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Mörderische Goldgier

"Geliebter Blutsbruder"- Teil II
von

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Ruhige Zeiten

Winnetou und ich starrten auf den Eingang, wo das Scheppern seinen Ursprung genommen hatte – und dann konnten wir beide uns einfach nicht mehr halten. Das Geräusch wurde nämlich von dem Doktor verursacht, der dort mit einer irrwitzigen Geschwindigkeit um die Ecke gesaust gekommen war, dabei allerdings die Krüge übersehen hatte, die dort aufgestapelt waren, und deshalb gerade jetzt im hohen Bogen darüber flog, so dass sich fast alle Tongefäße in Hunderte von Einzelteilen auflösten, während Hendrick der Länge nach auf dem Fußboden aufschlug.
 

Mein lautes Gelächter übertönte Winnetous leises Lachen bei Weitem, aber nichtsdestotrotz konnte auch er in keinster Weise mehr an sich halten und schlug schließlich, als er sich gar nicht mehr beruhigen konnte, seine Hände vor das Gesicht, und von da an konnte ich nur noch den ein oder anderen erstickten Laut von ihm vernehmen, was mich aber nur noch mehr erheiterte.

Irgendwann jedoch überwog dann doch mein Mitleid, und so machte ich mich schließlich daran, allerdings immer noch lachend, dem leise vor sich hin fluchenden Doktor aus dem Scherbenhaufen heraus und anschließend wieder auf die Beine zu helfen.
 

„So ein verdammter...“ fing Walter mit hochrotem Gesicht an loszupoltern, doch dann erinnerte er sich wohl der Anwesenheit Winnetous und unterbrach sich sofort. In all der Zeit, die er jetzt schon bei den Apatschen verbracht hatte, war ihm nämlich überdeutlich bewusst geworden, dass er noch nie ein Mitglied der Mescaleros hatte fluchen hören, zumindest nicht in seinem Beisein. Vor allem Winnetou hatte schon des Öfteren durchblicken lassen, dass ihm solch ein Benehmen einfach zuwider war, und gerade diesem wollte der Doktor mit seinem Verhalten nicht unangenehm auffallen.

Daher beließ er es jetzt auch dabei, sich mit einigen unwirschen Bewegungen die Kleidung zu richten, was mir die Gelegenheit gab, ihn neckend zu fragen:

„Warum hast du es denn nur so eilig, lieber Walter?“

Wieder hörte ich einen unterdrückten Laut von Winnetous Bettstatt her, welchen er aber sofort wieder zu ersticken versuchte, was mir jetzt allerdings den nächsten Heiterkeitsausbruch bescherte.
 

Da half es dann auch überhaupt nicht, dass Walter nun eine undefinierbare Grimasse zog und weiterhin wütend vor sich hin grummelte, es hatte eher zur Folge, dass ich mich fast verschluckte bei meinen hilflosen Versuchen, meinem Lachanfall endlich Einhalt zu gebieten.

Nun entschloss sich Hendrick aber doch noch, mir eine Antwort zu geben, um sich zu rechtfertigen:

„Warum ich es so eilig habe, fragst du? Warum? Weil ich aus eurer Kammer hier mit einem Mal sehr laute Stimmen vernommen hatte, so dass ich annehmen musste, dass sich der Zustand unseres Freundes urplötzlich verschlechtert hat... ich habe wirklich einen furchtbaren Schrecken bekommen – und dann komme ich hier rein und muss feststellen, dass...“

Offenbar wurde dem Doktor erst jetzt die Komik der ganzen Situation bewusst, und als vom Bett her noch einmal ein leises Lachen erklang, konnte auch er sich nicht mehr halten und begann, aus vollem Halse in mein Gelächter mit einzufallen.
 

Diese heftige Reaktion war wahrscheinlich auch der übergroßen Erleichterung geschuldet, die nicht nur ihn erfasst hatte, als er Winnetous wunderbares Lachen als das erkannt hatte, was es war: eine sichtbare Verbesserung seines Zustandes und vor allem der erste richtige Lichtstreif am Horizont in diesen angstvollen und dunklen Tagen.

Es dauerte dann auch eine ganze Weile, bis wir alle uns wieder einigermaßen beruhigt hatten. Walter hatte sogar Tränen in den Augen, und auch ich war nicht mehr weit davon entfernt, zumal ich immer noch große Anstrengungen darauf verwenden musste, nicht wieder laut loszuplatzen bei jedem Versuch Winnetous, seine Gesichtsmuskeln endlich unter Kontrolle zu bekommen, infolge dessen sein schönes Gesicht aussah, als ob er unter einem Starrkrampf zu leiden hätte.
 

Doch irgendwann widmeten wir uns wieder ernsthaft den aktuellen Geschehnissen und Aufgaben, die uns bevorstanden. Vor allem galt es als Erstes, meinen Freund über die denkbar ungünstigste Verschlechterung seines Gesundheitszustandes aufzuklären, nämlich die nun aufgetretene, sehr gefährliche Herzmuskelerkrankung, damit er überhaupt erst einmal den Grund verstand, warum wir alle mit Argusaugen über ihn wachten und auch nicht mehr die kleinste Anstrengung seinerseits durchgehen ließen. Er nahm diese Nachricht sehr gefasst auf, ohne auch nur eine minimale Regung zu zeigen, und ich konnte nur hoffen, dass er sich der Tragweite des soeben Gehörten auch wirklich bewusst war.
 

Nach einer kurzen Untersuchung äußerte sich der Arzt dann aber fürs Erste recht zufrieden mit Winnetous Zustand, den er als „den Umständen angemessen“ bezeichnete. Anschließend fragte er, ob sich mein Freund im Augenblick kräftig genug fühle, um seine Unterhäuptlinge empfangen zu können, die mehrfach darum gebeten hatten, sofort benachrichtigt zu werden, sobald Winnetou erwacht und zu solch einem Besuch auch in der Lage sei.

Natürlich war mein Freund davon überzeugt, für ein Gespräch mit seinen Vertretern bereit zu sein, und mit einem Seitenblick auf mich versicherte er auch gleich frei heraus, dass er sich auf keinen Fall überanstrengen werde, damit der Doktor und ich uns nicht beunruhigen müssten.

Lächelnd drückte ich ihn an mich, während unser Arzt lapidar entgegnete:

„Winnetou wird auch gar nichts anderes übrig bleiben, denn Charlie und ich werden selbstverständlich keinen Moment lang von seiner Seite weichen und sofort eingreifen, sobald es seinem Körper zu viel zu werden droht!“

Mit einem halbwegs unterdrücktem Seufzer nickte Winnetou ergeben, was für Walter das Zeichen war, sich jetzt zu erheben, um die Unterhäuptlinge hereinzubitten. Ich aber bat ihn, noch ein paar Minuten mit den Apatschen draußen zu warten, da ich mit meinem Freund vorher noch etwas besprechen wollte, woraufhin Hendrick mit einem zustimmenden Nicken die Kammer verließ.
 

Ich konnte mir gut vorstellen, dass Winnetous Jugendfreunde und gleichzeitig vertretenden Häuptlinge ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die geplante Reise nach Europa ansprechen würden – doch er wusste ja noch gar nichts davon, weshalb ich ihn jetzt erst einmal darüber in Kenntnis setzen und möglichst behutsam darauf vorbereiten wollte.

