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Night out

von

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Klare Fronten

Peter lief durch die Straßen, ohne ein klares Ziel vor Augen. Er spürte noch immer dieses Brennen und Ziehen, das von seinen Fingerspitzen ausging und sich von da aus auf seinen ganzen Körper erstreckte.

Er hasste es!

Er hasste es, sich derart hilflos und ausgeliefert zu fühlen.

Die Kontrolle über das, was er fühlte, war ihm komplett entglitten.

Und das Stiles Geruch noch überall auf ihm haftete, machte alles schlimmer!
 

Er hatte kaum geschlafen in der vergangenen Nacht, denn er hatte sie damit zugebracht, die entspannten Züge des Jungen in seinen Armen zu betrachten und seinem Herzschlag zu lauschen. Weiter nichts!

Dennoch hatte es sich angefühlt, als sei es eine der besten Nächte seines Lebens gewesen.

Als wäre er ein dämliches, verliebtes Schulmädchen!
 

Es war wirklich erbärmlich!
 

Aber diesmal hatte er die Erlaubnis gehabt, bei ihm zu sein.
 

Da war ein klitzekleines bisschen Vertrauen gewesen.
 

Doch dass hatte Peter in einem schummrigen Hotelflur mit scharfen Klauen in Fetzen gerissen.
 

Ohne bewusst die Absicht gehabt zu haben, hatten ihn seine Füße vor Emanuels Haus geführt und nun, da er hier war, war er unschlüssig, ob er klingeln sollte.

Schließlich gab er sich einen Ruck.

Emanuel kam offenbar gerade aus der Dusche. Er war tropfnass, hatte noch Schaum in den Haaren und hatte sich eilig ein Handtuch um die Hüften geschlungen. Als er Peter erblickte, strahlte er:

„Mit dir hätte ich nicht gerechnet!“ rief er aus: „Komm´ rein! Ich muss nur eben fertig duschen.“

„Ich hätte es auch nötig!Nimmst du mich mit?“ fragte Peter matt.

„Sicher!“ entgegnete Emanuel und half Peter grinsend aus seinen Kleidern.

Sie stiegen gemeinsam in die enge Duschwanne und Peter genoss das warme Wasser, dass über seinen Körper rann, sowie Emanuels Hände, die Seifenschaum auf seiner Haut verteilten.

„Du bist irgendwie anders heute morgen!“ stellte der Jüngere fest, als sie sich abtrockneten: „Normalerweise hättest du doch jetzt bereits versucht, mich flachzulegen.“

„Sorry!“ murmelte Peter, weil er nicht wusste, was er sonst sagen sollte und sich irgendwie durcheinander fühlte:

„Du musst dich nicht entschuldigen!“ gab Emanuel mit einem kleinen Lächeln zurück: „So ist es auch in Ordnung. Wir könnten doch zur Abwechslung einfach mal nur zusammen frühstücken und wenn du magst, werde ich dich hinterher massieren. Du siehst aus, als hättest du beides gerade nötig!“

Peter nickte lediglich und blickte dann skeptisch auf, als Emanuel ihm Donuts kredenzte:

„Ich habe eine Schwäche für süßes Zeug. Wahrscheinlich werde ich irgendwann Diabetes kriegen und mir fällt ein Fuß ab, aber bis dahin werde ich wohl so weiter machen.“

Sie hockten nackt am Küchentisch. Peter grinste ein wenig und biss in das angebotene Gebäck.
 

Nach dem Frühstück fühlte sich Peter ein wenig geerdeter. Ihm war immer noch nicht nach reden, doch er ließ sich gern von Emanuel in sein Schlafzimmer führen und dort massieren. Der jüngere saß dabei auf seinem Gesäß und führte große, sanfte Bewegungen aus. Der blumige Duft des Massageöls und die Berührungen ließen Peter ruhiger werden.

Unvermittelt fragte Emanuel:

„Bist du eigentlich so durcheinander wegen dieses Typen, der so aussieht wie ich?“

„Wie?“ fragte Peter überrumpelt:

„Komm schon Peter! Ich mag zwar nicht der Hellste sein, aber dass du in den Jungen verliebt bist, habe ich mittlerweile auch kapiert. Und auch, dass ich als sei Stellvertreter fungiere!“

Peter versuchte sich umzudrehen und aufzusetzen, doch Emanuel blieb beharrlich auf seiner Hüfte sitzen, drückte ihn runter und setzte die Massage fort:

