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Jurassic World: Returning

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Jurassic World: Returning

Sie hatten alles seit Wochen geplant. Zach hatte sorgfältig seine College-Bewerbungen gestreut und Zusagen von dem wichtigsten aller Colleges erhalten: der University of Houston-Downtown. Dort wurde der Master of Data Administration angeboten, den er gerne machen würde, und es passte perfekt zum Plan.

Nachdem Zach eine Woche lang mit seinen Eltern – die sich trotz der Scheidung Gott sei Dank recht gut verstanden – die Colleges angesehen hatte, war nun der Zeitpunkt gewesen, ihnen zu sagen, dass er sich besonders Houston noch einmal in Ruhe allein ansehen wollte. Er war 18 – er brauchte die Freiheit dazu und es ging schließlich um seine Zukunft. Sie hatten eine Weile gezögert, aber dann zugestimmt.

Offiziell würde er seinen jüngeren Bruder Gray, der gerade am Beginn seiner Sommerferien stand, bis zum Busbahnhof mitnehmen und ihn dort in den Bus zum Naturwissenschaftscamp setzen. Das lag schließlich auf dem Weg und bot sich an. Ihren Eltern fielen seit dem Zwischenfall in der Jurassic World die Abschiede von den Brüdern schwer. Auch, wenn es nur ins Sommercamp ging oder ein Wochenende mit Mum in Disney Land oder einen Campingausflug mit Dad. Sie waren vorsichtig und verunsichert geworden. Zach konnte das durchaus verstehen. Aber genau deswegen hatten sie diesen Plan fassen müssen. Es gab gar keine andere Chance.
 

An diesem sonnigen Augustmorgen war es endlich so weit. Sie würden den Plan umsetzen.

Die Brüder verabschiedeten sich von ihren Eltern und stiegen in Zachs Pickup. Mrs. Mitchell hatte Gray dreimal umarmt und Zack ein gutes Dutzend guter Ratschläge für die siebzehnstündige Fahrt von Madons, Wisconsin, nach Houston, Texas, gegeben. Unter anderem hatte er fünfmal versprechen müssen, dass er zwischendurch in einem Motel abstieg, übernachtete und am nächsten Tag weiterfuhr. Sein Dad hatte das Ganze ebenfalls mehrfach thematisiert und gleichzeitig ungefähr dreißig Tipps auf Lager gehabt, woran er ein gutes, zuverlässiges Motel erkennen würde. Gleichzeitig verstanden aber beide auch, dass der Trip für Zach wichtig war. Und Zach hatte nachdrücklich betont, dass er die Strecke fahren und nicht fliegen wollte. Vordergründig hatte er mit seinem Selbstbewusstsein und seiner Selbstständigkeit argumentiert, während der Grund in Wahrheit war, dass er auf einem Flug Gray nicht hätte mitnehmen können. Und Gray mit seinen 13 Jahren allein heimlich zum Flughafen zu kriegen, wäre ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Und das Auto konnte er dort nicht so lange auf dem Parkplatz stehen lassen. Nicht, wenn es jemand sehen konnte, der es möglicherweise erkenen würde. Also mussten und würden sie fahren.

Endlich war die Abschiedsarie zu Ende und sie konnten los.

„Gute Fahrt, Zach! Viel Spaß im Camp, Gray! Ruft an!“, riefen sie noch winkend von der Einfahrt des Hauses, in dem nur noch Zach, Gray und ihre Mum lebten. Dann ließen die beiden Jungen ihr Zuhause zurück.

„Unterwegs!“, rief Zach aus und schlug mit der Hand auf das Lenkrad.

„Yeah!“, jubelte Gray und strahlte seinen Bruder an.

Kaum hatten sie den Highway erreicht, trat Zach das Gaspedal soweit durch, wie es die Geschwindigkeitsbegrenzung erlaubte. Gray zog die CD hervor, die er mit ihren gemeinsamen Lieblingslieder zusammengestellt hatte. Neben seiner noch immer anhaltenden Begeisterung für Dinosaurier und Naturwissenschaften an sich, hatte er auch ein gewisses Talent im Umgang mit Computern entwickelt. Allerdings sorgte der Altersunterschied zwischen ihnen dafür, dass sie in Sachen Musik wenig Gemeinsamkeiten besaßen. Gott sei Dank gab es aber genug, um wenigstens eine CD zusammenzubekommen. Wenn sie diese oft genug gehört hatten, würden sie dann zu den Radiosendern übergehen.

Bon Jovi dröhnte aus dem Lautsprecher und die beiden Brüder lehnten sich in ihren Sitzen zurück. Zufrieden grinsten sie sich an. Die Reise zur Jurassic World hatte begonnen.
 

Ihr zweite Übernachtung unternahmen sie in Houston in dem Motel direkt am Flughafen.

Langsam entwickelt Gray ein gutes Talent darin, ihren Eltern alles Mögliche über sein fiktives Feriencamp zu erzählen. Zach dagegen musste nur berichten, wie die Fahrt gelaufen war. Beide verkündeten jetzt allerdings unabhängig von einander, dass sie mehr mailen als anrufen würden. Schließlich seien sie ja keine kleinen Kinder mehr. Das würde hoffentlich funktionieren.
 

Am nächsten Morgen ging ihr Flieger schon recht früh. Beide konnten es kaum erwarten, dass das Flugzeug endlich abhob und sie nach Costa Rica brachte. Aber nach schier endlosen vier Stunden landete der Flieger endlich.

„Owen!“ Gray stürmte in der Ankunftshalle auf den breitschulterigen, braunhaarigen Mann zu, der auf die Brüder wartete.

„Hey!“ Owen grinste breit und ließ sich von Gray umarmen. Zach dagegen hielt ihm die Hand hin, in die er lässig einschlug.

Owen Grady war Velociraptoren-Trainer in der Jurassic World und ihr Partner bei dieser Verschwörung. Sie hatten sich vor zwei Jahren bei dem Zwischenfall mit dem Indominus Rex im Park kennengelernt und waren bei all der Lebensgefahr Freunde geworden. Noch dazu war Owen der Freund ihrer Tante Claire Dearing, die die Jurassic World damals geleitet hatte und sie nun im Auftrag der Firma InGen wieder aufbaute.

„Kommt, die Jacht wartet schon auf uns.“ Owen schob die Brüder sanft aus dem Flughafen. „Ahnen eure Eltern was?“

„Bislang nicht“, erwiderte Zach stolz. „Sie würden durchdrehen.“

„Und das zurecht.“ Owen schüttelte den Kopf. „Ich weiß gar nicht, warum ich euch bei diesem Wahnsinn überhaupt helfe.“

„Weil Gray uns allen damals das Leben gerettet hat. Mehr Zähne, sage ich nur“, konterte Zach. Unbehagen erfüllte ihn. Ihm gefiel es ja auch nicht, ihre Eltern anzulügen. Es gefiel ihm auch nicht, Owen mithineinzuziehen. Und vermutlich auch Tante Claire, sobald sie auf der Insel waren. Aber es war notwendig. Sonst würden sie niemals dorthin zurückkommen.

„Ihr übertreibt.“ Gray schüttelte unwillig den Kopf. „Ich will nur zurück, Owen. Ich will noch mal Dinosaurier sehen, ohne dass ich die ganze Zeit vor irgendeinem riesigen Fleischfresser weglaufe. Es muss einfach sein.“ Er schaute Owen aus großen Augen an.

„Komm, Kid. Ab mit euch ins Auto.“ Owen schnaubte ein wenig. Aber an der Art, wie er die Schultern straffte, meinte Zach zu erkennen, dass er weiterhin mitspielen würde.

Schlimmstenfalls würde ihre Tante darauf bestehen, dass sie ihren Eltern alles gestanden, wenn sie erst einmal aus der Insel waren. Vermutlich würde Claire aber kaum genug Zeit haben, um sie runterzuwerfen oder fortbringen zu lassen. Das hoffe er wenigstens.
 