Mein Freund bedachte mich nun auch einmal mehr mit fragenden Blicken aus seinen dunklen Augen, und so machte ich mich daran, ihm mit sorgfältig gewählten Worten meinen Plan zu unterbreiten:

„Mein lieber Bruder – unser guter Walter hat dich ja schon ausführlich über deinen im Augenblick wirklich gefährlich instabilen Zustand aufgeklärt. Der Häuptling der Apatschen weiß also, dass er in den nächsten Monaten auf gar keinen Fall seinen Aufgaben und Pflichten als Führer seines großen Volkes nachkommen kann, ja, nachkommen darf, will er nicht wieder sein Leben aufs Spiel setzen. Deine Vertreter sind ebenfalls schon seit geraumer Zeit über deinen schlechten Zustand informiert, und sie haben allesamt mehrfach und auch sehr deutlich zu erkennen gegeben, dass du ihnen viel zu wichtig bist, du vor allem auch deinem Volk viel zu wichtig bist, als dass sie es zulassen würden, dass du dein Amt wieder aufnimmst, bevor du nicht vollständig wiederhergestellt bist! Dass der Doktor und ich natürlich der gleichen Meinung sind und wir beide es dringend wünschen, dass du dich jetzt über einen sehr langen Zeitraum einmal wirklich schonst, darüber bist du dir wahrscheinlich schon bewusst, nicht wahr?“
 

Winnetou senkte nun seinen Blick, sagte aber nichts. Seine ganze Haltung allerdings drückte jetzt eine gewisse Resignation aus, und ich verstand den Grund dafür mehr als gut. Er wusste natürlich nur zu genau, was alles in den nächsten Wochen und Monaten auf ihn zukommen würde. So eine lange Zeit hatte er bisher schon stillhalten müssen, war gezwungen gewesen, wochenlang zu liegen, immer wieder, und nun sollte er das alles noch einmal durchstehen müssen, und dieses Mal so lange wie nie zuvor! Für jemanden wie mich, der meinen Freund genauestens kannte, war klar, dass diesem sonst so lebenshungrigen Menschen, der seine Freiheit über alles liebte, all das wie eine Gefängnisstrafe vorkommen musste.

Also galt es jetzt – und im Moment gab es wirklich nichts Wichtigeres für mich - ihm diese Resignation, diese diffuse Angst vor dem Kommenden zu nehmen oder zumindest soweit wie möglich zu minimieren, und ich hoffte so sehr, dass ihm die Aussicht auf eine große Reise und das Kennenlernen meiner ehemaligen Heimat wieder ein wenig Zuversicht schenken würde!
 

Leise seufzend drückte ich ihn noch ein wenig fester an mich, während ich wieder begann:

„Nicht nur ich, sondern auch all unsere Gefährten sowie deine Stammesbrüder sind der Auffassung, dass du hier in der Wildnis, in diesen „Dark and bloody Grounds“ niemals die nötige Ruhe finden können wirst. Aber auch eine nochmalige Genesung im Schatten des Pueblo der Mescaleros scheint uns auf keinen Fall angeraten, da es dich mit Sicherheit schier umtreiben würde, wenn während dieser langen Zeit etwas geschehen sollte, was normalerweise deine Anwesenheit erfordert, du aber in keinster Weise eingreifen dürftest! Erschwert werden könnte das Ganze auch noch durch die Tatsache, dass so manch einer der möglichen Gegner dich vielleicht dann absichtlich herausfordern und in Spott und Hohn ausbrechen könnte, wenn du ihm den persönlichen Kampf aus Rücksicht auf deine Gesundheit und vor allem aus Rücksicht mir gegenüber versagst.

Und selbst wenn es dir dennoch gelingen sollte, dich trotz dieser Erschwernisse weiterhin unseren Wünschen zu beugen und dich zurückzuhalten, wird dieser machtvolle seelische Kampf in deinem Innern deiner Gesundheit nur erneut Schaden zufügen.
 

Wir haben uns daher allesamt ausgiebig beraten und folgenden Entschluss gefasst: Du musst fortgehen von hier! Heraus aus dem Wilden Westen, sogar noch heraus aus den Vereinigten Staaten, denn selbst an der Ostküste könnten dich ja eventuelle schlechte Nachrichten aus deiner Heimat erreichen, die dich in eine solche Sorge um dein Volk versetzen würden, dass du abermals in schwere innere Not geraten könntest!

Um dem vorzubeugen und zu verhindern, dass es in den nächsten Monaten überhaupt zu solchen Situationen kommt, die das Volk der Apatschen gefährden könnten, haben unsere wunderbaren Freunde sich so einiges einfallen lassen: Sam Hawkens, Old Firehand, Old Surehand sowie Emery Bothwell befinden sich zur Zeit schon auf der Suche, um so viele unserer ehemaligen Weggefährten wie nur möglich aufzuspüren. Sie werden jedem von ihnen den Fall genauestens erläutern und sie um Hilfe für dich und deinem Stamm bitten!“
 

Winnetous Kopf ruckte hoch, und schon spürte ich seinen Blick fragend auf mir ruhen. Lächelnd sah ich ihm in sein schönes Gesicht und registrierte nebenher erleichtert, dass es jetzt nicht mehr eine solch unnatürliche Blässe aufwies wie noch Stunden zuvor, sondern seine Haut wieder einen Hauch seines vormaligen Bronzetons angenommen hatte. Ich hätte ihn stundenlang so anschauen können, besann mich dann aber wieder meines Vorhabens und machte mich daran, unsere Pläne gegenüber meinem Freund weiter zu erläutern.
 

„Ja, mein Bruder! Zumindest diese vier Westmänner haben sich schon ohne zu Zögern dazu bereit erklärt, all ihre künftigen Pläne - erst einmal für die Dauer eines Jahres - über den Haufen zu werfen und in dieser Zeit das Volk der Apatschen zu unterstützen, wo es nur geht! Und wenn es ihnen gelingt, so viele unserer ehemaligen Begleiter, die das Herz auf dem rechten Fleck tragen, zusammenzutrommeln und für diese Aufgabe zu begeistern, umso besser! Diese Männer, die im Herzen genauso denken und empfinden wie ich, die genauso wie ich die roten Völker als wahre Herren dieses Landes ansehen, werden dabei helfen können, gierige Bodenspekulanten, räuberische Desperado-Banden, voreingenommene Soldaten sowie dummdreiste Siedler des Landes zu verweisen oder ihnen zumindest gehörig auf die Finger zu klopfen, bevor es zu offenen kriegerischen Handlungen kommt. Gleichwohl werden sie sich bemühen, die Apatschen so gut wie möglich vor Auseinandersetzungen mit verfeindeten Stämmen zu bewahren oder, wenn nötig, in einem solchen Fall auf beide Parteien beschwichtigend einzuwirken.

Natürlich werden Til Lata, Entschah-koh und deine anderen Häuptlinge die Westmänner nach Kräften unterstützen und selber auch alles dafür tun, dass es erst gar nicht zu solchen Situationen kommen wird, die den Frieden gefährden könnten.

Und noch etwas: Kommandant Collister, der dazu gar nicht erst groß überzeugt werden musste, ist schon heute früh mit einigen Soldaten aufgebrochen, um sämtlichen Forts, die sich in Reichweite der Jagdgründe der Apatschen befinden, einen Besuch abzustatten. Er wird all seinen Einfluss darauf verwenden, die dortigen Befehlshaber dazu zu bringen, deinem Volk entgegenzukommen und es nicht zu bekämpfen. Er ist der Meinung, dass in der Zeit, in der du nicht in der Lage bist, für das Wohlergehen deines Stammes einzutreten, sich alle in der Gegend lebenden Menschen am Riemen reißen müssen. Es sollte doch eigentlich möglich sein, dass zumindest eine gewisse Zeit lang alle Beteiligten zusammenarbeiten, Rote und Weiße, Militär und Zivilisten, und dafür will er so gut wie möglich sorgen, denn der Friede geht ihm über alles – zumal er sich dir gegenüber auch wirklich verpflichtet fühlt!“
 

Winnetous Augen waren während meiner langen Rede immer größer geworden, seine Gesichtszüge wiesen mehr und mehr Unglauben auf. Es klang aber auch wirklich unglaublich, was wir da auf die Beine zu stellen gedachten – aber wenn dieses Vorhaben gelang, dann würde es vielleicht als beispielhaft gelten für andere Kriegsgebiete, möglicherweise auch für zukünftige Generationen! Es war ein Wunschtraum, sicher, aber...