„Ist schon in Ordnung! Ich bin nicht böse darüber. Ich komme hier schließlich voll und ganz auf meine Kosten. Ich will dich ja auch nicht heiraten, oder so. Ich hatte mir für die Frühjahrsferien Urlaub genommen und hatte die Absicht, ein bisschen das Nachtleben und die Männer zu genießen und an meinem ersten Abend treffe ich dann dich. Und darüber kann ich mich wirklich nicht beschweren. Das, was wir tun übersteigt die Erwartungen, die ich an meinen Urlaub hatte bei weitem. Aber Ende dieser Woche kehrst du wieder zurück dorthin, wo auch immer du herkommst, ich kehre zurück in meinen Alltag und höchstwahrscheinlich sehen wir uns dann nie wieder, doch von mir aus ist das in Ordnung so.“ Er lachte ein wenig und fügte hinzu: „Zumal meine Mum mir den Kopf abreißen würde, wenn ich mit einem Lover in deinem Alter ankäme!“

„Was soll das denn bedeuten?“ empörte sich Peter:

„Beruhige dich!“ erwiderte Emanuel kichernd: „Ich bin nicht derselben Ansicht, wie meine Mutter. Ich denke, ältere Kerle haben etwas für sich.“

Jetzt drehte Peter sich aber definitiv herum, was Emanuel die Chance gab, nun auf dessen Brust die Massage fortzuführen:

„Ich höre!“ fragte Peter und schauten den Händen des jungen Mannes dabei zu, wie sie große sanfte Kreise auf seinem Oberkörper beschrieben:

„Zwei Stichworte!“ entgegnete Emanuel grinsend: „Ausdauer und Erfahrung! Und in deinem Fall kommt hinzu, dass du unglaublich heiß bist. Ich weiß nicht, was an dir das Besondere ist, aber irgendetwas ist definitiv anders, als bei den Männern, die ich sonst hatte. Ein Teil von mir würde gern wissen, was es ist, doch ein anderer Teil warnt mich, dass es besser wäre, es nicht zu erfahren, weil es mich verstören oder mir Angst machen würde!“
 

Peter gefiel, wie Emanuel über ihn sprach. Es stieg ihm...nun ja, nicht gerade zu Kopf. Ihm gefiel auch, wie der Jüngere sich auf seiner Hüfte bewegte, während er ihn massierte. Und da sie sowieso schon mal in dieser Position waren...
 

„Du riechst nach Todesangst und meinem Dad!“ stellte Malia gereizt fest, als sie alle gemeinsam beim Frühstück saßen: „Was zur Hölle geht hier vor?“

Stiles verdrehte genervt die Augen:

„Ich bin O.K.! Meine Ehre blieb unangetastet, also gib Ruhe!“ gab er barsch zurück.

„Und was war das für eine Nummer vorhin im Flur?“ Wollte nun Ethan wissen:

„Das war nichts! Themawechsel, O.K.?“ Stiles Stimme hatte eine scharfen Klang angenommen.

„Komm´ schon Stiles!“ mischte sich Danny mit sorgenvoller Mine in die Unterhaltung ein: „Was ist passiert?“

„Entspannt euch einfach alle wieder!“ forderte Stiles: „Wenn es etwas gäbe, dass ihr wissen müsstet, würde ich es euch schon nicht vorenthalten. Vertraut mir einfach!“

Und damit ließen die Freunde die Sache auf sich beruhen. Was blieb ihnen auch anderes übrig.
 

„Wir werden jetzt über Christian sprechen!“ bestimmte Scott.
 

Abrams verschränkte die Arme vor der Brust.
 

Lucius Gesicht verdunkelte sich und er gab ein leises Knurren von sich.
 

„Er war dein Adjutant, Lucius! Und ich denke, er war noch mehr als das. Er war dein bester Freund und ER...“ Scott zeigte auf Abrams: „...hat ihn getötet!“

Die beiden Alphas schwiegen weiterhin beharrlich.

Damian zückte sein Handy und rief ein Foto auf. Es zeigte ihn selbst mit einem gutaussehenden jungen Mann, mit einem einnehmenden, strahlenden Lächeln. Beide Männer im Bild wirkten glücklich. Damian betrachtete das Bild und kurz flackerte Schmerz in seinen Zügen auf. Er zeigte das Foto Scott und Derek, dann seinem Vater und schließlich legte er das Handy vor Lucius hin und ließ es dort liegen.