Gray stand am Bug des Schiffes und ließ sich auch nicht dazu bringen, es zu verlassen. Er starrte auf die Insel, die immer größer wurde, je näher sie ihr kamen. Zach stand neben ihm und schaute ihr mit weitaus mehr Unbehagen entgegen, als er sich anmerken ließ. Ihm machte die Vorstellung, Dinosaurier wiederzusehen, Angst. Sicher, anfangs hatte er die Jurassic World toll gefunden, aber als sie gejagt worden waren, war seine Begeisterung vollkommen verschwunden. Er konnte Grays anhaltende Begeisterung nicht verstehen. Gleichzeitig aber fand er, dass er sich seinen Ängsten stellen musste. Sie würden nur schlimmer werden, wenn er sie nicht erdete.

„Wahnsinn!“, sagte Gray. „Es fühlt sich beinahe genauso an wie das letzte Mal.“ Er wandte den Kopf und strahlte seinen Bruder an.

Zach teilte dieses Gefühl nicht gerade, aber auch er spürte, wie eine Gänsehaut über seinen Rücken kroch, als sie sich dem – erkennbar lädierten – Besucherzentrum das letzte Stück über den Fluss näherten. Dorthin würde Owen die Jacht steuern und dort würden sie anlegen.
 

Tante Claire flippte vollkommen aus. Sie schrie Owen an, sie schrie Gray und Zach an, sie schrie alle anderen Mitarbeiter in der Nähe an und hörte erst auf, als sie heiser war.

„Fertig?“, fragte Owen ruhig und daraufhin hätte sie wohl wieder geschrien, wenn er sie nicht sanft an der Schulter berührt hätte. „Hör mir zu und hör ihnen zu. Dann darfst du wieder schreien, ok?“

Sie schnaubte nur und funkelte ihre Neffen an. Zach fand es faszinierend, dass sie sich in den letzten Jahren kein bisschen verändert hatte. Ihre Haare lagen noch immer so perfekt und ihre Schuhe waren immer noch so hoch und sahen so unbequem aus. Was sie aber erfahrungsgemäß nicht daran hinderte, in ihnen verdammt schnell und zielstrebig zu laufen.

„Also?“ Claire verschränkte die Arme vor der Brust und sah von Gray zu Zach und wieder zurück.

„Ich muss die Dinosaurier einfach noch mal sehen. Ich finde sie immer noch toll und will später etwas mit ihnen machen. Ich will helfen, Tante Claire. Und wenn ich Mist schaufele. Irgendetwas gibt es, was ich tun kann. Was wir tun können. Ich kann an nichts anderes mehr denken und wir haben diesen Plan ein ganzes Jahr lang ausgeheckt. Wir mussten einfach herkommen“, sprudelte Gray los.

Claire nickte knapp und fixierte dann Zach.

„Ich bin hier, weil er es wollte.“ Zach zuckte betont gleichgültig mit den Schultern. „Dieses Erlebnis verbindet uns wie nichts anderes und ich hätte ihn niemals alleine gehen lassen können. Weißt du was? Wenn er dir ein Jahr lang in den Ohren gelegen hätte damit, dass er unbedingt wieder hierher zurückkehren will, dann hättest du auch irgendwann nachgegeben und ihm geholfen. Weil es gar nicht anders geht. Und ich wollte sehen, dass es hier auch anders sein kann...“ Er stockte. Kurz war er versucht, etwas zu seinen Ängsten zu sagen, aber dann ließ er es doch.

„Das wird eindeutig kein Spaß, euren Eltern zu erklären, dass ihr hier seid.“ Ein tiefer Seufzer entfuhr Claire. „Ich habe keine Zeit, mich um euch zu kümmern.“

„Aber eine neue Assistentin?“, fragte Zach trocken und zuckte dann zusammen. „Sorry“, schob er hinterher, als er sich erinnerte, was mit Zara vor zwei Jahren geschehen war. Darüber machte man wirklich keine Witze.

„Die hat genug anderes zu tun. Nein, ihr werdet Owen helfen. Er hat euch hergebracht, also ist er für euch verantwortlich.“ Claire überging Zachs Kommentar einfach und ihr Blick sagte mehr als deutlich, dass sie noch einmal unter vier Augen mit ihrem Freund sprechen würde und dass ihm dieses Gespräch vermutlich wenig Spaß machen würde. Allerdings lächelte Owen auch sehr gelassen, sodass sich Zach um ihn und die Beziehung zwischen den beiden wenig Sorgen machte. Irgendwie würde Owen Claire schon zu händeln wissen. Da war er sich recht sicher.

„Dann bring deine neuen Mitarbeiter mal auf den neusten Stand, Owen.“ Claire lächelte süffisant, wandte sich dann ab und stöckelte durch die Tür ihres Büros hinüber zum Überwachungsraum.

Owen schnitt eine Grimasse als sie weg war. „Jungs, dafür schuldet ihr mir wirklich etwas.“

Zach und Gray nickten verstehend.

„Also...“ Owen ging zu dem Computer hinüber und rief eine Karte des Parks auf. „Wir bringen den Park Stück für Stück um das Besucherzentrum herum unter Kontrolle. Wir arbeiten uns ringförmig vor. Blue, unser einziger Velociraptor, ist bereits wieder eingefangen. Somit ist eine große Gefahr gebannt.“ Die beiden Jungen nickten. Sie erinnerten sich nur zu gut an die Raptoren und die Gefahr, die sie bedeuteten.

„Hört sie noch auf dich?“, fragte Gray neugierig.

„Ja.“ Owen lächelte. „Ich bin noch ihr Alpha. Aber das ist viel Arbeit. Es gibt noch vier halbstarke Jungtiere und einige Babys. Mit ihnen trainiere ich auch, wenn ich gerade keine Dinosaurier jage.“ Er hielt kurz inne. „Die Streichelzoo-Dinos haben wir mittlerweile zu einem großen Teil wieder eingefangen. Sie sind nicht weit weg gewesen. Der Mosasaurus ist Gott sei Dank auch nicht ausgebrochen, sondern im See geblieben. Insofern konnten wir ihn recht schnell in sein Becken zurückbringen. Das größte Problem ist aktuell Rexy. Sie ist immer noch da draußen und scheint sich pudelwohl zu fühlen. Aber natürlich ist es nicht gerade in unserem Sinne, wenn sie über die Insel stromert und die Pflanzenfresser jagt.“

Die beiden Jungen schauderten unwillkürlich. Den Tyrannosaurus würden sie wohl beide nie wieder vergessen. Insbesondere nicht, wie dieser mit dem Indominus Rex gekämpft hatte.

„Wir überwachen Rexy aber über ihr Implantant und alle Fänger, die draußen unterwegs sind, werden sofort gewarnt, wenn sie sich in ihre Richtung bewegt.“ Owen deutete auf die Karte. „Momentan reparieren wir die Zäune, dann aktivieren sie und bringen peu a peu die entsprechenden Tiere in die Gehege zurück. Wir müssen jedes einzelne Tier untersuchen. Sie können krank geworden sein oder sich verletzt haben. Das braucht seine Zeit. Außerdem ist Rexy nicht der einzige Fleischfresser dort draußen. Es gibt noch kleinere andere.“ Er machte eine Pause.

„Und was können wir tun?“, fragte Gray neugierig. Zach dagegen war bereits unwohl. Er fragte sich, was er hier eigentlich sollte. Denn er wollte ganz definitiv nicht irgendwo sein, wo möglicherweise irgendwann ein T-Rex auftauchen konnte.

„Gallimimi treiben.“ Owen grinste breit.

„Galli-was?“, entfuhr es Zach.

