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Von Sternschnuppen und Krähen

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Von Sternschnuppen und Krähen

Das Schicksal hat einen schrägen Sinn für Humor und es hat Zähne, mit denen es dich in den Hintern beißt, wenn du ihm auch nur für einen Moment den Rücken zudrehst.

...Oder doch nicht?

 

Es war Winter und das Licht wurde bereits schwächer. War es bis vor ein paar Tagen noch überraschend mild für die Jahreszeit gewesen, so hatte die Kälte von einem Tag auf den anderen nun den Weg in die Stadt gefunden.

Die Menschen zogen es vor in ihren gut geheizten Häusern und Wohnungen zu bleiben. Diejenigen, die dennoch auf der Straße anzutreffen waren, waren in dicke Wintermäntel gehüllt, trugen Mützen und Handschuhe.

Auch Reiko hielt sich trotz der klirrenden Kälte nicht in ihrer Wohnung auf, da ihre Schränke so gut wie leer und ein Einkauf unumgänglich gewesen war.

Im Supermarkt selbst war es gut auszuhalten, denn auch hier wusste man, was Heizungen waren, doch kaum war sie durch die elektrischen Schiebetüren auf den Parkplatz vor dem Gebäude getreten, da begann die Kälte bereits wieder an ihr hochzukriechen.

Die junge Frau kuschelte sich noch ein wenig mehr in ihren Mantel und versuchte das Gesicht bestmöglich in ihrem Schal zu vergraben, damit die hier herrschenden Temperaturen besser auszuhalten waren.

Mit einer Einkaufstasche in der Hand, lief sie über den Kundenparkplatz und hatte kurz darauf wieder die Hauptstraße erreicht.

//Ich glaube ich habe an alles gedacht. Das hoffe ich zumindest//, grübelte sie in Gedanken, denn sie hatte keine all zu große Lust, nachher erneut hier her wandern zu müssen, falls sie erst Zuhause bemerken würde, dass sie doch vergessen hatte irgendetwas zu kaufen, was sie brauchte.

Ein wenig bereute Reiko es, dass sie vorhin zu faul gewesen war einen Einkaufszettel zu schreiben. In Gedanken ging sie noch einmal die Liste an Dingen durch, die sie in der Küche definitiv benötigen würde. An den Reis hatte sie gedacht, neues Mehl hatte sie auch gekauft, Obst und Gemüse hatte sie mitgenommen und Teebeutel..., nun, sie hoffte zumindest, dass diese sich irgendwo in ihrer Einkaufstasche befinden würden.

Wie gut, dass es noch ein wenig zu früh war um an das Kaufen von Weihnachtsgeschenken zu denken. Etwas für ihre Eltern zu finden, wäre nicht das Problem. Es war bloß schade, dass sie nicht hier in der Stadt wohnten und sie sie auch an den Feiertagen selbst höchst wahrscheinlich nicht sehen würde.

Ein passendes Geschenk für ihre beste Freundin zu finden, war hingegen schon deutlich schwerer. Akane war kein großer Fan von Weihnachten und behauptete immer, schon alles zu haben was sie bräuchte, was die Sache nicht unbedingt leichter machte.

Apropos Akane : seit einigen Tagen hatte sie schon nichts mehr von sich hören lassen. Vermutlich bereitete sie sich auf irgendeine Klausur für die Uni vor, doch nicht einmal auf Anrufe zu reagieren, sah der Brünetten nun wirklich nicht ähnlich.

Wenn sie in zwei Tagen, also bis zum Wochenende um genau zu sein, immer noch nichts von ihr gehört hätte, würde sie definitiv bei ihr vorbeischauen, und wenn das bedeutete, dass sie die Nachbarin notfalls nach dem Ersatzschlüssel würde fragen müssen.

 

Aus den Gedanken gerissen wurde Reiko, als ihr Blick auf die Straße direkt neben ihr fiel.

Gerade war ein Rabenvogel auf dem Asphalt gelandet. Die angehende Journalistin musste bei dem Anblick schmunzeln, da die Landung des Tieres schon ein wenig tollpatschig gewesen war.

„Und da sag mir noch jemand ich wäre schusselig.“ , sagte sie mehr zu sich selbst und wollte ihren Weg fortsetzen. Seltsamerweise blickte der Vogel jetzt genau in ihre Richtung und krächzte ungehalten.

Es war fast so, als würde das Tier sich über ihren Kommentar aufregen. Das alles wäre lustig gewesen, wäre die Abenddämmerung nicht durch das helle Licht von zwei Scheinwerfern erhellt worden.

„Vorsicht!“, rief die junge Frau reflexartig aus und machte eine verscheuchende Handbewegung, um den unglücklichen Vogel noch rechtzeitig aufzuscheuchen, doch da war es auch schon zu spät.

Das Tier flatterte auf, das Auto rauschte an ihr vorbei und einige schwarzgraue Federn segelten über die Straße und den Bürgersteig, während die Rücklichter des Wagens langsam aber sicher bereits am Horizont verschwanden.

Erschrocken schlug Reiko sich die Hände vor den Mund, wobei sie die Einkaufstasche fallen ließ.

Ihr Blick ruhte auf dem Rabenvogel, der bei dem Zusammenstoß mit dem PKW auf den Bürgersteig geschleudert worden war, und nun fast direkt vor ihren Füßen lag.

Ein flaues Gefühl machte sich in ihrem Magen breit. Wie schrecklich! Armes Ding. Ein solches Ende zu finden hatte kein Lebewesen verdient.