Trauer zeigte sich auf dem Gesicht des Alphas, als er seinen verstorbenen Freund so lebendig und fröhlich vor sich sah:

„Du hast einen Krieg wegen seines Todes begonnen und doch kannst du nicht darüber sprechen, was er wirklich war?“ fragte Scott mahnend: „So viele Wölfe haben wegen dieser Sache ihr Leben verloren und wissen nicht einmal, weswegen dieser Krieg geführt wird!“

„DER KERL HATTE DEN TOD VERDIENT?“ brüllte Abrams unvermittelt und sprang von seinem Stuhl auf.

Lucius stieß ein schmerzerfülltes Brüllen aus und Derek fuhr Zähne und Klauen aus, doch er wurde von Scott zurückgerufen und Damian fragte mit leiser Stimme:

„Warum hatte er den Tod verdient, Dad? Weil er mit mir geschlafen hat? Weil er mich zu dem gemacht hat, was ich heute bin.“ Und plötzlich wurde er laut: „WIE BLÖD BIST DU EIGENTLICH? Glaubst du, Christian war der Erste, mit dem ich gevögelt habe? Ich habe es zum ersten Mal getan, als ich vierzehn war und seitdem sehr viele Male. So bin ich und es gefällt mir! Mir ist scheißegal, was du davon hältst und du musst mich schon totschlagen, wenn du daran etwas ändern willst!“
 

Abrams hechtete brüllend über den Tisch und riss seinen Sohn zu Boden, doch Scott war zur Stelle, zog ihn von ihm herunter und stieß ihn in eine Ecke des Raumes.

Als Abrams wieder auf den Jungen losgehen wollte, stellte Scott sich zwischen Vater und Sohn:

„Ich habe keine Angst vor dir, Dad!“ rief Damian in seinem Rücken:

„Was bist du bloß für ein Vater?“ fragte Scott voller Verachtung. Dann blickte er sich zu Lucius um: „Ernsthaft! Was stimmt mit euch beiden eigentlich nicht, wenn ihr lieber eure Leute sterben lasst, als euch einmal der Wahrheit zu stellen: Dein bester Freund war schwul und das ist dein Sohn auch. Wo ist verdammt nochmal das Problem? Ihr steht großen mächtigen Rudeln vor. Frauen, Männer und Kinder vertrauen auf euren Schutz und eure Führung und ihr seid im Grunde nichts weiter als sehr dumme Kinder!“

„Das Gespräch ist für mich beendet!“ erklärte Abrams grollend: „Ich nehme jetzt meinen Sohn und mein Rudel wird abreisen. Die Friedensverhandlungen sind gescheitert!“

„Ich gehe nirgendwo mit dir hin!“ erwiderte Damian schneidend: „Ich werde mit Scott und Derek verschwinden und wenn du mich davon abhalten willst, dann werde ich nicht länger schweigen. Dann wird jeder erfahren, was ich bin!“

„EHER TÖTE ICH DICH!“ brüllte Abrams und stürzte sich erneut auf seinen Jungen. Diesmal war es Lucius, der dazwischen ging.

Die beiden Alphas kämpften miteinander. Umstürzende Stühle, Poltern und lautes Gebrüll riefen natürlich die anderen Werwölfe auf den Plan, die sich noch in der Nähe aufgehalten hatten. Die Tür des Konferenzraums flog auf und plötzlich war der Raum voll von wütenden Wölfen:

„NIEMAND MISCHT SICH EIN!“ Herrschte Scott die Eindringlinge an: „SIE WERDEN DAS JETZT AUSFECHTEN!“
 

Derek hatte Damian aus der Gefahrenzone gezogen und sich schützend vor ihn gestellt. Nun versuchte er gerade, die Hand des Jungen an seiner Hüfte und seinen Atem in seinem Nacken zu ignorieren, während er den Kampf verfolgte, um zu sehen, ob irgendwo sein Eingreifen erforderlich werden würde.
 

Es zeichnete sich ab, dass Lucius, der größere und jüngere, der überlegene Kämpfer war. Er hatte Abrams auf den Verhandlungstisch geworfen und war nun über ihm. Mit den Knien hatte er Abrams Arme fixiert und ihn damit bewegungsunfähig gemacht. Luciuses Gesicht war gezeichnet von Schmerz und Zorn, als er die Klauen seiner rechten Hand an Abrams Kehle ansetzte. Die Krallen gruben sich langsam in die empfindliche Haut:

„Worauf wartest du?“ rief Abrams erstickt: „Bring es zu Ende!“

„Christian war mein Freund! Er war mein Bruder! Ich habe ihn geliebt, ganz gleich was er war!“ rief Lucius aus: „Aber wenn ich dich töte, Abrams, dann bringt es ihn auch nicht zurück. Ich will kein Blutvergießen mehr!“

Er kletterte von seinem Kontrahenten herunter und kaum hatte er Abrams den Rücken zugewendet, sprang dieser auf und holte mit einer Klaue aus und trieb sie Lucius in den Rücken. Scotts gerufene Warnung kam zu spät.

