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Friday, Venice Beach

— Riko und Los Angeles
von
Koautor:  karlach

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Kulturschock

Die Musik war zu laut. Venice Beach war trotz der späten Abendstunde gut besucht und wer auch immer die Idee gehabt hatte, den Ghettoblaster mitzubringen, hatte nicht daran gedacht, dass es viel bedürfen würde, um den Lärm zu übertönen — oder dann war es schlichtweg einerlei gewesen.

Riko war es unwohl. In Japan hätten sie schon vor zwanzig Minuten Ärger bekommen, aber anscheinend lief der Hase in den USA anders. Ganz viel war in den USA anders, das hatte sie schnell gemerkt. Es war eine Sache, das Land in den Medien, in Filmen und Serien zu sehen, eine vollkommen andere aber, dort zu sein. Teppei hatte sie mit einem verschmitzten Lächeln gewarnt, dass sie womöglich einen Kulturschock erleiden würde und sie hatte sehr selbstbewusst abgewinkt, aber vielleicht war sie da etwas voreilig gewesen. Sie war dankbar für sein übergrosses rosa Karohemd, das sie wie eine Rüstung um ihre Schultern trug. Ihre Kommilitoninnen hatten begeistert reagiert als sie erzählt hatte, dass sie über die Sommerpause einen Freund in den Staaten besuchen würde und sie gleich zum Bikinikaufen mitgezerrt. „Los Angeles ist ein ganz wildes Pflaster“, hatte ihr Fuuka, ihre engste Freundin in der Fakultät weismachen wollen, ganz so, als wäre sie selbst schon dort gewesen und würde Kalifornien nicht nur durch Keeping Up With the Kardashians kennen. Riko hatte es sich verkneifen müssen, nicht ihren Geschmack in Serien zu kommentieren. Sie war allerdings dankbar dafür, hatte man sie zum Kauf eines neuen Badeanzugs genötigt, denn in ihrem alten Einteiler hätte sie sich wahrscheinlich noch fremder gefühlt, als sie es schon tat. Irgendwie schienen alle Mädchen aus Teppeis Klasse möglichst wenig Stoff tragen zu wollen und während sie den Gedanken etwas nachvollziehen konnte, sie fühlte sich unwohl.

Riko hatte nie Probleme mit ihrem Körperbau gehabt. Sie lag im japanischen Durchschnitt und klar, vielleicht hatte sie manchmal mehr Bäuchlein als sie es gerne hätte und Holz vor der Hütte wie Momoi-san hatte sie auch nicht, aber es war nie mehr als ein verärgerter Gedanke im Hinterkopf gewesen. Es war allerdings ungewohnt, an einem öffentlichen Ort so wenig anzuhaben.

Als Teppei spontan dazu eingeladen worden war, mit seinen Freunden aus der High School am Strand zu feiern, hatte er ursprünglich absagen wollen. Ms. Garcia hatte es irgendwie geschafft, ihm einen Platz in einer Schule zu beschaffen, nachdem er nach seiner Operation im Frühling vor einem Jahr den Wunsch geäussert hatte, nicht nur in die Rehabilitation und Physiotherapie zu müssen und letzten Endes hatte er seinen Abschluss nur ein halbes Jahr nach Riko und Junpei gemacht.

Neue Schule hatte auch neue Freunde bedeutet — natürlich, es war Teppei, der es irgendwie schaffte, sich mit allen denen er über den Weg lief anzufreunden, wenn ihm nur danach war. Riko hatte davon gewusst, sie hatte auch einiges von ihnen gehört, aber es war etwas Anderes sie wirklich zu treffen, zu sehen, wie sie mit ihm umgingen. Sie wollte nicht im Weg stehen, aber sich ihre Zeit mit ihm wegnehmen lassen wollte sie auch nicht.

Als er davor gewesen war, abzusagen („Ist schon okay, ich hab sicher auch andere Gelegenheiten!“) hatte sie stattdessen dreisterweise beschlossen, dass sie ihn einfach begleiten würde. „Ich will sehen, mit wem du dich hier so herumtreibst“, hatte sie mit einem Zwinkern gesagt. Gefühlt hatte sie sich nicht mal halb so selbstbewusst.

Und jetzt stand sie hier und ärgerte sich darüber, dass sie sich nicht traute, das dumme Hemd auszuziehen. Nur weil sie blass wie ein Leintuch neben den Leuten hier aussah, hiess das nicht, dass sie sich automatisch dafür schämen musste. „Komm schon, Riko“, zischte sie sich Mut zu.

