte, ertönte ein leises „Herein!“ und er öffnete die Tür, damit wir endlich den Raum betreten konnten.

Ameyas Büro war beiweitem nicht so groß und eindrucksvoll, wie ich es erwartet hatte. Eigentlich war es nur ein kleiner Raum, in dem ein dunkler Schreibtisch stand, welcher vollgestellt war von einem Computer und etlichen Akten, sowie mehrere Regale, die bis oben hin gefüllt waren. An der Wand hing ein merkwürdig aussehendes Bild, auf dem ich einzig vier Farbkleckse erkennen konnte, in den Farben rot, blau, grün und eisblau. Ich verstand ja nicht viel von Kunst, aber dieses Bild wirkte wirklich auf mich, als hätte es ein dreijähriges Kind gemalt!

„Joshua! Da bist du ja endlich!“ ertönte eine weibliche Stimme, als Josh die Tür hinter uns wieder schloss. Ich wandte meinen Blick wieder zum Schreibtisch, hinter dem sich nun Ameya erhob, den Blick auf uns gerichtet. Schon als ich sie ab und zu im Fernsehen gesehen hatte, fand ich sie verdammt hübsch, aber nun, da ich ihr persönlich gegenüberstand, musste ich gestehen, dass verdammt hübsch sogar einigermaßen untertrieben war. Sie war eine großgewachsene Frau, mit langen, dunkelbraunen Haare, welche in Wellen an ihr hinab hingen und somit ihr wunderschönes, vampirblasses Gesicht umrahmten. Ihre ebenso dunklen Augen musterten Teresa und mich neugierig, ehe sie den Blick wieder zu Josh wandte. Trotz dessen sie „nur“ die Leiterin der ADO war, trug sie ebenfalls die Arbeitskleidung, allerdings hatte sie keine Jacke an, sodass man eine schwarze Bluse erkennen konnte, die ihren Oberkörper perfekt betonte.

„Ist die Fahrt einigermaßen ruhig verlaufen? Ich habe, um ehrlich zu sein, ein wenig früher mit dir gerechnet.“ fragte die Leiterin Josh, woraufhin er nickte.

„Natürlich! Aber durch das Stadtfest in Besk waren etliche Straßen gesperrt, weswegen ich eine riesige Umleitung fahren musste.“

„Verstehe...“ Ameya seufzte kurz und ließ sich schließlich wieder auf ihren Stuhl sinken. „Daran hatte ich nicht mehr gedacht. Ich hatte schon die Befürchtung, dass es weitere Komplikationen gab...“ Ein kurzer Blick auf mich und Teresa verriet, dass sie mit Komplikationen, weitere Fluchtversuche meinte. Mein Blick wurde ein wenig bitterer, aber ich sagte nichts.

„Nein, nein... Ich denke die Beiden haben nun endlich einmal eingesehen, dass sie verloren haben!“ erwiderte Josh und warf uns nun auch einen Blick zu. Ich versuchte ihn zu ignorieren und sah unentwegt in Ameyas Richtung. Ich sah sein dämliches, gehässiges Grinsen, welches er in Besk aufgesetzt hatte, immer noch vor mir...

„Gut... Dann sei doch so nett und nimm den Beiden die Handschellen ab! Hier werden sie die sicherlich nicht mehr benötigen!“

Josh tat, was sie befahl und keine Sekunde später ertönte wieder ein leises Klacken und sowohl Teresa als auch ich waren diese lästigen Dinger endlich los. Erleichtert rieb ich mir meine Handgelenke, welche bereits ein wenig begonnen hatten zu schmerzen. Ich wollte gewiss nie wieder für mehrere Stunden Handschellen tragen. Das war reinste Qual!

Nun deutete Ameya uns an, Platz zu nehmen, was wir auch sogleich taten. Josh entfernte sich ein Stückchen von uns und lehnte sich mit verschränkten Armen vor der Brust gegen die Wand, den wachsamen Blick auf uns und Ameya gerichtet. Unsere Aufmerksamkeit galt nun der Leiterin allein, die einen Zettel unter ihren Unterlagen hervorholte und einen Blick darauf warf.

„Also, ihr zwei...“ begann sie mit ernster Tonlage. „Wer ich bin dürfte euch ja klar sein, denke ich. Also nehme ich mal an, dass ich mich jetzt nicht extra vorstellen muss, oder?“ Wir schüttelten den Kopf, sagten aber immer noch nichts. „Gut... Dann kann ich ja gleich zum Wesentlichen kommen!

Ihr habt wirklich allerhand Mist gebaut in den letzten zwei Wochen, wie euch hoffentlich klar ist! Sämtliche Teams wurden alarmiert, wir haben mehrere Durchsuchungen angeordnet und das halbe Land auf den Kopf gestellt, um euch zu finden. Sogar die kleineren Kriegerstationen, wie die Stadtwachen der großen Städte wurden benachrichtigt und damit beauftragt, in den jeweiligen Städten nach euch zu suchen. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, habt ihr euch auch noch strafbar gemacht, indem ihr einen unserer Krieger niedergeschlagen und euch, wie Joshua mir mitgeteilt hat, geweigert habt, freiwillig mitzukommen!“ Sie machte eine kurze Pause und sah uns wieder ernst an. „Euch erwartet eine Menge Ärger! Körperverletzung und Widerstand gegen ADO-Krieger sind keine Kavaliersdelikte mehr! Was genau habt ihr euch in Beor erhofft, was es wert war, sich mit dreiundzwanzig Jahren strafbar zu machen?“

Teresa und ich sahen uns kurz an, dann wandten wir uns wieder der Leiterin zu und meine beste Freundin erhob das Wort.

„Wir hatten gehofft, in Beor ein Leben leben zu können, so, wie wir es uns vorstellen!“ erklärte sie mit festen Blick auf Ameya. Diese wirkte ein klein wenig irritiert.

„Nun... Alvia ist ein freies Land! Ihr könnt hier mit Sicherheit auch ein Leben führen, wie ihr es euch vorstellt!“

Tess schüttelte den Kopf.

„Nein! Das ist nicht möglich! Zumindest nicht, wenn man die Tochter des Herrschers oder ein Halbwesen ist und einen bestimmten Traum verfolgt!“

„Das müsst ihr mir jetzt genauer erklären!“ Ameya lehnte sich ein wenig nach vorn, stützte ihren Kopf auf ihre Hände und sah uns erwartend an.

„Es ist so...“ begann Tess wieder. „Maya und ich haben eine großen Traum, schon seit Jahren! Wir wollen unbedingt der ADO beitreten und wünschen uns nichts sehnlicher, als hier eine Ausbildung zu beginnen!“

„Ihr zwei wollt Krieger werden?“ fragte Ameya uns erstaunt, woraufhin wir nickten. Ich warf einen kurzen Blick zur Seite und bemerkte einen ebenso erstaunten Blick seitens von Josh.

„Ja! Schon seit wir klein sind! Wir haben auch alles dafür getan, um die dementsprechenden Anforderungen zu erfüllen! Aber wie ich schon sagte, ist das eben nicht so leicht, wenn man eben nicht „normal“ ist...“ Teresa legte eine kurze Pause ein und seufzte. Ihr Blick war ein wenig düsterer geworden. „Als Tochter des großen Herrschers ist es meine Aufgabe, sein Erbe anzutreten und ebenfalls Herrscherin zu werden! Mehrmals habe ich mit meinem Vater darüber diskutiert, aber egal, was ich sagte, es stimmte ihn nicht um. Er verbot mir, mich zu bewerben und damit war diese Angelegenheit für ihn Geschichte.“

„Und deswegen bist du abgehauen...“

Tess nickte.

„Ja! Ich möchte keine Herrscherin werden! Ich will keinen fremden Personen Befehle erteilen und neue Gesetze erfinden! Das, was ich möchte, ist dem Volk helfen, selber in den Kampf gegen die Verbrecher ziehen und für Frieden sorgen! Da mir das aber hier in Alvia nicht möglich ist, wollte ich mein Glück in einem anderen Land versuchen.“

„Verstehe! Du wolltest dich also bei der Beor Defense Organisation bewerben.“

„So ist es. In Beor hat mein Vater nicht das Sagen und er hätte es mir somit nicht verbieten können.“

Ameya nickte, dann wandte sie sich an mich.

„Und was ist mit dir? Hat deine Mutter dir diese Ausbildung ebenfalls verboten?“

Ich schüttelte meinen Kopf.

„Nein, ganz im Gegenteil! Meine Mum hat mich vollkommen dabei unterstützt... Ich habe nur das Pech, zur Hälfte Mensch zu sein und in der ADO werden ja keine Halbwesen aufgenommen!“

„Wer sagt das?“ Ameya runzelte irritiert ihre Stirn.

„Die Teamleiter bei denen ich mich beworben hatte.“ antwortete ich ihr. „Ich habe mich bei allen vier Teams in Perox und sogar bei zwei Teams hier in Darish beworben und immer bekam ich eine Absage mit eben dieser Begründung!“

Die Leiterin stieß einen tiefen Seufzer aus.