Doch gerade, als Reiko den Vogel schon beinah für tot gehalten hätte, bemerkte sie, dass das Tier noch atmete und ein Flügel sich leicht bewegte.

Der Vogel brauchte ganz eindeutig Hilfe, doch die angehende Journalistin war nun wirklich keine Expertin für Vogelheilkunde. Aber einfach weitergehen und den unglücklichen Federball hier liegen lassen...?

 

„Ich kann nicht glauben, dass meine Hände das überlebt haben.“, stellte die junge Frau überrascht fest, nachdem sie das Ende des improvisierten Verbandes festgesteckt, und den Rabenvogel von ihrem Wohnzimmertisch aus, rüber in einen Umzugskarton gesetzt hatte, welchen sie zum Glück noch in ihrer Wohnung hatte finden können.

Das Tier war inzwischen wieder bei Bewusstsein, wirkte aber noch reichlich benommen.Vielleicht war das auch der Grund, dass der Vogel nicht versucht hatte nach ihr zu hacken. Schaden hätte der lange, scharfe Schnabel mit Sicherheit genug angerichtet.

„Ich mache kurz den Deckel von dem Karton zu, damit du mir nicht meine Wohnung auf den Kopf stellst. Aber keine Sorge. Im Gemeinschaftskeller steht schon seit Ewigkeiten ein Vogelkäfig herum. Ich denke es ist okay, wenn ich ihn mir mal für ein paar Tage ausleihe.“

Der Rabenvogel, vermutlich eine Nebelkrähe oder doch vielleicht eine Dohle, blickte sie nur an, flatterte jedoch nicht auf, als Reiko den Umzugskarton zuklappte und kurz darauf die Wohnung verließ.

 

Wie sie bereits gehofft hatte, fand sie im Keller, in einer Ecke, besagten Vogelkäfig, welcher jedoch schon ein wenig eingestaubt war. Sie würde ihn wohl erst einmal reinigen müssen, bevor sie daran denken konnte, ihren Gast vom Karton aus in den Käfig umziehen zu lassen.

Ob der Käfig nicht ein wenig zu klein für das Tier war, was sie vorhin von der Straße aufgelesen hatte? Vermutlich handelte es sich bei dem Käfig um einen Papageienkäfig. Einer dieser Käfige, mit dem man den Tieren ganz gewiss keinen Gefallen tat. Eine runde Kuppel, mit einer Sitzstange, einer Käfigtür und der Möglichkeit im Gitter einen Wassernapf anzubringen.

Das Gelbe vom Ei war das wohl sicher nicht, doch würde sie das Tier ja nur vorübergehend behalten und es zurück nach draußen bringen, sobald sich sein Zustand wieder ein wenig gebessert hätte.

So weit sie es beurteilen konnte, hatte der arme Vogel noch einmal Glück im Unglück gehabt. Ein Flügel hing schlapp herunter und war nun bandagiert, doch ansonsten schien dem Tier wohl nichts zu fehlen.

Mit dem Käfig im Schlepptau, lief Reiko die Treppen hoch, zurück in ihre Wohnung, wo sie die provisorische Behausung ihres Gastes vom Staub befreite.

Nachdem der Käfig auf dem Tisch platziert worden war, bewaffnete die junge Frau sich vorsichtshalber mit einem Paar Küchenhandschuhen, um ihre Finger im Notfall halbwegs in Sicherheit zu wissen.

„Zeit für dich umzuziehen.“, sagte sie, bevor sie langsam den Deckel vom Umzugskarton öffnete und hineinblickte.

Inzwischen machte der schwarzgraue Vogel bereits einen etwas wacheren Eindruck, denn das Tier starrte sie direkt an und hüpfte schimpfend zur Seite, als sie vorsichtig versuchte mit den Küchenhandschuhen nach ihm zu greifen.

Nach einigem Protestgekrächze und einigen Ausweichmanövern, gelang es der angehenden Journalistin jedoch das Tier zu fassen zu kriegen.

Zwar schimpfte die Krähe lautstark, doch überraschend blieben Reikos Hände erneut unbeschadet.

Das Tier in den Papageienkäfig zu verfrachten war erneut ein kleiner Kampf, an dessen Ende sie einfach nur froh war, endlich die Käfigtür hinter dem Tier schließen zu können.

„Ich weiß er ist klein, aber als Zwischenlösung gibt es auch schlechtere Wohnungen, findest du nicht?“

Als Antwort darauf folgte ein erneutes Krächzen, bevor die Krähe sie fast schon beleidigt anblickte.

 

Die Stange im Vogelkäfig hätte man sich eigentlich auch sparen können, denn diese Krähe weigerte sich beharrlich darauf Platz zu nehmen. Oder ob es daran lag, dass das Tier es nicht schaffte mit dem verletzten Flügel hinauf zu flattern?

Zumindest saß ihr derzeitiger Mitbewohner am Boden des Käfigs, als Reiko am nächsten Morgen das Haus verließ um zur Uni zu fahren. Als sie am späten Nachmittag die Wohnungstür wieder aufschloss und das Wohnzimmer betrat, hatte sich daran noch nicht all zu viel geändert.

Alles in allem machte das Tier jedoch einen muntereren Eindruck als am Vortag. Zumindest vom Gesundheitszustand her. Was die Laune des Vogels betraf, so wirkte er auf fast menschliche Art und Weise recht griesgrämig.

Die junge Frau stellte ihre Tasche ab, schlüpfte aus ihrem Wintermantel, dem Schal und den Handschuhen und drehte noch einmal die Heizung ein wenig höher, damit es in der kleinen Wohnung besser auszuhalten wäre.

