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Psiana aus der Gegenwelt

von

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Schwarze Vergangenheit

Um nach Erzelingen zu kommen, mussten wir erst Jubelstadt passieren. Der Weg von Sandgemme nach Jubelstadt war nicht sehr weit, weshalb wir so gegen Abend in Jubelstadt sein wollten. Wir hatten gute Laune und lachten, wie immer, sehr viel. Es war lustig sich mit Hannah zu unterhalten. Sie hatte so ziemlich den gleichen Humor wie ich. Immer einen lässigen Spruch auf Lager, meistens irgendwas Sinnloses im Kopf, nur um einfach rumzualbern.
 

So verging die Zeit wie im Flug. Wir merkten gar nicht, dass wir nur noch fünf Minuten von Jubelstadt entfernt waren. Wir kamen an einer kleinen Menschenmasse vor einem kleinen Markttand vorbei. Wir witzelten natürlich sofort darüber, wie man hier einen Stand aufbauen konnte und was es für einen Sinn hätte. Doch als wir die Horde und den Stand gänzlich hinter uns gelassen hatten und man nun endlich auch Jubelstadt vor uns sehen konnte schlug Hannahs Stimmung plötzlich um. Sie lachte nicht mehr. Sie sprach nur noch in einem ernsten Ton, der gar nicht zu ihr passte. Meine Fragen, was los sei, blieben unbeantwortet. Meine Versuche, ihre Stimmung wieder anzuheben scheiterten auch nur im Ansatz. Ich war etwas ratlos, weshalb ich es beim Schweigen beließ. Erst als wir mitten in Jubelstadt waren und ich die Frage stellte, wohin wir eigentlich gehen wollten und zu Abend essen werden brach ich mein Schweigen. Ein harsches „Folg mir!“ bekam ich als Antwort und tat was sie sagte. Eine andere Wahl hatte ich nicht.

Sie führte mich in eine eher unbelebte Gegend der Stadt. Eine kleinere Seitengasse war ihr Ziel, in der ein nicht gerade einladendes Restaurant seine Pforten für Gäste offen hielt.
 

„Hier willst du essen?“, fragte ich etwas irritiert.

„Ja! Hast du was dagegen?! Wenn es dir nicht gefällt kannst du gerne woanders essen!“
 

Ich folgte ihr ohne weiteres Wort. Ich konnte und wollte nichts entgegensetzten.

Irgendwie kam mir der Laden hier komisch vor. Kleines Seitengassenrestaurant mit veralteter Holzgarnitur, fast keinen Gästen und einem Kellner, der große Augen machte, als er Hannah sah.
 

„Das gleiche wie immer, Hannah?“, rief der Kellner durch den kleinen Raum.

„Ja.“

„Und für deine Begleitung?“

„Was willst du bestellen?“, fragte sie mich immer noch in einem düsteren Ton.

„Ähm, ich hätte gerne einfach ne Portion Pommes, gibt’s das?“

„Klar, dauert für euch auch gar nicht lange.“
 

Wir setzten uns an einen Tisch. Kurz schwiegen wir, doch dann brach meine Neugierde aus mir heraus.
 

„Du scheinst diesen Laden zu kennen, oder?“, begann ich ohne jeglichen Unterton.

„Schlau erkannt“, wurde mir jedoch sogleich sarkastisch entgegnet.

„Hey, hab ich dir was getan, oder was soll diese fiese Masche jetzt plötzlich?“, auch ich klang schon etwas gereizter, immerhin konnte ich mir nicht ausmalen, dass ich der Auslöser für ihre Laune war. Als hätte man einen Schalter umgelegt kam plötzlich ihre Einsicht.

„Hm, sorry. Du bist natürlich nicht Schuld. Aber hast du diese Menschenmenge an diesem Stand gesehen?“, kam es plötzlich kleinlaut.

„Ja klar, wir haben sogar unsere Späße darüber gemacht, oder hast du das vergessen?“

„Oh. Ähm, nein, natürlich nicht. Jedoch war da dieser … “, sie brach ab und drehte sich zur Tür, die gerade aufgegangen war. Herein trat ein Kerl in unserem Alter. Braunes Hemd mit kurzen Armen, Cap mit rotem Tuch darunter, lässige, ausgewaschene Jeans und graue Haare.

„ … wenn man vom Teufel spricht“, Hannahs Gesicht verdunkelte sich augenblicklich.

„Hannah! Du steigst also immer noch in den gleichen alten Schuppen ab wie damals. Ich wusste es.“

Ähm, ok. Die beiden scheinen sich ja gut zu kennen. Doch wieso dann die schlechte Laune von Hannah?