„Also entweder hast du das ein wenig falsch verstanden oder die Teamleiter haben ihre Absagen recht ungünstig formuliert. Es stimmt nicht, dass die ADO keine Halbwesen aufnimmt! Um ehrlich zu sein, ist es mir egal, was für ein Wesen ein neuer Novize oder eine neue Novizin besitzt, ebenso, wen die Teamleiter in ihre Teams aufnehmen! Sie können selber bestimmen, wessen Bewerbung sie absagen oder annehmen.“

„Wie auch immer... Auf jeden Fall wollte mich niemand in sein Team aufnehmen, nur, weil ich ein Halbwesen bin...“ gab ich mürrisch zurück und verschränkte meine Arme vor der Brust.

„Das ist doch aber noch lange kein Grund, einfach abzuhauen!“ Ameyas verständnisloser Blick traf auf meinen und sorgte dafür, dass ich zu Boden sah. „Und auch deine Begründung, Teresa, rechtfertigt keine Flucht, samt Körperverletzung!“

„Wir hatten nicht erwartet, dass Sie uns verstehen...“ murmelte meine beste Freundin. Auch sie hatte den Blick von Ameya abgewandt.

„Oh, glaube mir, in einer gewissen Weise kann ich euch gut verstehen!“ erwiderte diese. „Natürlich seid ihr verbittert, weil ihr nicht euren großen Traum leben könnt, nachdem ihr euch so angestrengt habt, um die Aufnahmebedingungen zu erfüllen. Aber das ist noch lange kein Grund, von zu Hause abzuhauen, einen Krieger niederzuschlagen und sich den Befehlen der ADO zu widersetzen!“ Sie legte wieder eine kurze Pause ein und ich spürte ihren Blick auf uns. Weder Teresa noch ich sagten ein Wort. „Ihr habt euch in Schwierigkeiten gebracht und eure Zukunft verbaut, nur weil ihr nicht die Ausbildung antreten konntet, die ihr machen wolltet. So sehr ich auch eure Gefühlslage verstehen kann.... Aber das war es wirklich nicht wert!“

Ein Klopfen unterbrach die Leiterin. Wir wandten unsere Köpfe zur Tür, während Ameya Josh bat, diese zu öffnen. Ich ahnte bereits, wer da an die Tür geklopft hatte und verzog ein wenig mein Gesicht, als Josh diese öffnete und ein Mann sowie eine Frau den Raum betraten, die natürlich niemand geringeres waren, als Aaron Fey und meine Mutter, Hayley Johnson! Mit besorgten, aber auch leicht wütenden Blicken kamen sie direkt auf uns zu und blieben direkt vor uns stehen. Teresa und ich erhoben uns und sahen unseren Eltern in die Augen. Immer wieder, wenn ich meine Mutter ansah, hatte ich das Gefühl in einen Spiegel zu sehen, der mir mein zukünftiges Ich zeigte. Sie hatte die gleichen blonden Haare, die gleichen blauen Augen und dieselben Gesichtszüge wie ich. Zudem war sie genau so groß wie ich und das Einzige, was uns wirklich unterschied waren sowohl ihre Falten, ihre bei weitem nicht so blasse Hautfarbe und ihr Sinn für Mode. Gewiss, ich hatte auch nicht viel Ahnung von Klamotten, aber ich würde definitiv niemals eine weiße Bluse und dazu einen lilafarbenen Rock anziehen, auf dem ein Blumenmuster gestickt war. Mal davon abgesehen, dass ich sowieso keine Röcke und Kleider anzog, meine Mutter hingegen ständig! Auf jeden Fall konnte man unsere Verwandtschaft absolut nicht abstreiten, was bei Teresa und ihrem Vater schon wieder ganz anders aussah.

Wie mir schon immer aufgefallen war, hatte Teresa nicht sonderlich viel von ihrem Vater geerbt, was das Aussehen betraf. Im Gegensatz zu seiner Tochter war dieser nämlich recht großgewachsen, hatte schwarz-blaue, etwas längere Haare, die er im Nacken zusammengebunden hatte und goldene Augen, die sogar in unserer Welt etwas ganz besonderes waren. Er trug einen langen, schwarzen Mantel, unter dem ich ein cremefarbenes Hemd und eine ebenso schwarze Hose erkennen konnte. Außerdem erkannte ich eine kleine silberne Kette um seinen Hals, deren Anhänger eine Art Flügel von einem Vogel darstellte. Teresa hatte mir einmal gesagt, dass dies ein Familienerbstück der Feys sei.

„Maya...“ Meine Mutter erhob das Wort und zog mich in eine kurze Umarmung, ehe sie mir fest in die Augen sah. „Ich habe mir solche Sorgen gemacht! Was hast du dir nur dabei gedacht, einfach abzuhauen?“

„Das Gleiche würde auch mich interessieren!“ ertönte auch Aarons Stimme, welcher ebenfalls seine Tochter ansah. „Was war nur so schlimm, dass der einzige Ausweg für dich eine Flucht war?“

„Das weißt du doch ganz genau...“ murrte Teresa, wich seinem Blick aber aus. „Du weißt warum ich weggelaufen bin...“

Aaron seufzte.

„Wegen dieser Ausbildung?“

Tess nickte.

„Ich will Kriegerin werden, nicht Herrscherin! Doch solange du es mir verbietest, ist es mir nicht möglich, hier die Ausbildung anzutreten...“

„Natürlich verbiete ich es dir! Aus gutem Grund! Du bist eine Gestaltwandlerin und noch dazu meine Tochter! Es ist nicht deine Bestimmung Kriegerin zu werden.“

„Es ist mein Leben! Ich kann machen, was ich will, egal wer oder was ich bin!“

„Nein, dass kannst du nicht! Zumindest nicht, solange du noch minderjährig bist und ich noch ein Wörtchen mitzureden habe.“

Meine beste Freundin verschränkte ihre Arme vor der Brust und funkelte ihren Vater nun wütend an. Sie wollte soeben etwas erwidern, als ein Räuspern von Ameya unsere Aufmerksamkeit auf sie lenkte.

„Ich kann mir vorstellen, dass dies keine leichte Situation für alle ist, aber lasst uns das doch ganz in Ruhe klären. Maya, Teresa, ihr setzt euch bitte wieder hin!“ Tess und ich nickten und ließen uns sogleich wieder auf unsere Stühle fallen. Meine Mutter und Aaron blieben an unserer Seite stehen. „Gut. Also... Ich hatte bereits ein sehr ausgiebiges Gespräch mit den Beiden und wie Teresa es schon erwähnt hat, sind sie tatsächlich nur geflohen, weil sie keine Chance bekommen haben, ihren Traum, ADO-Krieger zu werden, zu verwirklichen.“

„Das ist doch aber kein Grund, gleich einfach wegzulaufen!“ warf meine Mutter rein und ich spürte ihren Blick auf mir ruhen.

„Nein, dass habe ich ihnen auch gesagt!“ erwiderte Ameya darauf. „Ich habe ihnen klar gemacht, dass sie mit dieser Aktion gar nichts erreicht haben, außer, sich die Zukunft zu verbauen, weil sie sich strafbar gemacht haben! Ich hoffe, es ist auch angekommen!“

„Ja...“ murmelten Teresa und ich bitter, den Blick nach unten gerichtet.

„Und was für Strafen kommen jetzt auf die Beiden zu?“ fragte nun Aaron.

„Nun ja... Da die Beiden noch minderjährig sind, bislang nicht auffällig waren und durchaus einsehen, dass sie Fehler gemacht haben, werden die Strafen nicht all zu hoch ausfallen. Zudem würde ich es gern vermeiden, sie vor ein Gericht zu ziehen, wenn wir das auch gleich hier klären können!“

„Ist es denn möglich, eine Verhandlung zu umgehen?“ fragte nun wieder meine Mutter.

„Es ist eine seltene Ausnahme!“ antwortete die Leiterin. „Aber ich denke, dass eine Verhandlung in diesem Fall nicht unbedingt nötig ist. Sie werden ihre gerechten Strafen bekommen und dann hoffe ich, dass sich das Thema hiermit erledigt hat.“

„Naja, nicht wirklich...“ murrte ich dazwischen und hob meinen Blick.

„Wie bitte?“

Ich seufzte.

„Für Sie mag sich das Thema dann vielleicht erledigt haben, ebenso wie für unsere Eltern, aber für Teresa und mich und damit nichts geklärt! Wir sind dann wieder beim gleichen Punkt wie vorher. Teresa muss Herrscherin werden und ich muss irgendeine Ausbildung antreten, auf die ich absolut keine Lust habe! Wenn Sie mich fragen, ist damit überhaupt nichts geklärt!“

„Das Leben verläuft nun mal nicht immer so, wie man es gerne hätte!“ erwiderte Ameya.