„Gallimimi. Das ist der Plural von Gallimimus. Das sind Pflanzenfresser, die ein bisschen wie Straußenvögel aussehen. Nur natürlich ohne Federn. Der erste Gallimimus wurde...“, begann Gray sofort zu erklären, doch sein Bruder schnitt ihm das Wort ab. „Wir sollen diese Tiere treiben???“

„Ja. Sie sind ganz brav und lassen sich so leicht zusammentreiben wie Kühe. Ihr könnt dabei nichts falsch machen und es ist wirklich ungefährlich. Sonst würde ich euch das nicht zumuten.“

Zach zog eine Grimasse, sagte aber nichts weiter. Gray wollte unbedingt hier sein und mitmachen und er würde auf seinen kleinen Bruder aufpassen.
 

Owen brachte sie zu Barry, der den beiden Jungen als weiterer Velociraptor-Trainer von ihrem Besuch vor zwei Jahren bekannt war.

„Hey, Jungs!“ Barry grinste sie breit an. „Schön, dass ihr den Mut habt, wieder hier zu sein.“

„Mut trifft es wohl echt...“, murmelte Zach, während Gray sofort begann, den dunkelhäutigen Mann zu löchern, wohin genau sie fahren würden.

Zach hörte mit halbem Ohr zu und blickte aus dem Fenster, während sie mit dem Geländewagen über die befestigte Straße fuhren. Er saß auf der Rückbank und hatte Gray großzügig den Beifahrersitz überlassen. Wenn er so hinausschaute, dann war es hier wirklich schön. Der Dschungel war eindrucksvoll, die Wiesen auch. Vögel und Schmetterlinge waren zu sehen. Und es war angenehm warm, wenngleich schon fast zu schwül. Dennoch: Ihm gefiel es hier. Oder besser: Ihm würde es hier gefallen, wenn es hier keine Dinosaurier gäbe. Zumindest keine Fleischfressenden.

„Wo ist Rexy?“, fragte er abrupt. In diesem Gebüsch könnte sich so etwas Großes problemlos überall verstecken. Das wusste er von dem Indominus Rex.

„Ganz im Norden der Insel. Sie treibt sich in den Ruinen des alten Parks herum. Kein Grund zur Sorge.“ Barry deutete auf ein piependes Gerät. Gray nahm es in die Hand und zeigte es Zach. Diese beugte sich vor, um besser sehen zu können. Auf dem kleinen Bildschirm war ein roter Punkt zu sehen, der sich im Norden der Insel langsam in einem großen Bogen entlang der Küste bewegte.

„Kein Grund zur Sorge.“ Gray lächelte breit. „Die Gallimimi wären außerdem eine viel interessantere Beute als wir.“

„Beruhigend“, murmelte Zach leise, ließ sich zurückfallen und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Hey, diesmal jagt uns kein mutierter Dinosaurier, Zach. Versprochen.“ Gray beugte sich zwischen Vordersitzen zu ihm und schaute seinen älteren Bruder mit großen Augen an.

„Yeah.“ Zach zwang sich zu einem Lächeln. Das war ja noch schöner, wenn Gray ihn auf einmal aufmuntern und Mut machen musste.

Barry setzte sie am Rand des Dschungels am Hang einer Wiese ab. Dort waren schon mehrere Frauen und Männer zu sehen, die gerade drei der straußenähnlichen Dinosaurier vor sich hertrieben. Sie lotsten sie in einen Transportwagen und dieser fuhr dann in Richtung Besucherzentrum davon.

„Sieht ja gar nicht so schwer aus.“ Gray hob die Schultern. „Oder?“

„Yeah.“ Zach nickte knapp. Das tat es wirklich nicht. Aber wer wusste das schon?

Kurz wurde sie von einem Tierarzt eingewiesen, der das Einfangen der Gallimimi koordinierte und bekamen noch zwei Rucksäcke mit Regenzeug, Wasserflaschen und Müsliriegeln sowie ein Funkgerät in die Hände gedrückt. Dann waren sie auch schon unterwegs und streiften durch die grasbewachsene Ebene
 

„Kommt es mir nur so vor, oder könnte das hier doch eine blöde Idee gewesen sein?“, fragte Zach schließlich und schaute seinen jüngeren Bruder an.

Gray zuckte mit den Achseln. „Ich finde es hier schön.“

„Mir gefällt nicht, dass der T-Rex hier draußen ist.“

„Aber dafür haben wir das Funkgerät und werden frühzeitig gewarnt. Wir bleiben außerdem in Sichtweite der anderen und werden sofort eingesammelt, wenn Rexy hier rüber kommt.“

„Yeah.“ Zach seufzte leise. Keine 500 Meter neben ihnen lief eine weitere Gruppe Parkmitarbeiter. Und keine 750 Meter entfernt befand sich ein Jeep, der sie schnell fortbringen konnte. Das sah wirklich beinahe sicher aus. Zach gefiel das trotzdem nicht. Das letzte Mal, als sie zusammen über die Insel gelaufen waren, hatte sie ein verrückter, blutrünstiger Dinosaurier verfolgt. Das war schwer zu vergessen.

Er warf Gray einen Seitenblick zu, der mit strahlenden Augen ihre Umgebung musterte und aufgeregt auf zwei Gallimimi zeigte, die etwa 250 Meter von ihnen entfernt standen und ihre Köpfe nun wachsam zu ihnen herumdrehten.

Das Funkgerät knarzte. „Geht einen Bogen nach Südwesten, wir nähern uns von Südosten. Over.“

„Roger. Over and out“, antwortete Zach. Wie man ein Funkgerät richtig bediente, wusste er schließlich noch aus seiner Kindheit.

Gehorsam wichen die beiden Brüder nach Südwesten aus. Sie gingen langsam durch das hohe Gras und beobachteten, wie die beiden Gallimimi sich wieder entspannten und weiter an den Gräsern knabberten.

Behutsam näherten sie sich den beiden Sauriern und beobachteten wechselweise die Tiere sowie ihre Kollegen. Wenn sie vorsichtig vorgingen, würde das hier vermutlich gut klappen.

„Guck mal.“ Gray blieb abrupt stehen. Er deutete auf ein großes Nest, dessen Rand platt getrampelt war und das in dem hohen Gras nahezu verschwand. Die Eier darin waren zerbrochen. Alle – bis auf eines. Er hockte sich hin und berührte das Ei sanft.

„Ich glaube nicht, dass du das machen solltest“, sagte Zach und sah sich nervös um. „Irgendwo ist seine Mama.“

„Das sieht nicht so aus. Die anderen Eier sind alle kaputt. Vielleicht ist sie vor den ganzen Leuten geflüchtet. Eine Stampede vielleicht.“ Gray nahm das Ei in die Hände und wog es vorsichtig darin. Es war nicht gerade klein. Es war sicher etwas mehr als 20 cm hoch und hatte einen Umfang von vielleicht 15 cm. Es erinnerte Zach ein wenig an einen Football.

„Wir können es nicht einfach hier lassen, Zach. Da ist ein Baby drin.“ Entschlossen nahm Gray seinen Rucksack ab, wickelte das Ei in sein Regenzeug, drückte Zach seine Wasserflasche und die Müsliriegel in die Hand und ließ das Ei behutsam in den Rucksack gleiten. Dann schwang er diesen wieder auf seinen Rücken und stand langsam auf.

„Du bist total bekloppt“, murmelte Zach, während er Grays Zeug in seine eigene Tasche stopfte. „Und jetzt beweg dich, sonst kriegen wir noch Ärger.“ Er stockte. „Und wir werden das verdammte Ei abgeben!“
 

Als sie abends nach einem langen und anstrengenden Tag in ihrem gemeinsamen Zimmer auf dem großen Bett saßen, holte Gray das Ei aus seinem Rucksack.

