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Where are you Christmas?

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
"Durch Reden und Schreiben wird die Seele befreit, es verliert sich die Traurigkeit und macht für Neues bereit."
(Unbekannt) Komplett anzeigen

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Es war der 23. Dezember und Weihnachten stand unmittelbar vor der Tür. In allen Fenstern und in den Bäumen der Vorgärten hingen Lichterketten; alles war weihnachtlich geschmückt. Eigentlich fehlte nur noch der Schnee, um die Weihnachtszeit perfekt werden zu lassen.
 

Zufrieden und vollbepackt mit den Einkäufen für das Weihnachtsessen lief Minako am Nachmittag des Vorweihnachtstages durch die Stadt. Schon den ganzen Dezember, die wundervolle Vorweihnachtszeit, hatte sie sich auf Heiligabend gefreut und ihre gesamte Wohnung festlich in Rot und Gold dekoriert. Hatte kleine Figuren und die Weihnachtspyramide aufgestellt, Lichterketten aufgehangen und eine Dose mit den frisch gebackenen Plätzchen von Makoto auf den Tisch gestellt. Ihre ganze Wohnung war erfüllt vom Weihnachtszauber.
 

Ebenso gab es für sie fast nichts Schöneres, als jeden Spätnachmittag durch die Stadt zu laufen und in die geschmückten Schaufenster zu schauen und dem Treiben auf den Weihnachtsmärkten zuzuschauen, bei dem einem unweigerlich der Geruch von Glühwein, gebrannten Mandeln und Lebkuchen in die Nase stieg. Sie liebte es einfach so sehr, dass sie selbst den Weihnachtsstress, dem manche Menschen verfielen, ausblenden konnte und nur die strahlenden Gesichter, die sich genauso wie sie auf Weihnachten freuten, sah.
 

Ein Weihnachtslied leise vor sich hin summend, war sie die lange Straße weiter gelaufen, als ihr Blick durch das beleuchtete Fenster eines Mehrfamilienhauses fiel und sie vor dem Gartenzaun stehen blieb. Natürlich wusste sie, dass es sich nicht gehörte, in fremde Häuser zu gucken, aber dennoch konnte sie den Blick nicht abwenden.
 

Ein Mann war gerade dabei den großen grünen Tannenbaum zu schmücken. Überall um ihn herum lagen rote Christbaumkugeln, kleine Glocken und Sterne, goldenes Lametta und eine Lichterkette. Lächelnd beobachtete sie, wie der Mann seinen Sohn auf den Arm nahm, damit dieser zu guter Letzt den goldenen Stern ganz oben auf die Spitze des Weihnachtsbaumes setze. Seufzend und wehmütig erinnerte sie sich, dass auch sie als kleines Mädchen den Stern auf die Spitze setzen durfte, als ihre Familie noch glücklich und vereint war.
 

Doch dieses Jahr würde es wieder etwas Besonderes werden. Denn dieses Jahr würde sie seit langer Zeit wieder ein Weihnachten mit ihren Eltern verbringen. Gemeinsam. Glücklich. Unbeschwert. Fast schon hatte sie nicht mehr damit gerechnet und sich mehr oder weniger darauf eingestellt, Heiligabend wieder allein verbringen zu müssen. Doch als sie die Zusagen auf ihre persönlichen Einladungskarten erhielt, konnte sie ihr Glück kaum fassen. Ihre Eltern würden sich extra frei nehmen und alle Streitigkeiten und allen Zwist außer Acht lassen, um Weihnachten mit ihr zu feiern.
 

Zu Hause angekommen, wuchtete sie die schweren und gut gefüllten Einkaufstüten auf die Arbeitsplatte in der Küche und band sich eine Küchenschürze um. Doch bevor Minako mit den Vorbereitungen für das Weihnachtsessen überhaupt begann, griff sie nach der kleinen schwarzen Fernbedienung und schaltete ihre Weihnachts-CD ein.
 