„Das weiß ich auch! Aber gerade was die Ausbildung angeht, sollte es doch möglich sein, dass zu tun, was man sich wünscht! Ich meine.... Sollte die ADO nicht froh darüber sein, wenn sie zwei Novizen kriegen kann, die sich nichts sehnlicher wünschen, als diese Ausbildung? Immerhin würden wir ganz anders an die Sache rangehen, als Novizen, die sich eben einfach für eine Ausbildung entscheiden mussten!“

„Was denkst du, wie viele sich hier bewerben, die genauso denken wie du? Wir können nicht jeden aufnehmen und mussten schon allerhand Absagen erteilen! Wir können nicht jeden aufnehmen, der sich wünscht, Krieger zu werden!“

„Das ist mir auch klar... Aber Teresa und ich haben wirklich die perfekten Voraussetzungen für diese Ausbildung... Ich finde, wir hätten eine Chance verdient!“

„So denken viele!“ Ameya lehnte sich ein wenig zurück und sah mir tief in die Augen. „Ich kenne eure Noten nicht, weiß auch nicht, ob ihr wirklich so perfekte Voraussetzungen besitzt, aber ich weiß, dass meine Teamleiter immer so entscheiden, wie sie es für richtig halten. Du sagtest doch, dass du dich bei zwei Teams hier in Darish nicht beworben hast. Vielleicht hättest du es tun sollen! Wer weiß, womöglich hättest du in einem dieser Teams Glück gehabt! Doch du hast es nicht getan und somit keine Ausbildungsstelle bekommen!

Und was Teresa angeht... So gut sie vielleicht auch sein mag, wenn ihr Vater es ihr verbietet, dann ist das so! Sie ist minderjährig und ohne Erlaubnis ihres Vaters hat sie eben keine Chance eine Ausbildung hier zu beginnen! Sicher, es ist bitter, wenn man seinen Traum nicht leben kann, aber davon geht die Welt nicht unter! Das Leben geht weiter!“

„Ja, aber was ist das für ein Leben, in dem man zu etwas gezwungen wird, was man absolut nicht möchte?“ warf Teresa dazwischen.

„Teresa, bitte!“ Aaron sah seine Tochter vorwurfsvoll an. „Du tust beinahe so, als wäre es das Schlimmste auf der Welt, Herrscherin zu werden!“

„Für mich ist es das auch, Dad! Ich verstehe ja, dass du unbedingt möchtest, dass ich deine Nachfolgerin werde, aber du kannst mich doch nicht dazu zwingen! Solltest du, als mein Vater, nicht eher wollen, dass ich meinen Traum lebe und glücklich bin?“

„Natürlich will ich das du glücklich bist...“

„Dann lass mich doch diese Ausbildung machen!“

Kurze Stille trat ein, in der Aaron seine Tochter einfach nur ansah. Schließlich stieß er einen Seufzer aus.

„Selbst wenn ich es dir erlauben würde...“ begann er von neuem. „In zwei Wochen beginnt das neue Ausbildungsjahr! Mittlerweile sind bestimmt alle Teams vollständig!“

„Wenn ich mich da mal einmischen dürfte...“ meldete sich plötzlich Josh zu Wort. Er hatte sich wieder zur Wand begeben, als unsere Eltern eingetreten waren und war so still gewesen, dass ich ihn komplett vergessen hatte. Nun aber stieß er sich leicht von der Wand ab und trat ein paar Schritte hervor, den Blick auf Aaron und Teresa gerichtet. „Es sind bei Weitem nicht alle Teams vollständig. In Team Ignis zum Beispiel sind noch ein paar Plätze frei.“

So, wie er das sagte, ging Teresas Blick hoffnungsvoll zwischen ihm und ihrem Vater hin und her. Aarons Blick hingehen wirkte ein wenig verzweifelt und anklagend in Josh´s Richtung. Offenbar hatte er gehofft, seiner Tochter somit den Wunsch aus dem Kopf schlagen zu können. Ich musste mir wirklich ein wenig das Grinsen verkneifen.

„Das mag sein...“ murmelte Aaron. „Dennoch reicht die Zeit nicht mehr, um sich noch rechtzeitig zu bewerben!“

„Wenn du es ihr erlaubst, ist eine Bewerbung auch gar nicht nötig.“

„I-Ist das etwa ein Angebot?“ Teresa erhob sich ruckartig von ihrem Stuhl und sah Josh erwartend an.

„Wenn dein Vater es erlaubt...“

Mit großen Augen sah Teresa zu ihrem Vater.

„Dad, bitte!“ flehte sie ihn an. „Wenn du wirklich willst, dass ich glücklich bin, dann erlaubst du mir das!“

„Ich weiß nicht, Tess...“

„Bitte! Gib mir wenigstens die Chance, es zu probieren! Sollte diese Ausbildung nichts für mich sein, dann verspreche ich dir, trete ich deine Nachfolge an! Aber lass es mich wenigstens versuchen!“

Aarons Blick ging zu Josh, welcher ihn ebenso ansah.

„Denkst du wirklich, es wäre eine gute Idee?“ fragte er ihn.

Josh zuckte mit den Schultern.

„Sie hat zumindest eine Chance verdient! Auf den Kopf gefallen ist sie nicht und auch am Willen mangelt es ihr nicht. Was die Stärke angeht dürfte sie vielleicht ein paar Nachteile haben, im Gegensatz zu den anderen Novizen, aber das lässt sich durch Training durchaus ändern.“

Aaron atmete tief ein und schwieg schließlich eine Weile. Er schien intensiv darüber nachzudenken und die Vor- und Nachteile abzuwiegen, doch schließlich seufzte er und nickte leicht.

„Na gut... Dann mach halt diese Ausbildung... Aber solltest du merken, dass das nichts für dich ist, brichst du sie sofort wieder ab! Verstanden?“

Ein riesiges Lächeln zeichnete sich auf dem Gesicht meiner besten Freundin ab, als Aaron diese Worte sagte. Auch ich kam nicht umhin, ein wenig zu lächeln. Ich freute mich für sie, wirklich!

„Danke, Dad! Danke!“ sagte sie freudig und fiel ihrem Vater um den Hals. Man sah Aaron an, dass er nicht sonderlich begeistert war, klein bei gegeben zu haben, doch er sagte nichts dazu.

Als Teresa ihn wieder losgelassen hatte, wandte sie sich noch einmal an Josh.

„Und was ist mit Maya?“ fragte sie ihn, noch immer ein wenig lächelnd. „Ihr bietest du doch sicherlich auch einen Ausbildungsplatz an, oder?“

Sofort ging sein Blick zu mir.

„Also, eigentlich.. Hatte ich das nicht vor!“ erwiderte er auf ihre Frage, was ihr Lächeln vollkommen verschwinden ließ.

„Wieso nicht? Sie besitzt genauso den Willen und die Voraussetzungen, wie ich!“

„Das mag sein. Aber sie besitzt ebenso eine sehr aufbrausende Ader und es scheint mir nicht so, als wäre sie jemand, der sich gerne etwas sagen lässt!“

„So ein Blödsinn!“ rief ich bissig. Mittlerweile hatte auch ich mich von meinem Stuhl erhoben und funkelte ihn wütend an. „Sagen Sie das etwa nur, weil ich mich gewehrt und Ihnen eine verpasst habe?“

„Maya!“ rief meine Mutter erschrocken, doch ich ließ meinen Blick auf Josh ruhen.

„Sie hat dich geschlagen?“ fragte Ameya nun diesen, welcher seinen Blick ebenfalls nicht von mir abwandte. Anscheinend hatte er ihr nichts von dieser Aktion gesagt.

„Ja, aber das ist nicht der Rede wert.“ erwiderte er. „Aber zumindest bestätigt sie soeben wieder meine Vermutung. Tut mir wirklich Leid, Teresa, aber ich kann ihr keine Ausbildung anbieten!“

„Komm schon, Josh!“ sagte meine beste Freundin. „Gib auch ihr eine Chance!“

„Ich halte das für keine gute Idee...“

„Wieso lassen wir nicht den Teamleiter entscheiden, ob es eine gute Idee ist, mich aufzunehmen oder nicht?“ erwiderte ich nun wieder. „Immerhin hat er das zu entscheiden und nicht Sie!“

Ein leichtes Lächeln stahl sich auf Josh´s Gesicht, welches mich sichtlich verwirrte. Was war daran bitte so lustig?

„Der Teamleiter steht vor dir, kleiner Dhampir!“ sagte er schließlich, woraufhin ich ihn mit großen Augen ansah.

„S-Sie sind der Teamleiter???“ fragte ich und betete innerlich, dass er mich gerade einfach nur verarschen wollte. Doch leider nickte er.

„Allerdings!“

Fassungslos starrte ich ihn an. Ausgerechnet Josh, derjenige, den ich geschlagen und bis aufs Letzte beleidigt hatte, war offenbar der Einzige, der mir meinen Traum noch erfüllen konnte? Das konnte doch unmöglich wahr sein! Doch da sogar Teresa nickte, als ich fragend zu ihr sah, musste ich es wohl glauben. Wunderbar...

„Und ich bin, um ehrlich zu sein, nicht gewillt, jemanden in mein Team aufzunehmen, der unbedingt seinen Willen durchsetzen will und sich kaum etwas sagen lässt. Das führt nur zu Problemen, die ich gerne vermeiden möchte.“

„Aber-“ setzte ich von neuem an, doch Josh unterbrach mich sofort.

