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Anwysitna ~ Die Prophezeiung

von

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Ein neuer Tag

Nichts war für Ella schlimmer, als am Morgen vom nervtötenden Piepen des roten Weckers aus dem Schlaf gerissen worden zu sein und zu wissen, dass in der ersten Stunde die Matheschularbeit auf einen wartete.

Ella hasste Mathe wie die Pest. Wozu brauchte sie quadratische Gleichungen, Funktionen, Wurzeln und Potenzen in ihrem späteren Leben als Ärztin. Sie wollte Ärztin werden und das schon seit sie zwölf Jahre alt war, wollte anderen Menschen helfen und Leben retten. Sie wollte dazu beitragen, die Welt zu verbessern, nicht einfach nur nutzlos in einem kleinen Zimmer sitzen und Matheschularbeit schreiben.

Doch das half ihr auch nicht weiter, sie musste trotzdem in die Schule gehen und Allgemeinwissen erwerben.

„Das ist wichtig, um in unserer Gesellschaft zu überleben“, sagte Margi immer, doch in Wirklichkeit wollte sie einfach nicht, dass Ella Ärztin wurde. Die Frage nach dem Warum hatte sie ihr aber noch nie beantwortet.

„Wenn es Zeit dafür ist“, war die einzige Antwort, die Margi ihr jemals gegeben hatte, doch dieses Gerede konnte sie nicht von ihrem Berufswunsch abhalten. Sie würde Medizin studieren, egal was Margi dazu sagen würde. Dazu musste sie aber in die Schule gehen.
 

Mühsam schaltete sie den kleinen roten Plagegeist auf ihrem Nachtkästchen aus. Heute würde ein anstrengender Tag werden, das wusste sie. Aufstehen, duschen, anziehen, Zähne putzen. Jeden Morgen das gleiche Ritual. Ella zeigte noch schnell dem Mädchen, das sie schlaftrunken mit ihren zerzausten schwarzen Haaren im Spiegel angrinste, die Zunge. Dann hopste sie die Stufen hinunter in die Küche. Margi sollte nicht merken, wie sehr sie den heutigen Tag hasste.

„Guten Morgen, mein Sonnenschein“, rief ihr Margi schon entgegen, die wie jeden Morgen gut gelaunt war.

„Guten Morgen, Margi“, kam es von Ella zurück. Sie stand ihrer Mutter sehr nahe, deshalb wollte sie ihre schlechte Laune nicht an ihr auslassen.
 

Margi, mit vollem Namen Margarite Mersley, war eigentlich nicht ihre leibliche Mutter, das wusste Ella seit sie zehn war. Die Identität ihrer leiblichen Mutter war unbekannt, niemand wusste, wer und wo sie war. Früher hatte Ella gehofft, sie kennen zu lernen, doch jetzt wollte sie nichts mehr davon wissen. Schließlich hatte sie Ella einfach so im Stich gelassen und war abgehauen. Margi hingegen war eine gute Mutter, eine Bessere konnte sich Ella nicht vorstellen.
 

„Mathe wirst du schon schaffen, du hast doch gut gelernt“, sagte Margi und zwinkerte ihr zu. Sie wusste einfach immer, was in Ella vorging, es war schier unmöglich, ihr etwas zu verheimlichen. Ella konnte sie nicht einfach anlügen, dafür kannte sie Margi viel zu gut. Stöhnend ließ sie sich auf den einzig freigeräumten Sessel am Küchentisch fallen.

„Du hast doch mit Heather gelernt, oder?“ Margi musterte ihre Tochter misstrauisch. Natürlich hatte ihr Heather gestern den Stoff von zwei Monaten erklärt, zweimal, dreimal, doch verstanden hatte sie nur das Notwendigste. Ihr Kopf rauchte immer noch vom vielen Denken.