Die Gefolgsleute von Lucius im Raum brüllten, doch noch ehe irgendein Anderer etwas unternehmen konnte stürzte sich Tamara Craig, eine von Abrams Betas auf ihren Alpha, riss ihn zu sich herum und stieß ihre Klaue in seinen Brustkorb und in sein Herz. Während die Farbe ihrer Wolfsaugen von blau zu rot wechselte, sagte sie leise:

„Du hast dein Rudel lange genug ins Unglück gestürzt!“

Dann heulte sie auf und die anderen Betas ihres Rudels stimmten ein, um ihre neue Alphawölfin ihrer Gefolgschaft zu versichern.

Scott schluckte.

Er hatte so sehr gehofft, diesen Konflikt ohne Blutvergießen zu beenden. Er kniete neben Lucius nieder, um das Ausmaß von dessen Verletzungen einzuschätzen. Natürlich wurde er dafür von dessen Betas angeknurrt, doch dass rote Aufleuchten seiner Augen ließ sie Abstand halten:

„Bist du in Ordnung?“ wollte er von dem anderen Alpha wissen.

Lucius nickte. Er schien starke Schmerzen zu haben, das Licht in seinen Augen flackerte, doch Scott hatte das Gefühl, dass er durchkommen würde. Er griff nach der Hand des anderen Mannes und schwarze Linien zogen seinen Arm hinauf in Richtung seines Herzens, als er ihm seine Schmerzen nahm. Als das getan war, erlaubte er den Betas ihren Alpha mitzunehmen, um ihn zu versorgen und rief ihnen noch hinterher:

„Die Verhandlungen werden morgen um zehn Uhr fortgesetzt!“

Dann erhob er sich und trat Tamara Craig entgegen. Die Frau überragte Scott um einen halben Kopf, ihr schwarzes Haar reichte ihr bis auf die Hüfte, die Gesichtszüge waren markant und die Augen schwarz wie Kohlen. Sie war eine beeindruckende Frau.

Er blickte hinab auf ihre blutige Hand, die soeben das Leben ihres Alphas genommen hatte und fragte sie:

„Einverstanden?“

Die Werwölfin nickte:

„Morgen, zehn Uhr!“ bestätigte sie fest.
 

Damian kniete neben dem Leichnam seines Vater nieder und blickte auf ihn hinab:

„Lass´ uns von hier verschwinden!“ forderte Derek, der hinter ihm stand und die Hände auf seine Schultern gelegt hatte: „Du weißt, was das Rudel mit seinem Körper anstellen wird und du willst nicht dabei sein, glaub´ mir!“

„Ist mir egal! Ich hasse diesen Bastard! Sollen sie ihn doch in Stücke reißen. Was kümmert´ s mich?“ erwiderte der Junge trotzig und führte seine eigenen Worte ad absurdum, indem er nun nach der Hand seines toten Vaters griff.

Die neue Alpha trat hinzu und betrachtete die Szene. Damian erhob sich und blickte ihr in die Augen. Tamara Craig trat bedrohlich nah an ihn heran und ließ das rot in ihren Augen aufblitzen:

„Der Junge steht unter meinem Schutz!“ verkündete Derek grollend: „Niemand wird ihm ein Haar krümmen!“

„Einverstanden!“ erwiderte Craig: „Solange er nichts Dummes versucht, um seinen Vater zu rächen, wird ihm nichts geschehen!“

Damian lachte freudlos:

„Meinst du das im Ernst, Tamara?“ wollte er wissen: „Ich sollte mich bei dir bedanken!“

„Willst du später seine Überreste, um sie zu beerdigen?“ wollte die Wölfin wissen.

Damian schüttelte den Kopf:

„Macht mit ihm, was ihr wollt!“ verkündete er bitter und wandte sich zum Gehen.

Derek sammelte seinen Alpha ein, der erschüttert mitten im Konferenzraum stand und dann folgten sie beide Damian:

„Hey! Wo willst du denn jetzt hin?“ fragte Derek Damian und hielt ihn am Arm fest.

Statt einer Antwort zuckte der Junge lediglich mit den Schultern:

„Du kommst mit uns auf´ s Zimmer!“ bestimmte Derek.
 

Als er die Tür hinter ihnen schloss, wusste der Ältere im Grunde nicht, wo er anfangen sollte.