„Lass gut sein! Ich habe mich bereits entschieden! Wärst du genauso einsichtig gewesen wie Teresa, hätte ich dir vielleicht eine Chance gegeben, aber nicht so!“

Seufzend sah ich zu Boden. So war also das zweite Mal mein Traum geplatzt, nachdem ich kurzzeitig wieder Hoffnung geschöpft hatte und warum? Weil ausgerechnet Josh Teamleiter sein musste... Ich wollte mich gerade wieder mit betrübtem Blick auf meinen Stuhl fallen lassen, als sich meine Mutter plötzlich einen Schritt nach vorn trat und sich an Josh wandte.

„Mr. Adams!“ begann sie mit ernstem Blick. „Ich weiß ja, dass meine Tochter nicht immer einfach ist und sicherlich hat sie sich in den letzten Tagen nicht von ihrer besten Seite gezeigt, aber diese Ausbildung ist ihr größter Wunsch! Ich bin mir sicher, dass sie keinen Ärger machen wird, wenn sie einen Platz in Ihrem Team sicher hat! Bitte, geben Sie ihr eine Chance! Sie wünscht sich wirklich nichts sehnlicher, als eine Kriegerin zu werden und hat schon viel zu viele Absagen bekommen, nur weil sie zur Hälfte Mensch ist!“

Abwechselnd sah ich von meiner Mutter zu Josh und wieder zurück. Seinen Blick konnte ich nicht deuten, weswegen ich nicht wusste, inwiefern die Worte meiner Mutter ihn erreichten. Doch er antwortete ihr nicht gleich, sondern sah sie nur stumm an. Schließlich wanderte sein Blick wieder zu mir, welchen ich erwiderte. Wie sehr wünschte ich mir, jetzt Gedanken lesen zu können.

„Okay...“ sagte er nach einer Weile. „Ich gebe dir eine Chance! Aber nur Eine! Wenn du Ärger machst, werfe ich dich in hohem Bogen wieder raus, haben wir uns verstanden? Also reiß dich zusammen!“

Ich brauchte eine Weile, ehe ich wirklich realisierte, was Josh soeben zu mir gesagt hatte. Doch als mein Gehirn die Worte endlich verarbeitet hatte, breitete sich ein riesiges Lächeln auf meinem Gesicht aus, welches sogar Teresas übertrumpfte, die mich fröhlich ansah.

Wir hatten es geschafft! Unser Traum hatte sich doch tatsächlich erfüllt! Vergessen war die gescheiterte Flucht und die Strapazen der letzten zwei Wochen. Nicht mehr lange, dann waren wir waschechte ADO-Novizen, genauso, wie wir es uns unser Leben lang immer vorgestellt hatten!

Ich sah in das Gesicht meiner Mutter. Wie dankbar ich ihr doch war! Wäre sie nicht gewesen, hätte Josh mich nie in sein Team aufgenommen. Ich wusste, dass ich das irgendwie wieder gut machen musste.

„Danke, Mum!“ sagte ich zu ihr und fiel ihr direkt um den Hals.

„Nichts zu danken! Ich freue mich für dich, mein Schatz!“

Ich löste mich wieder von ihr und grinste sie an. Anschließend ließen Teresa und ich uns nun doch endlich wieder auf unsere Stühle nieder. Auch wenn unsere Laune nun gestiegen war, da sich unser Traum erfüllt hatte, wussten wir, dass wir noch ein paar Strafen zu erwarten hatten, immerhin machte diese Ausbildung unsere Taten nicht ungeschehen. Als wir also wieder saßen und Josh sich wieder ein wenig Abseits gestellt hatte, begann Ameya zu sprechen.

„Schön! Ich hoffe, damit ist jetzt wirklich alles geklärt. Wie ihr seht, hättet ihr auch ohne dieser Flucht durchaus Möglichkeiten gehabt, euren Traum zu erfüllen. Denkt das nächste Mal daran, bevor ihr wieder irgendeine Dummheit begeht.“ Teresa und ich nickten. „Okay. Dann kommen wir mal zum letzten Punkt, nämlich zu euren Strafen. Wie bereits erwähnt werden diese nicht sehr hoch ausfallen, aber ich denke zwei Wochen gemeinnützige Arbeit, sowie eine Geldstrafe ist vollkommen angemessen. Und da die Ferien auch noch zwei Wochen lang gehen, habt ihr genügend Zeit, euren Strafen nachzugehen.“

Sowohl Tess als auch ich stöhnten auf. Da durften wir unsere letzten zwei Ferienwochen tatsächlich damit verbringen, gemeinnützige Arbeit in irgendeiner Einrichtung zu verrichten, anstatt uns auf unsere bevorstehende Ausbildung vorzubereiten? Nun, damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet... Und als würde das noch nicht reichen, bekamen wir auch noch eine Geldstrafe aufgebrummt! Sicher, für Teresa war das nicht weiter schlimm, immerhin waren sie und ihr Vater reich, aber bei mir und meiner Mutter sah das schon wieder anders aus. Anhand ihres Blickes und der Tatsache, dass sie sich auf der Unterlippe herumkaute, ahnte ich auch, dass sie alles andere als begeistert darüber war. Sie arbeitete als Verkäuferin in einem kleinen Laden! Es reichte, um uns ein angenehmes Leben zu bescheren, sofern man keine großen Wünsche oder Extraausgaben hatte... Diese Geldstrafe würde uns ziemlich zu schaffen machen. Doch leider half alles aufregen nichts, schließlich waren wir selber daran Schuld, dass Ameya uns diese Strafen gab. Dennoch hatte sie es geschafft unsere Freude ein wenig zu mindern. „Ich werde euch in den nächsten Tagen einen Brief zukommen lassen, in dem die Einrichtung steht, in der ihr eure gemeinnützige Arbeit verrichten werdet, sowie die Höhe eurer Geldstrafe! Nächste Woche dann erhaltet ihr die Informationen zu eurem Ausbildungsbeginn, wann ihr euch wo einfinden müsst und so weiter...“ Nun wandte sie sich noch einmal an Josh. „Machst du mit ihnen gleich die Ausbildungsverträge fertig?“

„Natürlich!“ antwortete er ihr.

„Okay. Leg sie dann einfach auf meinen Schreibtisch, ich werde mich morgen darum kümmern.“

Schließlich war die Zeit gekommen, sich von Ameya zu verabschieden. Nachdem unsere Eltern noch ihre Unterschriften da gelassen hatten, wegen unserer Anhörung und Bestrafung, verließen wir gemeinsam mit Josh ihr Büro und gingen zum Fahrstuhl, um in den vierten Stock zu fahren, der offensichtlich Team Ignis angehörte.

Eigentlich hatte ich auch hier einen langen Flur erwartete, von dem aus viele Türen in die verschiedenen Büros führten, doch ich wurde in der Beziehung ein wenig überrascht. Anstatt in einem langen Flur fand ich mich in einer Art großen Raum wieder, in dem mehrere Schreibtische samt Computer standen, welche zum Teil sogar besetzt waren. Rechts von uns erkannte ich einen kleinen abgegrenzten Raum, welcher eine Küche darstellte, wie mir der Kühlschrank und die ganzen Küchengeräte verrieten. Auch hier standen einige ADO-Krieger herum und unterhielten sich, während sie Kaffee aus ihren Tassen schlürften. Farblich war dieser Raum in einem rötlichen Ton gehalten, welches ein wenig in ein dunkleres orange überging.

Josh führte uns direkt zu seinem Büro, welches am anderen Ende des Raumes lag. Wir folgten ihm und spürten die neugierigen Blicke der anderen Krieger auf uns ruhen. Nur zu gern würde mich die Reaktion von ihnen interessieren, wenn sie erstmal erfuhren, dass Teresa und ich nun ebenfalls im Team waren, obwohl wir uns strafbar gemacht hatten!

Wir betraten Josh´s Büro, welches eine gewisse Ähnlichkeit mit Ameyas hatte. Es war ein ebenso kleiner Raum mit einem Schreibtisch und mehreren Regale voller Akten und Büchern. Nur ein paar kleine Details waren verschieden. So zum Beispiel besaß Josh kein Bild mit merkwürdigen Farbklecksen und auf seinem Schreibtisch konnte ich einen Bilderrahmen erkennen, auf dessen Foto ich jedoch noch keinen Einblick hatte. Erst als wir uns auf die Stühle vor dem Schreibtisch setzten, hinter dem sich Josh sogleich begab, konnte ich einen Blick auf das Foto erhaschen. Es zeigte ihn und ein Mädchen, welches ungefähr in meinem Alter war. Sie hatte lange, schwarze, glatte Haare und leuchtende hellblaue Augen. Ihr breites Lächeln verriet, dass sie ein Vampir war, da man genauen Blick auf ihre Reißzähne hatte. Sie hatte ihre Arme um Josh´s Hals geschlungen und schien sehr glücklich. Aber auch er machte einen verdammt fröhlichen Eindruck auf dem Bild. Wer auch immer das Mädchen war.... Er musste sie sehr mögen!