„Ja, Dwayne. Kannst du mich jetzt bitte in Ruhe lassen?!“, kam ziemlich gereizt von ihr zurück.

„Mensch, Hannah, jetzt sei doch nicht so. So lange nicht mehr gesehen und dann gleich so ne Abfuhr.“

„Nicht ohne Grund …“

„Ah, und einen Lover hast du mittlerweile auch gefunden, was? Jemand, der anscheinend kein Problem mit deiner düsteren Vergangenheit hat, oder hast du ihn auch schon rekrutiert?“

„Dwayne! Halt’s Maul und jetzt raus hier!“
 

Hannah stand stürmisch auf und stand nur direkt vor diesem Dwayne. Sie machte keine Anstalt vor ihm auch nur einen Millimeter zurückzuweichen geschweige denn irgendeine andere Bewegung zu machen. Man sah den Hass in ihrem Blick. Ich versuchte das Ganze etwas zu entspannen und mischte mich einfach Mal mit ein.
 

„Also … Dwayne, war der Name, oder? Ich bin weder ihr Lover noch weiß ich von einer düsteren Vergangenheit. Und wenn sie dich nicht hier haben will, dann solltest du besser verschwinden.“

„Wow, easy Junge. Kein Wunder, dass du nicht bescheid weißt, sonst würdest du sie nicht auch noch verteidigen. Aber wo du Recht hast, hast du Recht. Ich werd wieder abhauen. Vielleicht erzählt dir Hannah ja noch ihre Geschichte.“
 

Hannah stand immer noch wie eine Steinsäule mit verbissenem Blick da. Dwayne machte ein paar Schritte zurück, zwinkerte Hannah zu und verabschiedete sich, indem er seine Cap wie ein Gentleman abnahm und wieder gekonnt auf seinem Kopf platzierte. Hannah rührte sich erst wieder, als die Tür ins Schloss fiel. Sie setzte sich wieder hin und atmete kurz durch. Unsere Bestellung wurde uns gereicht. Während ich die ersten Pommes in meinem Mund verschwinden ließ, setzte ich zum Gespräch an.
 

„Also Hannah, du musst mir wohl etwas erzählen.“

„Ich tu das nicht gerne, aber jetzt gibt es wohl kein Zurück mehr.“

„Sehr gut möglich. Schieß los.“

„Sagt dir der Name Rockefella etwas?“

„Nein …“
 

Es war keine Verneinung, es war ein Nein der Entsetzung, da mir der Name Rockefella sehr wohl etwas sagte. Doch ich verkniff mir einen Kommentar und ließ sie weitersprechen, vielleicht würde es doch anders kommen, wobei eigentlich keine andere Möglichkeit mehr übrig blieb, wenn man die Stichpunkte ‚Rockefella‘ und ‚düstere Vergangenheit‘ zusammensetzte.
 

„Ich bin die Tochter von einem der hochrangigsten Team Rocket Offiziere und Vorstände die es gibt, Gregory Rockefella. Somit hatte auch ich schon sehr früh Kontakt mit Team Rocket. Damit mein ich nicht, dass ich wusste was mein Dad macht, sondern mit Kontakt mein ich wirklich intensiven Kontakt. Bereits mit zwölf wurde ich ausgebildet. Team Rocket Special Agent, die jüngste, die es jemals gab. Ich stellte mich unverschämt gut an, meine Ausbildung war noch nicht abgeschlossen, doch nach ein paar Monaten wurde ich schon mit auf Geheimaufträgen geschickt. Mit 13 1/2 wurde ich Führerin einer siebenköpfigen Spezialeinheit, die nur aus Männern über 25 Jahren bestand. Doch sie gehorchten mir aufs Wort. Meine strategischen und kämpferischen Fähigkeiten überragten sogar so manch anderen Truppenführer, und das obwohl diese 30 oder älter waren. Ich hatte es einfach von meinem Dad geerbt. Ich führte so manche Mission durch, bei der andere an der ersten Hürde gescheitert wären. Mit 14 wurde ich Truppenführerin einer 20-Mann Einheit für spezielle Geheimaufträge. Ein Jahr später kam der oberste Befehlshaber aller Truppen bei einem Einsatz in Dukatia City um. Es kam überall in den Nachrichten. Nun, als hätte ich in meiner kurzen Team Rocket Karriere nicht schon extrem viel erreicht, wurde ich doch tatsächlich an dessen Stelle eingesetzt. Ich war, wie es im Team Rocket hieß ‚Special Squad Leader One‘. Ein Jahr lang hatte ich alle Team Rocket Einheiten unter mir. Theoretisch waren nur noch Giovanni und der fünfköpfige Vorstand über mir, und das als 16-jähriges Mädchen. Andere höhere Mitglieder waren natürlich unzufrieden und stellten meine Fähigkeiten in Frage. Doch ich hatte so einige Argumente auf meiner Seite. Ich war die Dritte, die es schaffte über tausend Pokémon für Team Rocket zu fangen, ich hatte jeden Offizier schon mal in einem Pokémonkampf geschlagen und ich war natürlich die Tochter von Gregory, der übrigens der Erste war, der über tausend Pokémon für Team Rocket fing.