Damian hatte sich ans Kopfende des Bettes gesetzt und dort zusammengerollt, wie ein Igel. Scott dagegen blieb mitten im Raum stehen und starrte mit glasigem Blick an die Wand.

Derek schaute hilflos von Einem zum Anderen, als Scott schließlich beinahe tonlos murmelte:

„Ich habe auf der ganzen Linie versagt!“ er wandte sich Damian zu und fügte hinzu: „Es tut mir so wahnsinnig leid!“

Derek umarmte seinen Alpha und flüsterte:

„Das ist kompletter Blödsinn! Du hast getan, was du konntest. Du hast es besser gemacht, als irgendwer, den ich kenne es gekonnt hätte. Es sind Wölfe, Scott! Du hast ihnen eine friedlichere Lösung angeboten, doch sie haben sich am Ende eben entschieden, ihren archaischen Wegen zu folgen. Aber wenn morgen zwei Namen unter einen Friedensvertrag gesetzt werden sollten, dann wirst du viele Leben gerettet haben, kleiner Bruder!“

Diese Anrede war der letzte Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte: Kleiner Bruder? Ja, Scott fühlte sich klein. Er fühlte sich winzig und der ganzen Sache überhaupt nicht gewachsen und genau wie ein winziges, hilfloses Baby brach er jetzt auch in Tränen aus:

„Ist in Ordnung!“ flüsterte Derek: „Es war viel heute! Es ist gut, wenn du weinst!“

Er führte Scott hinüber zum Bett, ohne ihn loszulassen, ließ sich mit ihm dort nieder und zog den Kopf des Freundes an seine Brust.

Doch dann spürte er, wie Damian an seiner anderen Seite sich gegen ihn sinken ließ und wünschte sich ein weiteres Paar Arme.

Nun ja, es half nichts: Er musste sich mit der Anzahl Arme behelfen, welche die Natur ihm mitgegeben hatte und so zog er Damian an seine andere Brust, wo dieser sofort sein Gesicht vergrub und seinerseits Dereks Hemd mit seinen Tränen durchweichte, welche auch bei ihm mittlerweile zu fließen begonnen hatten.
 

„Wohin bringst du mich denn nun?“ fragte Malia ungeduldig: „Was ist es, was ich so unbedingt sehen muss?“

„Wir sind gleich da!“ erwiderte Kendra: „Dann wirst du schon sehen.“

Sie machten Halt vor einem modernen Glasbau, bei dem es sich um das GLBT-Center handelte:

„Du wolltest, dass ich deinen Arbeitsplatz sehe?“ fragte Malia ratlos:

„Nicht ganz.“ Gab Kendra zurück und zog sie an der Hand hinter sich her, in einen Raum im hinteren Teil des Gebäudes, der voll war von Jugendlichen, die gemeinsam aßen:

„Was mache ich hier?“ wollte Malia wissen:

„Das sind alles obdachlose Kids; Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans*.Diese Kinder mussten von zuhause weglaufen oder wurden von ihren Eltern rausgeworfen, wegen ihrer Veranlagung. Sie kommen zweimal die Woche hierher zum Essen, doch das ist einfach nicht genug. Ich versuche schon seit Ewigkeiten mit ein paar anderen Leuten, Geldgeber aufzutreiben, um ein Wohnprojekt für diese Jugendlichen zu begründen. Wir haben es fast geschafft. Wir brauchen aber noch Leute, die am Ende hier arbeiten, eine familiäre Atmosphäre herstellen, den Laden am laufen halten!“

Kendra blickte Malia erwartungsvoll an und erst da ging ihr ein Licht auf:

„Du denkst dabei an mich?“

„Na ja, so etwas ähnliches machst du doch in Los Angeles bereits und du hast gesagt, San Francisco gefällt dir. Und vielleicht fällt dir ja noch ein anderer guter Grund ein, hierher zu kommen?“ gab Kendra unsicher zurück:

„Das Klima vielleicht?“ warf Malia scherzhaft ein.

Kendra ließ den Kopf hängen:

„Ist das deine höfliche Art, davon abzulenken, dass du an nichts Ernstem interessiert bist und ich vorpresche wie eine klammernde Idiotin?“

„Nein!“ erwiderte Malia und küsste sie: „Ich bin einfach nur überwältigt. Ich weiß nicht was ich sagen soll, außer, dass es großartig klingt. Aber ich müsste dafür auch ein paar Dinge aufgeben; zum Beispiel MEINE Jugendlichen zuhause, Freunde und so weiter. Es ist etwas, über das ich ein wenig nachdenken muss, in Ordnung?“

Kendra nickte.
 