Nachdem Josh sich auf seinen Stuhl hatte fallen lassen, machte er die Verträge fertig, die wir nur noch unterschreiben mussten. Da wir aber noch minderjährig waren, mussten auch meine Mutter und Aaron unterschreiben, wobei mir auffiel, dass es Aaron extrem schwer fiel, seine Unterschrift unter Teresas Vertrag zu setzen. Offensichtlich gefiel es ihm nachwievor nicht, Teresa es nun doch erlaubt zu haben. Dennoch sagte er nichts dazu, sondern unterschrieb, genau wie meine Mutter, sodass wir uns nun endlich auch von Josh verabschieden und uns auf den Heimweg machen konnten. Mittlerweile hatte die Anspannung und das Adrenalin, welches ich die ganze Zeit über verspürt hatte, nachgelassen, sodass allmählich Müdigkeit über mich kam und ich wirklich nicht böse war, als wir in das Auto stiegen, mit dem Aaron und meine Mutter hergekommen waren.

Wir hatten Darish auch noch nicht ganz verlassen, da war ich auch schon im Land der Träume und träumte von meinem neuen Leben als Kriegerin, gemeinsam mit Teresa!
 

Die darauffolgenden Wochen verliefen wie im Fluge!

Wir erhielten keine zwei Tage nach unserer Rückkehr den Brief von Ameya, in dem die Einrichtung, sowie der Beginn unserer gemeinnützigen Arbeit stand und traten bereitwillig am Montag unsere Strafe im Peroxer Krankenhaus an. Natürlich hatte Ameya bestens darauf geachtet, dass Teresa und ich nicht auf die gleiche Station kamen, weswegen wir uns in diesen Wochen kaum zu Gesicht bekamen. Wir hatten zwar vor, uns nach der Arbeit noch zu treffen, doch die Tage waren dermaßen stressig und lang, dass wir danach nur noch abgekämpft nach Hause schlürften und todmüde ins Bett fielen!

Mitte der Woche folgte schließlich der zweite Brief von Ameya, mit den Informationen zu unserem Ausbildungsbeginn. Ich war sehr erstaunt, als ich las, dass wir uns um Schulzeug und Arbeitssachen absolut nicht kümmern, sondern nur unsere persönlichen Sachen mitbringen mussten. Offenbar wurden uns die Sachen von der Akademie und der ADO gestellt, was meiner Mutter und mir eine große Sorge nahm. Wir hatten bereits die ganze Woche zusammen überlegt, wie wir an das Geld für die ganzen Sachen kamen und meine Mutter war kurz davor gewesen einen hohen Kredit aufzunehmen. So konnte sie sich das sparen und musste sich nicht wegen mir verschulden, was auch mir ein besseres Gewissen einbrachte.

Mit Erhalten des Briefes stieg auch meine Laune wieder, welche mit Beginn der Strafarbeit ein wenig gesunken war. Bereits am Donnerstag der letzten Ferienwoche fing ich an meine Sachen zu packen und kontrollierte mehrmals nach, ob ich auch nichts vergessen hatte, immerhin würden wir, mit Ausnahme der Ferien, drei Jahre lang in der Akademie wohnen! Ein wenig Nervosität machte sich in mir breit, je näher der Tag rückte, an dem wir endlich unsere Ausbildung antreten durften. Wie würde es werden? Genau so, wie wir es uns vorstellten? Würden wir gleich in den Genuss eines richtigen Falles kommen?

All die Fragen spukten in meinem Kopf rum und egal, wie oft ich sie am Wochenende mit Teresa durchging, wir fanden doch keine Antwort darauf. Wir hatten keine andere Wahl, als alles auf uns zukommen zu lassen und das Einzige was uns blieb, war darüber zu spekulieren, wie es werden würde.

So verging also auch der Rest der Ferien und es war endlich Sonntag! In dem Brief stand, dass wir uns um 15 Uhr mit einem Elternteil in der Akademie einfinden sollten, was für uns hieß, dass wir spätestens um neun Uhr in Perox losfahren mussten. Mir war von Anfang an klar, dass meine Mutter nicht mitkommen würde. So normal es für uns und die Einwohner Perox auch war, dass sie mit mir hier lebte, so durfte man doch nicht vergessen, dass sie immer noch ein Mensch war! Für sie wäre es eine Qual gewesen, in eine Akademie zu gehen, in der es vor Übernatürlichen nur so wimmelte, daher bot Aaron ihr an, mich an an ihrer Stelle zu begleiten. Er musste ja sowieso zur Akademie wegen Teresa und da sollte es kein Problem sein, wenn er auch gleich mich mit unter seine Fittiche nahm. Natürlich nahm meine Mutter das Angebot dankend an und so verabschiedete ich mich in Perox von ihr, bevor ich in Aarons Auto stieg und gemeinsam mit ihm und meiner besten Freundin die lange Fahrt nach Darish antrat, wo nicht nur die ADO-Zentrale sondern auch die Akademie lag!

Kurz bevor wir Perox gänzlich hinter uns gelassen hatten, drehte ich mich noch einmal um und sah zu meiner Heimatstadt, die ich eine ganze Weile lang nicht mehr sehen sollte. Sie war für mich nachwievor die schönste Stadt Alvias! Sie war ein wenig größer als Darish, wirkte aber bei weitem nicht so modern und von Hochhäusern fehlte hier jede Spur. Das einzige, riesige Gebäude, welches hier existierte, war Aarons Schloß, welches hoch oben über der Stadt thronte. Die Wohnhäuser, welche kreisförmig aufgestellt waren, waren stufenweise nach oben gesetzt, sodass das Schloss das höchste und letzte Gebäude war und es von weitem aussah, als wäre diese Stadt ein umgekippter Trichter! Die Mauer, die sich um Perox zog und dafür sorgte, dass wir uns vollkommen sicher fühlten, rundete das Gesamtbild schließlich noch ab. Es war zurecht die Hauptstadt Alvias!

Die Fahrt nach Darish verlief recht ruhig, aber auch dementsprechend langweilig. Teresa und ich unterhielten uns viel über unsere Ausbildung, doch nach ein paar Stunden verfielen wir in Schweigen und hingen unseren eigenen Gedanken nach. Je näher wir Darish und somit der Akademie kam, desto hibbeliger wurde ich. Ich konnte es kaum noch erwarten, endlich anzukommen und mein neues Leben anzutreten und ich sah meiner besten Freundin an, dass es ihr ebenso erging. Nach fünfeinhalb Stunden Fahrt aber wurden wir endlich erlöst!

Wir erreichten die hohe, graue Mauer, die das Akademiegelände abgrenzte und fuhren einige Zeit an ihr entlang, bis wir schließlich an ein großes schmiedeeiserndes Tor gelangten, welches am heutigem Tage weit offen stand und wo bereits mehrere Autos standen, um hindurch zu fahren. Zwei ADO-Krieger waren an dem Tor stationiert und kontrollierten jeden, der passieren wollte. Aaron reihte sich in die Schlange ein, während Teresa und ich uns umsahen. Die Mauer war wirklich sehr hoch, beinahe höher als die Mauer um Perox, und überragte beinahe die Bäume, die in der Nähe standen. Das Tor, welches normalerweise mit Sicherheit zu war, war ebenso hoch und von Gitterstäben durchzogen. Oben, an den beiden Enden der Mauer, standen zwei Statuen, ein Drache und ein Phönix, welche ihre Blicke nach unten gewandt hatten und auf diejenigen zu blicken schienen, die durch eben dieses Tor traten. Beide Statuen hatten die Flügel ausgestreckt, beinahe so, als würden sie jeden Moment losfliegen wollen.

Nach einer kurzen Wartezeit von ungefähr fünf Minuten ließen die Krieger Aaron durch und wir fuhren direkt auf einen großen Parkplatz, welcher bereits sehr gefüllt war. Überall sah man einige Novizen und deren Eltern, wie sie aus den Autos stiegen und direkt auf eine Halle zuliefen, die ganz in der Nähe lag. Auch wir ließen nicht viel Zeit verstreichen und machten uns sogleich auf den Weg, den Massen hinterher, zu einer Halle, die wie ein quadratischer Steinblock aussah, welcher einfach in die Gegend gesetzt wurde. Ein paar winzige, längliche Fenster waren am oberen Ende des Gebäudes zu erkennen, doch ich ahnte bereits, dass diese kaum Licht spendeten. Laut Aaron wurde diese Halle für Veranstaltungen und Besprechungen genutzt, bei denen alle Schüler anwesend sein mussten, was auch die Größe des Gebäudes erklärte.

Die Schwingtüren der Halle standen weit offen, sodass wir sie gleich betreten konnten. Von innen erstrahlte sie in einem ganz anderen Glanz, als von außen, was nicht zuletzt daran lag, dass der Boden, wie bei einer Turnhalle, mit Holz ausgelegt war, welches im Licht der Deckenlampen regelrecht glänzte. Von der Tür aus führten ein paar Stufen hinunter, direkt zu mehreren Reihen Stühlen, die schon teilweise besetzt waren. Vor den vielen Stühlen erhob sich ein Podest, auf dem weitere, allerdings weniger, Stühle standen und in deren Mitte ein kleines Pult stand, welches offenbar für Reden genutzt wurde.