Sie hatten es natürlich nicht abgegeben. Gray hatte sich schlichtweg geweigert und Zach hatte keine größere Aufmerksamkeit auf sie lenken wollen. Da Tante Claire noch nichts weiter gesagt hatte, hatte sie wohl vor lauter Arbeit vergessen, die Eltern der Brüder anzurufen, und Zach wollte sich ihr nicht allzu schnell wieder in Erinnerung bringen. Nein, stillzuhalten war gerade wohl die bessere Taktik. Auch wenn das bedeutete, dass Gray jetzt hier hockte und dieses riesige Ei liebevoll in den Händen hielt. Vorsichtig drückte dieser das Ohr an die Schale und lauschte verzückt.

„Zach, das musst du hören. Man kann sein Herz schlagen hören!“ Begeistert strahlte ihn sein jüngerer Bruder an.

Zach seufzte leise und legte dann gehorsam das Ohr an die Eierschale. Sie fühlte sich interessanterweise viel flexibler an als die Schale von Vogeleiern. Sie erinnerte ihn an die Schlangeneier, die er einmal im Garten gefunden hatte.

Das beständige Pochen klang unheimlich und irgendwie anrührend zugleich.

Er hob den Kopf und schaute Gray an. „Was ist das für ein Ei? Was für ein Dinosaurier wird das?“

Gray zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Wir können gleich mal etwas recherchieren, aber bei Dinosaurier-Eiern ist die Forschung nicht allzu weit. Die von Hand gezogenen Dinos hier im Park schlüpfen ja aus künstlichen Eiern. Und bislang hat man wohl noch nicht zugelassen, dass sich Forscher den Dinosauriern nähern, die sich hier frei vermehren dürfen. Aber ich bin mir sicher, dass es ein Pflanzenfresser ist. Wenn es ein Fleischfresser wäre, würden sie doch nie zulassen, dass der frei Eier legen kann. Die würden ihn schon irgendwie kastrieren und eine Vermehrung verhindern.“

Zach nickte langsam. Das klang logisch. Und ein Pflanzenfresserbaby war ihm auch weitaus lieber, als dass sie hinterher das Baby von irgendeinem Monster im Zimmer hatten.

„Und jetzt?“

„Wir brüten es aus.“ Grays Augen leuchteten. „Ich hatte kurz überlegt, die Mama zu suchen, aber das ist sinnlos. Sie hat das Nest verlassen und würde das Kind niemals wieder annehmen. Außerdem ist es unmöglich, den richtigen Dino zu finden... Also brüten wir es aus. Wir müssen es ausbrüten.“

„Und wie stellst du dir das vor? Willst du es die ganze Zeit in deinem Rucksack mit dir herumtragen? Was, wenn es runterfällt? Was, wenn es zu einem wirklich unpassenden Zeitpunkt schlüpft? Das weiß man doch aus Kino-Filmen: Babys kommen immer zum unpassendsten Zeitpunkt auf die Welt!“

Gray schaute ihn einfach nur an, als wenn er den Verstand verloren hätte, und Zach wusste sofort, dass er verloren hatte und Gray ihn – falls notwendig – in Grund und Boden argumentieren würde.

Und so legten sie sich schließlich in dem großen Doppelbett schlafen. Das Ei ruhte zwischen ihren Kopfkissen in der Ritze zwischen den beiden Matratzen in einem großen Nest, das Gray aus Handtüchern gebastelt hatte. Sie hatten die Klimaanlage ausgeschaltet, die Fenster geöffnet und das Moskitonetz über dem Bett herabgelassen. So hatte das Ei es warm genug.

Zach warf dem Ei einen langen Blick zu, ehe er endlich die Augen schloss. Er hoffte nur, dass dieses Dino-Baby nicht gerade diese Nacht beschloss, auf die Welt zu kommen.
 

Am nächsten Tag hatte Gray das Dino-Ei in einen seiner Pullover gewickelt, dann in das Regenzeug und es wieder in seinem Rucksack verstaut. Zach übernahm den Transport ihrer Tagesverpflegung.

Wieder stapften sie über durch das hohe Gras und halfen dabei, Gallimimi zusammenzutreiben.

Zach musste zugeben, dass er langsam begann, diese Tiere zu mögen. Sie erinnerten ihn an eine Mischung an Straußen und Kühen. Irgendwie niedlich und gleichzeitig auch nicht besonders helle.

Daneben behielt er aber Gray und seinen Rucksack im Auge. Wer wusste denn schon, wann dieser Dino schlüpfte? Und vielleicht bekam Gray es ja nicht sofort mit. Außerdem war er etwas besorgt. Dieses Ei bedeutete Ärger und einen Haufen Verantwortung. Und Verantwortung war nichts, was er mit Gray verbinden würde. Wenn er ehrlich war, dann hielt er Gray für noch nicht so weit, wirklich selbstständig zu sein. Sicher, Gray war jetzt dreizehn und kein kleines Kind mehr, aber dennoch... Er wirkte oft genug viel zu weltfremd. Zach fragte sich unwillkürlich, wie Gray bloß zurechtkommen würde, wenn er selbst auf dem College war und seinen kleinen Bruder allein lassen musste.

„Ich glaube nicht, dass das Ei plötzlich explodieren wird“, sagte Gray auf einmal.

„Was?“

„Na, du guckst so.“ Gray blinzelte ihn an. „Das ist nur ein Ei, in dem sich ein Baby entwickelt. Es wird nichts Schlimmes passieren. Selbst wenn es ein T-Rex wäre, könnte es uns nichts tun. Also entspann dich.“

Zach klappte empört den Mund zu. Und das Dumme war, dass Gray schon wieder Recht hatte.
 

Beim Abendessen im großen Speisesaal hatte Gray den Rucksack immer noch bei sich. Das sah etwas seltsam aus, aber keiner hinterfragte das, was ein dreizehnjähriger Junge – und damit der Jüngste auf der gesamten Insel – tat.

Allerdings fiel Zach auf, dass Tante Claire sie eindringlich musterte. Die Brüder saßen an einem anderen Tisch als Claire und Owen, allerdings war er sich sehr sicher, dass sie Thema für die beiden waren. Claires Miene verriet nur zu deutlich, dass sie überlegte. Entweder erinnerte sie sich gerade daran, dass sie die beiden noch nicht bei ihren Eltern verpetzt hatte, oder sie überlegte, wie sie sie loswerden konnte, ohne dass sie irgendwie in der Sache drin hing. Immerhin kriselte es zwischen den beiden Schwestern – also Claire und Grays sowie Zachs Mum – immer wieder aufgrund des hohen Arbeitspensums, das sich Claire zumutete. Allerdings war sich Zach auch sicher, dass Owen auf ihrer Seite war. Er hatte ihnen schließlich verschwörerisch zugezwinkert. Und wenn jemand Tante Claire bändigen konnte, dann Owen. Owen war einfach klasse und insgeheim wünschte sich Zach, später einmal so zu sein. Auch wenn er keine Ahnung hatte, wie er das jemals erreichen sollte.

Schließlich standen die beiden auf und kamen zu ihnen herüber.

„Na, wie waren eure ersten beiden Tage?“, fragte Owen und ließ sich neben Gray nieder. Claire wiederum setzte sich neben Zach.

Gray sprudelte sofort über vor Begeisterung, verschwieg aber natürlich den Inhalt des Rucksacks zu seinen Füßen.

„Hast du sie schon angerufen?“, unterbrach Zach das Gespräch. Er wollte es einfach wissen und nicht länger auf die Folter gespannt werden.

„Noch nicht.“ Claire warf Owen einen langen Blick zu. „Ihr habt noch zwei Tage, um es selbst zu tun. Dann mache ich es.“

Zach starrte sie verblüfft an, während Gray über das ganze Gesicht strahlte. Er dachte wohl nur daran, dass sie noch zwei Tage ihre Ruhe hatten, während Zach sofort aufging, dass Claire sie damit vielmehr quälte. Denn jetzt würde er sich ständig Gedanken über dieses Gespräch machen.