„Ja, das hab ich. Aber du weißt, wie sehr ich Mathe hasse“, antwortete Ella ihr wie ein kleines, trotziges Mädchen, blickte Margi mit dem Hundeblick-Gesicht an. Da musste Margi grinsen.

„Iss endlich dein Müsli, sonst kommst du zu spät in die Schule, Esmadella!“, sagte sie mit ihrer alten strengen Mutter-Stimme und lächelte belustigt.

Sie gab Ella keinen Spitznamen, weil sie den Namen Esmadella, den natürlich sie sich ausgedacht hatte, über alles liebte.

Margi konnte einfach nicht streng sein, konnte sich einfach nicht durchsetzen und Ella zu einem braven Mädchen erziehen, die grinsend ihr Müsli genüsslich langsam aß. Danach merkte sie erst wie spät es schon war.

„Was, schon so spät?!“ Schnell sprang Ella auf, lief nach oben und packte ihre Tasche.

„Hab dich lieb, Margi“, rief sie noch, dann war sie schon durch die Eingangstür verschwunden. So schnell sie konnte, rannte sie die Gasse entlang zur Straßenbahnhaltestelle.
 

Die Bahn stand schon an der Haltestelle und wartete darauf, dass alle eingestiegen waren und sie weiterfahren konnte. Ella konnte gerade noch durch die Tür schlüpfen, hinter der sich stickige, eklige, nach Schweiß riechende warme Luft befand.

Sie fühlte sich schwindlig und beengt in der von Menschen angefüllten Bahn, rang mit sich, nicht gleich bei der nächsten Haltestelle aus der Bahn zu springen. Ihre Handflächen fingen fürchterlich zu jucken an, ihre Muskeln verkrampften sich. Diese Anfälle hatte sie öfters.

„Einatmen. Ausatmen. Das sind nur fünf Minuten, Ella.“ Immer wieder flüsterte sie diese Worte leise vor sich hin. Vor ihren Augen sah sie nur einen Strudel aus Bildern, fühlte sich wie auf einer Achterbahn. Gleich konnte sie aussteigen.

Die Bahn machte ihr es aber nicht gerade leicht, fuhr noch viel langsamer als sonst und blieb in jeder Haltestelle endlos lange stehen. Als die Bahn endlich vor ihrer Schule hielt, rannte Ella aus der Tür und blieb erst wieder vor einer roten Fußgängerampel stehen.

„Einatmen. Ausatmen.“

Die im Vergleich frische Stadtluft füllte ihre Lungen, immer und immer wieder, der Bilderstrudel verschwand. Ellas Herz schlug zwar immer noch wie verrückt, doch es ging ihr nun wieder besser. Die Schüler, die neben ihr auf das Grün der Ampel warteten, hatten ihre Panik nicht bemerkt.

Nach gefühlten Stunden konnte Ella endlich die Straße überqueren und traf auf dem von Schülern überfüllten Hof ein. Sie setzte sich ein wenig abseits auf eine kleine Bank im Schatten einer alten Eiche. Hier traf sie Heather jeden Morgen, da diese in dieser Richtung wohnte und jeden Tag die Abkürzung über den Schulparkplatz nahm.
 

Heather war Ellens einzige und beste Freundin, sie war die einzige in dieser verdammt großen Schule, der Ellen vertraute.

Als Ella mit zehn Jahren von zu Hause weglaufen wollte, weil Margi ihr die Wahrheit über ihre Herkunft gesagt hatte, lernte sie Heather in einem Park kennen. Anders als die anderen Kinder war Heather ruhig und still, saß auf der Parkbank und zeichnete die Landschaft vor ihr. So wie Ella, hatte sie ein Talent zum Zeichnen.

Die beiden verstanden sich auf Anhieb, da nahm sie Ella anschließend zu ihr nach Hause mit, da diese nicht wusste, wohin sie gehen sollte. Heather überredete Ella sich wieder bei Margarite zu melden und ihr zu verzeihen. Seitdem hatten sich die beiden besser kennengelernt und angefreundet, bis sie eines Tages beschlossen hatten, beste Freundinnen zu werden. Hier in der Oberstufe gingen sie auch in die gleiche Klasse.