Etwa eine halbe Stunde später, setzte sie sich aufs Sofa im Wohnzimmer, schaltete den Fernseher ein und stellte einen Teller und eine Schale vor sich auf dem Wohnzimmertisch ab.

„Du musst auch irgendwas essen. Ich hoffe du magst Fleisch?“, sprach Reiko die Krähe im Käfig an, obwohl diese sie ja wohl kaum verstehen dürfte. Laut Internetrecherche waren Rabenvögel jedoch durchaus für rohes Fleisch zu begeistern, weshalb sie dem Tier die Schale, mit den Fleischstückchen darin, in den Käfig hängte.

„Kraaah!“, kam es fast schon ein wenig vorwurfsvoll von dem Vogel im Käfig.

An diesem Abend lernte die angehende Journalistin, dass die Krähe rohes Fleisch nicht anrührte, jedoch sehr wohl für die angebratene Variante von ihrem eigenen Teller zu begeistern war.

„Du bist ein merkwürdiger Vogel, weißt du das eigentlich? Manchmal glaube ich wirklich, dass du ganz genau verstehst was ich sage.“

Da im Fernsehen derzeit nur Werbung lief, hatte sie ihre Aufmerksamkeit dem gefiederten Gast auf dem Wohnzimmertisch gewidmet. Kaum hatte sie ihren Satz beendet, schmunzelte Reiko jedoch und schüttelte den Kopf. „Gut, dass das außer dir keiner gehört hat. Wenn Akane zum Beispiel wüsste, das ich jetzt sogar schon mit Krähen spreche, würde sie mich sicherlich nur wieder einen Dummkopf nennen.“

„Kraaah!“, kam die Antwort aus dem Käfig.

 

An diesem Abend lernte nicht nur Reiko, dass der schwarzgraue Vogel allem Anschein nach kein rohes Fleisch mochte, sondern auch die Krähe brachte in gewisser Weise einiges über die Journalistin in Erfahrung. Zum Beispiel, dass sie dieses Weihnachten höchst wahrscheinlich allein verbringen müsste, da ihre Eltern fast am anderen Ende des Landes lebten und auch über die Festtage einiges zu tun hätten, und ihre beste Freundin nun schon seit fast einer Woche wie vom Erdboden verschluckt war.

Da gerade eh keine andere Person hier war, die ihr zuhören würde, erzählte Reiko ganz einfach ihrem gefiederten Gast, dass sie sich Sorgen um die Brünette machte und das sie außerdem auch noch keine Idee hatte, was sie ihr zu Weihnachten schenken sollte.

„Sie sagt immer, dass sie nicht weiß, was sie sich wünschen soll. Oh, und sie mag keinen Kitsch. Ganz schön schwierig etwas passendes für sie zu finden, oder? Aber Akane ist die einzige Person in der Stadt, die mir wichtig ist, und daher werde ich einfach die Augen offen halten und hoffe, dass ich irgendetwas Schönes finden kann. Wobei ich mir selbst eigentlich nur wünschen würde, dass sie unbeschadet überhaupt wieder auftaucht.“, erzählte sie dem Vogel und wirkte nun doch etwas betrübt.

Das Tier, welches bis eben noch in dem kleinen Käfig auf und ab gelaufen war, saß nun ganz still und starrte die junge Frau direkt an. Die Reaktion der Krähe war Reiko schon fast ein wenig unheimlich, denn obwohl der Rabenvogel nur ab und an ein Krächzen von sich gab, so hatten die Augen des Tieres einen sehr menschlichen Ausdruck.

Derweil war die Werbung im Fernseher vorbei und die Tagesschau schaltete sich ein.

Neben den aktuellen Tagesthemen, berichtete die Wetterfee, dass das Wetter morgen und in den nächsten Tagen größtenteils kühl werden würde, jedoch kein Regen oder Schnee zu erwarten wäre. Gegen Ende des Beitrags wies sie noch darauf hin, dass es auch morgen Abend wieder die Gelegenheit gäbe Sternschnuppen zu beobachten. Was für eine Chance für die Leute, die die Sternschnuppen von vor einer Woche verpasst hatten.

 

Der Abend ging und irgendwann brach der nächste Tag an. Zwar besuchte die angehende Journalistin auch heute wieder die Uni, doch machte sie sich zunehmend Gedanken um ihre beste Freundin, die sich nach wie vor nicht bei ihr gemeldet hatte.

Kurzzeitig spielte sie sogar mit dem Gedanken zur Polizei zu gehen, wenn sie Akane morgen nicht Zuhause antreffen würde. Doch dann erinnerte sie sich daran, dass die Polizei im Normalfall nur nach erwachsenen Personen suchte, wenn es Grund zur Annahme gab, das etwas passiert war. Und dies wiederum konnte sie nicht beweisen.

Doch auch, als sie von der Uni zurück und wieder in ihrer Wohnung war, blieb das Telefon stumm.

Morgen früh würde sie definitiv versuchen, die Nachbarin der Brünetten zu überreden den Ersatzschlüssel herauszurücken, wenn auf ein Klingeln auch niemand reagieren würde.

Nachdem sie die Wohnung ein wenig aufgeräumt und gemeinsam mit ihrem derzeitigen Gast zu Abend gegessen hatte, schaltete sie die Stehlampe im Wohnzimmer ein, da es inzwischen bereits wieder recht dunkel war und Reiko nicht wollte, dass die Krähe im Dunkeln sitzen musste, wenn sie kurz den Raum verlassen würde.