Weil die Mädchen heute geheimnisvolle andere Pläne hatten, hatten die Jungs beschlossen, shoppen zu gehen. Danny war der Ansicht, dass Stiles mehr aus sich machen könnte:

„Ehrlich Mann! Du kannst doch nicht immer nur in Jeans und Sweatshirt herumlaufen. Du hast doch eine...öhm...eine Figur. Ich meine gut: du könntest dich zwar öfter mal anschließen, wenn ich dich frage, ob du mit ins Gym kommen willst, aber es gibt ja genug Kerle, die Twinks wie dich mögen, schmal, äh...blass, weniger muskelbepackt, richtig Ethan? Sag doch auch mal was!“

Stiles hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sein Gesicht glich einer Schlechtwetterfront:

„Sorry, Mann, aber das Grab hast du dir selbst geschaufelt!“ gab Ethan lachend zurück: „Ich sag´ dazu bestimmt nichts!“

„Ich denke, ich und meine Öhm-Figur gehen dann jetzt mal wieder zurück ins Hotel und ziehen uns die Decke über den Kopf!“ knurrte Stiles:

„Ach komm schon!“ säuselte Danny: „So mein ich das doch gar nicht. Wenn du mir heute noch mal dieselbe Frage wie vor ein paar Jahren in der Umkleide stellen würdest und wenn dein Werwolf mir dann nicht das Herz aus der Brust reißen würde und wenn ich selbst nicht neuerdings anderweitig verplant wäre, dann würde ich keine Sekunde zögern und dich sofort hinter die nächste Hecke zerren. Ehrlich Mann!“

„Oh Baby, da krieg ich ja gleich weiche Knie, wenn du jetzt anfängst Süßholz zu raspeln!“ spottete Stiles: „Du, ich und die schnelle Nummer hinter der Hecke also, ja? Dafür lasse ich doch gleich alles stehen und liegen!“

Ethan war mittlerweile dazu übergegangen sich vor Lachen auszuschütten, während Danny inzwischen hochrot angelaufen war und nur noch fähig zu sinnlosem Stottern war.

Er nahm ein neongelbes Oberteil mit tiefem Rückenausschnitt und eingearbeitetem durchsichtigen Latex auf Brusthöhe von einem Kleiderständer und meinte:

„Das Teil wäre doch heiß an dir!“

„Das Ding ist geschmacklos, Danny!“ fuhr Stiles ihn an: „Denkst du, ich habe in naher Zukunft die Absicht, mein Geld an Straßenecken zu verdienen?“

„Nein...ich meine...nein, Derek kommt doch bald hierher. Vielleicht gefällst du ihm darin ja?“ stotterte Danny und wusste, dass er eigentlich nur verlieren konnte:

„Wenn Derek mich nackt sehen will,dann ziehe ich mich aus. Ich brauche keine Peephole-Shirts!“ erklärte Stiles unversöhnlich: „Du kannst ja gern jedem deine Titten zeigen, aber ich habe KLASSE!“

Danny beschloss, seine Strategie zu ändern und auf Angriff zu gehen:

„Ach ja? Klasse hast du? Und woran merkt man das? Daran, dass deine Jeans an den Knien schon fadenscheinig werden und dein Hoodies aussehen, als hättest du sie einem sehr viel größeren Kerl von der Wäscheleine geklaut?“

„Hey!“ Machte Stiles und knuffte Danny:

„Selber hey!“ erwiderte dieser und knuffte zurück. Das ging eine Weile so hin und her und schließlich rangen die beiden lachend miteinander, mitten in der winzigen Boutique, wobei sie skeptisch von einem Verkäufer mit vierfarbigem Fransenhaarschnitt und aufgemalten Augenbrauen beobachtet wurden, der einerseits offensichtlich Angst um die Inneneinrichtung hatte, für den diese kleine Rangelei aber scheinbar auch eine willkommene, kleine, amüsante Abwechslung in seinem ansonsten gleichförmigen Arbeitsalltag darstellte.

Als die beiden Freunde sich endlich wieder eingekriegt hatten, verlangte Stiles:

„Gib mir doch mal das Schlampenshirt. Ich probiere es jetzt an!“
 

„Siehst du? Das habe ich gemeint!“ schnurrte Emanuel zufrieden, während er nach einem Döschen in der Nähe seines Bettes angelte: „Ausdauer und Erfahrung!“

Peter lachte:

„Stets zu Diensten!“

Emanuel bewegte die Dose in seinen Händen und fragte:

„Du bist kein Cop, oder?“

Das ließ Peter noch lauter lachen:

„Absolut nicht!“

„Gut!“ erwiderte Emanuel und nahm sich einen Joint und ein Feuerzeug aus der Dose: „Stört es dich?“

Peter schüttelte den Kopf.