Mein Blutsbruder riss mich jetzt aus meinen Gedanken, indem er stockend begann:

„Scharlih – ist das... ist das wahr? So... so viel wollen meine weißen Brüder für mein Volk tun? Das wird Winnetou doch niemals wieder gutmachen...“

Schnell unterbrach ich ihn, denn dieser Gedanke sollte sich gar nicht erst in ihm festsetzen:

„Mein lieber Freund – nun hör aber auf! Du bist es doch, dessen gute Taten kein Mensch, vor allem aber nicht die Angehörigen meiner Rasse, wieder gutmachen können! Was hast du schon alles für die Weißen getan, von denen du selbst nur Unglück, Hass und Gewalt kennengelernt hast! Wie vielen Bleichgesichtern hast du das Leben gerettet, obgleich es dich eigentlich gar nichts anging und du sie gar nicht kanntest! Wer sollte dir das alles denn jemals wieder zurückgeben können?“
 

„Was man an den Kindern Manitous tut, das tut man an Manitou selber, und nur er wird darüber zu richten haben“, antwortete Winnetou mit leiser, etwas stockender Stimme. Er war schon wieder recht erschöpft; ich musste mich also beeilen, wollte ich ihm noch von unserer bevorstehenden Reise berichten – und auch seine Unterhäuptlinge wollten ja noch empfangen werden! Daher wollte ich gerade mit meiner Unterrichtung fortfahren, als er nochmals zum Sprechen ansetzte:

„Mein Bruder sagte soeben, dass Winnetou durch die Bleichgesichter nur Hass, Gewalt und Unglück kennengelernt habe – aber das ist nicht richtig! Ich habe doch auch dich, meinen lieben, guten Scharlih, kennengelernt, und du bist mir das Wichtigste, das Teuerste und vor allem das höchste Glück, was mir in meinem Leben überhaupt widerfahren konnte!“

Unendlich gerührt zog ich ihn nochmals fest an mich, küsste ihm die Stirn und meinte dann:

„Du hast es wirklich tausendfach verdient, dass man dir Gutes tut – was ich dir glücklicherweise sein kann, das bist du für mich, und ich danke dem Herrgott jeden Tag dafür, dass ich an deiner Seite durch das Leben gehen darf!“

Er gab keine Antwort, aber in seinem Blick lag all seine Liebe, die er für mich empfand, und wieder einmal schien mein Herz zu glühen, als ich mich minutenlang in diesen wunderschönen Augen verlor. Erst als er mir mit der Hand sanft über meine Wange strich, erinnerte ich mich daran, dass ich ihm ja noch etwas mitteilen wollte!

Mein Freund hatte kein Wort gesagt, als ich vorhin sein Fortgehen angedeutet hatte, aber ich wusste, dass er mit großem Interesse darauf wartete, dass ich ihm meinen gesamten Plan unterbreitete, und somit begann ich erneut:
 

„Du weißt jetzt also, dass so gut wie nur irgend möglich für deine Vertretung gesorgt wird – und somit wird es dir hoffentlich ein wenig leichter fallen, die kommenden Monate nicht in deinem Heimatland zu verbringen.“

Neugierig sah ich ihn an. Würde er erraten, was ich vorhatte? Ja, das tat er, zumindest zum Teil, wie ich jetzt erfahren sollte:

„Winnetou soll über das große Wasser reisen – das ist es doch, was Scharlih mir mit seinen Worten sagen will, ist es nicht so?“, fragte er fast im gleichen Moment.

Lächelnd antwortete ich:

„Mein Bruder liest wie immer meine Gedanken! Ja, genau das habe ich vor. Ich möchte dich herzlich einladen, für einige Zeit meine alte Heimat zu besuchen. Unsere Hoffnung besteht darin, dass du dort vollständig wieder genesen können wirst – fernab von allen Gefahren, von Krieg, Hass und Gewalt, die eine Heilung hier in diesem Land fast unmöglich machen! Und natürlich sollst du diese Reise nicht alleine antreten: Ich werde immer an deiner Seite bleiben, ich allein – und natürlich unser Doktor! Ohne ihn würde ich dieses Unternehmen auch gar nicht wagen, denn er ist der Einzige, dem ich es zutraue, dass er deine Krankheit in den Griff bekommt. Ohne Walter wärst du ja schon gar nicht mehr unter uns, und nur ihm vertraue ich darum dein mir so unendlich kostbares Leben an!

In jedem Fall werden wir in Deutschland auch nur solche Orte aufsuchen, die deiner Genesung nicht im Wege stehen – und ich versichere dir, dass ich alles dafür tun werde, dass du dich in dem für dich so fremden Land so wohl wie möglich fühlst und dir die Zeit dort nicht zu lange wird!“
 

Abermals sah ich ihm gespannt ins Gesicht: Jetzt war es heraus – und wie würde er nun reagieren? Äußerlich konnte ich keine einzige Regung an ihm ausmachen, aber in seinem Inneren arbeitete es, das spürte ich genau.

Ein paar Minuten vergingen, die wir in tiefem Schweigen verbrachten. Dann hob er seinen Blick und sah mich lange an, woraufhin ich das Gefühl bekam, dass er in diesem Augenblick mein Innerstes ausleuchtete und meine Gedanken nach eingehender Prüfung schließlich zu den seinen machte. Ein wenig später begann mein Freund auch endlich wieder zu sprechen:

„Winnetou wird dir überall hin folgen, mein guter Bruder! Du weißt, dass ich alles tun möchte, um dir deine Ängste und Sorgen um mich zu nehmen, was mir in der Vergangenheit nicht immer und oftmals nicht gut geglückt ist. Daher gebe ich dir Recht, dass Winnetou in einem Land besser auf sich achten können wird, in dem Recht und Gesetz fast immer befolgt werden. Allein die vielen neuen Eindrücke in deiner fernen Heimat werden den Apatschen wahrscheinlich die Zeit, zumindest manchmal, völlig vergessen lassen, so dass es ihm gelingen wird, die Sorge um sein Volk in seinem Herzen zu verschließen, zumal sein lieber Bruder so umsichtig wie eh und je dafür gesorgt hat, dass meinen und somit auch seinen roten Brüdern in diesen Monaten mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts Böses geschehen kann!

Winnetou ist also einverstanden, möchte sich aber vorher noch einmal mit seinen Unterhäuptlingen besprechen.“
 

„Natürlich sollst du das!“ Ich hätte vor Freude am liebsten einen Luftsprung gemacht – er hatte „Ja!“ gesagt! Nicht einen Moment lang hatte ich damit gerechnet, dass mein Blutsbruder so schnell zustimmen würde! Er bewies mir dadurch sein großes, großes Vertrauen, welches er in mich und in meine Pläne setzte, und ich war so froh, so unglaublich froh darüber! Schnell fügte ich noch einige Erklärungen an, um dieses Vertrauen noch weiter zu vertiefen:

„Wir wollen dich ja auch nicht sofort von hier fortbringen - zuerst einmal werden wir noch einige Zeit in diesem Tal zubringen müssen, bis du wieder so weit zu Kräften gekommen bist, um eine solche Reise überhaupt antreten können. Von hier aus geht es dann in Begleitung von fünfzig Apatschen und den ungefähr dreißig hier verbliebenen Soldaten zurück zum Pueblo, um sicherzugehen, dass unterwegs nichts geschieht, was uns und damit vor allem dir gefährlich werden könnte.