Aaron, Teresa und ich stiegen die Stufen hinab und begaben uns zu drei freien Stühlen. Dabei fielen mir die Blicke auf, die sofort auf uns gerichtet waren, als wir die Halle betraten. Sicher... Niemand hatte wohl damit gerechnet Aaron Fey samt Tochter hier zu sehen, immerhin dachten alle, Teresa würde Herrscherin werden. Daher war es auch nicht verwunderlich, dass wir von so ziemlich allen angestarrt wurden. Aaron schien das auch komplett kalt zu lassen! Er begrüßte jeden, an den wir vorbeikamen freundlich und fing an, sich mit einigen Eltern zu unterhalten, während Teresa und ich uns auf die Stühle fallen ließen. Trotz der recht monotonen Miene meiner besten Freundin sah ich ihr an, dass sie ein wenig angespannt wirkte.

„Ich hasse es wirklich, so berühmt zu sein...“ murmelte sie mir zu und ließ ihren Blick weiterhin durch den Raum wandern. „Können die nicht woanders hinstarren?“

„Du bist eben was Besonderes!“ flüsterte ich zurück. „Ignorier die einfach! Irgendwann haben die sich so dran gewöhnt, dass du hier bist, dass sie dich gar nicht mehr beachten!“

„Hoffentlich...“

Immer mehr Novizen betraten mit ihren Eltern die Halle und es dauerte nicht lange, da waren beinahe alle Stühle besetzt. Meine Aufmerksamkeit lenkte sich nun jedoch auf das Podest, auf dem sich mittlerweile auch einige Personen eingefunden hatten, bei denen es sich um mir unbekannte ADO-Krieger handelte, wie ich anhand der Arbeitskleidung, die sie alle trugen, feststellen konnte. Die ersten beiden Männer, die das Podest betraten, stachen mir besonders ins Auge! Der Eine hatte hellbraunes Haar, welches von grauen Strähnen durchzogen und wie bei Aaron im Nacken zusammengebunden war. Seine Augen konnte ich aus der Entfernung nicht richtig erkennen, aber ich vermutete ganz stark, dass sie beinahe ebenfalls braun waren, denn sie wirkten recht dunkel, während der Mann in die Novizenmenge starrte. Er schien der Älteste von allen hier zu sein, offensichtlich sogar älter als Aaron, denn er wies bereit allerhand Falten im Gesicht auf und trug ein Tuch um den Hals, welches in einem Stil gebunden war, wie man ihn vor vielleicht 200 Jahren genutzt hatte! Zudem war es bei uns Übernatürlichen durch unsere hohe Lebenserwartung von knapp 500-600 Jahren normal, dass wir äußerlich so langsam alterten, dass es wirkte, als veränderte sich unser Aussehen gar nicht, sodass der Mann mindestens 200-300 Jahre alt sein musste!

Der Andere, der mir noch besonders auffiel, war, was sein Alter anging, schwer einzuschätzen. Ich vermutete zwar, dass er ein wenig älter als 40 war, aber genau konnte ich es nicht sagen. Er fiel mir auch nicht wegen seines Alters auf, wie es bei dem Anderen gewesen war, sondern wegen seinem Auftreten, welches eiskalt und extrem hochnäsig wirkte. Er besaß hellblonde, kurze Haare und seine Augen, welche ein wenig abschätzend zu uns sahen, wirkten recht hell. Irgendwie fand ich ihn schon jetzt verdammt unsympathisch, weswegen es mir absolut nicht gefiel, dass er da oben auf dem Podest saß, denn das hieß nur, dass er, genau wie die anderen Krieger dort auch, einer unserer Lehrer war!

Es war weltweit bekannt, dass die Krieger der ADO nur deswegen so gut waren, weil ihre Novizen von den Kriegern selber unterrichtet wurden und nicht einfach irgendwelche Lehrer an der Akademie waren, die ihnen Dinge beibrachten, von denen sie eigentlich selber kaum Erfahrung hatten! Da die Krieger ja aber auch noch ihre Arbeit bei der ADO hatten und noch dazu auch mal ein paar Tage frei benötigten, teilten sich jeweils zwei von ihnen eine Unterrichtsstunde, sodass wir immer wieder abwechselnd mal bei dem Einen, dann bei dem anderen Krieger Unterricht haben würden. Dies war aber nicht nur in Alvia so! Auch in den anderen Ländern wurde es so gehandhabt und bis jetzt war dieses Konzept sehr erfolgreich!

Zwei weitere Personen betraten das Podest und ich wandte sofort meinen Blick zu ihnen.

„Äh, Tess?“ wandte ich mich an meine beste Freundin, als ich die beiden mir bekannten Gesichter erkannte. „Sag mir jetzt nicht, dass er auch Lehrer hier ist!“

Fragend sah Teresa mich an, während ich zum Podest nickte, auf dem sich Ameya und Josh gerade angeregt unterhielten. Auch sie waren in voller Arbeitsmontur und sahen noch genauso aus, wie wir sie damals kennengelernt hatten, bis auf die Tatsache, dass Ameya ihre Haare heute zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Sie waren so sehr in ihr Gespräch vertieft, dass sie die Anderen gar nicht wirklich wahrzunehmen schienen.

„Ach, du meinst Josh...“ murmelte sie leise. „Doch, er ist einer der Lehrer.“

„Und was unterrichtet er?“

„Kampftraining.“

Ich verzog leicht das Gesicht. Kampftraining war das wichtigste Fach, welches wir hatten und gleichzeitig auch das Fach, auf das ich mich am Meisten freute. Natürlich dämpfte es meine Freude ein wenig, dass ausgerechnet Josh einer unserer Lehrer in diesem Fach war. Reichte es nicht schon, dass er mein Chef war?

„Du kannst ihn echt nicht leiden, was?“ hörte ich Teresa murmeln, welche meine Reaktion mitbekommen hatte.

„Naja... Es fällt mir ein wenig schwer ihn zu mögen, wenn ich ehrlich bin. Immerhin hat er mir Handschellen angelegt, mich danach wie eine Sack Kartoffeln durch die Gegend geschleppt und anschließend noch behauptet, ich würde nur Probleme machen!“

„Natürlich hat er das getan, du warst auch nicht gerade kooperativ! Aber das hätte jeder an seiner Stelle gemacht. Vergiss nicht, dass dieser Adrian mir ebenfalls Handschellen angelegt hat. Und hätte ich mich genauso geweigert, mit ihnen mitzugehen, hätte er mich ebenfalls über die Schulter geworfen.“

„Schon klar, aber diese Aktionen haben nicht gerade dazu geführt, dass ich ihn sonderlich leiden kann!“ beharrte ich weiter meinen Standpunkt und sah wieder zum Podest hinauf. Noch immer unterhielten sich Ameya und Josh.

„Ich denke, er hätte sogar noch mehr Grund, dich nicht zu mögen, nachdem du ihn sogar geschlagen hast und doch hat er dir einen Ausbildungsplatz in seinem Team gegeben! Das darfst du nicht vergessen! Ohne ihn wärst du jetzt nicht hier, sondern würdest irgendeine andere Ausbildung anfangen, auf die du absolut keinen Bock hast.“

„Auch das ist mir klar! Aber das heißt noch lange nicht, dass ich ihn mögen muss!“

„Vielleicht änderst du deine Meinung ja noch. Eigentlich ist er wirklich ein ganz netter Kerl...“

Ich schnaubte, erwiderte aber nichts mehr, da ich bemerkte, wie Ameya und Josh ihr Gespräch beendeten und sich die Türen der Halle schlossen. Während Josh sich auf den letzten freien Stuhl, direkt neben dem blonden Krieger, setzte, ging Ameya auf das Redepult zu und hob ihre Hände, damit Ruhe einkehrte und alle Aufmerksamkeit auf ihr lag.

„Willkommen, zukünftige Krieger!“ ertönte ihre machtvolle Stimme. „Es freut mich, dass ihr wieder so zahlreich hier erschienen seit und es freut mich auch, dass wir wieder allerhand Neulinge begrüßen dürfen, die sich dazu entschieden haben, ihr Leben dem Schutz der Bevölkerung zu widmen!“ Ein leises Klatschen erfüllte die Halle und Teresa und ich stimmten mit ein. „Bevor ich damit beginne, euch über die Regeln und das Leben hier in Kenntnis zu setzen, teile ich erstmal die Stundenpläne für dieses Lehrjahr aus!“ Ameya schnippte kurz und wie aus dem Nichts erschien direkt vor ihr ein Stapel Papiere, welcher ruhig in der Luft hin- und herschwebte. Mit großen Augen sah ich nach vorn. So eine Art von Magie hatte ich noch nie gesehen, aber ich fand es wirklich cool! Sie schnippte noch ein weiteres Mal, was einen Luftstoß verursachte, welcher den Stapel zerstreute und jedem Novizen, einschließlich mir und Teresa, einen Zettel zuwehte. Sofort griffen wir danach und sahen uns unseren Stundenplan an.
 