„Das war Owens Idee. Damit ihr die Chance habt, die Verantwortung selbstständig zu übernehmen. Außerdem möchte ich nicht, dass eure Mutter mich wieder anschreit.“ Claire verzog das Gesicht zu einer leichten Grimasse, die die beständige Strenge in ihrem Gesicht angenehm aufweichte. „Das hat sie das letzte Mal schließlich ausgiebig genug getan.“

„Nun, da wurden wir ja auch fast gefressen“, warf Gray trocken ein. Ein Punktgewinn war das für die Brüder aber nicht gerade, fand Zach.

Claire warf Gray einen scharfen Blick zu und dieser verstummte.

„Morgen dürft ihr auf der Baby-Station helfen. Wir haben einige frisch geschlüpfte Dino-Babys. Darunter ein paar neue Arten, die wir hier im Park bislang noch nicht hatten. Manche haben wir aus neuen DNA-Proben aus Bernsteinfunden erzeugt. Das wird also spannend“, ergriff Owen das Wort.

„Cool!“, jauchzte Gray sofort, während Zach unwillkürlich an das Ei in Grays Rucksack denken musste. Vielleicht war das ja eine ganz gute Gelegenheit, es unauffällig loszuwerden und die Verantwortung jemand anderem zu übergeben?

Sie unterhielten sich noch eine Weile darüber, dass mittlerweile fast alle Gallimimi zusammengetrieben waren und sich in ihrem Gehege befanden. Der Zaun dort funktionierte wieder einwandfrei, sodass sie auch vor dem herumstreifenden Tyrannosaurus sicher waren. Dieser hatte die deutlich kleineren Pflanzenfresser mit einer gewissen Vorliebe gejagt. Jetzt würde er sich umstellen müssen. Eventuell war das eine Chance, Rexy auch endlich einzufangen. Momentan scheuten sie sich noch ein wenig davor. Der Zwischenfall mit dem Indominus Rex vor zwei Jahren hatte alle vorsichtiger werden lassen und einen neuen Respekt vor einem so großen Fleischfresser ausgelöst.
 

Die Nacht über hatte das Ei wieder zwischen ihnen in seinem Handtuchnest gelegen. Zachs Begeisterung darüber hielt sich noch immer in Grenzen, aber ein wenig gewöhnte er sich daran.

„Hör mal!“, begrüßte ihn Gray am nächsten Morgen. Gray hielt das Ohr an das Ei gepresst und strahlte den verschlafenen Bruder an.

„Was denn?“

„Ich glaube, sein Herzschlag wird kräftiger.“

„Mhm...“, machte Zach und drehte sich noch einmal um.

Doch schließlich war es wirklich Zeit aufzustehen, das Ei wieder kunstvoll und warm einzupacken und in den Rucksack zu stecken, zu frühstücken und dann mit Owen die Baby-Station aufzusuchen.

Die beiden Jungen staunten nicht schlecht, als sie an den Laboren vorbeigingen, in denen Forscher immer noch damit beschäftigt waren, Gensequenzen zu analysieren und letzten Endes wohl neue und perfektere Dinosaurier zu schaffen.

„Das ist etwas gruselig...“, murmelte Zach leise und in Owens Gesicht meinte er so etwas wie Zustimmung zu sehen. Gray dagegen kam vor lauter Begeisterung kaum von der Stelle und Zach ahnte ein wenig, dass das hier vielleicht einmal das war, was Gray beruflich tun könnte.

„Dahinten geht es weiter.“ Sie schritten durch eine Tür, die Owen mit einer Chipkarte geöffnet hatte. Offenbar hatte hierzu nicht jeder auf der Insel Zutritt.

„In diesem Raum sind die frisch geschlüpften Babys“, erklärte Owen und führte sie in einen Raum, der ein wenig an einen Stall erinnerte. Überall gab es kleine Gehege mit Wärmelampen und darunter befanden sich Baby-Dinosaurier. In einer Ecke spielten drei kleine Triceratopse miteinander, in dem nächsten dösten zwei Stegosaurier. Die Hälse der Baby-Brontosaurier waren so lang, dass sie schon über die Absperrung hinwegsehen konnten und ihnen neugierig mit großen Augen entgegen blickten.

„Wie lange bleiben sie hier?“, fragte Zach, während Gray schon bei den Brontosauriern war und einem von ihnen zaghaft seine Hand zum Schnuppern hinhielt. Keiner der Pfleger hatte ihn aufgehalten. Wahrscheinlich war es ihnen allen schon genauso gegangen und sie waren dem Zauber dieser jungen Tiere erlegen.

„Bis sie geimpft sind und kräftig genug, um draußen auf den Wiesen mit den älteren Jungtieren mitzuhalten. Meistens dauert das zwei bis drei Wochen. Wir prüfen vor allem, ob sie irgendwelche Schäden haben. Bei den künstlich erzeugten Babys weiß man nie. Auch die natürlich geschlüpften Jungtiere werden so bald wie möglich gründlich untersucht und natürlich gechipt“, erklärte Owen.

Zach gesellte sich zu Gray und strich behutsam einem der kleinen Brontosaurier über den Kopf. Er fühlte sich warm und ledrig an. Nicht schuppig oder kalt wie er im ersten Moment erwartet hatte. Ein bisschen wie ein Vogel ohne Federn oder ein Hund ohne Fell.

„Das hier sind zwei Velociraptoren“, erklärte Owen, als sie schließlich weitergingen. Er lächelte. „Ich werde heute Nachmittag mit ihnen trainieren. Je früher, desto besser. Außerdem bin ich es, der sie füttert. Damit sie mich als ihren Alpha annehmen.“

„Und sie dir hoffentlich niemand abspenstig macht...“, murmelte Zach leise in Erinnerung an die Kommunikation zwischen dem Indominus Rex und den Velociraptoren vor zwei Jahren.

„Genau.“ Owens Miene hatte sich etwas verfinstert. Er schien deutlich zu hoffen, dass so etwas nie wieder geschah.

„Guter Plan. So können sie sich jetzt schon auf dich prägen. Und da Blue das Rudel anführt und sie dir wiederum untergeordnet ist, wird das bestärkt“, stellte Gray fest und blickte neugierg auf die beiden Velociraptor-Babys hinab. Zach fand, dass sie jetzt schon gefährlich aussahen.

Dann gingen sie an den anderen Babys vorbei und betraten den nächsten Raum. Dort befanden sich lauter künstliche Nester auf Tischen, die von Wärmelampen erhellt wurden. Neugierig schaute Zach sich um. Es gab Roboterarme, die die Eier wendeten und einige Wissenschaftler in weißen Kitteln liefen umher, wischten über Tablet-Computer und inspizierten die Eier aufmerksam. Gab es hier eine Chance, ihr Ei unterzubringen?

Er trat neugierig an eines der Nester heran, dessen Eier ungefähr die gleiche Größe hatten wie ihres.

„Was meinst du? Können wir unseres dazu schmuggeln?“, flüsterte er Gray zu, als dieser zu ihm kam.

Entsetzt schüttelte Gray den Kopf.