Als sie einen Blick zum Vogelkäfig riskierte, entdecke sie, dass das Tier in das Gitter des Käfigs gesprungen war und stur in Richtung Fenster blickte.

„Oh, was ist denn los? Willst du auf die Fensterbank?“, schlussfolgerte sie und erwartete nicht wirklich eine Antwort, doch schon krächzte die Krähe gut hörbar.

„Langsam habe ich wirklich das Gefühl du verstehst mich.“,murmelte sie nachdenklich und blickte den Vogel an, welcher nach wie vor im Gitter hing und in Richtung Fenster starrte.

Da nichts dagegen sprach, hob Reiko den Vogelkäfig an, trug ihn durchs Wohnzimmer und stellte ihn auf der Fensterbank ab, von der man einen guten Blick in den Innenhof hatte.

„Mal was anderes als das Wohnzimmer zu sehen ist nicht schlecht, was? Pass gut auf, vielleicht entdeckst du ja heute die ein oder andere Sternschnuppe. Immerhin sollen heute einige zu sehen sein und die Wetterfee wird schon wissen, was sie da erzählt, meinst du nicht auch?“

Zumindest in Reikos naiver Sicht war es sehr wahrscheinlich, dass die Wetteransagerin Recht hätte. Genau so wie Ärzte stets wussten wovon sie redeten und auch die Professoren an der Uni.

Der Rabenvogel reagierte mit einem leisen Krächzen und irgendwie fand die angehende Journalistin, dass dieser Laut ein wenig genervt klang.

„Ich bin zumindest mal kurz im Bad. Mach in der Zeit keinen Unsinn, ja?“

Diesmal schwieg der Vogel und blickte sie nur an, bevor Reiko sich schließlich abwandte und das Zimmer verließ, um duschen zu gehen.

 

Wie üblich brauchte es mal wieder gefühlte Ewigkeiten das Shampoo aus ihren Haaren zu spülen, doch wenn es draußen so kalt war, war es gar nicht so schlecht, noch ein Weilchen unter dem warmen Wasser der Dusche stehen zu bleiben.

Viel schwerer wäre hingegen die Überwindung, das Wasser irgendwann wieder abzustellen um die Dusche zu verlassen, denn kaum prasselte kein neues warmes Wasser mehr auf einen herab, wurde es schnell unangenehm kühl. Dies wusste auch die junge Journalistin, weshalb sie gar nicht daran dachte, jetzt schon die Dusche zu verlassen.

Nun, zumindest bis sie im Wohnzimmer irgendetwas scheppern hörte. Zuerst glaubte Reiko sich verhört zu haben, doch dann war erneut ein Poltern zu hören, anschließend ein Fluchen.

Ohne es zu merken, griff sie nun doch nach der Armatur der Dusche und schaltete das Wasser ab.

Still blieb die junge Frau stehen und lauschte. Das waren nicht die Nachbarn die randalierten, da war irgendwer in ihrer Wohnung, da war sie sich jetzt ganz sicher!

Aber was genau sollte sie nun tun? Das Herz der Journalistin begann schneller zu schlagen. Ob das Einbrecher waren? Hoffentlich nicht! ...Aber wer sollte es sonst sein?

Und was sollte sie nun tun? Das Telefon befand sich unglücklicherweise im Wohnzimmer, weshalb sie nicht einfach die Polizei rufen konnte.

Zuerst einmal stieg sie vorsichtig aus der Dusche, nachdem sie sich aus ihrer Schockstarre hatte reißen können.

Mit pochendem Herzen griff sie nach ihre Bademantel, schlüpfte hinein und band ihn zu.

Man konnte es nun naiv, dumm, oder am Ende doch gar mutig nennen, doch die junge Frau beschloss, zumindest einen vorsichtigen Blick in den Raum zu riskieren, um dann weiter zu entscheiden, was sie tun sollte. Wenn sie nur durch den Türspalt blickte, würde die Person sie vielleicht sogar gar nicht bemerken?

Ihr Herz schlug schneller, als sie sich langsam der Wohnzimmertür näherte.

Die kalten Fliesen der Diele unter ihren nackten Füßen, hatte sie derzeit ganz ausgeblendet.

Als Reiko die Tür erreicht hatte, blieb sie stehen, lauschte erneut und drückte langsam aber sicher die Türklinke hinunter.

Als sie schließlich ins Zimmer spähte, hielt sie dabei fast den Atem an.

 

Im nächsten Moment fiel die ursprüngliche Anspannung jedoch von ihr ab, wie eine zu schwere Rüstung und ihr Blick wirkte eher ein wenig fassungslos.

Im Wohnzimmer war - „Akane?! W-was machst du denn hier?“, sprach sie ihre beste Freundin erstaunt an, einerseits irritiert, dass die Andere aus irgendeinem Grund heimlich in ihre Wohnung geschlichen war, andererseits aber auch froh darüber, dass sie wieder aufgetaucht war.

„Reiko? Das ist das Erste, wonach du fragst? Ist das dein Ernst?!“, antwortete die Brünette ihr mit der typisch genervten Stimme und blickte nun ihrerseits in ihre Richtung

„Ja, natürlich! Weißt du, was für Sorgen ich mir gemacht habe? Du warst die ganze Zeit über verschwunden und bist nichtmal ans Telefon gegangen. … Moment, warte mal.“

Nun stutzte auch die naive junge Frau endlich und blickte erst ihre Freundin, dann das Wohnzimmer an.