Im Pueblo wirst du dann die Möglichkeit bekommen, alles Wichtige zu regeln und für die nähere Zukunft in die Wege zu leiten. Deine Unterhäuptlinge, allen voran Tsain-tonkee, sorgen in diesem Moment schon dafür, dass sämtliche Anführer all der Stämme, die sich in deinem Einflussgebiet augenblicklich in einem Zwist befinden oder sich anzufeinden drohen, sich zu dieser Zeit ausnahmsweise einmal im Pueblo einfinden werden, so dass du keine einzige ermüdende Reise mehr unternehmen müssen wirst, um deine roten Brüder zum Frieden zu bewegen.

Du wirst also noch einmal all deinen Einfluss geltend machen und selbst soviel wie möglich vorbereiten und erledigen können, so dass du wirklich guten Gewissens reisen kannst!“
 

Seufzend schloss Winnetou die Augen und meinte leise:

„Mein Bruder hat wie immer alles Wichtige bedacht, und Winnetous Herz ist voller Freude, weil er jetzt sicher sein kann, dass sein Volk in seiner Abwesenheit unter einem großen Schutz gestellt wird! Alle Gründe, die Old Shatterhand für Winnetous Fortgehen angeführt hat, sind gut und richtig, weshalb der Apatsche ohne Zögern seinem Bruder in dessen Heimat und auch den Anweisungen unseres Doktors folgen wird. Winnetou wünscht ja selbst sehnlichst, wieder zu seiner alten Kraft zurückzufinden, aber noch mehr als alles andere wünscht er sich, die Sorge und Angst für immer aus dem Herzen Old Shatterhands vertreiben zu können!“

Seine unendliche Liebe und Treue zu mir sprachen so deutlich aus seinen letzten Worten, dass es jetzt mit meiner Zurückhaltung vollkommen vorbei war. Leise versicherte ich ihm:

„Du glaubst gar nicht, mein geliebter Bruder, wie glücklich du mich mit deinen Worten machst!“

Daraufhin schloss ihn so fest wie möglich in meine Arme und küsste ihn sanft, auf die Stirn, die Wangen, die geschlossenen Augen, zu guter Letzt auf den Mund.

In dieser Stellung verharrten wir und genossen ruhig und sanft jeweils die Lippen des Anderen - ich weiß wirklich nicht, wie lange, bis wir uns irgendwann beide zugleich daran erinnerten, dass sich Winnetous Stellvertreter schon seit geraumer Zeit draußen vor der Höhle die Beine in den Bauch standen!
 

Also lösten wir, wenn auch recht widerwillig, unsere Lippen voneinander, woraufhin mir Winnetou ein verschmitztes Lächeln schenkte, welches ich grinsend erwiderte. Nun aber räusperte ich mich, setzte mich wieder aufrecht in Positur und rief laut nach Walter, der dann auch Sekunden später im Eingang der Kammer erschien. Ich hätte natürlich auch selbst hinausgehen und die Häuptlinge hereinbitten können, aber Winnetou lag noch in meinen Armen, und diese Position wollte ich daher auf keinen Fall aufgeben.

Dann aber, nachdem Entschah-koh und Til Lata wie der Blitz an Winnetous Bettstatt erschienen waren, wobei sich in ihren Gesichtern eine Mischung aus größter Sorge, unglaublicher Wiedersehensfreude und tiefer Rührung widerspiegelte, und ich sie dabei beobachten konnte, wie sie ihren Jugendfreund und Oberhäuptling mit einer wirklich zu Herzen gehenden Zärtlichkeit begrüßten, da besann ich mich wieder auf meine Manieren. Die Höflichkeit gebot es mir, mich während dieser innigen Szene leise zu entfernen und den Dreien dadurch die Möglichkeit zu geben, sich auch einmal ohne mein Beisein auszusprechen – zumindest setzte ich gerade dazu an, wurde aber im gleichen Augenblick von meinem Blutsbruder an der Hand gefasst und auf diese Weise mit Nachdruck zurückgehalten. Er wusste natürlich genau, was in mir vorging, wollte aber keinesfalls auf meine Anwesenheit verzichten.

Auch die beiden Häuptlinge ließen mich nicht gehen, im Gegenteil, sie bestanden sogar auf meine Anwesenheit – wahrscheinlich glaubten sie, dass Winnetou noch von unseren Plänen überzeugt werden musste, und hierfür befanden sie meinen Beistand wohl für dringend nötig.
 

Wie freuten sie sich, als sie erkannten, dass sich unser gemeinsamer Freund schon mit allem einverstanden erklärt hatte! Beide wirkten jetzt unendlich erleichtert, denn die Ängste und Sorgen um ihren geliebten Häuptling nahmen, seitdem unsere Boten das Pueblo erreicht und den Mescaleros von den hiesigen Geschehnissen berichtet hatten, fast ihr gesamtes Denken und Fühlen ein, so dass jeder Umstand, der zur Verringerung der Lebensgefahr für Winnetou beitrug, ihre Hoffnung auf eine vollständige Genesung ein großes Stück weit erhöhte.

Im Folgenden wurde nochmals die Ereignisse der letzten Wochen sowie unsere Pläne für das nächste Jahr besprochen, allerdings nicht so ausführlich, wie es normalerweise der Fall gewesen wäre. Winnetou machte nämlich seit geraumer Zeit wieder den Eindruck, als hätten die letzten Stunden ihn sehr ermüdet, so dass jetzt alles Wichtige nur einmal kurz angerissen werden konnte. Mein Blutsbruder war ja sowieso kein Mann der vielen Worte, und gerade die vergangenen Geschehnisse mitsamt seiner heldenhaften Beteiligung wurden von ihm mit nur wenigen Sätzen erwähnt, doch da Til Lata und Entschah-ko schon vorher ausführlich von unseren Gefährten und von mir unterrichtet worden waren, konnte man in ihren Gesichtern trotz seines spärlichen Berichts die tiefste Bewunderung ausmachen.
 

Winnetou war es allerdings viel wichtiger, schon einmal die ersten Maßnahmen für die kommende Zeit ohne ihn als Anführer festzusetzen, doch auch hier hatte er nach kurzer Zeit nicht mehr genügend Energie, um sich noch weiterhin an den Gesprächen beteiligen zu können.

An einer Sache allerdings war er doch noch sehr interessiert, ein Umstand, der ihm erst jetzt, als die ganzen Erlebnisse nochmals erzählt wurden, wieder in den Sinn gekommen war – nämlich der Verbleib von Wayne Thomson.

Allein nur die Erwähnung dieses Namens trieb seinen Stammesbrüdern und auch mir wieder die Zornesröte ins Gesicht, und wir alle drei versicherten Winnetou sogleich, teilweise im wilden Durcheinander, dass dieser Bastard fest verschnürt und sicher in eine dunkle und feuchte Kammer gesperrt worden war, wo er auf den Tag wartete, an dem Winnetou kräftig genug sein würde, sein Urteil über den Dreckskerl zu sprechen und es vielleicht auch selbst zu vollstrecken. Die Häuptlinge hatten sich seit ihrer Ankunft mehrfach von der Festigkeit der Fesseln überzeugt, und beide Männer berichteten mit hörbarem Grimm in der Stimme, dass ihnen selten etwas so schwer gefallen war, wie hier nicht die Beherrschung zu verlieren und dem Erzschurken nicht doch noch auf der Stelle ihre Messer spüren zu lassen.