Name: Maya-Sophie Johnson

Datum: 1.10.472 n.K.

Ausbildungsteam: Team Ignis
 

8:00 – 10:00 / Elementarlehre / Prof. Night & Prof. Rivulet / Zimmer 101
 

10:15 – 12:15 / Crutealogie / Prof. Sir Ritchfield & Prof. Jackson / Zimmer 201
 

12:15 – 13:00 / Mittagspause / Speisesaal
 

13:00 – 15:00 / Kampftraining / Prof. Adams & Prof. Sergej / Turnhalle
 

Durch das Verteilen der Stundenpläne war es vorbei mit der Stille. Leises Gemurmelt drang an mein Ohr und während Ameya uns Zeit gab, um unsere Stundenpläne genau anzusehen, wurde es immer lauter in der Halle. Erst, als sich Ameya wieder räusperte, verstummten alle im Saal und sahen nach vorn.

„Nun gut! Jetzt, da ihr alle euren Stundenplan kennt, möchte ich damit beginnen, unseren Neulingen zu erklären, wie alles hier abläuft.

Wie ihr seht, beginnt der Unterricht in der Akademie um 8 Uhr Morgens und endet um 3 Uhr Nachmittags! Ab um 7 ist es für euch möglich, im Speisesaal zu frühstücken, wenn ihr allerdings wollt, könnt ihr euch auch in der Küche eures Wohnheimes selber etwas zubereiten, dass steht euch vollkommen frei. Während des Unterrichts ist es euch untersagt, dass Gelände zu verlassen, selbst dann, wenn ihr vom Unterricht befreit seid! Wer dies dennoch tut wird mit einer Strafe rechnen müssen! Solltet ihr das Gelände nach Unterrichtsschluss verlassen, beachtet bitte, dass alle Schüler spätestens um 8 Uhr Abends wieder da sein müssen! Ab Zehn Uhr gilt dann die Ausgangssperre für jeden Schüler. Das bedeutet, dass ihr die Wohnheime ab da nicht mehr verlassen dürft!“ Ameya legte eine kurze Pause ein. „Im Praktikum läuft das alles ein wenig anders ab. Arbeitsbeginn ist um fünf Uhr, ab dem zweiten Lehrjahr kann es aber auch passieren, dass ihr mit in die Schichten eingeteilt werdet! Auch Wochenend- und Feiertagsarbeit ist ab dem zweiten Jahr möglich, dass kommt ganz darauf an, wie euch euer Teamleiter einteilt.

Nun zu den Ferien... Es ist euch freigestellt, ob ihr zu den Ferien nach Hause fahren möchtet oder nicht. Aber auch da kommt es ab dem zweiten Lehrjahr wieder darauf an, ob ihr arbeiten müsst oder nicht und jeder von euch wird mal in den Ferien arbeiten müssen. Wer in den Ferien nach Hause fahren möchte, kann sich in eine Liste eintragen, die immer ungefähr zwei Wochen vorher am schwarzen Brett in eurem Wohnheim hängt.“ Sie legte abermals eine kleine Pause ein, damit wir erstmal die ganze Informationen verarbeiten konnten. Schließlich begann sie von neuem.

„Zu guter Letzt kommen wir noch zu eurem Schul- und Ausbildungsrhythmus! Es wird so sein, dass das erste Lehrjahr ab morgen mit zwei Wochen Schule beginnt und dann auf zwei Wochen Praktikum wechselt. Das zweite Lehrjahr beginnt mit einer Praktikumswoche und wechselt dann in zwei Schulwochen. Das dritte Lehrjahr schließlich beginnt gleich mit zwei Praktikumswochen. Der Wechsel zwischen Schule und Praktikum wird sich des öfteren ändern, weswegen ich euch raten würde, den Plan zu beachten, der ebenfalls am schwarzen Brett befestigt ist.“

Also begannen wir gleich mit Schule. Abermals warf ich einen Blick auf meinen Stundenplan und seufzte. Irgendwie wäre es mir wirklich lieber gewesen, wenn wir gleich mit dem Praktikum begonnen hätten! Ich wollte gleich mit der Arbeit eines Kriegers beginnen, doch leider gehörte die Schule zu der Ausbildung dazu. Wenn ich mich wenigstens auf das Kampftraining freuen könnte...

„Gut! Das wäre also das Wesentliche!“ ertönte Ameyas Stimme wieder. „Ihr könnt euch nun in aller Ruhe zu euren Wohnheimen begeben. Sprecht mit dem Empfangspersonal, damit sie euch eure Zimmerschlüssel geben. Eure Taschen, sowie euer Schulzeug ist bereits auf euren Zimmer!

Und für unsere Neulinge... Das weiße Haus ist das Mädchenwohnheim und das blaue, das Jungenwohnheim.

Viel Glück, wir sehen uns später!“

Applaus ertönte, als Ameya geendet hatte und keine Sekunde später erhoben wir uns, um die Halle wieder zu verlassen. Wir wollten gerade der Masse nach draußen folgen, als Aaron sich an Tess und mich wandte.

„Wartet doch bitte kurz draußen. Ich will mich nur kurz mit Ameya unterhalten!“ sagte er zu uns, woraufhin wir nickten.

Während er sich also auf den Weg zum Podest machte, ließen wir uns mit der Masse aus der Halle treiben. Ich war froh, als wir endlich ins Freie traten und atmete erstmal tief durch. Auch Teresa holte kurz tief Luft, ehe sie mich mit sich ein wenig zur Seite zog, damit wir den Anderen nicht im Weg standen. Doch wir waren nicht die Einzigen, die sich ein wenig abseits hinstellen wollten, denn als wir uns endlich aus der Menge gekämpft und ein freies Plätzchen gefunden hatten, stieß Teresa mit jemandem zusammen, der ebenfalls aus der Menge gestolpert kam. Schnell packte ich meine beste Freundin an den Armen, damit sie nicht zu Boden fiel.

„Verdammt, Entschuldigung!“ ertönte eine weibliche Stimme und wir blickten direkt in zwei hellblaue Augen, die zu einem schwarzhaarigen Mädchen gehörten. Sie schien nicht viel älter als wir zu sein und hatte ihre langen, glatten Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden, ebenso wie Ameya. Die schwarze Bluse, sowie der schwarze Rock, den sie trug, ließ ihre Haut noch viel blasser wirken, als sie eh schon war. Dies jedoch verriet mir, dass sie ein Vampir war, wie wohl die Meisten der Novizen hier. Ich musterte sie von oben bis unten und kam nicht umhin zu denken, dass sie mir ein wenig bekannt vor kam.

„Schon in Ordnung.“ sagte Tess und strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Ist ja nichts passiert und wir hätten ja auch ein bisschen aufpassen können!“

Ich bemerkte das der Blick des Mädchens auf Teresa geheftet war.

„Sag mal... Bist du nicht die Tochter von Aaron Fey?“ fragte sie sie mit neugierigem Blick.

„Sieht wohl so aus...“ antwortete Tess ihr ein wenig genervt.

Das Mädchen riss erstaunt die Augen auf, griff nach ihrer Hand und schüttelte diese.

„Wahnsinn! Freut mich, dich endlich kennen zulernen! Mein Name ist Alizee! Die Nachricht, dass Aarons Tochter höchstpersönlich eine Ausbildung als Kriegerin anfängt hat sich in Windeseile verbreitet!“

Teresa seufzte und wollte soeben etwas darauf erwidern, doch das Mädchen namens Alizee dachte gar nicht daran, sie sprechen zu lassen. Schnell ließ sie ihre Hand wieder los und wandte ihren Blick plötzlich auf mich. „Dann musst du ihre Freundin sein. Die, mit der sie abgehauen ist! Der Dhampir!“

„Ähm... ja!“ erwiderte ich.

„Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich mich darauf gefreut habe, euch kennen zulernen! Ich war total aus dem Häuschen und konnte es gar nicht richtig glauben, als es hieß, dass ihr eine Ausbildung zum Krieger macht! Gerade ihr!“

„Was soll das heißen, „gerade ihr“?“ fragte Teresa sie in leicht bedrohlichem Ton, den Alizee wahrscheinlich gar nicht wirklich wahrnahm. Sie lächelte von einem Ohr zum Anderen und sah uns abwechselnd erstaunt an, beinahe so, als hätte sie zwei Berühmtheiten vor sich.

„Das soll heißen, dass es höchst ungewöhnlich ist, dass ausgerechnet die Tochter des Herrschers, sowie ein Halbwesen eine Ausbildung zum Krieger bekommt, vor allem, nachdem sie sich strafbar gemacht haben!“

Die Antwort kam nicht von Alizee. Noch bevor sie etwas sagen konnte, tauchte ein weiteres Mädchen hinter ihr auf, mit feuerroten, beinahe hüftlangen Haaren und ebenfalls hellblauen Augen. Sie war ein wenig größer als Alizee, welche schon mich ein klein wenig überragte und definitiv auch ein Vampir. Im Gegensatz zu Alizee war sie aber nicht gänzlich in schwarz gekleidet. Sie trug eine dunkelblaue Designerjacke unter der ein schicker, weißer Pullover zu erkennen war. Dazu trug sie eine schwarze, recht eng anliegende Hose, sowie graue Stiefel mit kleinem Absatz. Offenbar legte sie viel wert auf Mode, was ihren leicht abschätzigen Blick auf uns erklärte. Weder Teresa noch ich waren sonderlich modisch gekleidet, mit unseren Jeans und einfachen Übergangsjacken.