 

Akane trug einen bequem aussehenden Pyjama – ein rotes Oberteil und eine schwarze Hose - , eine schwarze Feder hatte sich in ihrem Pony verfangen.

Der Papageienkäfig war von der Fensterbank gestürzt und von dessen Insassen fehlte jede Spur.

Dafür sah es hier im Wohnzimmer jedoch aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.

Überall – und überall bedeutete wirklich überall – lagen schwarzgraue Federn verschiedener Größen herum. Um es kurz auszudrücken, hätte man fast meinen können, jemand hätte ein Kopfkissen aufgeschnitten und dessen Füllung großzügig im Raum verteilt.

„Was ist denn hier passiert?“, wollte Reiko nun doch lieber erst einmal wissen, während im Hintergrund eine Sternschnuppe durch den Nachthimmel segelte.

„Wonach sieht es für dich denn aus?“, murrte die Brünette.

„Fast als wenn ein Vogel explodiert wäre.“, antwortete die Journalistin ihrer besten Freundin, nach wie vor ziemlich neben der Spur.

„Da fällt mir ein : wo ist die Krähe eigentlich hin? Und was machst du hier? Und...und was ist mit deinem Arm?“

Erst jetzt war der Frau mit den hellblauen Haaren aufgefallen, dass die Andere ihren Arm in einer provisorischen Schlinge trug.

„Dummkopf! Wobei ich dir deine Naivität diesmal sogar kaum verübeln kann, Reiko.“

„Eh? Ich glaube ich versteh nicht ganz.“

„DAS ist nun wirklich nichts Neues.“, seufzte die Brünette, bevor sie zu einer Erklärung ansetzte.

„Die ganze Geschichte ist so verrückt, dass ich sie selbst kaum glauben will. Die Krähe, die angefahren worden ist, die du nachhause mitgenommen und in den verdammten, viel zu kleinen Käfig gequetscht hast, du hast ihr zum Beispiel erzählt, dass du dieses Weihnachten vermutlich alleine verbringen müsstest und das du nicht weißt, was du mir schenken könntest, richtig?“

Nun noch verwirrter nickte Reiko und ging einige Schritte auf Akane zu.

„Ja, das stimmt. Aber woher weißt du das?“

„Reiko...“, seufzte die Brünette lediglich. „Du hast mir, ähm ich meine dem Vogel, rohes Fleisch unter die Nase gehalten und hast dich auch noch darüber gewundert, dass das Zeug keinen Abnehmer findet. Was bitte war das für eine Aktion?!“

„Dir,..dem Vogel? Halt, warte mal. Die ganzen Federn hier, dein Arm, die Krähe ist auch weg.“, begann die junge Frau mit den hellblauen Haaren nun zu überlegen und sprach folgendes wohl nur aus, eben weil sie so naiv und gutgläubig war.

„Willst du mir damit etwa sagen, dass du die Krähe warst?“ Mit großen Augen blickte Reiko ihre Freundin an.

„So eine verrückte Idee kann eigentlich wirklich nur von einem Dummkopf wie dir kommen, aber ich fürchte diesmal liegst du mit deiner Vermutung absolut richtig.“

Akane war es sichtlich unangenehm diese verrückte Tatsache zuzugeben, jedoch schien es sie nicht zu verblüffen, das Reiko diese Parallele so schnell hergestellt hatte.

Die angehende Journalistin lief auch noch die letzten Schritte durch den Raum auf ihre Freundin zu und umarmte diese, was Akane zumindest kurzzeitig murrend duldete.

“Du glaubst nicht, wie froh ich bin, dass du wieder aufgetaucht bist. Ich habe mir wirklich riesige Sorgen gemacht!“

Nun ging sie wieder ein Stückchen auf Abstand und blickte die Brünette ein wenig skeptischer an.

„Aber sag mal, kann es sein, dass du getrunken hast? Ich meine, die Geschichte ist wirklich ein wenig zu verrückt, selbst für meinen Geschmack. Und das du in der Kälte im Schlafanzug bis zu meiner Wohnung läufst, ist ebenfalls reichlich ungewöhnlich für dich.“

„Weißt du Reiko, ich wünschte du würdest im Normalfall die Dinge genau so hinterfragen. Nur in diesem Fall-“, murrte Akane, wurde jedoch von einem Zwischenruf unterbrochen.

„Eine Sternschnuppe!“, rief Reiko derweil abgelenkt und erfreut aus. Ganz automatisch wollte sie die Hände falten und sich etwas wünschen, doch diesmal war es ihre Freundin, die sie stoppte.

„Nein! Tu es bloß nicht!“, fuhr sie sie an, was die Wohnungsbesitzerin erschrocken zusammenzucken ließ. Verwirrt blickte sie ihre Freundin an.

„Eh? Was hast du denn? Wieso soll ich mir nichts wünschen?“

„Weil ich das vor einer Woche, beim ersten Sternschnuppenregen auch getan habe, und deshalb erst in diese dämliche Situation geraten bin!“

 

Für einen Moment war Reiko nun still und überlegte. Das vor einer Woche bereits schon einmal Sternschnuppen zu bestaunen gewesen waren stimmte. Und seit diesem Tag hatte von Akane jede Spur gefehlt. Bis gerade zumindest. Und langsam wusste sie wirklich nicht mehr, was sie noch glauben sollte.

„Was genau hast du dir denn gewünscht, das du ähm...zur Krähe geworden bist?“, erkundigte sie sich skeptisch, denn nach wie vor erschien ihr diese Tatsache ein wenig zu absurd.

