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Deepest Dark

Miracle II
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Da ich heute mein Abschlusszeugnis bekomme, gibt es zur Feier des Anlasses ein neues Kapitel. Hach~. <3 Komplett anzeigen

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Kapitel VIII – Geht es dir besser?

Seline hatte sich lange beherrscht, aber irgendwann hatte sie sich wenige Meter weiter hinter ein Regal begeben und übergab sich seitdem dort fast pausenlos. Es gab immer wieder kurze Momente der Stille, in denen nichts geschah, ehe sie dann wieder hustend zu würgen begann. Kieran fragte sich, ob sie überhaupt noch etwas in sich hatte, was sie von sich geben könnte, versuchte sonst aber, sich nicht weiter damit zu beschäftigen.

Stattdessen sah er lieber auf Faren hinab, der noch immer nicht bei Bewusstsein war. Er lag auf dem Boden, lediglich seinen Kopf hatte Kieran auf seinen Beinen gebettet. Eigentlich wäre es ihm anders lieber gewesen, aber keiner von ihnen trug eine Jacke, seinen Pullover hatte Kieran nicht ausziehen wollen – so weit ging die Sorge dann doch nicht – aber auf dem Boden hatte er Farens Kopf auch nicht einfach liegenlassen wollen. Die Tüte mit den Rasierklingen lag weit entfernt von ihnen, so dass Kieran sie nicht einmal im Blick behalten konnte, was ihm aber auch lieber so war. Er wollte nicht dauernd daran erinnert werden, was beinahe geschehen wäre.

Faren wirkte entspannt, friedlich, geradewegs beneidenswert, wie Kieran fand. Aber immerhin war er nicht mehr davon besessen, sich umzubringen. Selbst die Schnitte, die er sich bereits zugefügt hatte, bluteten nicht mehr. Alles könnte noch gut werden.

Hoffentlich weißt du auch zu schätzen, dass ich mein Date dafür früher beendet habe.

Und hoffentlich war Richard deswegen nicht allzu wütend. Er sollte sich lieber Gedanken darum machen, wie er das wiedergutmachen könnte. Aydeen störte sich mit Sicherheit nicht daran, immerhin wusste sie von seinem eigentlichen Beruf.

Aber vorerst wurde das mit den Überlegungen nichts, denn plötzlich begann Faren sich zu regen und stieß dabei ein leises Seufzen aus. Seine Augen flatterten kurz, dann schlug er sie bereits auf, nur um gleich danach wieder skeptisch zu blinzeln. „Kieran, was … ist los?“

„Geht es dir besser?“, fragte dieser, statt eine Antwort zu geben. „Fühlst du noch immer das Bedürfnis, dir etwas antun zu wollen?“

Das war etwas sehr direkt, aber er machte sich eben Sorgen. Faren sollte das zu schätzen wissen, statt sich darüber zu beklagen – aber offenbar dachte er daran gerade gar nicht.

Mit einem leisen Stöhnen griff Faren sich an die Stirn und legte dann seine Hand vor seine Augen. „Ich hatte gehofft, das wäre nur ein Traum gewesen.“

„Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen.“

Vorsichtig setzte Faren sich aufrecht hin, ohne die Hand herunterzunehmen. Kieran war sich nicht sicher, ob er noch etwas dazu sagen sollte, ob es notwendig war, ihn zu trösten, deswegen schwieg er einfach, sah ihn aber weiterhin an.

Schließlich wurde ihm aber wohl bewusst, dass sie nicht allein waren, denn plötzlich nahm er die Hand doch herunter und warf einen Blick über seine Schulter. Von seiner Position aus war aber nichts zu sehen. „Wer ist denn noch hier?“

„Seline. Sie hat dich gerettet.“

Farens Blick ging abrupt wieder zu ihm. „Was? Wie denn das?“

„Sie hat dich geküsst“, antwortete Kieran möglichst tonlos, damit kein falscher Eindruck entstand. „Und das Böse dabei einfach aus dir herausgesaugt.“

So groß wie Farens Augen plötzlich wurden, bereute er bereits, es ihm gesagt zu haben. Es war ein eigenartiges, ihm unbekanntes Gefühl, das ein wenig in seinem Inneren nagte – besonders als Faren dann auch noch ein lautes Wehklagen ausstieß und den Kopf hängen ließ.