„Warum nicht? Es ist nur ein Ei und wir wären es los...“

„Nein. Es sieht ganz anders aus als die anderen. Es würde auffallen wie ein Elefant unter Rhinozerossen. Die Schale ist ganz anders, die Größe, die Form...“ Gray schüttelte erneut den Kopf. Er schaute sich kurz um, um sicherzugehen, dass ihnen niemand zuhörte und fügte dann hinzu: „Ich will dieses Ei ausbrüten, Zach. Das ist mir wichtig. Ich will diesen Baby-Dino. Ich will wissen, was er ist.“

Zach seufzte leise. Diese Stimmlage kannte er an Gray nur zu gut. Denn genau diese Stimme hatte sie hierher gebracht. Außerdem musste er zugeben, dass Gray Recht hatte: Ihr Ei war natürlich entstanden und sah ganz anders aus als die künstlichen Eier, die hier verwendet wurden. Vermutlich würde jeder hier sofort merken, dass das Ei woanders herkam. Die Eier waren garantiert durchnummeriert und mittlerweile war er sich auch sicher, dass es hier Überwachungskameras gab. Jeder würde dann also wissen, dass sie das Ei hereingeschleppt hatten. Wer weiß – vielleicht würden sie es sogar zerstören, um sicherzugehen, dass die ganzen anderen keimfreien Eier nicht mit irgendetwas infiziert wurden. Nein, das hier war offenbar kein Weg, um diese Verantwortung loszuwerden.

Zach seufzte leise. Also würden sie das Ei weiter mit sich herumschleppen.

Owen zeigte ihnen als nächstes die Eier, in denen sich die Überraschungsdinos befanden, wie er sie nannte. Das waren die Tiere, von denen sie noch nicht genau wussten, was es am Ende sein würde. Von jedem hatten sie drei Stück gezeugt. Vielleicht hatten sie ja aus der Indominus-Sache etwas dazu gelernt und wollten ein Backup haben, falls wieder irgendjemand auf die Idee kam, seinen Geschwister zu fressen.

Draußen in den Paddocks, wo die etwas älteren Tiere untergebracht waren durften sie dann schließlich beim Füttern und Ausmisten helfen. Zumindest an die Pflanzenfresser trauten sie sich heran. Bei den Fleischfressern sahen sie allerdings lieber zu. Hier gab es drei Ceratosaurier, die mit Aas gefüttert wurden, und einen kleinen Spinosaurus.

„Wir hatten auf Isla Sorna schon einmal einen Spinosaurus. Der ist allerdings vor drei Jahren gestorben. Irgendeine Infektion, die unsere Ärzte nicht genau bestimmen konnten“, erklärte Owen.

„Na prima, noch mehr Zähne...“, murmelte Zach und verdrehte die Augen.

„Was macht ihr denn mit Isla Sorna?“, fragte Gray neugierig. „Gibt es da noch Dinosaurier?“

„Ursprünglich war das einmal die Insel, wo die meisten Tiere aufgewachsen sind. Doch nach dem ersten Jurassic Park-Zwischenfall ist dort alles verwildert. Das hat sich auch nach den letzten zwei Zwischenfällen nicht geändert. Mittlerweile ist die Insel anders gesichert, damit niemand mehr dort unbefugt landen kann. Unsere Ärzte und Pfleger achten darauf, dass es ein vernünftiges Gleichgewicht gibt. Sie ist wie die freie Dinosaurier-Wildbahn. Wir überlegen momentan, ob wir Safari-Flüge über die Insel anbieten sollen oder Live-Video-Übertragungen.“

„Cool.“ Gray schaute Owen vollkommen fasziniert an, während Zach unwillkürlich die armen Tiere bedauerte, die dort drüben momentan noch in Frieden lebten und deren Leben sich früher oder später wieder eklatant verändern würde.

„Ich bin für Videos“, sagte er entschieden. „Damit die Tiere dort weiter in Ruhe sie selbst sein können, ohne dass der Mensch sich einmischt. Mit den ganzen tollen neuen Drohnen könnt ihr doch garantiert großartige Bilder machen.“

„Mhm...“ Owen lehnte sich an den Zaun neben dem kleinen Spinosaurus und ignorierte, dass das Tier ihn bedrohlich anfauchte. Er reichte ihm nur bis zum Knie und weder Maul noch Klauen würden durch die engen Maschen passen. „Du hast schon Recht, aber diese Tiere sind nur entstanden, weil Menschen sie geschaffen haben. Das sorgt dafür, dass viele Leute glauben, dass diese Tiere keinerlei Recht haben und auch Tierschutzgesetze bei ihnen nicht greifen. Weil sie ja eigentlich gar nicht existieren dürften. Aber ich werde Claire deinen Vorschlag unterbreiten. Vielleicht kann sie es durchsetzen. Ich wäre nämlich auch dafür.“
 

Der erste Tag ihres Ultimatums war schnell vorüber gegangen und am zweiten Tag waren sie wieder draußen unterwegs, um Gallimimi zusammenzutreiben. Es waren nur noch knapp ein Dutzend Tiere draußen und langsam näherte sich diese Mission dem Ende zu.

Die beiden Brüder standen auf einem Hügel und spähten in das benachbarte Tal hinunter. In der Entfernung von knapp einem Kilometer konnten sie sie sehen. Die Gruppe von elf Tieren graste dort friedlich.

Doch bevor Gray nach dem Funkgerät greifen konnte, um ihren Fund zu bestätigen, zog ein grauenhafter Gestank auf.

„Boah, was ist das denn?“, fluchte Zach, während sich Gray sofort alarmiert umsah.

Das Funkgerät knisterte.

„Jungs, Zach, Gray, macht, dass ihr da wegkommt. Rexy ist auf dem Weg zu euch. Jemand in der Zentrale hat gepennt! Over.“

In diesem Augenblick trat der Tyrannosaurus aus dem Gebüsch. Zach musste zugeben, dass er wirklich majestätisch und anmutig aussah, als er so knapp 500 Meter vor ihnen da stand und sich aufmerksam umblickte.

„Wir sehen sie. Schalten ab, um keine Aufmerksamkeit zu wecken. Over and out“, raunte Gray in das Funkgerät und schaltete es aus.

„Wir müssen weg...“, flüsterte Zach panisch und zerrte an Grays Arm.

„Schau sie dir an“, erwiderte dieser. „Der Wind kommt aus ihrer Richtung. Sie weiß, dass wir sie schon längst gewittert haben. Wir interessieren sie nicht. Sie will die Gallimimi.“

Und tatsächlich wandte Rexy den Kopf von ihnen ab und schaute zu den Gallimimi hinüber. Dann machte sie sich auf den Weg und näherte sich ihrer Beute gegen den Wind.

„Und jetzt sollten wir uns einen sicheren Ort suchen, von wo aus wir sie beobachten können. Denn ich möchte Rexy wirklich nicht mit Jagdfrust und Kohldampf im Rücken haben“, sagte Gray und zog seinen Bruder entschlossen zu einem großen Baum hinüber. „Rauf da!“

„Aber da sind wir genau auf Fresshöhe!“

„Nicht, wenn wir hoch genug klettern.“

Gray scheuchte ihn den Baum hoch.

In einer Astgabel nahe am Wimpfel und hoch genug, damit der T-Rex sie nicht bequem aus dem Geäst pflücken konnte, lehnten sie sich zurück. Gott sei Dank gab es hier diese gewaltigen Bäume. Hier oben würde sie maximal ein Bronto- oder ein Brachiosaurier erreichen können.

„Schau...“ Gray deutete auf Rexy, die gerade zum Angriff überging. Im ersten Moment wirkten ihre Bewegungen plump, doch dann sahen ihre riesigen Schritte elegant, regelrecht tänzelnd aus. Sie war schneller als die Gallimimi, die offenbar nicht richtig aufgepasst hatten. Das war eigentlich Wunder, waren sie in dem sicheren Gehege des Parks doch schließlich nie gejagt worden. Gerade die älteren Tiere lernten vermutlich nicht schnell genug, um dauerhaft zu überleben.

Rexy packte einen der Gallimimi am Rücken, schleuderte ihn zu Boden und brach ihm das Genick. Der Rest der Herde stürmte panisch Richtung Süden davon, während der Raubsaurier mit seinem Mahl begann.