Im ersten Moment blickte ihre Freundin sie nur an, bevor ihre Wangen einen interessanten Rotton annahmen und sie genervt und verlegen zugleich zur Seite blickte.

„Das tut nichts zur Sache.“, sagte sie. „Fakt ist nur, dass ich, kaum dass ich mir etwas gewünscht hatte, als gottverdammte Krähe dastand und nicht so recht glauben konnte, was passiert ist.“

„Aber..., aber falls es wirklich wahr ist was du da sagst, wie hast du es dann geschafft, dich eben wieder zurückzuverwandeln?“

„Mit einem zweiten Wunsch. Schlimmer konnte es immerhin kaum werden.“

„Und was genau hast du dir gewünscht, dass es nun funktioniert hat?“ Mit neugierigem Blick musterte Reiko die Größere.

„Na das ich wieder normal aussehe und reden kann! Was denn sonst?“, schnappte diese etwas gereizt, was die Wohnungsbesitzerin vermuten ließ, dass das nur der halben Wahrheit entsprechen konnte.

Plötzlich stutzte sie jedoch und starrte ihre Freundin einfach nur an.

„Akane? Da... wachsen Federn aus deinen Armen.“, stellte die junge Frau ziemlich verstört fest und deutete mit zitternder Hand auf besagte Federn, was es auch nicht gerade besser machte.

„Was?“, hakte die Brünette nach und folgte dem Fingerzeig der Anderen. „Oh verdammt!“, rief sie nun deutlich entsetzter aus.

„Das..., dein Wunsch eben, das kann doch nicht alles gewesen sein, oder? Los, sag schon. Was hast du dir eben wirklich gewünscht?“, versuchte Reiko es, die verhindern wollte, gleich wieder einen Vogel vor sich zu haben. Sie konnte eh noch kaum glauben, was sie da sah.

Wenn Akane gerade wirklich Federn aus den Armen wuchsen, dann bedeutete das zwangsläufig auch, dass sie sich die Geschichte nicht ausgedacht hatte, sondern dass es wirklich wahr war, was sie sagte.

Die Brünette rang währenddessen mit sich selbst, doch die Panik, schon wieder als Krähe zu enden, siegte schließlich. „Ich wollte, dass ich wieder normal reden kann. Mit dir reden kann.“, gab sie schließlich zu. „Du hast dir in den letzten Tagen solche Sorgen um mich gemacht und hast mir erzählt, dass du Weihnachten ganz allein verbringen müsstest. Ich war zwar als Vogel anwesend, aber ich würde wesentlich lieber als Mensch die Festtage mit dir verbringen.“

Das zuzugeben, war Akane alles andere als leicht gefallen. Zum einen war dies an ihren Wangen zu erkennen, die sich trotz der Tatsache, dass ihre Haut einen dunkleren Teint besaß als Reikos, unübersehbar rot geworden waren, zum anderen kannte die Journalistin ihre Freundin einfach.

Die Brünette hatte eine recht ruppige Art an sich, war schnell genervt und sagte oft Dinge, die sich böser anhörten, als sie eigentlich gemeint waren. Aber das kannte Reiko bereits und übersah die oft unfreundliche Art Akanes ganz einfach. Sie wusste jedoch, dass es ihr unglaublich schwer fiel zuzugeben, wenn ihr jemand wichtig war, und wenn sie sich um eine Person sorgte.

Um so mehr freute Reiko sich natürlich über die Aussage der Größeren.

„Das war es also?“ Sie strahlte. „Das ist so lieb von dir!“

Verlegen blickte die Brünette zur Seite und begann stattdessen damit, mit ihrem unverletzten Arm, einige der neuen Federn auszurupfen. „Wie auch immer.“, murrte sie.

 

„Sag mal, was wollen wir Heilig Abend eigentlich kochen?“, wechselte Reiko das Thema, um wenigstens für einen Moment, so etwas wie ein kleines bisschen Normalität zurück in ihr Leben zu bringen.

Kurz überlegte Akane, bevor sie mit den Schultern zuckte. „Ich weiß nicht. Aber es wundert mich, dass ausgerechnet du dir noch keine Gedanken darüber gemacht hast.“

Das für die angehende Journalistin vernünftiges Essen enorm wichtig war, war nun wirklich kein Geheimnis.

Angesprochene kicherte ertappt. „Also eigentlich hatte ich an Fondue gedacht.“

Auch auf Akanes Lippen stahl sich nun ein Grinsen. „Also doch. Vermutlich hast du darüber schon die letzten zwei Monate nachgedacht, mh?“

Diesmal war es an Reiko den Kopf zu schütteln. „Nein, eigentlich erst seit drei Wochen.“, gab sie wahrheitsgemäß zu. „Worüber ich aber seit zwei Monaten nachdenke ist, was ich dir schenken soll.“

Die Brünette überlegte kurz sich mit der Hand gegen die Stirn zu klatschen, ließ es dann aber doch bleiben.

„Ich hab dir doch gesagt, dass ich alles habe ,was ich brauche und mir nichts wünsche.“

Vielleicht war es eben jenes letztes Wort, was die sonst eher begriffsstutzige junge Frau auf eine Idee brachte.

„Also irgendetwas muss es geben, was du dir wünschst, sonst hätte die Sternschnuppe vor einer Woche, dich kaum in eine Krähe verwandelt, oder nicht?“

„Reiko! Schlimm genug, dass diese verrückte Sache überhaupt erst passiert ist, aber vergiss es einfach!“, schimpfte Akane los, der das Thema unangenehm war.

