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Heavenly Moment

von

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Brightness

Sitri öffnete die Augen ein Stück, nur um sie für einen Moment wieder zuzukneifen, denn das gleißende Licht um ihn herum stach. Er versuchte es gar nicht noch einmal, schließlich konnte er genau so gut liegen bleiben. Jetzt, wo er wieder wach war, gingen ihm viele Dinge durch den Kopf. Es war schwer für ihn, alles davon zu verarbeiten – zu viel hatte er in seinem Rauschzustand gesehen.

Dinge, die lange in seinem Unterbewusstsein verborgen gehalten worden, die weggesperrt waren bis zu diesem Tag, an dem sie von dem sündigen Apfel aus ihrem Käfig befreit worden waren.

 

Erst als er spürte, wie die weiche Matratze rechts von seinem Oberschenkel nach gab, öffnete er die Augen erneut, vorsichtig, damit sie nicht überfordert waren. Es war hell im Himmel. Aber das Licht fühlte sich gut an.

 

„Du bist wach? Wie schön.“

 

Sitri legte sich die Hand auf die Augen, sein Blick stahl sich durch die leicht gespreizten Finger. Er hätte ihn allerdings auch erkannt, ohne hinzusehen, denn die Stimme – auch wenn sie in dieser Form noch selten gehört worden war – hatte er sich eingeprägt. Ganz automatisch. Sie gehörte Metatron, dem Engel, der ihm in seiner Verkleidung als Zion bekannt war. So richtig glauben konnte Sitri immer noch nicht, dass er ein Engel war, obwohl er von Anfang an gespürt hatte, dass mit ihm etwas nicht stimmte.

 

Langsam raffte er sich auf und schaffte es, sich hinzusetzen. Er nahm an, dass es Metatrons Bett war, in dem er lag. Wessen auch sonst? Im Vergleich zu den Betten aus Stradford war das hier ein Traum, so als würde man auf einer Wolke schlafen. Der große, verzierte Pavillon, der es einhüllte, und der Ausblick auf die vielen kleinen schwebenden Inseln im Himmel, machte es einzigartig. So etwas Schönes hatte er in der Hölle nie gesehen, musste er zugeben. Und das hier sollte, sein neues Zuhause sein? Zurück zu gehen zu den anderen Dämonen kam nicht in Frage, aber hier bleiben? Er kam sich vor wie ein Fremdkörper – heimatlos.

 

„Du schaust so bedrückt“, stellte Metatron fest und zog damit Sitris Blick wieder auf sich. Die Hand, die sich sanft an einen seiner Flügel legte, ließ ihn zurückweichen.

 

„Fass mich nicht nochmal an!“, zeterte er, während er ans Ende des Bettes rutschte. Er wäre gerne aufgestanden, aber nachdem er er bei seinem ersten Fluchtversuch schon beinahe Bekanntschaft mit dem Fußboden gemacht hätte, wenn Metatron nicht eingeschritten wäre, ließ er den Versuch bleiben. Weiter als bis zum Rand der winzigen Insel käme er sowieso nicht und er bezweifelte, dass er Kontrolle über seine Flügel hatte.

 

„Was denn? Bist du mir immer noch böse wegen dem Apfel? Oder darüber, dass ich dich hier her gebracht habe?“, fragte Metatron ruhig und klang dabei ein Stück weit amüsiert – aber hauptsächlich total frei von jedem Schuldgefühl. Er lehnte sich ein wenig zurück, kam Sitri aber nicht nach, weder mit seiner Hand noch sonst irgendwie.

 

„Du hast mich entführt! Und noch dazu hast du mich-“, begann er, kam aber nicht so weit, es auszusprechen. Er war rot um die Nase herum und starrte auf das zerwühlte weiße Laken.

 

„Geküsst?“

 

Sitri biss die Zähne zusammen und lief weiter rot an. Ja, geküsst, aber das war kein Grund, das auszusprechen! Es machte das alles nur schlimmer. Er war nicht prüde, ganz gewiss nicht. Schließlich war Sitri dafür bekannt, dass er die Begierden der Menschen lenken konnte. Bei William hatte es allerdings nie geklappt – einmal hatte er es versucht.

Um seine eigene Begierde hatte es allerdings immer mau ausgesehen. Süßigkeiten konnte er nicht widerstehen, aber... Körperlichkeiten waren uninteressant für ihn.

 

Bis zu diesem Tag.