Winnetou nickte beruhigt, musste allerdings doch leise in sich hinein lächeln. Aber nun sah man ihm seine Erschöpfung wirklich deutlich an, und ab dem Zeitpunkt nahm er an den Unterhaltungen nicht mehr teil, sondern hörte nur noch zu.
 

Es dauerte dann auch gar nicht lange, bis wir bemerkten, dass der geliebte Freund wieder eingeschlafen war, was wir alle wohlwollend und teils sogar erleichtert registrierten. Wir waren uns nämlich sicher, dass er aufgrund unserer Anwesenheit seinen wahren Zustand so weit wie möglich vor uns verborgen gehalten hatte, was ihn natürlich wieder viel zu viel Kraft gekostet hatte, ein bei seinem Krankheitsbild möglicherweise lebensbedrohlicher Umstand!

Til Lata und Entschah-koh hatten allerdings so gar keine Lust, den Raum schon wieder zu verlassen; sie wollten lieber noch eine Weile ihrem Häuptling nahe sein. Also unterhielten wir uns leise weiter, und als das Gespräch auf den Umstand kam, dass Winnetou tatsächlich der Reise zugestimmt hatte, richtete Entschah-koh mit einem Male fast schon beschwörend und mit großem Ernst in der Stimme das Wort an mich:

„Es ist nur seiner großen Liebe zu dir, mein weißer Bruder, geschuldet, dass unser Häuptling bereit ist, so lange die Verantwortung abzugeben! Er liebt dich über alles, und das Wichtigste für ihn ist es, Old Shatterhand glücklich zu sehen und glücklich zu machen. Er sieht den Kummer und die Sorge um ihn in deinen Augen, und er würde alles dafür tun, um dir das wieder zu nehmen!“

Der stellvertretende Häuptling hatte mir bei diesen Worten beide Hände auf die Schultern gelegt, und tief ergriffen tat ich es ihm gleich.

Erst jetzt wurde mir das ganze Ausmaß von Winnetous Zusage so richtig bewusst, und ich war richtiggehend überwältigt von der Tatsache, dass er mich so sehr liebte und so viel Vertrauen in meine Entscheidung legte, dass er meinem Vorhaben und mir bedingungslos folgte, etwas, was er bei jedem Anderen wohl niemals getan hätte.

Unwillkürlich drückte ich meinen schlafenden Freund noch enger an mich, und wenn seine Stammesbrüder nicht gerade anwesend gewesen wären, hätte ich meinen Gefühlen mit Sicherheit freien Lauf gelassen.
 

Die folgenden Tage verliefen sehr ruhig. Mein Blutsbruder wurde von unserem Doktor ständig in einem ausgewogenen Zustand zwischen Schlafen und Wachen gehalten, wobei Hendrick äußerst streng darauf achtete, dass Winnetou auf keinen Fall Gelegenheit erhielt, sich auch nur in irgendeiner Form anzustrengen. Durch dieses viele Ruhen und den zwischendurch erfolgten Gaben von sehr nahrhaften Speisen gelang es allmählich, sein Gewicht ein Stück weit wieder zu normalisieren, auch wenn er von seiner hervorragenden früheren Konstitution noch weit entfernt war.

Jeder Tag, der auf diese Weise verging, ohne dass es wieder zu einer Verschlechterung seines Zustandes kam, war für uns ein großer Gewinn. Walter wurde auch nicht müde, uns wieder und wieder daran zu erinnern, dass die Herzmuskelerkrankung weiterhin lebensbedrohlich war und wir daher wahrscheinlich erst Wochen später wieder richtig aufatmen können würden. Es war ihm sehr, sehr wichtig, uns diesen Umstand immer wieder zu verdeutlichen, damit bloß niemand von uns auf die Idee kam, leichtsinnig zu werden. Es konnte ja sein, dass einer der Gefährten meinem Freund einfach einen Gefallen tun wollte, etwas, das für diesen aber viel zu anstrengend wäre und sich dadurch im Endeffekt womöglich ins Gegenteil verkehren würde, und das galt es unter allen Umständen zu verhindern.
 

Aber unsere Gefährten waren hier mehr als einsichtig. Zu oft hatten wir schon um Winnetous Leben bangen müssen, als dass jetzt jemand da auch nur das kleinste Risiko eingehen würde. Die Apatschen waren sowieso mit allem, was ihren geliebten Häuptling betraf, äußerst vorsichtig, denn sie waren sich allesamt sicher, dass sie seinen Verlust niemals richtig verkraften würden. Außerdem stand ihnen jetzt schon der Abschiedsschmerz ins Gesicht geschrieben, und daher taten sie alles, was irgendwie dazu beitrug, dass sein Europa-Aufenthalt so kurz wie möglich gehalten werden konnte.

Die Butterfields hingegen - die sich immer noch ziemlich schuldig fühlten aufgrund ihrer unfassbaren Dummheit, als sie draußen vor der Festung die rettenden Heilkräuter für mich gesucht hatten und dabei den Kiowas buchstäblich vor die Flinte gelaufen waren, so dass diese endlich den Eingang zur Festung finden konnten – diese Jünglinge hielten aufgrund ihres schlechten Gewissens die meiste Zeit Abstand zu Winnetou und mir, wohl aus Angst, wieder einen Fehler zu begehen und somit die Genesung meines Freundes zu gefährden.

Darüber war ich ehrlich gesagt auch recht froh, denn mein ganzes Denken und Fühlen wurde von Winnetou eingenommen, und ich hatte überhaupt keine Lust, mich währenddessen mit diesen Greenhorns herumärgern zu müssen.
 

Auch die Soldaten, die uns zum Schutz und als Begleitung bis hin zum Pueblo an die Seite gestellt worden waren, hielten sich möglichst im Hintergrund. Sie waren von ihrem Kommandanten mehrfach und mit großem Nachdruck auf ihre Aufgabe eingeschworen worden, und die beherzigten sie offenbar auch sehr gewissenhaft. Sie machten sich nützlich, wo es nur ging, betraten allerdings niemals unsere Kammer. Allerdings entbot mir jedes Mal, wenn ich mich in dem weitläufigen Tal der Festung aufhielt und einem der Soldaten begegnete, dieser einen fast schon ehrfürchtigen Gruß; überhaupt war den Militärs eine gewisse Hochachtung anzusehen, wenn von Winnetou oder mir die Rede waren, zumindest wurde mir das von den Pelzjägern so berichtet.

Die vier Westmänner unter uns befanden sich ja schon seit Tagen auf dem Weg, um so viele unsere ehemaligen Weggefährten wie möglich aufzutreiben, die sich allerdings überall und nirgendwo und in alle Himmelsrichtungen verstreut aufhalten konnten. Somit dürfte es wahrscheinlich noch etwas länger dauern, bis sie sich wieder hier einfinden würden, aber wir hatten ja Zeit genug, und jeder Tag, den Winnetou in absoluter Ruhe verbringen konnte, konnte seiner Genesung wirklich nur förderlich sein.
 

Alle Bewohner der Festung vertrieben sich in den folgenden drei Wochen die Zeit auf eine mehr oder weniger geruhsame Art und Weise. Während die Pelzjäger vornehmlich auf Jagd gingen, um für die Ernährung der ganzen Gesellschaft zu sorgen, und ansonsten die dabei erbeuteten Felle bearbeiteten, sicherten die Apatschen mit großer Sorgfalt das Tal und seine Umgebung, um weitere unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Die restliche Zeit über verbrachten sie damit, ihre Waffen auszubessern oder neue Pfeile und Bögen anzufertigen; manchmal unterstützten sie die Pelzjäger auch bei der Jagd.