Laut und fröhlich sang sie bei 'Do They Know It's Christmas?' mit, während sie die Einkäufe in den Schränken und im Kühlschrank verstaute.
 

Ihre Eltern würden Augen machen, wenn sie den gedeckten Tisch sahen und ihr Essen kosteten. Für diesen Abend hatte sie sich sogar von Makoto Tipps für das Weihnachtsessen geben lassen, damit nichts schief ging.
 

Sie war gerade dabei, das Besteck neben die Teller zu legen, als ihr Handy surrte. 'Bestimmt Bunny oder Makoto, die sich erkundigen wollten, ob alles geklappt hat mit dem Essen', dachte Minako und griff nach weißen Mobilfunkgerät.
 

Geschockt und zutiefst enttäuscht starrte sie minutenlang auf das Handy in ihren Händen. Das konnte nicht sein. Wieso taten sie ihr das an? Immer und immer wieder. Die fortlaufenden Enttäuschungen. Der Wunsch und die Sehnsucht nach familiärer Liebe, Nähe und Geborgenheit. Der Schmerz in ihrem Herzen. Es erdrückte sie. Nahm ihr die Luft zum Atmen.
 

Tränen drängten aus ihren Augenwinkeln und tropften auf ihre Hände, die noch immer krampfhaft das Handy umschlossen hielten.
 

Im Hintergrund lief 'Where are you Christmas' und es brachte Minako erst recht dazu, den Halt zu verlieren und schluchzend auf die Knie zu fallen. Sie war allein. Sie blieb allein. Totunglücklich.
 

Where are you Christmas

Why can't I find you

Why have you gone away

Where is the laughter

You used to bring me

Why can't I hear music play

My world is changing

I'm rearranging

Does that mean Christmas changes too

(Faith Hill)


 

Wie hätte sie auch annehmen können, dass ihre Eltern es diesmal schafften? Vielleicht hätte sie sich einfach nicht so sehr darauf freuen sollen, ihre Eltern seit fast einem Jahr wieder zu sehen, nachdem sie sich nicht einmal zu ihrem Geburtstag hatten blicken lassen. Lediglich ein kurzer Geburtstagsgruß per Telefon und per SMS hatten sie erreicht. Schon damals war sie bitter enttäuscht gewesen. Doch dieses Mal brach es ihr einfach nur noch das Herz.
 

Wieder surrte ihr Handy. Blinkte. Surrte erneut, um sie an die eingegangene Nachricht zu erinnern. Mit Tränen verschleierten Augen warf sie ein Blick auf das Display. Es war eine SMS von Bunny. Neidvoll dachte sie daran, dass ihre beste Freundin heute Abend im Kreise ihrer Lieben sitzen und Weihnachten feiern würde. Dass sie mit ihrer großen Liebe Mamoru und ihrer Familie vor dem Weihnachtsbaum sitzen und sie sich untereinander die Geschenke überreichen würden. Schniefend öffnete sie die SMS:
 

"Liebe Minako, ich wünsche dir heute ein schönes Weihnachtsfest! Ich hoffe, das Essen mit deinen Eltern ist ein voller Erfolg und Ihr habt einen zauberhaften Abend! Es drückt dich, deine Freundin Bunny"
 

Sollte sie Bunny antworten? Ihr schreiben, dass Weihnachten für sie soeben gestorben war? Aber würde sie ihr damit nicht vielleicht das Weihnachtsfest verderben? Sie wollte sie nicht mit ihren Problemen belasten, denn sie kannte ihre Freundin. Bunny würde sich sofort Sorgen machen.
 

Minuten später, eigentlich konnte Minako da schon gar nicht mehr sagen, wie viel Uhr es tatsächlich war, klingelte ihr Handy erneut. Es war ein eingehender Anruf, jedoch ohne Rufnummer. 'Bitte lass es nicht Bunny sein', betete sie, denn sie hätte nicht gewusst, was sie ihrer Freundin hätte sagen sollen.
 

»Hallo?«, krächzte sie halb und musste sich kurz räuspern.