Da kam Heather auch schon angelaufen und umarmte ihre Freundin stürmisch.

„Barney kommt!“, hauchte sie atemlos in Ellas Ohr.
 

In jeder Schule gab es Schläger oder Zicken, die die gesamte Schule terrorisierten. Barney war dieser Schläger. Selbst sah er sich als Meister und alle anderen waren seine Untertanen. Wer nicht gehorchte, bekam auch das, was man laut Barney verdient hatte: Prügel.

Er schlug gerne und oft zu, doch niemand tat etwas dagegen. Barneys Vater unterstützte die Schule finanziell und half wahrscheinlich auch etwas bei den Lehrergehältern nach. Einige Schüler, die sich mit ihm geschlagen hatten, wurden der Schule verwiesen, doch er kam immer nur mit einer Mahnung davon.

Ella hasste ihn wie die Pest, doch leider musste sie zugeben, dass er das gute Aussehen seines stinkreichen Vaters geerbt hatte. Die schwarzen Haare, die ihm ins Gesicht fielen, die blauen Augen, der athletische Körperbau. Fast jedes Mädchen wollte mit ihm zusammen sein, obwohl es wusste, von ihm nur als Spielzeug missbraucht und wieder weggeworfen zu werden.

Auch Heather konnte die Augen nicht von ihm lassen, obwohl sie wusste, sich niemals zum Kreis seiner Freundinnen zu können. Er bevorzugte perfekt gestylte Zicken und zu denen gehörte sie einfach nicht. Heather war klein und nicht gerade die dünnste, hatte verstrubbeltes braunes Haar und braune Augen. Am liebsten trug sie übergroße, altmodische Hemden, um ihre für ihren Geschmack zu weibliche Statur zu kompensieren. Obwohl sie hübsch war, war das nicht Barneys Geschmack.

Trotzdem starrte sie sehnsüchtig auf den schwarzen Lamborghini, der in den Parkplatz einfuhr und auf seinem inoffiziell reservierten Platz parkte. Der luxuriöse, schwarze Wagen fiel neben den kleinen alten Autos der anderen Schüler sofort auf. Barney stieg aus, drehte sich kurz um, damit er sich durch die Haare fahren konnte und wandte danach sich seiner neusten Puppe zu, die grazil neben ihm aus dem Auto stieg. Die Tür aufgemacht hatte er aber nicht.

Lächelnd zog er das Mädchen mit den blonden Locken zu sich heran und küsste sie absichtlich lange und innig, so dass die beiden auch von wirklich allen anderen bemerkt wurden. Heather seufzte.

„Das kann doch nicht dein Ernst sein?“, witzelte Ella und boxte ihr spielerisch in die Seite.

„Der Kuss ist aber so romantisch. Ich wette, keiner kann besser küssen als er“, träumte Heather weiter und sah Ella mit ihren hoffnungsvollen, großen, braunen Augen an. Dabei zog sie einen süßen Schmollmund. Ella blieb aber davon unbeeindruckt, sie grinste nur hämisch zurück und sagte:

„Erde an Heather. Das ist nur Show, der hat morgen schon wieder eine andere.“

„Du würdest aber auch alles tun, um einen seiner Küsse zu ergattern“, schmollte Heather. Ella wollte schon etwas Freches erwidern, nur fiel ihr nichts ein. Sie wollte ihn auch küssen, seine weichen, warmen Lippen fühlen, auch wenn das nur eine Show für ihn war.

„Mhm“, sagte sie nur. Ella wollte diesem Idioten nicht verfallen sein, doch was konnte sie dafür: Liebe war einfach unlogisch. Heather sah sie mit ihrem allwissenden Blick an.

„Ja ok, ich gebe es zu. Aber ich weiß, an wem ich mich rächen werde, falls das in die falschen Ohren gerät“, knurrte Ella gespielt.