„Da werde ich mal von so einer gut aussehenden Frau geküsst und ich bekomme davon nicht einmal etwas mit!“ Übertrieben viel Verzweiflung schwang in seiner Stimme mit. Er sah wieder Kieran an. „Meinst du, sie küsst mich noch einmal?“

„Das bezweifle ich stark.“ Seine eigene Stimme war kalt. Ohne Mitleid. Das hatte er sich nicht verdient.

Faren raufte sich mit der Hand das Haar, konnte Kieran aber auch damit nicht weiter erweichen. Beim nächsten Mal … nein, da würde er es sich auch nicht zweimal überlegen, ihn zu retten, aber er würde dann erst gar nichts von ihm erwarten, sobald er wieder wach wurde.

Während Faren sich noch in seiner Verzweiflung erging, hörte Kieran schließlich Schritte und entdeckte dann Seline, die nicht weit entfernt stand. Sie hielt sich immer noch den Magen, aber es schien ihr besser zu gehen – wenn er davon absah, dass sie viel zu blass war und an ihrem Mundwinkel dunkelrote Flüssigkeit klebte, die ihn sofort an Blut denken ließ. Was geschah mit ihr, wenn sie diese Boshaftigkeit aus einem Opfer saugte?

Sie bemerkte seine Blick und wischte sich mit dem Handrücken über ihre Lippen, bis der Schmutz beseitigt war. Dann erhob sie die Stimme: „Da du jetzt wieder wach bist, kannst du uns vielleicht erzählen, was geschehen ist.“

Faren wandte sich ihr auch endlich zu und musterte sie für einen kurzen Moment. Glücklicherweise hielt er sich mit seinen Kommentaren zurück, da er wohl ebenfalls bemerkte, wie schlecht es ihr ging. Wie von ihr verlangt, erzählte er von der Gestalt vor seinem Wagen, von ihrer Berührung, von finsteren Gedanken, die dabei durch seinen Kopf gegangen waren.

„Dann war ich überzeugt davon, dass es besser wäre, mich umzubringen“, schloss er die Erzählung ab. „Und deswegen habe ich das alles getan.“

Er hob die Schultern und schaute dabei möglichst unschuldig. Kieran spürte wieder ein Nagen in seinem Inneren, anders als das vorherige, eher schmerzhaft als mit Wut erfüllt. Wenn er nur nicht aus dem Auto ausgestiegen wäre, dann wäre das mit Sicherheit nicht passiert. Er hätte bei Faren bleiben sollen, dann wäre ihm diese Erfahrung erspart geblieben.

Seline hatte derweil die Arme verschränkt, eine ihrer Hände stützte ihr Kinn, ihre Brauen waren nachdenklich zusammengezogen. „Das trifft sich mit dem, was die Freundin des letzten Opfers uns erzählte.“

„Und was soll das jetzt bringen?“, fragte Kieran. „Wir haben dadurch immer noch keine richtige Spur, die uns zu dem Dämon selbst führt.“

Seline hob ihr Handy. „Ich habe seine Signatur, das genügt, dass ich über Abteracht herausfinden kann, wo genau er sich nun versteckt.“

„Was genau ist dieses Abteracht denn?“ Obwohl Kieran sich dafür interessierte, war es Faren, der die Frage schlussendlich stellte. Seine Neugier war offenbar ebenfalls geweckt worden.

Seline konzentrierte ihren Blick aber auf Kieran. „Das ist die Vereinigung der Dämonenjäger. Kennst du sie denn wirklich nicht?“

Er schüttelte mit dem Kopf.