»Mina? Bist du es? Hier ist Makoto«, sagte eine kräftige weibliche Stimme.

»Oh hey, Mako! Was gibt es?« Sie war bemüht, so normal wie möglich zu klingen und doch gelang es ihr nur mäßig. An ihrer Stimme hörte man deutlich, dass sie geweint hatte. Ob Makoto jedoch so einen sechsten Sinn hatte, wie Bunny, die jedem schon an der Nasenspitze ansah, wenn es jemanden nicht gut ging, vermochte sie in diesem Moment nicht zu sagen.

»Ich wollte eigentlich nur kurz horchen, ob die Zubereitung des Essens geklappt hat«, antwortete Makoto.

»Ich, ähm ... ja!«, stotterte sie und nestelte nervös am Saum ihres orangfarbenen Kleides.

»Ist alles in Ordnung bei dir? Brauchst du Hilfe?«

»Nein, nein! Mach dir keine Gedanken!«

»Ich bin zwar nicht Bunny, aber trotzdem merke ich doch, dass irgendetwas nicht stimmt!«

»Sie haben abgesagt...«, brach es nun aus Minako heraus, als sie merkte, dass sie ihrer Freundin nichts vormachen konnte.

»Oh nein! Tut mir so leid!«, entfuhr es Makoto. Sie war entsetzt, denn seit Tagen hatte Minako den Heiligabend von vorn bis hinten geplant. Hatte das Essen mit ihr ausgesucht und sich alle möglichen Tipps geholt.

»Bitte sei mir nicht böse. Aber ich möchte gerade meine Ruhe und allein sein.«

»Wenn du reden magst oder so... Du hast ja meine Nummer! Und nimm es dir bitte nicht so sehr zu Herzen!«

»Danke! Mach's gut, Mako!«
 

Sie war nicht einmal in der Lage gewesen, ihrer Freundin frohe Weihnachten zu wünschen, bevor sie aufgelegt hatte. Dabei hatte Makoto selbst keinen Kontakt zu ihren Eltern. Doch dafür hatte sie nun Motoki an ihrer Seite und feierte mit ihm ihr erstes gemeinsames Weihnachten bei seiner Familie. Auch Ami feierte zusammen mit Ryo und ihrer Familie sowie Rei zusammen mit Yuichiro und ihrem Opa. Nur sie verbrachte die Weihnachtstage einsam und allein. Vielleicht lag es ja auch an ihr? Vielleicht war sie der Grund? Nein, das konnte nicht sein. Warum sollte sie schuld daran haben, dass ihre Familie so verkorkst war? Und warum suhlte sie sich hier eigentlich gerade in Selbstmitleid? Gab es nicht genug andere Menschen, denen es soviel schlechter ging?
 

Entschlossen stand sie auf, verpackte das gesamte Essen in Schüsseln und zog sich ihren Wintermantel über. Das ganze gute Essen sollte nicht verkommen. Eher würde sie es an Bedürftige spenden. An Menschen, die ihr Leben auf der Straße verbrachten. Die keine Angehörigen mehr hatten. Keine Bleibe. Kein Habe. Sie wollte diesen Menschen an diesem Abend etwas Gutes tun und wenn es nur eine warme Mahlzeit war.
 

Die Obdachlosen, die sie unterwegs getroffen hatte und denen sie das Essen gegeben hatte, waren ihr so unendlich dankbar gewesen. Umarmten und herzten sie. Dankten ihr unzählige Male und wünschten ihr ein besinnliches Weihnachtsfest.
 

Mit ruhigem Gewissen und einem besseren Gefühl machte sie sich nach kurzer Zeit wieder auf den Weg nach Hause. Sie hatte Anderen Gutes getan und damit dem Sinn von Weihnachten wieder Bedeutung gegeben, nachdem ihr eben diese Bedeutung fast abhanden gekommen war.
 