Die Soldaten wiederum schienen das Ganze mittlerweile als eine Art Urlaub zu betrachten. Anfangs hatten sie noch ernsthaft versucht, sich den Apatschen oder Pelzjägern anzuschließen, mussten dann aber schnell feststellen, dass sie den Fähigkeiten dieser Männer bei Weitem nicht gewachsen waren. Also beließen sie es dabei, ebenfalls ihre Waffen und ihre Kleidung wieder in Ordnung zu bringen, doch als schließlich auch der letzte Stiefel blank gewienert war und sich nirgends mehr Gelegenheit fand, sich nützlich zu machen, sah man die Männer immer öfter in der Sonne auf der faulen Haut liegen.

Das war ein Vorbild, welches den Butterfields offenbar gut gefiel, denn schon nach kurzer Zeit taten sie es den Soldaten gleich und genossen das süße Leben in vollen Zügen, glaubten sie doch, sich diese Erholung nach der für sie äußerst anstrengenden Reise und den überstandenen Gefahren sehr wohl verdient zu haben. Wir anderen gönnten den Jünglingen diese Auszeit von Herzen, denn erstens stand es für uns außer Frage, dass die Männer der Familie Butterfield, genau wie ihre daheimgebliebenen Verwandten, in ihrem bisherigen Leben Tag für Tag hart geschuftet hatten, um alle Familienmitglieder satt zu bekommen – und zweitens konnten die ausgemachten Greenhorns auf diese Weise auch keine Dummheiten anstellen.
 

Anfangs fühlte auch ich mich dazu verpflichtet, mich ebenfalls ein wenig nützlich machen, sei es auf der Jagd oder als Kundschafter, doch das wurde mir von allen Seiten strikt verboten, vor allem von den Mescaleros. Sie waren der Ansicht, dass ich an Winnetous Seite viel besser aufgehoben war und mein Freund meiner Anwesenheit deutlich mehr bedurfte als die Apatschen und alle anderen Festungsbewohner.

Also verbrachte ich Stunde um Stunde an seinem Lager und freute mich über jeden noch so kleinen Fortschritt in seiner Genesungsphase. Zu meiner großen Verwunderung wurde mir die Zeit trotz der ungewohnten Untätigkeit in keinster Weise zu lang, sondern ich genoss wirklich jede Minute, die ich bei und mit meinem Freund verbringen durfte. Vor nicht allzu langer Zeit hatte ich schließlich geglaubt, ihn nicht mehr lebend wiedersehen zu dürfen, und gerade deshalb war mir jede einzelne Sekunde unseres Beisammenseins, selbst wenn er währenddessen im Tiefschlaf lag, unendlich wertvoll!
 

War er aber einmal bei Bewusstsein, dann nutzten wir oftmals die Zeit, um viele, viele Gespräche zu führen, manche kurz und nur von oberflächlicher Natur, immer öfter aber auch sehr weit in die Tiefe gehende, und beide genossen wir währenddessen so sehr die Nähe des Anderen, genossen die Tatsache, dass wir doch noch einmal allen Gefahren standgehalten und dadurch die einzigartige Chance gewonnen hatten, unser Leben weiterhin Seite an Seite fortzuführen und es mit all seinen Facetten in vollen Zügen zu genießen.

Im Laufe der Zeit erzählte ich meinem geliebten Freund dann auch mehr und mehr von meiner alten Heimat, von den heimeligen Dörfern, den oftmals hübschen, manchmal auch pompös überladenen oder aber teils sogar heruntergekommenen Städten, der beeindruckenden Schönheit ihrer vielfältigen Landschaft, den Menschen und ihren Gewohnheiten, den Regeln, die dort herrschen, und bereitete meinen Freund auf diese Weise ganz allmählich auf seinen kommenden Aufenthalt in Deutschland vor.
 

Im Verlauf dieser drei Wochen besserte sich Winnetous Zustand langsam, aber stetig. Unser Doktor hatte einen genauen Plan aufgestellt, inwieweit sein Körper in jedem Stadium seiner Genesung belastet werden durfte, und all das geschah mit der größtmöglichen Vorsicht. Niemals wurde ein Schritt vor dem anderen gesetzt, lieber riskierte Walter zu wenig als zu viel.

Meinem Freund war es mittlerweile zwar erlaubt, seine Muskeln trainieren, auch schon während der Phase, in der er rein nur liegen durfte – aber das nur in geringem Maße und auch nur so viel, dass es als Vorbereitung für die lange Reise gerade so genügte. Das Ergebnis war, dass Winnetou gut drei Wochen nach seinem letzten Zusammenbruch kurz nach dem Überfall erstmals wieder aufstehen konnte, und ab diesem Zeitpunkt ging es zwar in kleinsten Schritten, aber doch stetig aufwärts.

Im Laufe der Zeit aber veränderte sich, parallel zu seiner voranschreitenden Genesung, ganz langsam sein Äußeres. Er wirkte im Gegensatz zu früher zarter, beinahe verletzlich, sein Körper war schmaler geworden und machte dabei einen seltsamen gläsernen, regelrecht durchsichtigen Eindruck. Das war allerdings ein schleichender Vorgang, der mir persönlich auch nicht so sehr auffiel, weil ich in fast jeder Minute des Tages bei ihm war.

Als jedoch fast genau fünf Wochen nach dem Überfall der Kiowas die ersten Gefährten wieder in unserem Tal auftauchten, nämlich Old Firehand, der doch tatsächlich den Bärenjäger Baumann und dessen Sohn Martin, den Hobble Frank sowie die Tante Droll in den endlosen Weiten des Südwestens aufgetrieben hatte, da zuckte Firehand vor Schreck richtiggehend zurück, als er Winnetou jetzt zum ersten Mal wiedersah. Seine Begleiter reagierten fast noch entsetzter; in ihren Gesichtern spiegelte sich die nackte Angst um den Häuptling der Apatschen, und ihre Blicke huschten regelrecht verstört zwischen meinem Freund sowie dem Doktor und mir hin und her, als ob die Ursache für dessen Zustand ausgerechnet bei uns zu finden sei.
 

Im Gegensatz zu mir wusste Walter allerdings sogleich, was den Gefährten hier aufgefallen war, und beeilte sich daher auch, sie zu beruhigen und über Winnetous Gesundheitszustand aufzuklären. Er wies darauf hin, dass dessen Äußeres ziemlich genau dem Krankheitsbild entspräche; es sei fast immer ein Ausdruck einer Herzmuskelentzündung, wenn der Körper des Kranken in der Genesungsphase über einen längeren Zeitraum weitaus zerbrechlicher wirken würde, als es tatsächlich der Fall war.

Und das dem wirklich so war, dass konnte ich ein übers andere Mal aus nächster Nähe beobachten. Winnetou war nämlich trotz seiner weiterhin konstant vorhandenen körperlichen Schwäche recht schnell wieder auf dem gesundheitlichen Stand, den er vor dem Überfall der Kiowas auch schon innegehabt hatte. Damals war er ja auch alles andere als vollständig gesund, aber doch wieder kräftig genug gewesen, um stundenlang draußen im Wald nach Heilkräutern gegen meinen Schlangenbiss suchen zu können, auch wenn diese Aktion damals auf sehr wenig Gegenliebe bei unserem Doktor gestoßen war.

Und auch jetzt schon konnte man an meinem Freund wieder seine frühere katzenhafte Geschmeidigkeit, seine Schnelligkeit und Spannkraft sowie seine unglaubliche Körperbeherrschung ausmachen, natürlich noch nicht so vollumfänglich wie früher, aber immerhin schon so viel, als dass jeder Fremder, der Böses im Sinn hätte, sofort wissen würde, dass er sich vor dem Apatschen absolut in Acht zu nehmen hatte.
 