„Aber wenn du es mir einfach sagen würdest, könnte ich aufhören mir den Kopf darüber zu zerbrechen, was du dir zu Weihnachten wünschen könntest.“

„Gar nichts, hörst du?“, seufzte ihre beste Freundin genervt.

Erneut fiel Reiko etwas auf, was eben schon einmal passiert war, kurz aufgehört hatte, und sich nun wiederholte.

„Es nicht laut auszusprechen ist keine gute Idee, glaube ich!“, rief sie erschrocken aus.

„Ach, und warum nicht?!“

„Die Federn! Sie wachsen schon wieder!“, erklärte die junge Frau ein wenig hektisch.

 

Akanes Blick folgte Reikos und wie sie zu ihrem Entsetzen feststellen musste, hatte ihre Freundin Recht mit dem, was sie sagte.

„Verdammt!“, rief sie aus und begann mit dem gesunden Arm damit, die Federn auszureißen, welche jedoch mindestens genau so schnell nachwuchsen, wie sie herausgerissen wurden.

„Du musst doch nur sagen, was du dir gewünscht hast, damit das aufhört!“, versuchte Reiko der Anderen zu helfen.

Diese schüttelte jedoch nur energisch den Kopf, während ihre Gesichtsfarbe wieder schlagartig wechselte und sie die nächste Hand voll Federn ausriss, welche auf dem Wohnzimmerteppich landeten.

„Nein, vergiss es! Das kann ich nicht, kapiert?!“

„Ich verstehe nicht, was so schlimm daran sein soll!“ Reiko, die inzwischen auch reichlich nervös war, da ihre beste Freundin sich gerade wieder in einen Rabenvogel zu verwandeln drohte, legte der Anderen die Hände auf die Schultern und blickte sie flehend an.

„Ich habe zwar nichts gegen Krähen, aber ich würde lieber meine menschliche beste Freundin behalten, mit der ich reden kann und die manchmal ziemlich gemeine Dinge zu mir sagt, als einen Vogel als Haustier zu haben.“

Das alles war so unwirklich und doch passierte es. Wie konnte es bitte sein, das ein Mensch sich einfach so in einen Vogel verwandelte? Selbst Reiko würde es nicht glauben, würde sie es nicht gerade mit eigenen Augen sehen.

Die Brünette starrte sie an. Die Panik und die Verzweiflung standen ihr gerade ins Gesicht geschrieben, denn weder wollte sie laut aussprechen, was sie sich gewünscht hatte, noch wollte sie als gottverdammte Krähe enden. Am Ende vielleicht sogar noch für den Rest ihres Lebens.

Wer konnte das schon so genau sagen.

Langsam ließ sie die Hand, mit der sie bis eben noch Federn ausgerissen hatte, sinken.

„Du hast riesige schwarze Flügel auf dem Rücken! Jetzt sag schon was los ist, damit du nicht am Ende doch noch als halbes Hühnchen endest.“

Akane rang mit sich selbst und überlegte, welches Schicksal nun das bessere wäre.

„Wer sagt denn, dass es aufhört, wenn ich dir sage, was ich mir neulich gewünscht habe?“

Ihr Blick blieb für einen Moment an Reiko hängen.

„Nun ja..., also wo du mir die Frage gestellt hast, wachsen nun zumindest keine neuen Federn mehr.“, stellte diese nicht sehr geistreich fest.

Die Brünette verfluchte derweil ihr Schicksal, da ihr nur übrig blieb Klartext zu sprechen, oder aber wieder als Krähe zu enden. Und wer wollte sein Leben schon als Vogel verbringen?

„Ich habe mir von der Sternschnuppe neulich nur gewünscht, den Mut aufzubringen, dich etwas zu fragen.“, seufzte sie schließlich, woraufhin die Federn auf ihren Armen, Feder um Feder, zu Boden fielen. Die Flügel machten jedoch weiterhin keine Anstalten zu verschwinden.

„Den Mut aufbringen mich etwas zu fragen? Eh? Aber wir sind doch Freunde, Akane. Wieso hast du nicht einfach mit mir geredet?“

Sichtlich verwirrt blickte Reiko ihre Freundin an, die sich gerade nichts sehnlicher wünschte, als im Erdboden versinken zu können, und deren Gesichtsfarbe, trotz dunklerem Teint, einer überreifen Tomate glich.

„Eben weil wir Freunde sind. Genau da liegt das Problem.“, murrte die Brünette nun. Wie gern sie doch das Thema gewechselt hätte.

„Ich glaube ich versteh nicht ganz. Dann frag mich doch ganz einfach, was du mich fragen wolltest. Ich bin ehrlich gesagt irritiert, dass jemand wie du sich damit so schwer tut.“

Für einen langen Moment blickte Akane Reiko einfach nur an, rang erneut mit sich und rieb sich mit der unverletzten Hand über die Schläfen.

„Oh Gott, ich kann nicht glauben, dass ich das tun muss, um nicht als Federvieh zu enden.“, verfluchte sie ihr Schicksal. Lieber hätte sie sich die Zunge abgebissen, als weiter zu reden, doch es half ja nichts.

„Du bist so ziemlich die naivste Person, die ich kenne, und du schaffst es ständig mich binnen kürzester Zeit mit deiner Art zur Verzweiflung zu treiben, von daher weiß ich nicht, wie das passiert ist und wann ich angefangen habe so zu denken.“

Die Flügel auf ihrem Rücken wollten noch nicht verschwinden, scheinbar musste sie da jetzt durch. Um sich jetzt noch rauszureden, war es eh schon längst zu spät.