Nachdem Emanuel seinen ersten Zug genommen hatte, hielt er Peter den Joint hin:

„Das Zeug wirkt bei mir nicht!“ gab dieser zurück:

„Das behaupten immer alle!“ erwiderte Emanuel: „Hast du es überhaupt schon mal probiert?“

„Das, und so ziemlich jede andere existierende Droge, denn glaub´ mir, es hat Zeiten in meinem Leben gegeben, da hätte ich nichts gegen eine kleine Realitätsflucht einzuwenden gehabt, aber ich bin gegen alles immun.“ gab Peter zurück:

„Das Glaube ich nicht!“ sagte Emanuel skeptisch:

„Glaub´ s mir ruhig. Es ist so eine Art...erbliche Stoffwechselstörung. Ich kann den hartgesottensten Säufer unter den Tisch trinken, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Aber du kannst mich ja an deiner Erfahrung teilhaben lassen. Was fühlst du, wenn du das Zeug rauchst?“

Der Joint war mittlerweile schon beinahe heruntergebrannt. Emanuel kicherte:

„Also eins vorweg: Ich tue das nicht täglich oder so. Ich bin nicht irgend so ein Pothead, falls du das denkst. Tja, und was fühle ich dabei? Also es entspannt mich, es macht mich kreativ, es lässt mich träumen und es macht mich ein bisschen...uhm...“

„Ein bisschen `WAS´?“ hakte Peter nach:

„Na ja, ein bisschen hemmungslos.“ bekannte Emanuel mit einem kleinen Erröten.

Peter lachte:

„Gut zu wissen!“ sagte er, hockte sich auf den Jüngeren und hielt dessen Handgelenke fest: „Jetzt gerade auch?“

„Hmmhmm!“ gab Emanuel grinsend zurück.
 

Eine ganze Weile später angelte Peter sein Handy aus seiner Jeans, die zerknüllt am Boden lag, schaltete es ein und runzelte die Stirn:

„Was denn?“ wollte Emanuel wissen: „Musst du los?“

Peter schüttelte den Kopf:

„Ich hab noch ´nen Moment. Oder willst du mich loswerden?“

„Überhaupt nicht. Ich dachte, ich könnte uns etwas zu essen machen. Beim Essen macht Gras nämlich unglücklicherweise auch ziemlich hemmungslos.“ Gab Emanuel zurück:

„Hast du denn irgendwas im Haus, was nicht zu hundert Prozent aus Zucker besteht?“ erkundigte sich Peter skeptisch:

„Spaghetti?“ Fragte Emanuel unsicher.
 

Das war noch eine weitere Sache, worin sich Emanuel von Stiles unterschied, dachte Peter: Dieser Junge konnte absolut nicht kochen. Die Pasta war zu lange im Topf gewesen und drohte nun beinahe sich aufzulösen und die Pastasauce kam aus einem Glas. Peter schmunzelte über das eigenartige Mahl, ließ sich jedoch nichts anmerken und aß klaglos, was ihm vorgesetzt wurde:

„Sag mal, dass du kein Polizist bist, haben wir ja schon geklärt, aber was machst du eigentlich beruflich?“ Wollte Emanuel mit einem Mal wissen.

Peter blickte von seinem Teller auf und war ratlos, wie er darauf antworten sollte:

„Wusste ich` s doch! Das ist also dein Geheimnis: Du bist irgend so ein Unterwelt-Boss! Mafia oder so!“

Peter lachte herzhaft:

„Dazu hätte ich bestimmt ein gewisses Talent, aber offen gesagt hatte ich so etwas nie nötig. Meine Familie hat Geld, weißt du?“

„Genug Geld, dass du überhaupt nicht arbeiten musst?“ rief Emanuel erstaunt aus: „Und da hockst du mit einem traurigen Habenichts wie mir in meiner miefigen Eineinhalbzimmerwohnung und isst die erbärmlichsten Spaghetti, die die Welt je gesehen hat?“

„Warum nicht?“ gab Peter lächelnd zurück.
 