Seitdem er wieder aufstehen durfte, beschäftigte sich Winnetou sehr gerne und sehr häufig mit Iltschi und Hatatitla, und den beiden edlen Tieren war anzumerken, wie sehr sie diese ungewohnte Vielzahl an liebevoller Zuwendung genossen. Stundenlang lag er bei den Hengsten auf der saftig grünen Wiese in der Nähe der kleinen Lichtung, auf der wir kurz vor dem Überfall einige so herrlich erfüllende Stunden erleben durften, genoss die wunderschöne Natur ringsherum, ließ den Pferden die beste Pflege zuteil werden oder tollte mit ihnen auf eine fast schon halsbrecherische Weise herum, wenn er sich unbeobachtet glaubte – und vor allem natürlich dann, wenn unser gestrenger Doktor nicht in der Nähe war!

Natürlich war ich fast ständig an seiner Seite, bemühte mich aber gleichzeitig, meinem Freund dabei auch ein wenig Freiraum zu lassen, da ich ihn keinesfalls zu sehr einengen wollte – er aber sah das wohl völlig anders. Anfangs ließ er es sich noch gefallen, dann aber bemerkte ich immer öfter einen bedauernden Ausdruck in seinen Augen, wenn ich mich wieder einmal zurückziehen wollte. Es hatte ganz den Anschein, als ob mein Bruder dieses abermalige Verdammtsein zur Untätigkeit nur dann noch ertragen konnte, wenn ich ihm ganz nahe war und ihn auf diesem schweren Weg unterstützte. Ich wollte natürlich auf keinen Fall der Grund für eine Missstimmung seinerseits sein, und da ich selbst niemals genug von seiner Nähe bekommen konnte, leistete ich ihm somit weiterhin hocherfreut Gesellschaft, wobei ich gleichzeitig erfüllt war mit Dankbarkeit über das kostbare Geschenk seines Lebens.
 

Und es war wirklich ganz gut so, dass ich ihn nicht alleine ließ, denn je besser er sich fühlte, desto mehr musste ich auch schon wieder darauf achten, dass er sich nicht übernahm, vor allem dann, wenn er mit unseren Rappen auf eine spielerische, aber oftmals sehr wilde Weise beschäftigt war, so dass einem unbeteiligten Zuschauer dabei wirklich Angst und Bange werden konnte!

Doch ansonsten bemühte sich mein Freund sichtlich, weder mir noch dem Doktor nochmals Kummer zu bereiten. Er hielt sich peinlich genau an dessen Anweisungen und versuchte daher, so gut es irgend ging, sich anderweitig die Zeit zu vertreiben. Oftmals zog es ihn zu seinen Apatschen, mit denen er nicht nur die Ereignisse der vergangenen Wochen besprach, sondern vor allem die Aufgaben und Angelegenheiten der kommenden Monate. Dabei ließ er sich auch gerne in allen Einzelheiten berichten, was alles während seiner Abwesenheit im Pueblo und den naheliegenden Stämmen geschehen war, und da er jetzt ja auch über Zeit im Überfluss verfügte, erzählten ihm seine Stammesbrüder jede Kleinigkeit in aller Ausführlichkeit. Jeder von ihnen sah in solchen Momenten glücklich und zufrieden aus, waren sie doch endlich ihrem geliebten Häuptling so nahe wie schon lange nicht mehr, und das auch noch über so viele Tage und Wochen!
 

Leider kam es zwischendurch doch noch zu kleineren Rückfällen, was mich dann auch jedes Mal in blanke Panik versetzte, während Walter solche Situationen deutlich gelassener sah. Er bemühte sich immer mit großem Nachdruck, mich in solchen Momenten mit dem Argument zu beruhigen, dass die Genesungsphase bei einer derart schweren Krankheit niemals glatt verlaufen würde, sondern in den allermeisten Fällen einer Berg- und Talfahrt gleichkam.

Auf Winnetou traf das alles zwar zu, aber glücklicherweise verliefen diese Rückfälle nicht allzu heftig. Für mich jedoch waren sie wirklich besorgniserregend genug, und mehr als einmal fand ich mich vor Angst beinahe zitternd an seiner Seite wieder, hilflos seinen Namen stammelnd, wenn es zum wiederholten Mal dazu kam, dass er morgens nicht wie sonst relativ munter erwachte, sondern plötzlich im schweren Fieber lag.

Zu unserer übergroßen Erleichterung überwand mein Freund diese Fieberschübe aber meistens recht schnell; spätestens nach zwei Tagen war seine Temperatur dann auch wieder auf einen ungefährlichen Wert herabgesunken. In der Regel konnte er sich danach an fast nichts mehr erinnern, was ich persönlich wirklich sehr begrüßenswert fand, denn die Fieberkrämpfe quälten seinen Körper auf eine derart erschreckende Art und Weise, dass es als hilfloser Zuschauer kaum auszuhalten war!
 

Ein anderes Mal kehrte er gerade vom Spiel mit unseren Rappen zurück, als er plötzlich zu taumeln begann und, noch bevor ich ihn erreichen konnte, besinnungslos zu Boden stürzte. Das war einer der Momente, in denen ich wirklich Todesangst um meinen geliebten Freund hatte, und mit mir auch alle anwesenden Gefährten. Geschockt halfen mir Apatschen wie Pelzjäger, den Häuptling schnellstmöglich in unsere Kammer zu tragen, wo sich zu diesem Zeitpunkt auch Walter aufhielt, der bei dem beängstigenden Anblick dann ebenfalls tatsächlich kurzzeitig die Fassung verlor.

Nach wenigen Minuten aber konnte er schon wieder Entwarnung geben, und eine gute Stunde später erwachte mein Freund Gott sei dank auch langsam aus seiner Bewusstlosigkeit.

Durch diesen Vorfall hatte er sich jetzt aber leider ein weiteres Mal zwei Tage strengste Bettruhe eingehandelt, welche er aufgrund unserer, vor allem aber meiner übergroßen Angst um ihn, dann auch einhielt, wenn auch etwas widerwillig.
 

In solchen Stunden, wenn er gezwungenermaßen wieder liegen musste, kamen wir uns besonders nahe. Mein Bedürfnis, seinen Körper so nah wie möglich an meinem zu spüren, war ungebrochen, und je öfter wir dazu die Möglichkeiten bekamen, desto schwerer fiel es mir, mein immer stärker werdendes Verlangen nach der Erfüllung unserer Sehnsüchte zurückzuhalten. Und auch Winnetou konnte offenbar gar nicht genug von meiner Nähe bekommen, denn seine anfangs noch verhaltenen Zärtlichkeiten wurden von Mal zu Mal intensiver, so dass ich all meine Selbstbeherrschung aufbringen musste, um mich nicht von ihm und unserer Begierde aufeinander mitreißen zu lassen. Zu genau waren mir noch die Folgen von unserem letzten Mal an dem kleinen Bach in Erinnerung geblieben, als dass ich so etwas noch einmal riskieren würde!

Nein – sein Leben war mir am allerwichtigsten, und ich war so unglaublich dankbar für seine Liebe zu mir, die mir wie ein glühender Strahl durch die Brust direkt in mein Herz fuhr!
 

Dennoch gab es, abgesehen von den angsteinflößenden Rückfällen des Apatschen, noch weitere unschöne Momente während dieser über Wochen andauernden Genesungsphase, und die hatten fast alle mit dem Bastard namens Thomson zu tun. Nach seiner Festnahme hatte dieser Erzschurke die erste Zeit richtiggehend mutlos, fast schon apathisch und daher äußerst ruhig in seinem Gefängnis verbracht. Dann aber, als er zu realisieren begann, dass man ihn nicht sofort zu töten gedachte, witterte er seine Chance, sich doch noch irgendwie aus seiner eigentlich aussichtslosen Lage befreien zu können. Und so versuchte er mit den verschiedensten Methoden sowie durch List und Tücke seine Bewacher zu überrumpeln.