„Aber du verbindest dich doch auch mit dem Server, um zu kämpfen, oder?“

„Ich gehe davon aus.“ Plötzlich fühlte Kieran sich nicht einmal mehr im Mindesten selbstbewusst, sondern eher dumm und naiv, weil er es nie hinterfragt hatte. „Ich mache aber nur das, was mein Vater mir beigebracht hat.“

„Cathan Lane ist ein Mitglied von Abteracht“, bestätigte Seline. „Aber er hat der Jäger-Vereinigung an sich schon lange den Rücken gekehrt. Ich weiß jedoch nicht, weswegen.“

Dann müsste er wohl doch seinen Vater danach fragen. Mit Sicherheit wäre das Kämpfen wesentlich einfacher, wenn sie noch aktive Mitglieder Abterachts wären. Aber andererseits hatte er vielleicht durchaus seine Gründe dafür. Das könnte er jedoch nur in einem persönlichen Gespräch ergründen.

„Wenn das hier länger anhält“, fuhr Seline fort, „werde ich dir beibringen, wie du dir das Leben mithilfe des Servers wesentlich einfacher machen kannst. Du kannst, zum Beispiel, Waffen beschwören, statt sie ständig mit dir tragen zu müssen. Dann brauchst du auch Faren nicht mehr.“

Dieser wollte scheinbar gerade empört etwas erwidern, aber Kieran kam ihm zuvor: „Faren macht mehr für mich, als mich und meine Waffen zu transportieren. Selbst mit diesem Trick bräuchte ich ihn noch.“

Aus den Augenwinkeln sah er, wie Faren innehielt und dann sogar zu lächeln begann.

„Aber es wäre für uns beide wesentlich sicherer, wenn er nicht mehr die Waffen durch die Gegend fahren müsste.“

Wer wusste schon, ob er nicht doch irgendwann einmal in eine Polizeikontrolle geriet? Kieran wollte nicht dafür verantwortlich sein, dass Faren Probleme mit dem Gesetz bekam.

„Dann zeige ich es dir bei Gelegenheit“, sagte Seline, die sich vermutlich denken konnte, dass Cathan es auch weiterhin nicht täte. „Vorerst konzentriere ich mich aber mit Abterachts Hilfe darauf, Russel zu finden.“

„Was willst du tun, wenn du ihn gefunden hast?“, fragte Kieran.

„Etwas Ähnliches, wie ich es mit Faren getan habe.“ Eine reine Feststellung, keine Hoffnung, sie zweifelte nicht daran. „Ich werde ihn von dem Einfluss jedes Dämons befreien, der ihn womöglich unter seine Kontrolle gebracht hat.“

„Ganz allein?“

Das hätte sie doch immerhin nicht einmal bei Faren gerade eben geschafft. Wie sollte es ihr dann bei einem möglicherweise aggressiven Dämonen mit wesentlich mehr Kraft gelingen?

Sie legte eine Hand an ihr Kinn. „Das könnte wirklich schwer werden, da gebe ich dir recht.“

Faren klopfte sofort auf Kierans Schulter. „Dann nimm doch ihn hier als den idealen Begleiter. Er ist immerhin auch ein Dämonenjäger. Also könnt ihr einfach zusammenarbeiten.“

Sie musterte Kieran, sagte aber nichts, es sah eher so aus, als müsste sie überlegen, ob sie ihn das wirklich fragen sollte – oder konnte. Und er nahm ihr das auch nicht ab, denn er war sich nicht sicher, ob er an der Seite der erfahreneren Jägerin etwas ausrichten könnte. Vielleicht stand er ihr auch eher im Weg. Und bislang hatten sie auch noch nie ernsthaft miteinander gekämpft – genau genommen hatte Kieran noch nie an der Seite irgendeiner Person gekämpft. Möglicherweise war er für derartige Partnerschaften gar nicht geeignet.