Doch ich werde aufhören. Ganz aufhören. Den Posten gab ich schon ab, mein Dad hat ihn wieder übernommen. Auf dem Papier bin ich noch Mitglied bei Team Rocket, doch ich werde aussteigen.“

„Wow …“
 

Mehr brachte ich vorerst nicht heraus. Ich musste Nachdenken, doch Hannah ließ mir keine Zeit dazu.
 

„Ich hoffe, du willst trotzdem noch mit mir reisen und lässt mich jetzt nicht alleine.“
 

Während des Satzes legte sie einen so süßen und einlullenden Hundeblick auf, dass ich die Geschichte schon fast wieder vergessen hatte. Doch ich rief mich zur Besinnung. Ich musste meine Gedanken sortieren. Ich reiste mit einer der jüngsten und ranghöchsten Team Rocket Offizierinnen herum und konnte nicht prüfen, ob sie ihren Posten wirklich aufgegeben hatte oder nicht. Doch aus einem unerklärlichen Grund wollte ich weiter mit ihr reisen. Ich hatte noch nicht einmal ein schlechtes Gefühl dabei. Doch mir brannten noch einige Fragen auf der Zunge.
 

„OK, ich kenne deinen Dad und deinen Namen habe ich auch schon öfters im Fernsehen im Zusammenhang mit Team Rocket gehört. Und das müssten andere doch auch. Wieso erkennt dich keiner?“

„Ich habe von Natur aus blonde Haare, doch während ich immer weiter in den Team Rocket Sumpf gezogen wurde, färbte ich meine Haare dunkelbraun. Außerdem trug ich eine Brille. Ich habe mich verändert seit ich Team Rocket hinter mir gelassen habe. Ich musste neu anfangen.“

„Klingt einleuchtend. Und wer ist dieser Dwayne? Ihr scheint euch ja gut zu kennen.“

„Ja, leider. Er kommt aus Mahagonia City, so wie ich. Mein Dad hat mich an der Schule unter anderem Namen angemeldet. Zu Dwayne fand ich irgendwie schnell einen Draht. Ich verriet ihm die Story als ich 14 war. Dann waren wir zusammen und er trat mir zu Liebe Team Rocket bei. Doch als er betrunken war machte er mit einer anderem auf dem Schulball rum. Ich machte Schluss. Er trat sofort wieder aus Team Rocket aus, auch wenn das normalerweise nicht so leicht geht. Er hat sich durchgemogelt. Wie auch immer, er hatte mich kurze Zeit verfolgt, da ich aus Mahagonia wegging. Doch seit ich dich getroffen hab, beziehungsweise ich mich auf den Sevii-Islands herumtreibe, hatte er mich aus den Augen verloren, bis heute. Er versucht mir die ganze Zeit weiß zu machen, dass es ihm Leid tut und er mich zurückhaben will. Doch ich wollte nie wirklich was von ihm, er war damals einfach der Coolste auf der Schule. Als Team Rocket Mitglied war für mich kein Platz für Gefühle. Doch jetzt bin ich raus aus Team Rocket und jetzt habe ich Platz für Gefühle, doch sicherlich nicht für diesen Idioten.“
 

Fast wäre mir die Frage ‚Für wen hast du dann Gefühle‘ herausgerutscht. Doch ich wollte sie nicht stellen. Stattdessen schoss aus Hannah eine Frage heraus.
 

„Du hast mir noch gar nicht gesagt, ob du weiter mit mir reisen willst, oder ob ich besser aus deinem Leben verschwinden sollte.“

„Du wirst sicherlich nicht aus meinem Leben verschwinden. Wir werden jetzt gemeinsam nach Erzelingen gehen.“
 

Hannah strahlte. Ich irgendwie auch. Ich wollte einfach mit ihr weiterreisen. Und durch diese Antwort wurde auch automatisch der Restaurantbesuch beendet. Denn jetzt würde es zum ersten Orden gehen.



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