 

„Du bist süß“, stellte Metatron unverblümt heraus und schmunzelte so unbekümmert, dass Sitri ihm am liebsten an die Gurgel gegangen wäre, wenn er seinen Körper nicht strengstens meiden würde.

„Es war notwendig, damit du von dem Apfel isst.“

 

„Das hätte man auch anders lösen können! Dafür musstest du ihn mir nicht mit dem Mund füttern!“

 

„Sicher, dass du dann von ihm gegessen hättest? Es ist immerhin eine Sünde.“

 

„Ich habe viel schlimmere Dinge getan“, stellte Sitri klar und genau das war einer der Gründe, warum er sich nicht in den Himmel gehörig fühlte. Er war ein Dämon. Er hatte viele Dinge getan, die seinen Aufenthalt in der Hölle rechtfertigten, so im Nachhinein. Auch wenn er zu Unrecht dort gelandet war.

 

„Aber genau deswegen mag ich dich so.“

 

Sitris Augen weiteten sich und zum ersten Mal seit gefühlten Minuten sah er Metatron ins Gesicht. So ehrlich, wie der ihn ansah, meinte er das offenbar ernst. Er verstand es nicht und konnte es auch kaum glauben, wenn er ehrlich war. In wie weit Engel lügen konnten, wusste Sitri nicht. Es stand fest, dass sie ihrer Gesinnung folgten und dem Willen Gottes. Sie schienen keinen eigenen Willen zu haben, waren nur Mittel zum Zweck, eine ausführende Kraft. Die Schachfiguren Gottes, die – je nach Höhe ihres Ranges – eine immerhin beschränkte Handlungsfreiheit besaßen.

 

Sein Gegenüber schmunzelte.

 

„Überrascht? Ich hab es dir doch schon einmal gesagt: Ich finde dich süß. Am liebsten würde ich dich heiraten.“

 

„Hör- Hör auf damit! Du hast doch nur eine Rolle gespielt, um William nahe zu sein. Ich weiß, dass ihr Engel Salomos Seele wollt.“

 

„Das ist nicht wahr – also nicht ganz. Michael und sein Gefolge wollen seine Seele, ich dagegen war nur zum Spaß auf der Erde. Ich wollte ihn mir mal aus der Nähe ansehen, aber mehr auch nicht.“

 

„Als ob ich einem Engel vertrauen könnte...“, gab Sitri trotzig von sich und strafte Metatron dabei mit einem strengen Blick, der ihn nicht einmal ansatzweise zu treffen schien. Ein Augenpaar lag durchdringend auf ihm, der Blick viel zu sanft, viel zu... alles! Sitri konnte ihm nicht standhalten. Zion und sein verzücktes Gehabe waren ja noch niedlich. Ein kleiner Mitschüler, der eben in ihn verknallt war. Das kam vor, da war er nicht der einzige auf der Schule gewesen, so viel war sicher. Er hatte es nicht ernst nehmen können.

 

Aber Metatron war...

 

„Du bist selbst einer“, merkte er an und hielt ihm eine Hand entgegen. Ohne zu zögern und unter dem skeptischen Blick Sitris nahm Metatron eine von Sitris Federn zwischen die Finger und ließ sie sanft hindurchgleiten. „Du solltest es lernen. Aber zuerst...“, fuhr er fort und stand auf, als der Kontakt zwischen Finger und Flügel wieder vergangen war. Die Hand war Sitri noch immer entgegen gestreckt, inzwischen war ihr Handrücken nach oben geöffnet und die langen, markanten Finger schienen geduldig darauf zu warten, dass er sie ergriff. Sein Blick wanderte irritiert von der Hand hoch zu Metatrons Gesicht.

 

„...lass uns sehen, ob du aufstehen kannst.“

 

Das Gesicht ernst verzogen rutschte Sitri an die gegenüberliegende Bettkante. Besorgnis schwang in seinem Blick mit, denn er befürchtete, dass seine Gliedmaßen ihm auch jetzt nicht gehorchen würden, so wie bereits zuvor. Die Hand ergriff er nicht – natürlich nicht, schließlich war er viel zu stolz. Egal ob nun als Dämon oder Engel, er wollte im wahrsten Sinne des Wortes auf eigenen Beinen stehen, nicht mehr abhängig sein von irgendwem und erst recht nicht von seinem Entführer.