Noch während er sich derart kleinredete, wurde er von Selines Stimme wieder unterbrochen: „Würdest du mir denn helfen, Kieran?“

Verblüfft hielt er in seinen Gedanken inne. „Darf ich denn?“

Eine bessere Frage wäre wohl gewesen, ob sie niemand anderen deswegen fragen könnte, aber diese war die erste, die ihm in den Sinn kam und sie beantwortete es mit einem Nicken. „Ich würde mich sogar freuen, wenn du mir helfen könntest. Allein wird es sonst viel zu schwer für mich – und die Wahrscheinlichkeit, dass Russel etwas zustößt, ist mir zu hoch.“

„Verständlich. Melde dich jederzeit bei mir, wenn du eine Spur hast oder sonst noch etwas benötigst.“

Sie nickte und machte dann Anstalten, sich abzuwenden, um wegzugehen.

„Hey, soll ich dich heimfahren?“ Farens Frage hielt sie doch noch einmal auf. „Ich hab das Auto in der Nähe stehen.“

Kieran seufzte lautlos und verschränkte die Arme vor der Brust. Er sagte nichts, hoffte aber, dass Faren seine Signale bemerkte – dessen Aufmerksamkeit war aber gerade vollkommen auf Seline gerichtet. Zu Kierans Erleichterung schüttelte sie mit dem Kopf. „Nein, danke. Ich komme gut allein zurecht.“

Ehe er noch etwas sagen konnte, huschte sie davon, nun offenbar nicht mehr von ihrer vorherigen Übelkeit beeinflusst. Umso besser.

Faren seufzte leise, über diese verpasste Chance, was Kierans Aufmerksamkeit wieder auf ihn lenkte.

„Schön zu sehen, dass es dir schon wieder gut genug geht, dass du flirten kannst.“

Aus Prinzip blickte er zur Seite, als Faren ihn ansah, aber dennoch entging ihm das Schmunzeln des anderen nicht.

„Bist du etwa eifersüchtig, Kieran?“

„Worauf denn?“ Es klang wesentlich patziger als beabsichtigt.

Plötzlich spürte er, wie Faren den Arm um seine Schultern legte. „Mach dir keine Sorgen, Kieran. Du bleibst immer mein bester Kumpel.“

„Welche Freude.“ Kieran rollte mit den Augen.

Allerdings spürte er, wie sich Wärme in seiner Brust auszubreiten begann, nachdem er das gehört hatte. Es war lange her, seit er das zuletzt gefühlt hatte, glaubte er jedenfalls. Vielleicht war es aber auch noch nie da gewesen. Er war sich einfach nicht sicher. Aber mit Sicherheit würde er das gegenüber Faren auch niemals zugeben, den ging das immerhin gar nichts an.

Er löste seinen Arm wieder von Kieran, der ihn seltsamerweise sofort vermisste.

„Also, wollen wir dann los? Ich glaube, du hast noch einiges mit deinem Dad zu besprechen.“

„Kannst du in deinem Zustand überhaupt fahren?“ Kieran ließ die Arme wieder sinken und sah Faren endlich richtig an. „Du warst gerade immerhin bewusstlos. Eine ganze Weile sogar.“

„Ach, das wird schon.“ Er winkte desinteressiert ab. „Bis wir beim Auto sind, bin ich schon wieder topfit, ehrlich.“

Dann richtete er sich auf, ging einige Schritte – und begann heftig zu schwanken. Schnell war auch Kieran auf den Beinen, dann neben ihm, damit er ihn stützen könnte. Faren lehnte sich schwer gegen seine Schulter, was aufgrund des Größenunterschieds dafür sorgte, dass er einige Mühe hatte, das Gleichgewicht zu bewahren. „Habe ich es dir nicht gesagt?“

„Schon gut, schon gut“, erwiderte Faren, ohne dabei im Mindesten kleinlaut zu klingen. „Hilfst du mir hier wenigstens raus? Ich würde gern nach Hause und ein wenig schlafen.“

Er könnte ihm draußen einfach ein Taxi rufen und dann selbst nach Hause gehen, um direkt mit seinem Vater zu sprechen. Aber diese Möglichkeit gefiel ihm nicht so wirklich. Schon einmal war Faren ohne ihn an einen Dämon geraten war, noch einmal ließ er das mit Sicherheit nicht mehr zu.

„Ich begleite dich nach Hause. Ich will sichergehen, dass du auch gut dort ankommst.“



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