„Mpf, wohl nicht gerade der beste Ansatz mit dem ich beginnen konnte.“, stellte sie fest, während Reiko sie abwartend anblickte.

„Das wonach ich dich fragen wollte : ...in der Stadt hat doch neulich dieses neue Restaurant aufgemacht, das du so interessant findest. Hättest du vielleicht Lust mit mir hinzugehen - ..., auszugehen..., ach verdammt!“

Einen Moment brauchte es, bis die naive Journalistin den Sinn hinter der Bitte ihrer besten Freundin verstand.

Ihre bis eben noch fragende Mimik nahm kurz ungläubige Züge an, verwandelte sich dann jedoch in ein strahlendes Lächeln.

„Natürlich können wir dort essen gehen!“

„Sag mal, hast du überhaupt verstanden, was ich dich gerade gefragt habe?“, wollte Akane wissen und war hin und her gerissen, zwischen genervt sein und im Erdboden versinken wollen.

Diesmal war es Reiko, auf deren Wangen sich ein Rosaschimmer breit machte, was bei ihr deutlich schneller auffiel, als bei der Brünetten.

„Ja, ich habe ganz gut verstanden, das du mich fragen wolltest, ob ich mit dir ausgehe.“, antwortete sie. „Weißt du, ich denke, ich habe nichts dagegen, aus meiner besten Freundin, vielleicht meine feste Freundin zu machen.“

Akane starrte sie ein wenig ungläubig an, hatte sie auch diesmal wie selbstverständlich mit etwas mehr Begriffsstutzigkeit gerechnet und vor allen Dingen mit einer anderen Antwort.

Die junge Frau mit den hellblauen Haaren, deren Hände nach wie vor auf den Schultern ihrer Freundin lagen, lehnte sich ganz einfach gegen sie und zog sie in eine Umarmung.

Für einen Moment war die Brünette wie erstarrt, doch anstatt wie üblich anzufangen zu meckern, legte sie ein wenig zögerlich den gesunden Arm um die Andere.

„Bist du dir da sicher?“

„Ja! Und weißt du was lustig ist? Hätte das Schicksal nicht schon dich auf dem Kieker gehabt, hätte es vorhin sicher mich erwischt, weil ich mir beinah etwas ähnliches gewünscht hätte.“

Akane zog eine Augenbraue hoch. „Ach ja, hättest du das? Dir wäre es vermutlich wesentlich leichter gefallen darüber zu reden.“

Reiko sah sie groß an. „Wie kommst du denn darauf? Ich hab die ganze Zeit über befürchtet, du würdest mir den Hals umdrehen, wenn ich dich so etwas frage.“

„Sag mal, was denkst du eigentlich von mir?!“, grummelte die Brünette los.

„Also...von dir denke ich, dass du das, was du sagst, eigentlich nie so böse meinst, wie es im ersten Moment klingt.“, begann Reiko. „Und von meiner Wohnung denke ich, dass wir sie doch nicht mehr aufräumen müssen, weil sämtliche Federn verschwunden sind.“

„Was?“ Akane ging wieder etwas mehr auf Abstand um sich den Zustand der Wohnung besser ansehen zu können. „Du hast Recht. Die Federn sind verschwunden.“, stellte sie verblüfft fest.

„Also hat die Sternschnuppe deinen Wunsch in gewisser Weise doch erfüllt, in dem sie dich dazu gebracht hat, mit mir zu reden.“, kicherte Reiko.

„Aber auf was für eine Art und Weise?! Ich bin von einem Auto über den Haufen gefahren worden und das alles klingt eher nach einem Drogentrip, als nach einer wahren Geschichte!“, regte Akane sich auf. Sie lief rüber zum Sofa ihrer Freundin und setzte sich, da sie schon die ganze Zeit über im Raum herumgestanden hatten.

„Ja, vielleicht. Aber wir wissen ja, dass es wahr ist.“, antwortete die angehende Journalistin leichtfertig.

„Mit jemandem darüber reden, sollten wir deshalb aber trotzdem nicht.“

„Ach nein? Warum nicht? Immerhin ist das eine ziemlich verrückte Geschichte.“

„Vielleicht, weil man uns sonst am Ende noch in Zwangsjacken stecken und einweisen lassen würde?“, schlug Akane vor und verdrehte die Augen.

„Sag mal, ist dir eigentlich nicht kalt?“, wechselte die Brünette schließlich das Thema.

Reiko sah an sich herunter und stellte fest, das sie nach wie vor nur ihren Bademantel trug und barfuß im Raum stand, da sie vorhin so eilig das Bad verlassen hatte.

Mit einem Lächeln auf den Lippen, lief auch sie rüber zum Sofa, setzte sich dicht neben die Größere und lehnte ihren Kopf an deren Schulter. Eine noch ungewohnte Aktion, an die sie sich aber durchaus gewöhnen könnte.

„Nicht, wenn du mich wieder etwas aufwärmst.“

Akane ahnte bereits, dass ihre Wangen sich wieder interessant rot verfärbt haben mussten, denn auch sie musste erst noch realisieren, dass Situationen wie diese von nun an vermutlich Alltag werden würden.

„Dummkopf. Aber beschwer dich morgen nicht bei mir, wenn du dich erkältet hast.“, murrte sie und legte schließlich doch einen Arm um Reiko.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fahnm
2015-12-01T09:43:55+00:00 01.12.2015 10:43
Tolle OS.



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