Er drückte sich vom Bett hoch und spürte schnell, wie schlapp seine Beine sich anfühlten. Er fühlte sich kraftlos, obwohl er oben im Himmel eine größere Macht entfesselt hatte als er jemals in der Hölle besitzen würde. Vorsichtig streckte Sitri seine Beine durch und richtete sich auf. Wie bei einem frisch geborenes Rehkitz wackelten sie und die ersten Schritte, die er eigenständig auf himmlischen Boden machte, waren alles andere als elegant. Aber es klappte – irgendwie.

 

Viel zu schnell hatte Sitri, der hochkonzentriert auf den Boden und seine eigenen nackten Füße blickte, zwei fremde Hände an sich – eine, die seinen Oberarm stützte und eine an seiner Hüfte. Völlig ungefragt.

 

„Du machst das gut“, kommentierte Metatron mit zufriedener Stimme, die so sanft und nah an seinem Ohr war, dass es Sitri erschaudern ließ. Daran hatte ganz sicher dieser sündige Apfel Schuld. Zuvor wäre es Sitri egal gewesen, aber jetzt ließ es ihn sich komisch fühlen.

Ohne, dass er gefragt wurde, hob ihn Metatron schwungvoll auf den Arm und während er zu zappeln und zu protestieren begann, machte der Engel ein paar Schritte vom Pavillon weg. Er breitete die Flügel aus und erhob sie beide in die Lüfte.

 

„W-was tust du? Lass mich runter!“, zeterte Sitri, aber was er damit definitiv nicht meinte war „Lass mich einfach mitten in der Luft fallen!“ Das verstand sich aber doch auch von selbst.

Metatron verstand es zu seinem Glück, machte aber keine Anstalten, ihn wieder auf den Boden zurück zu bringen, sondern schaute amüsiert zu ihm runter.

Erst jetzt bemerkte Sitri, dass er klammerte.

 

„Wir verschieben deine Flugstunde auf später. Jetzt möchte ich dich erst einmal angemessen ankleiden lassen. Du wirst wundervoll aussehen.“

 

So wirklich geheuer war es Sitri noch nicht – all das hier. Der Himmel, seine Flügel und der Heiligenschein, den er im wässrigen Spiegelbild schon auf der Erde wahrgenommen hatte. Er fühlte sich nicht rein genug, um als Engel durchzugehen. Aber Metatron schien so sehr von ihm überzeugt zu sein, dass es ihn ein wenig beruhigte.

 

Vielleicht stand ihm Weiß wirklich besser als Schwarz. 



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  karlach
2017-01-28T14:11:34+00:00 28.01.2017 15:11
Ich habe aufgeholt!!
Jetzt macht die Szene natürlich sehr viel Sinn und ich finde, dein OS fügt sich auch sehr schön in die Geschichte ein und wenn du mir sagen würdest, dass das eine Nacherzählung ist, ich würde es dir glauben. Es klingt alles sehr in Character!
Und ich würde Sitri so gerne drücken… Die Situation ist ohnehin schon so verwirrend und Metatron macht das null einfacher und herrje ´A`"
Von: abgemeldet
2016-10-30T16:21:19+00:00 30.10.2016 17:21
Hallo,^^
du hast ein sehr schönen schreibstil.
Fand auch die Charakteren gut getroffen, man konnte sich wirklich alles Bildlich vorstellen. ^^
Sitri war so schön süß! <3

Zu meine frage, in welche Sprache hast du denn 13. Band gelesen und wo?
Hoffe das du noch mehr Devils & Realist FF/OS schreibst. :)

Lg^^
Antwort von:  Aphrodi
31.10.2016 20:06
Hi, NoRila!
Freut mich, dass dir die FF gefällt. Haha, jetzt werd ich glatt ein wenig verlegen bei den vielen Komplimenten, aber es macht mich echt froh :D
Ich mag Sitri auch einfach sooo gerne und sobald ich ein weiteres Kapitel dazu lese, werde ich vermutlich noch was aus dem Hut Zaubern, wenn es mich wieder packt.

Ich lese die neuen Kapitel, die meistens monatlich rauskommen, immer auf Mangafox.com, da gibt es englische Übersetzungen von Fans für Fans, wenn ich das richtig verstanden habe. Die sind uns weit voraus, es lohnt sich also!
Antwort von: abgemeldet
01.11.2016 14:08
Danke für die Info.
Werde gleich mal anfangen zu Lesen. ^^



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