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Drei Jahre

von

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Drei Jahre. Vor genau drei Jahren war Nezumi gegangen. Das waren die schlimmsten Jahre in Shions Leben. Viel schlimmer als die Jahre in Lost Town, die im Vergleich zu dieser Zeit fast schon paradiesisch wirkten. Aber war es dort nicht wie im Paradies gewesen? Er war bei seiner Mutter, hatte einen Job und Freunde. Und er musste nicht jeden Tag mehr die Hoffnung verlieren, dass Nezumi jemals wieder zu ihm zurück kommen würde.

Shion lag auf seinem Bett und starrte trübselig an die Decke. Eigentlich war heute ein Tag der Freude. No 6. wurde vor genau drei Jahren befreit und gab den Anstoß für die anderen Gebiete, zu rebellieren und ihre Mauern einzureißen. Doch Shion wollte diesen Tag nicht feiern oder glücklich sein. Er wollte sich lieber in seinem Bett verkriechen und den ganzen Tag in seinen hoffnungslosen Gedanken versinken. Er rollte sich auf die Seite.

„Ach Nezumi…“, Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. „Wieso kommst du nicht zu mir zurück? Ich brauche dich verdammt! Wieso bist du nur so ein verdammtes Arschloch?!“ Ihm rann eine einzige Träne über die Wange. Doch es blieb nicht nur eine Träne. Immer mehr Tropfen perlten aus seinen Augen und sein zierlicher Körper wurde von unterdrückten Schluchzern erschüttert. Er krallte sich in das Bettlaken und rollte sich zusammen. Der weißhaarige wollte nicht weinen, aber er konnte nicht aufhören. Es klopfte zaghaft an die Tür und Shion wischte hastig die Tränen mit seinem Ärmel weg. „Ja?“ Seine Stimme klang brüchig und heiser. Ein kleiner, braunhaariger Junge steckte seinen Kopf durch die Tür. „Papa? Oma und ich gehen zu den Festen und einkaufen. Kommst du mit?“ Es war der Junge, den er vor drei Jahren gerettet hatte. „Tut mir leid Akio, mir geht es nicht so gut. Aber sag deiner Oma, dass sie sich keine Sorgen machen muss. Viel Spaß euch zwei.“ Akio grinste und verschwand wie ein kleiner Wirbelwind. Shion lächelte. Er war sein Licht und er liebte ihn, als wäre er wirklich sein Vater. Er öffnete eine Tür, die hinaus auf einen kleinen Balkon führte. Er hatte das Gefühl er müsste in diesem kleinen Raum ersticken. Shion trat hinaus und spürte den sanften, kühlen Regen auf seiner Haut. Wie konnten die Gefühle, die er für Nezumi empfand, nur so lange anhalten? Er hatte doch nur eine so kurze Zeit mit ihm verbracht, und diese lag nun schon wieder so lange zurück. Doch trotzdem waren seine Gefühle immer noch so präsent wie am ersten Tag. Er stützte seine Unterarme auf das Geländer und lies das kühle Nass auf sich rieseln. Die Tränen kamen wieder hoch, doch er versuchte mit aller Kraft diese zurückzuhalten. Vergeblich. Sie vermischten sich mit dem ebenfalls zu Boden tropfenden Regen. Shion wusste nicht genau wieso, aber er schrie. Schrie seinen ganzen Schmerz und das ganze Leid hinaus. Er wollte sich umdrehen, doch etwas hielt ihn fest. Und dieses etwas besaß einen Geruch den er selbst nach drei Jahren nicht vergessen hatte.

„Nezumi…“

Der Angesprochene schwieg. Shion löste die starken Arme, die in umarmten, und drehte sich um. Er hatte sich kaum verändert. Doch trotzdem sah Shion Unterschiede. Nezumis Haare waren etwas länger und sahen aus als hätten sie schon geraume Zeit keinen richtigen Kamm mehr gesehen. Außerdem war der Schwarzhaarige noch mal gewachsen und überragte ihn nun um knapp einen Kopf. Shions Blick wanderte langsam hoch zu Nezumis Augen. Er konnte den Blick in seinen Augen nicht bestimmen. Es war eine Mischung aus Freude, Schuld und etwas Warmen. Er streckte seine Hand aus, als würde er Shion berühren wollen, stoppte jedoch kurz vor seiner Wange. „Es tut mir Leid…“

Nezumis Stimme war nicht mehr als ein Wispern. „I-ich…“

Shion wusste nicht wieso, aber er trat an ihn heran und umarmte ihn einfach. Es tat gut, nach all der Zeit ohne seine Vertraute Wärme. Nach einem kurzem Moment der Verwirrung drückte Nezumi ihn ebenfalls fest an sich und vergrub sein Gesicht in Shions Haaren.

„Mein Gott Shion… ich wollte eigentlich schon längst wieder da sein. A-aber ich hatte Angst. Angst davor, dass du mich vergessen hast, dass ich keinen Platz mehr in deinem Leben habe… es tut, mir so leid.“

Shion spürte ein sanftes Tropfen auf seiner Schulter. Weinte Nezumi etwa? Das war so untypisch für den Schwarzhaarigen. Eigentlich war dieser doch immer der starke, unnahbare Typ, der seine Gefühle nie zeigte, gewesen.

„Nezumi…“ Er schaute nicht auf, sondern blieb einfach weiter weinend an ihn gedrückt stehen.

„Nezumi, hör mir bitte zu!“, sagte der Weißhaarige etwas lauter. Der Angesprochene sah endlich auf.

„Es ist mir egal, was in der Vergangenheit war. Ich war einsam und verletzt, ja… aber jetzt bist du hier, bei mir! Und das ist alles was jetzt für mich zählt. Aber bitte hör auf zu weinen, sonst fang ich auch gleich an.“

Er starrte ihn verwirrt an, das nasse Haar klebte an seiner Stirn. Er war sichtlich verwirrt, und hatte wohl mit einer Abfuhr oder Geschrei gerechnet. Aber es war Shion egal, dass er weg war. Jetzt war er schließlich wieder da. Und das allein ließ ihn so glücklich werden wie nichts anderes in der Zeit ohne ihn.

Er fing an zu lächeln und Nezumi tat es ihm gleich. Allen beiden fiel ein riesiger, tonnenschwerer Stein vom Herzen.

Nezumi umfasste Shions Gesicht mit seinen sanften, großen Händen und zog ihn näher zu sich. „Ich hab dich so vermisst, Dummkopf.“

Langsam kamen sich ihre Gesichter immer näher, bis sie nur noch Milimeter trennten. Shion konnte Nezumis Atem auf seiner Haut spüren. Langsam überbrückten sie den letzten Abstand und es trennte sie nichts mehr. Sie waren wieder vereint, nach drei langen Jahren. Aber selbst die längsten und einsamsten Jahre haben einmal ein Ende.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Nur ein kleiner One-Shot zu No.6, der mir mal so im Kopf herumgespuckt ist xD
Ich finde das Ende 'etwas' blöd und deshalb wollte ich einen, meiner Meinung nach, schönen Epilog zu No. schreiben.
Das wollte ich jetzt eigentlich auch nur sagen, also bye bye ^-^ Komplett anzeigen

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