Einige Male täuschte er Krankheiten vor, indem er zum Beispiel über schlimmste Leibschmerzen klagte, doch unser Doktor ließ sich nicht beirren, wie sich Thomson nach dem fünften Mal endlich zähneknirschend eingestehen musste. Natürlich ließen wir Walter auch nicht alleine zu dem Gefangenen, im Gegenteil, die Untersuchungen erfolgten stets unter strengster Bewachung von mindestens fünf Apatschen, und dass sich in deren Anwesenheit für ihn niemals auch nur die geringste Gelegenheit zur Flucht ergeben würde, das wusste der Verbrecher ganz genau. Er konnte auch wirklich froh sein, dass die Indianer im Gegensatz zu ihm von edler Gesinnung waren, denn ansonsten hätten sie ihn ihren Hass auf den Mann, der ihren geliebten Häuptling so sehr gequält hatte, schon längst auf grausame Weise spüren lassen.
 

Nach diesen missglückten Versuchen ließ sich Thomson etwas Neues einfallen: Er trat in den Hungerstreik! Drei Tage lang aß er überhaupt nichts mehr, was uns aber nicht sonderlich kümmerte, denn ein leerer Magen hat noch keinem geschadet, und ihm gönnten wir es wirklich von Herzen. Außerdem waren wir uns sicher, dass er das nicht lange würde durchhalten können, dazu fehlte ihm einfach die geistige Stärke.

Und genauso geschah es dann auch. Schon am dritten Tag verlangte Thomson kleinlaut nach etwas Essbarem, was er auch bekam – nämlich genau die gleiche Rationen wie an den Tagen zuvor, bestehend aus Wasser und etwas Pemmikan. Belustigt registrierten wir, wie er sich regelrecht auf diese karge Mahlzeit stürzte, im Gegensatz zu früher, und gierig alles bis auf den letzten Krümel verschlang. Dann wurde er wieder sich selbst überlassen.
 

Kurz nachdem Winnetou endlich aufstehen und dann auch erstmals wieder ins Freie durfte, hatten wir uns lange überlegt, ob wir es schon wagen durften, ihn mit seinem Peiniger zu konfrontieren oder diesem in seinem Beisein schon den Prozess zu machen. Der Doktor allerdings sprach sich schnell dagegen aus, da er Winnetous derzeitig recht stabilen Gesundheitszustand keinesfalls durch heftige Gefühlsausbrüche wie zum Beispiel Ärger oder Aufregung gefährden wollte, und ich stimmte dem natürlich sofort zu.

Doch leider hatten das nicht alle Festungsbewohner mitbekommen, und so kam es eines Morgens zu meinem großen Ärger dazu, dass einer der Apatschen meinen Freund den Vorschlag machte, sich den Gefangenen doch einmal anzusehen. Der Mescalero glaubte wahrscheinlich, dass diese Begegnung, die dieses Mal unter anderen Vorzeichen – Thomson als unterwürfiger Gefangener und Winnetou als freier Mann – stattfinden sollte, seinem Häuptling nur gut tun konnte und dessen Rachegelüste sowie den Zorn auf diesen Bastard ein wenig Linderung verschaffen würde.
 

Glücklicherweise war mein Winnetou aber nicht der Mann, der sich von so niederen Gesinnungen wie Rache oder Zorn leiten ließ, und daher lehnte er den Vorschlag seines Stammesgenossen auch kategorisch ab. Er wollte den eingesperrten Bastard nicht mit seiner Anwesenheit beehren, das war einfach unter seiner Würde und entsprach auch in keinster Weise seinem edlen Wesen.

Daraufhin berieten wir mit den Apatschen zusammen über einen günstigen Zeitpunkt, an dem wir den Prozess durchführen wollten, und wenig überrascht nahm ich an diesem Tag zur Kenntnis, dass die Mescaleros den weißen Erzschurken am allerliebsten im Beisein des ganzen Stammes, also im Pueblo, zur Rechenschaft ziehen wollten.

Das war einerseits sehr günstig, da wir dann sicher sein durften, dass Winnetou zu diesem Zeitpunkt wieder soweit bei Kräften sein würde, dass ihm dieser Prozess seelisch nicht mehr schaden konnte. Andererseits aber barg dieses Vorhaben auch die Gefahr, dass der Gefangene eventuell eine Möglichkeit zur Flucht bekommen konnte, obwohl das bei so vielen Bewachern, vor allem den sehr zornigen Apatschen, fast unmöglich sein durfte.

Winnetou entschied sich nach kurzer Überlegung dann auch für diese Variante, was ich sehr befriedigt registrierte, nicht nur aus den genannten Gründen, sondern auch deshalb, weil Thomson auf diese Weise noch ein wenig länger Gelegenheit bekam, mit seinem Schicksal zu hadern und in Angst und Schrecken seine ungewisse Zukunft abzuwarten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Onlyknow3
2016-02-21T15:10:26+00:00 21.02.2016 16:10
Hat lange gedauert, aber dafür ist es sehr gut geworden Danke dafür.
Ja das die genesung nicht immer glatt geht und es höhen und tiefen gibt. Das habe ich real zur Zeit selber in der Familie.
Das Winnetou etwas länger braucht liegt auch an dem Umstand das er einen völlig überlasteten Körper hat durch die vielen Kämpfe einfach keine Kraftreserven mehr hat. Das da nicht nur das Herz streikt sondern noch viel Organe wahrscheinlich dazu bleibt da nicht aus. von daher wird er sich wohl noch sehr lange dauern bis er wieder der ist der er mal war, trotz allem wird etwas von dem jetzt zurück bleiben. Mach weiter so, hoffe es geht dir gut, und du hast nicht so viel Stress das du weiter daran bleiben kannst. Freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  Anmiwin
21.02.2016 16:45
Hallo!

Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen - von Stress und gesundheitlichen Problemen hatte ich tatsächlich in der letzten Zeit genug gehabt...
Die Kapitel, die ich bisher hier reingestellt habe, sind alle schon fertig gewesen, doch ich nähere mich jetzt rasend schnell dem Kapitel an, an dem ich gerade aktuell arbeite, nämlich der Nr. 43. Deshalb werden meine Abstände jetzt im Augenblick immer größer, da es teilweise zwei, drei Wochen dauert, bis ich ein neues Kapitel erstellt habe. Ich hoffe auf diese Weise weiter regelmäßig hochladen zu können, bis diese zweite Story tatsächlich beendet ist, was auch nicht mehr so lange dauern wird.

Genau so, wie du den Verlauf von Winnetous Krankheit schilderst, stelle ich mir das auch vor, und daher wird es noch ein wenig kniffelig für ihn werden, die richtige Balance zwischen seinem normalen Leben und der nötigen Zurückhaltung zu finden, zumal Old Shatterhand weiter mit Argusaugen über ihn wachen und Winnetou sich dessen Ermahnungen erst einmal ohne Gegenwehr anhören müssen wird - und das nicht nur einmal!

Vielen lieben Dank für deine treue Begleitung dieser Geschichte - allein das ist schon Ansporn genug, immer weiterzumachen!

Liebe Grüße

Anmi
Antwort von:  Onlyknow3
21.02.2016 17:32
Kein Problem, hab mir so was schon gedacht Anmi. Musste mir jetzt einen neuen Lappi zu legen weil der andere nicht mehr ging. Wie gesagt ich hab das momentan Haut nah in der Familie. Von daher kenne ich das Gefühl das Charlie gerade durchlebt mit Winnetou. Nur das der irgendwann wieder gesund wird, was bei meinem Schwager nicht der Fall ist.

LG
Onlyknow3


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