„Oh, bist du Teppeis kleine Schwester?“ Die Frage kam von einem Mädchen mit blond gefärbtem Haar mit einem freundlichen Gesicht. Es machte es Riko etwas schwer, böse auf sie zu sein.

Sie war drauf und dran gewesen, ihr eine möglichst höfliche Antwort zu geben, als Teppei von der Seite her einen Arm um ihre Schultern legte und grinsend den Kopf schüttelte.

„Heather, hey. Nein. Das hier ist meine Freundin, Riko.“

Während Riko selbst für einen Augenblick die Luft wegblieb, entschuldigte sich Heather eiligst und begann, in einem irrsinig schnellen Valley Girl-Akzent auf Teppei einzureden. Rikos Englisch war gut, aber für so etwas war sie dann doch nicht gewappnet. Bevor sie sich ordentlich vorstellen konnte, war das Mädchen auch schon wieder weg. Alles, was sie verstanden hatte war, dass sie anscheinend der ganzen Meute vorgestellt werden sollte.

„Freundin.“ Rikos Stimme war platt, als sie zu Teppei hochsah. Er zuckte mit den Schultern und schenkte ihr sein unschuldigstes Lächeln. „Was anderes wird mir ohnehin keiner hier abkaufen; nicht so oft, wie wir uns schreiben.“

„Kennen Amis das Wort „Freundschaft“?“

„Hast du nicht gehört, was man in Hollywood so sagt? Es heisst, Männlein und Weiblein können nicht miteinander befreundet sein, ohne dass da was läuft.“

Er zwinkerte und liess sie wieder los. Dann zupfte er am Ärmel ihres Hemdes.

„Jetzt komm, du wolltest dabei sein, nicht? Lass uns etwas Spass haben!“ Riko seufzte und schob den weichen Stoff von ihren Schultern.

„Oh, den Bikini kenne ich gar nicht!“

Sie verdrehte die Augen. „Klar, Schlauberger. Ich steh doch nicht Model für so Zeug wenn wir skypen.“ Besonders nicht, wenn sie Gefahr lief, dass ihr Vater unangekündigt ins Zimmer kam.

„Er steht dir.“

Sie hob die Augenbrauen und band sich das Hemd um die Hüften.

„Wollten wir nicht los? Was Anderes als mich im Bikini ansehen und so?“

Teppei lachte und obwohl sie sich zu neunundneunzig Prozent ausserhalb ihres Elements befand, fühlte sich Riko zum ersten Mal seit sie das Haus verlassen hatten sicher.

„Nach ihnen, Madame.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Swanlady
2016-07-16T17:39:30+00:00 16.07.2016 19:39
Ich hab mich ja schon wahnsinnig gefreut, dass mein Vorschlag genommen wurde und irgendwie hab ich mir bereits gedacht, dass du es schreiben würdest. ♥ Das hat mich natürlich gleich doppelt gefreut.
Ich liebe die beiden ja als Freunde und als Paar, weshalb man da schon mal gar nichts falsch machen konnte. ;D Das Setting war klasse, ich mag den Gedanken, dass Teppei in den Staaten bleibt und Riko ihn besucht. Die ganze Flirterei hat mich fast umgebracht, es war so süß! :D
Mein Herz ging aber ganz besonders auf, als du Teppeis Talent, überall Freunde zu finden, beschrieben hast. Ich möchte ihn knuddeln und nie wieder loslassen. ;o; Hab vielen, vielen Dank für diesen tollen One-Shot!! Du hast mir damit eine riesige Freude bereitet.

P.S. Ich antworte dir hoffentlich bald auf eine ENS, ich tu mir grad irgendwie schwer, was soziale Kontakte angeht und lass vieles schleifen. Bitte nicht böse sein. :o
Antwort von:  tournesol
16.07.2016 20:21
Keine Eile — wichtig ist erst mal, dass dir das Geschichtlein gefallen hat <3 Nimm dir so viel Zeit wie du brauchst :3

Teppei in den Staaten hat sich irgendwie während der Ideenfindung in meinem Kopf festgesetzt. Und ich muss zugeben, ich schreibe auch einfach sehr gerne Zukunfts-FFs weil ich mir gerne ausmale, was nach dem Ende einer Geschichte denn kommt. Bei Sports Manga wie KnB geht das glücklicherweise auch sehr einfach.
Teppei beweist glaube ich gerne hin und wieder, dass er das Flirten nicht verlernt hat ;3

Dir vielen Dank für deinen Vorschlag, ich hatte viel Spass beim Schreiben!


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