„Alex! Schleich dich doch nicht so an!“ rief Alizee der Rothaarigen zu, welche den Blick nachwievor auf uns gerichtet hatte.

„Sorry!“ sagte sie.

„Also seid ihr der Meinung, dass es ein Fehler war, uns in der ADO aufzunehmen?“ fragte Teresa grimmig.

„Was? Oh nein! Natürlich nicht!“ sagte Alizee sofort. „Aber das hat es eben noch nie gegeben, dass zwei Novizen eingestellt wurden, die sich strafbar gemacht haben oder das ein Herrscherkind bei einer der Kriegerorganisationen eine Ausbildung beginnt!“

„Von einem Halbwesen ganz zu schweigen!“ ergänzte Alex.

„Hast du ein Problem damit?“ fragte ich sie angriffslustig und sah sie herausfordernd an.

„Nein!“ gab sie trocken zurück. „Ich habe keine Vorurteile gegenüber Halbwesen und auch Alizee nicht! Aber die Anderen, weswegen es bis jetzt eben noch nie vorkam, dass eines in der ADO aufgenommen wurde. Schon gar nicht, wenn sich das Halbwesen strafbar gemacht hat!“

„Umso cooler, dass ihr ausgerechnet in unserem Team seid!“ warf wieder Alizee dazwischen, abermals grinsend, was mich wieder dazu brachte, festzustellen, dass ich sie irgendwoher kennen musste. Dieses Grinsen... Diese Person an sich... Ich hatte sie schon einmal gesehen, dessen war ich mir sicher, nur wusste ich nicht wo!

„Ihr seid auch in Team Ignis?“ fragte Teresa, woraufhin die Beiden nickten.

„Klar! Deswegen waren wir auch unter den Ersten, die von eurer Aufnahme erfahren haben! Keiner wollte es so wirklich glauben...“

Alex nickte.

„Ja, wir dachten, dass ist ein Witz! Aber jetzt mal unter uns...“ Sie kam ein Stück näher auf uns zu, ebenso wie Alizee, und senkte die Stimme ein wenig. „Eigentlich geht es uns ja nichts an, aber... Warum seid ihr eigentlich abgehauen?“

Tess und ich sahen uns kurz an. Es war irgendwie klar gewesen, dass uns die Geschichte noch ein Weilchen verfolgen würde, aber ich hatte nicht gedacht, dass wir sofort darauf angesprochen wurden.

„Das ist eine lange Geschichte.“ murmelte Tess zur Antwort. „Und es ist eigentlich auch nichts, worüber wir unbedingt reden wollen...“

„Hmm, schade... Es hätte mich wirklich mal interessiert, was zwei Dreiundzwanzigjährige dazu bringt, einfach in ein fremdes Land fliehen zu wollen. Aber wenn ihr nicht darüber reden wollt...“

„Nicht wirklich. Es war einfach nur eine dämliche Idee, aber nun ist es ja zum Glück Geschichte.“

„Ja... Das ist wirklich nichts, worauf man sonderlich stolz sein kann...“ fügte ich noch hinzu.

„Naja, wie mans nimmt...“ sagte Alizee. „Niemand, in eurem Alter, hat es bisher geschafft, die ADO so sehr an der Nase herumzuführen und dann auch noch beinahe über die Grenze in ein anderes Land zu verschwinden. Ich denke, dass ihr euch darauf durchaus was einbilden könnt.“

„Das sehe ich anders! Das war das Dümmste, was wir je getan haben!“

„Die Idee an sich war dämlich, dass ist richtig.“ sagte nun wieder Alex. „Aber die Umsetzung war nicht von schlechten Eltern, sonst wärt ihr nie soweit gekommen!“

„Dazu muss man aber sagen, dass wir manchmal mehr Glück als Verstand hatten!“ erklärte Tess. „Und im Endeffekt wurden wir sowieso erwischt...“

„Aber es soll eine recht knappe Sache gewesen sein, wie wir gehört haben.“

„Ja, dass war es auch...“

„Und du...“ Alizee wandte sich plötzlich wieder an mich. „...sollst Joshy sogar eine reingehauen haben!“

„Naja... Ich habe mich halt gew-“ Ich unterbrach mich selber und starrte die Schwarzhaarige ein wenig irritiert an. „Moment... Joshy? Du nennst ihn wirklich Joshy?“

„Natürlich.“ Alizee wirkte belustigt. „Warum sollte ich ihn auch nicht so nennen, er ist schließlich mein Bruder!“

„Er ist was???“ riefen Tess und ich synchron und brachten Alizee und Alex somit zum lachen.

„Ihr habt das echt nicht gewusst?“ sagte Alex, nachdem sie sich beruhigt hatte. „Oder zumindest vermutet? Kommt schon, dass sieht man doch!“

Und tatsächlich! Nun, wo Alex es erwähnte, fiel auch mir auf, dass Alizee ihrem Bruder verdammt ähnlich sah. Und in diesem Moment fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Nun wusste ich wieder, wo ich sie schon einmal gesehen hatte! Alizee war das Mädchen, welches mit Josh auf dem Foto auf dessen Schreibtisch zu sehen war. Deswegen kam sie mir also so bekannt vor!

„Ich wusste gar nicht, dass Josh eine Schwester hat!“ sagte Teresa immer noch etwas irritiert.

„Ich habe dir auch noch nie von ihr erzählt!“ ertönte plötzlich eine weitere Stimme, weswegen wir uns sofort umwandten und direkt in die Augen von Josh und Aaron blickten, welche sich uns genähert hatten, ohne, dass wir es bemerkt hatten.

„Oh! Hallo Mr. Fey!“ sagten Alizee und Alex gleichzeitig und verbeugten sich halb vor Aaron, welcher ein Lächeln auf dem Gesicht hatte.

„Na hallo ihr Zwei!“ begrüßte er die Beiden und wandte sich dann wieder an mich und Tess. „Tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat. Aber ich hatte noch einige Dinge zu besprechen!“

„Kein Problem!“ sagte Tess. „Wir hatten ja ein wenig Gesellschaft.“ Alizee grinste uns bei diesen Worten an und auch Alex brachte ein leichtes Lächeln zustande.

„Na dann, wie siehts aus? Wollen wir uns langsam auf den Weg zum Wohnheim machen? Immerhin müsst ihr noch eure ganzen Sachen auspacken und Abendbrot gibt es auch bald!“ fragte Aaron uns, woraufhin wir nickten. Ich hatte wirklich nichts dagegen endlich auf mein neues Zimmer zu kommen und diese herbstliche Kälte, die immer beißender wurde, hinter mich zu lassen. Also machten wir uns, gemeinsam mit Alizee, Josh und Alex auf den Weg zu einem großen Gebäude, mit schneeweißem Anstrich, welches ein paar Meter von der Halle entfernt war. Während wir liefen und Tess sich mit Josh und Alizee weiterhin unterhielt, betrachtete ich ein wenig die Gegend um uns herum. Wir liefen auf einer Art Kiesweg und waren umgeben und von vereinzelten Bäumen, die auf einer großen Rasenfläche standen und in mehreren Farben erstrahlten. Von der Wiese an sich war nicht mehr all zu viel zu erkennen, da diese bereits von etlichen bunten Blättern bedeckt war, dennoch konnte ich mir gut vorstellen wie schön es hier sein musste, wenn erstmal Frühling war. Vor uns, noch ein wenig entfernt, erstreckten sich zwei Gebäude, die sich von Grund auf glichen, ausgenommen von der Farbe, und zwischen denen der Weg tiefer in das Gelände hinein führte. Anstatt diesem weiter zu folgen, bogen wir nun nach rechts ab, zum fünfstöckigem, weißem Mädchenwohnheim, vor dem wir uns anschließend von Aaron und Josh verabschiedeten.

„Also dann, ihr Beiden!“ sagte Aaron und nahm erst seine Tochter und schließlich sogar mich in den Arm. „Viel Glück! Benehmt euch und passt gut auf euch auf! Und meldet euch auch mal, wenn ihr Zeit habt.“

„Klar, Dad!“ sagte Tess und lächelte ihm zu. Auch er brachte ein leichtes Lächeln zustande, doch ich bemerkte, dass ihm der Abschied durchaus ein wenig schwerer fiel als seiner Tochter.

Nachdem wir uns auch noch schnell von Josh verabschiedet hatten, machten sich die Beiden wieder auf den Rückweg, während wir gemeinsam mit Alizee und Alex endlich das Wohnheim betraten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fairy92
2017-01-04T12:24:24+00:00 04.01.2017 13:24
Aww wieder so ein super Kapitel ♥
Vor allem der super coole J.J. :-D
Freu mich wie immer aufs nächste Kapitel :-*


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