Gray schaltete das Funkgerät wieder ein. „Rexy hat Beute gemacht. Zehn Gallimimi sind nach Süden geflüchtet. Wir harren in unserem Versteck aus, bis sie weg ist und ihr uns bestätigt, dass sie sich weit genug entfernt hat. Over.“

Als erstes erklang eine kräftige Schimpftirade, die jedoch schnell von Owens ruhiger Stimme unterbrochen wurde. „Gute Entscheidung, Jungs. Bleibt in Sicherheit. Wir überwachen Rexy und geben euch Bescheid. Over and out.“

Zufrieden lehnte sich Gray gegen den Baum und beobachtete weiter, wie der T-Rex fraß.

Zachs Blick wanderte zwischen seinem Bruder und der gewaltigen Bestie dort draußen hin und her. Das hier war echt gruselig. Aber erstaunlicherweise hatte er seine Panik im Griff. Er vertraute seinem Bruder und darauf, dass dieser wusste, was er tat.
 

Es hatte eine gute Stunde gedauert, bis Rexy endlich abgezogen war und die Entwarnung gekommen war. Sie war wieder unterwegs nach Norden.

„Irgendwie tut es mir Leid, dass sie sie früher oder später wieder einfangen werden. Sie sieht ziemlich zufrieden aus“, murmelte Gray, während sie sich zu Fuß zum Basislager aufmachten, wo sie erwartet wurden. Jetzt, wo die große Gefahr weg war, machte es keinen Sinn, einen Wagen rauszuschicken.

„Na ja, aber sie können sie hier nicht einfach frei rumlaufen lassen. Dafür ist sie zu gefährlich.“

„Ich weiß. Aber denk doch mal: Sie hat den ersten Park unter John Hammond miterlebt und war danach jahrelang frei, bis man Jurassic World aufgebaut und sie wieder eingefangen hat. Dann musste sie wieder dauernd Ziegen fressen und nicht das, woran sie sich gewöhnt hatte. Ich weiß nicht, ob sie damit zufrieden sein kann...“

„Sag das doch Owen. Vielleicht ändern sie wenigstens ihren Speiseplan.“

„Yeah, vielleicht.“ Gray zog deprimiert die Schultern hoch. Offenbar fühlte er wirklich mit diesem gewaltigen Raubtier mit.

Schweigend waren sie einige Meter weitergegangen, als Gray auf einmal zusammenzuckte. „Verdammt, was ist das?“

„Was denn?“

„Der Rucksack zuckt!“ Dann begriff Gray sofort. „Das Ei!“

Blitzschnell setzte er den Rucksack ab und holte das Ei hervor. Tatsächlich zitterte das Ei und heftige Bewegung war unter der Schale auszumachen.

„Ich sag doch, Babys kommen immer zu ungünstigen Zeitpunkten auf die Welt...“, murmelte Zach leise und hockte sich neben seinen Bruder. Es würde garantiert keinen Spaß machen zu erklären, woher sie auf einmal ein Dino-Baby hatten, nachdem sie gerade erst dem T-Rex entwischt waren. Denn das Baby ließ sich garantiert nicht so gut verstecken wie das Ei.

Staunend beobachteten die beiden Brüder, wie sich langsam Risse in der Schale bildeten und ein paar Hinterfüße nachdrücklich die Schale wegtraten. Dann drehte sich das kleine Tier und steckte einen schmalen Kopf auf einem schlangenförmigen Hals aus der Öffnung. Mit großen noch leicht verklebten Augen schaute es Gray an. Ganz behutsam wischte dieser die Verklebungen von den Augen des Babys und half ihm aus der Schale. Der kleine Brontosaurier gab ein zufriedenes Geräusch von sich, das wie eine Mischung zwischen Brummen und Zwitschern klang.

„Holst du etwas junges Gras, Zach?“, fragte Gray leise und Zach kam der Aufforderung sofort nach.

Dünnes, junges Gras war schnell gefunden und Gray reichte es dem Jungtier, um es damit zu füttern.

„Und jetzt?“, fragte Zach leise. „Was sollen wir denn jetzt machen? Das Baby können wir nicht mehr verstecken. Und er wird zu groß. Wir müssen ihn abgeben.“

„Nein.“ Gray schaute seinen Bruder an. „Hör auf, mir reinzureden. Ich weiß, was ich tue.“

„Tust du? Wie das denn? Du bist 13, Gray! Wir hocken gerade mit einem Baby-Dino in diesem verdammten Dschungel und du sagst, du weißt, was du tust?“, knurrte Zach ungehalten.

„Ich will das hier, Zach. Wenigstens so sehr, wie du Houston willst. Du musst nicht mehr auf mich aufpassen. Ich habe gefunden, wo ich hinwill. Ich will dieses Baby aufwachsen sehen und ich will ein Teil davon sein. Jetzt ist der Kleine auf mich geprägt und wenn ihnen etwas an seinem Wohl liegt, dann werden sie mich dabei sein lassen“, sagte Gray entschieden. Er holte tief Luft und sprach weiter: „Zach, dein Weg geht nach Houston und meiner nach Isla Nublar. Das ist einfach so. Hier sind die Dinge, mit denen ich mich den Rest meines Lebens beschäftigen will. Ich weiß, dass das gefährlich ist. Aber das ist das Arbeiten mit anderen Tieren wie Löwen, Elefanten oder Walen auch. Ich will das hier! Das hier und nichts anderes. Du musst wirklich nicht mehr auf mich aufpassen, Zach. Du kannst es von Houston aus doch gar nicht mehr. Und das weißt du. Im Endeffekt wolltest du doch einfach nur sichergehen, dass ich soweit bin, ohne dich zurechtzukommen. Und das bin ich jetzt. Ich trage jetzt die Verantwortung für dieses Kleine hier und ich werde es gut machen.“ Sein Gesichtsausdruck wurde schelmisch. „Und wenn wir ehrlich sind, dann hätte ich es auch ohne dich hierher geschafft. Ich wollte dich nur dabei haben. Damit du mich verstehst.“

Zach starrte seinen Bruder nahezu sprachlos an. Verdammt, woher wusste dieser Junge das alles nur? Und warum zum Teufel hatte er einfach so einen Plan?

„Du...“

„Zach, das ist mein Weg. Ganz einfach. Und klein Littlefoot und ich werden das hier schon hinkriegen.“ Liebevoll strich Gray dem kleinen Brontosaurier über den Kopf.

„Na prima...“ Zach seufzte tief. „Kannst du den Kleinen im Arm tragen, bis wir im Basislager angekommen sind? Das werden vermutlich ein paar unerfreuliche Gespräche werden.“

„Sicher. Und auch das kriegen wir hin.“

„Eher du“, seufzte Zach. „Denn offenbar hast du im Gegensatz zu mir einen Plan, der funktioniert.“

Schon nach wenigen Schritten entschieden sie, dass es mehr Sinn machte, wenn der Baby-Dino neben ihnen herlief. Er war so auf Gray fixiert, dass er keine Anstalten machte, abzuhauen und so kamen sie deutlich schneller voran. Auch wenn der kleine Littlefoot immer wieder stehen blieb, um irgendetwas neugierig anzuschauen.
 

Als sie im Basislager ankamen, starrte Barry sie einige Minuten lang nur an, dann lud er sie in den Jeep und brachte sie zum Besucherzentrum. Dort warteten sie dann in einem Besprechungsraum auf Claire und Owen.

Wie zu erwarten kam Claire wie ein Donnerwetter über sie. Sie war fassungslos und wütend, während Zach in Owens Gesicht so etwas wie Hochachtung und etwas Amüsement zu erkennen meinte. Schließlich hörte Claire irgendwann auf zu schimpfen und die beiden Brüder bekamen die Chance, ihre Sicht der Dinge zu schildern. Das übernahm Gray. Sehr entschieden berichtete er, wie sie das Ei gefunden hatten, wie er beschlossen hatte, es auzubrüten und wie sie es die letzten Tage gepflegt, gewärmt und herumgeschleppt hatten. Er ließ auch den Konflikt mit Zach nicht aus.