Nach dem Essen verabschiedeten sich die beiden Männer voneinander:

„Danke!“ sagte Peter: „Du hast mir heute wirklich geholfen!“

„Ich fand´s toll mit dir!“ versicherte Emanuel: „Sehen wir uns heute im Club?“

Peter zuckte mit den Schultern:

„Ich weiß ehrlich gesagt noch nicht, wie mein Tag heute weitergeht.“ Und beinahe flüsternd fügte er hinzu: „Und ob ich ihn überleben werde.“

„Komm´ schon Peter, so schlimm wird’ s schon nicht werden. Und mein Doppelgänger sieht auch nicht so aus, als könnte er einem Kerl wie dir einfach so den Hals umdrehen.“ gab Emanuel schmunzelnd zurück:

„Ich habe ja auch nicht gesagt, dass er es selbst tun würde!“ Gab Peter zurück:

„Weißt du was? Wenn du willst und falls wir alle uns heute Abend sehen, lasse ich diesem Kerl gegenüber die Bitch heraushängen und zeige ihm, was ihm entgeht, in Ordnung? Ich könnte mich dir vor seinen Augen an den Hals werfen und mich an all den guten Sachen zu schaffen machen, die er nicht haben kann. Wetten, das weckt sein Interesse?“

Peter lachte und küsste Emanuel auf die Stirn:

„Du bist wirklich süß, aber ich fürchte, das würde nur funktionieren, wenn ich ihm mehr wert wäre, als der Dreck unter seinem Fingernagel.“

„Du hast so etwas nicht nötig, Peter! Du bist toll!“ versicherte Emanuel und küsste ihn noch einmal: „Vielleicht bis später und sonst vielleicht bis morgen, ja?“

Peter nickte und kehrte ins Hotel zurück.
 

Gleich im Foyer ihres Hotels stieß Peter auf Stiles, Ethan und Danny, die Einkaufstüten in ihren Händen hielten

Weder Stiles noch Peter sagten etwas. Sie nahmen sich lediglich misstrauisch gegenseitig mit ihren Blicken ins Visier:

„Sollen wir bei dir bleiben?“ erkundigte sich Danny bei Stiles und ignorierte Peter vollständig. Stiles schüttelte den Kopf:

„Nein, lasst uns bitte allein!“ erwiderte er.

Die beiden Freunde zogen sich zögerlich zurück.
 

Kaum waren Peter und Stiles unter sich, wollte der Ältere wissen: „Was hast du denn da an. Wolltest du eine kleine Typveränderung, oder was? Gefällt mir!“

Stiles gab ein kleines freudloses Lachen von sich:

„War ja klar, dass der Flittchenlook dein Fall ist, Peter.“

„Weißt du, was mich überrascht hat, Stiles?“ stellte Peter eine rhetorische Frage: „Ich war verwundert, dass ich nicht eine einzige gebrüllte Morddrohung von meinem Neffen auf meiner Mailbox hatte. Und jetzt das mit deinen Superfreunden, die sich einfach so zurückziehen, ohne mir eine Moralpredigt darüber zu halten, was für ein widerliches Monster ich bin und das man mich auf dem Grund des Pazifiks versenken sollte; gekettet an einen riesigen Anker.“

Wieder ein Lachen von Stiles, diesmal von Herzen kommend:

„Was für ein hübsches Bild!“ Kommentierte er. Dann fügte er hinzu: „Das alles wird aber nicht passieren. Ich habe niemandem erzählt, was du heute morgen getan hast und das habe ich auch nicht vor. Du und ich haben von nun an ein Geheimnis, verstanden?“

Peter nickte.

Eine Weile standen die beiden unschlüssig voreinander; dann wollte Peter wissen:

„Hasst du mich nun?“

„Nicht mehr als vorher.“ gab Stiles lachend zurück und hakte sich bei dem Werwolf unter. In diesem Moment klingelte Stiles Handy.

Es war Derek.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Hatschepueh
2016-06-27T09:17:22+00:00 27.06.2016 11:17
Du hast echt ein Talent dafür das jedes Kapitel ausgeglichen ist. Der Anfang war traurig aber am Ende war ich wieder guter Stimmung und nach dem letzten Satz bin ich doch wieder leicht besorgt. Aber ich denke morgen könnten die Friedensverhandlungen zu einem guten Abschluss kommen und dann kann Derek mit Scott zu den anderen stoßen. Bin nur gespannt was aus Damien wird.
Antwort von:  GingerSnaps
27.06.2016 12:08
Danke Hatschepueh, aber hier entsprang der Ausgleich zwischen Ernst und Heiterkeit eher meinem eigenen Bedürfnis nach Ausgleich und wohl weniger einem Talent. Nach der Alpha-Auseinandersetzung war ich so geschafft, dass ich einen Wunsch nach Entspannung hatte und so kam es zu der Shoppingszene, die mich wieder aufgeheitert hat.


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