Leicht durch gefroren kramte sie gerade in ihrem Mantel nach ihrem Wohnungsschlüssel, als sie leise Stimmen auf der Treppe vernahm. Stirnrunzelnd blickte sie in die Etage über sich. Ihre Nachbarn waren doch gar nicht daheim? Woher kamen also diese Stimmen? Waren hier etwa Einbrecher am Werk? Man hörte ja immer wieder davon, dass diese gerade zu Weihnachtszeit vermehrt zu schlugen und die Geschenke sowie Hab und Gut raubten.
 

Langsam und darauf bedacht, leise zu sein, lief sie die Treppe hinauf und lugte um die Ecke. Doch es war zu dunkel, als dass sie etwas erkennen konnte. Lediglich mehrere Schatten, die sich in die Ecke drängten. Und dann ging plötzlich das Licht an...
 

»Frohe Weihnachten!«, riefen acht Menschen durcheinander und stürmten überschwänglich auf sie zu.

»Oh mein Gott, was macht Ihr denn alle hier?«, fragte Minako völlig perplex.

»Mako hat uns angerufen und berichtet, was geschehen ist«, antwortete Ami.

Bunny drängte sich an allen vorbei und griff nach ihren Händen, die sie behutsam drückte und ihr ein herzliches Lächeln schenkte.

»Wie hätten wir dich denn an Heiligabend allein lassen können, liebste Mina?«


Nachwort zu diesem Kapitel:
"Weihnachten ist eine Zeit, in der wir persönliche Momente miteinander teilen und Erinnerungen austauschen,
die für uns auf Jahre hinaus Bedeutung haben werden.

Weihnachten ist eine Zeit, die Welt mit Augen der Liebe zu betrachten.
Es ist eine Zeit sich darauf zu besinnen, dass die Welt aus Leuten wie dir und mir besteht – die wir so sehen sollten, wie sie im Innersten wirklich sind.
So wie wir selbst haben alle Menschen Probleme.
Deren Herzen sind genauso zerbrechlich wie unser eigenes, ganz egal wer sie sind oder woher sie kommen.

Weihnachten ist eine Zeit der Herzensfreude.
Es ist eine Zeit der dankbaren Besinnung an all das Gute, welches das vergangene Jahr uns gebracht hat.
Es ist eine Zeit, für die Liebe dankbar zu sein, die der Himmel in unser Leben gebracht hat."

http://www.diefamilie.org



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  -Moonshine-
2015-10-28T16:22:40+00:00 28.10.2015 17:22
Guten Abend.

Aaww, wie nett. Das ist ein wirklich suesser kleiner One Shot und da bald Weihnachten ist, komm ich ja genau zur rechten Zeit.
Ehrlich gesagt habe ich lange nach einer geeignet Sailor Moon FF gesucht, die ich kommentieren kann, da das meiste, was hier im Archiv so rumwabert mich gar nicht anspricht. Da bin ich nochmal extra froh, dass ich da auf dieses kleine Stück gestoßen bin.
Dein Schreibstil ist wirklich sehr schön und flüssig und absolut fehlerfrei, und die Charaktere sind, soweit ich das beurteilen kann, absolut authentisch. Das vermisse ich oft bei den Werken hier.
Mal abgesehen davon find ich schön, dass es hier einfach nur um Freundschaft ging und hach... ja einfach nur Fluff. Genau passend zur Weihnachtszeit. Solche One Shots fehlen hier ´- vielleicht fühlst du dich ja berufen? ;)
Hab mich sehr gefreut, das zu lesen.

Liebe Gruesse
Eli

Helfer der KomMission

Von:  KarasuTsubasa
2015-02-13T20:05:47+00:00 13.02.2015 21:05
Eine tolle ff^^
Ich mag solche Weihnachtsgeschichten sehr...
mach weiter so ^ ^
Von:  Lunata79
2014-12-26T15:05:28+00:00 26.12.2014 16:05
Diese FF ist wirklich sehr rührend.
Wirklich wunderschön geschrieben.

Lg
Lunata79


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