„An wem den?“, fragte Heather mit gespielter Unschuld.

„Na, an wem wohl“, antwortete Ella und verdrehte spielerisch die Augen.

„Jetzt aber schnell, ich möchte gerne ohne blaue Flecken und gebrochene Knochen den Unterricht erreichen.“

Brutal aber war. Ella und Heather zählten eben nicht zu Barneys begehrenswerten Mädchen. Für ihn waren sie nur Dinge, die ihm im Weg standen, Dinge, die geschlagen wurden, weil sie ihm nicht gehorchten.

Schnell liefen die beiden ins Schulgebäude hinein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  RaMonstra
2015-10-04T12:02:14+00:00 04.10.2015 14:02
Hi,

Nichts war für Ella schlimmer, als am Morgen vom nervtötenden Piepen des roten Weckers aus dem Schlaf gerissen worden zu sein und zu wissen, dass in der ersten Stunde die Matheschularbeit auf einen wartete.

Wecker sucken. Mathe sowieso und aufstehen erstrecht.

Margarite war eigentlich ihre Mutter, das wusste Ella seit sie zehn war.

Ich glaube, hier fehlt das Wort:"nicht". Sonst würde der Rest keinen Sinn machen.

„Mathe wirst du schon schaffen, du hast doch gut gelernt“, sagte Margi und zwinkerte ihr zu. Margarite wusste einfach immer, was in Ella vorging. Es war unmöglich, ihr etwas zu verheimlichen.

Hat je jemand mal gut für Mathe gelernt |D ich jedenfalls nicht. Haha. Und Mütter wissen eh immer alles, da kann man sich verstellen wie man will.

Stickige, eklige Schweißluft wehte ihr entgegen.

Scheißluft hört sich etwas seltsam an. Versuch vielleicht etwas wie:
"Eine Wand aus stickiger nach Schweiß riechender Luft schlug ihr unangenehm entgegen."
Spiel ruhig mehr mit dem was sie wahrnimmt.

Seitdem hatten sich die beiden besser kennengelernt und befreundet,[...]
"Angefreundet" würde hier besser klingen.

Sind diese ganzen kurzen Sätze, die du oft benutzt so gewollt?
Sonst empfehle ich mal ruhig öfter längere Sätze zu machen, die würden den Lesefluss verbessern.

Für ihn waren sie nur Dinge, die ihm im Weg standen, die verhauen wurden. Schnell liefen die beiden ins Schulgebäude hinein.
Versuch mal ein anderes Wort für "verhauen" zu finden. Dass sind fast verwachsene Frauen, die geprügelt werden. Da kannst du ruhig mit einfließen lassen, wie furchtbar das eigentlich für beide ist.
So attraktiv er auch sein mag, beide können es doch nicht ok finden, wenn er sie verprügelt? Ein sisschen Groll in Ella kann da schon zum Ausdruck gebracht werden.

Gruß

PS: Deine Grammatik und Rechtschreiung ist echt gut.
Antwort von:  Anwysitna
04.10.2015 18:49
Nochmal danke, dass du dich mit meiner Geschichte befasst:) Freu mich, wenn sie es wert ist, von jemandem gelesen zu werden.
Komm heute nicht mehr zur Verbesserung aber werd bald auch das 1. Kapitel nochmal verbessern.

PS:Beim zweiten und dritten Kapitel sind die Absätze leider auch noch nicht drinnen:(
Antwort von:  Anwysitna
04.10.2015 18:51
Achja...die kurzen Sätze sind leider teils auch ungewollt. Es fällt mir meistens erst beim fünften Mal durchlesen auf, dass sie stören.
Antwort von:  RaMonstra
04.10.2015 18:53
Mach dir mal mit den Verbesserungen keinen Stress, ich komm vorm nächsten Wochenende leider eh nicht zum weiterlesen,weil Arbeit und so :<



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