„Littlefoot ist auf mich geprägt“, schloss er schließlich. „Ihr könnt mich nicht mehr ausschließen, wenn ihr wollt, dass es ihm gut geht. Und ich will dabei sein, wenn er groß wird.“ Entschlossen funkelte er in die Runde.

Claire wollte etwas sagen, klappte den Mund jedoch wieder zu und schaute zu Owen.

„Das sollten wir noch in Ruhe besprechen. Was geschehen wird, hängt davon ab, was eure Eltern sagen“, sagte dieser.

„Prima, dann rufen wir sie doch gleich an“, entschied Zach. Gray starrte ihn an. „Hey, das müssen wir sowieso und jetzt ist ein genauso guter Zeitpunkt wie jeder andere.“

Claire bediente das Telefon, das mitten auf dem Tisch stand. Über Lautsprecher würden sie alle mithören und sprechen können.

„Wir reden“, sagte Zach und sah seine Tante fest an. „Wir, nicht du. Ihr hört zu, aber ihr sagt gar nichts. Du hast schließlich gesagt, dass wir zwei Tage Zeit haben, um sie selbst anzurufen. Und heute ist erst Tag zwei.“

Zähneknirschend nickte Claire.

Ihre Mutter meldete sich, dann schalteten sie dank der modernen Technik noch ihren Vater dazu und begannen.

„Hi Mum, hi Dad,“ sagte Zach fröhlich. Und ehe die beiden antworten konnten, flötete auch Gray schon: „Hi Mum, hi Dad.“

Zach konnte spüren, wie sich Verwirrung bei den beiden breit machte und genau diesen Moment nutzte er jetzt.

„Bitte, ehe ihr ausflippt, hört uns einfach nur zu. Gray ist nicht im Ferienlager und in Houston waren wir auch nur kurz, um zum Flughafen zu kommen.“

„Ihr seid auf der Insel“, flüsterte ihre Mutter leise.

„Genau. Wir sind in der Jurassic World.“ Und Zach erzählte. Von der Gallimimi-Treibung, von dem Ei, von der Baby-Station, von Littlefoot und Grays Plänen. Von allem, bis auf ihre Begegnung mit dem T-Rex, denn er fand, dass das jetzt zu starker Tobak für die beiden war. Und erstaunlicherweise hörten sie zu. Sie waren vielleicht zu verblüfft und zu besorgt, dass ihre Kinder einfach auflegen würden, wenn sie jetzt ausflippen. Er wusste es nicht. Es war auch nicht wichtig, warum sie mitspielten. Hauptsache war, dass sie das taten.

„Bitte, nehmt euch die Zeit und kommt hierher. Schaut euch an, wie Gray hier zurechtkommt und entscheidet dann, was richtig ist. Aber ich kann euch versprechen: Gray wird hier sowieso landen. Ihr habt nur die Wahl, ihn zu unterstützen oder ihm Steine in den Weg zu legen. Er hat jetzt einen Baby-Dino, um den er sich kümmern muss und der ihn die nächsten Wochen brauchen wird. Er wird sowieso etwas mit Dinosauriern machen und ja, das ist gefährlich. Aber wenn er mit Walen, Elefanten oder Löwen arbeiten wollte, wäre es das auch. Gray kommt klar. Er ist ein großer Junge.“

Schweigen war am anderen Ende der Leitung zu hören und Zach fragte sich, ob er übertrieben hatte. Er suchte Claires Blick und diese nickte ihm aufmunternd zu. Auch bei Owen sah er Zustimmung, also durfte er wohl nicht zuviel falsch gemacht haben.

„Also gut. Wir kommen am Samstag“, entschied ihr Vater. Ihre Mutter murmelte zustimmend. „Und dann sehen wir weiter. Immerhin geht es ja erst einmal um den ganzen Rest der Sommerferien.“

„Oh, und Zach“, fuhr ihr Vater fort. „Schaust du dir Houston doch noch genauer an? Du solltest die Gelegenheit nicht verpassen, wenn du wirklich dorthin willst. Und Houston ist doch so sehr dein Traum wie Grays die Dinosaurier sind.“

„Yeah...“ Zach standen auf einmal die Tränen in den Augen und er musste sie runterschlucken. „Ich dachte, dass ich noch eine Woche hierbleibe und mich dann auf den Weg mache.“

„Guter Plan, Junge.“ Zach konnte das Lächeln seines Vaters spüren, als sie auflegten.

Sie schwiegen eine Weile, dann sagte Claire: „Na dann... Am besten bringst du Littlefoot jetzt zu den anderen Babys und schaust, wie er dort zurechtkommt. Und dann überlegen wir, wie es weitergeht.“ Kurz schaute sie zu Owen, dann sagte sie mit fester Stimme: „Ich denke, ich kann es jetzt schon sagen: Willkommen an Bord, Gray, jüngster Mitarbeiter aller Zeiten.“

Und als Zach sah, wie Gray über beide Ohren strahlte, wusste er, dass das hier alles richtig war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2016-04-01T20:41:21+00:00 01.04.2016 22:41
Hallo!
 
Schade, dass es noch gar keine weitere, sichtbare Wortmeldung gibt. Ich fand das rebellische Konzept sehr interessant, ganz unabhängig davon, dass Minderjährige gar nicht ohne schriftliche Elternerlaubnis nach Costa Rica einreisen dürfen. :P
 
Dafür habe ich mich riesig über die Serieneinordnung gefreut, denn auch wenn man den Film bzw. die Filme nicht gesehen hätte, wären die Geschehnisse um Hammond, den Indominus Rex und viele, viele Anspielungen enthalten gewesen. Die räumliche Orientierung war stets gegeben, Owen und Claire hatten verbal eine starke, authentische Rolle. Besonders Claire gefiel mir von A bis Z, weil sie die Kurve zwischen dominant-aufbrausend und besorgt nahm. Warum Owen nie da war, wenn er die Sorgfaltspflicht bekam, wird ihn eines Tages den Kopf kosten, aber was sie nicht sofort weiß ...
 
Wo ich sehr lange mitfieberte, war das Ei. Ich hätte meine Hand dafür ins Feuer gelegt, dass es alles ist - außer ein Pflanzenfresser. So kann man sich täuschen. Genial verpackt! Ich hab vor Erleichterung gelacht, weil ich bereits zwischen allen Kreaturen der vorherigen Filme schwankte und die Form ungemein verdächtig fand. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, wenn jemand etwas mitnimmt und damit gehörig Ärger kassiert. Zumal Zach und Gray an die Sache kindlich-gutgläubig herangingen und der Ältere ihm sehr schnell den Willen ließ. Da hatte ich oft das Gefühl, dass der die Verantwortung gar nicht wollte und viel zu jung ist im Kopf, um das vernünftig zu übernehmen. Aber wem will man das verübeln? In dem Alter ist das so oder so eine heikle Aufgabe, in der Umgebung erst recht.
Glück gehabt, das hätte anders ausgehen können.
 
Stilistisch bemerkenswert fand ich IndominusRex' Auftritt. Wieso die Beute in Windrichtung unaufmerksam blieb, während es den Kindern auffiel, hat sich mir nicht ganz erschlossen, aber - großes aber! - der Spannungsfaktor war durchdacht, toll konstruiert und hier gab es so viele Umgebungsbeschreibungen in kompakter Form, dass du mit dem Genre Abenteuer goldrichtig lagst. Das war meine Schlüsselszene, an der ich viel Freude hatte. 
 
Viele Grüße, Morgi
KomMission-Unterstützerin, für mehr Feedback auf Animexx :-)


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