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O Tannenbaum

von

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Krankenstation

Pünktlich zum Ende des Jahres, als die Tage am kürzesten waren und die kalte Jahreszeit Einzug hielt, fielen langsam die ersten Schneeflocken vom Himmel. Alles wurde ruhiger, sanfter und die Landschaft zeigte sich in ihrem schönsten, weißen Winterkleid.
 

Was sich in der Stadt als ärgerlich und nach wenigen Stunden auf den Straßen schon als nicht mehr ganz so schön herausstellte, schaffte auf dem Land dauerhaft Freude. Tief im Herzen von Schottland fuhren keine Autos, die aus der weißen Pracht innerhalb weniger Stunden nur noch grauen Matsch machte. Hier konnten die Kinder nach Herzenslust im Schnee toben, Schlachten schlagen und Engel formen.
 

So auch auf Hogwarts. In wenigen Tagen war Weihnachten und das wurde auf diesem besonderen Internat immer prachtvoll gefeiert. Die Große Halle wurde festlich geschmückt und im gesamten Schloss funkelte es besinnlich. Es war wahrlich magisch.

Einige Schüler waren, wie in den meisten Jahren, in den Weihnachtsferien nach Hause gefahren, um dort das Fest mit Freunden und Verwandten zu feiern. Andere bekamen ihre Geschenke und Briefe in ihre Gemeinschaftsräume geschickt. Selbstgestrickte Pullover, Süßigkeiten, Bücher, Gesellschaftsspiele, Schmuck, selbstgebackene Plätzchen; die Möglichkeiten waren mannigfaltig.
 

Am Weihnachtsmorgen würden die Schüler in ihren Schlafsälen erwachen und in die Gemeinschaftsräume stürzen, um unter dem großen, in ihren Häuserfarben geschmückten, Tannenbaum ihre Geschenke aufgestapelt vorzufinden. Voller Freude würden sie ihre Päckchen auspacken und sich gegenseitig zeigen, was sie dieses Jahr tolles, oder weniger tolles, bekommen haben.
 

Oder man saß schmollend im Krankenflügel auf einem Bett und ärgerte sich, dass man den ganzen Spaß nicht miterleben konnte.
 


 

„Die Peitschende Weide sieht immer so trostlos aus! Die sollte auch geschmückt werden!“, hatte der junge Gryffindor Hugo Weasley fünf Stunden vorher getönt.
 

„Was hast du vor, willst du ihr Lametta an die Äste zaubern?“, hatte seine gute Freundin Annabeth skeptisch gefragt.
 

„Mehr als einen Schwebezauber braucht man dafür doch nicht. Das klappt schon!“, waren seine letzten Worte gewesen, bevor er kurze Zeit später von den mächtigen Ästen erfasst und durch die Gegend geschleudert wurde.
 


 

Madame Pomfrey hatte bei Hugo einige Knochenbrüche und Prellungen diagnostiziert. Der Trank, den er zur Heilung trinken musste, war absolut scheußlich, aber Medizin musste wohl so schmecken. Nachdem er das widerwärtige Gebräu runtergewürgt hatte, verordnete ihm die Heilerin viel Bettruhe an. Das passte Hugo absolut nicht. Verdrießlich knabberte er an einem Schokofrosch.
 

„Wie lang muss ich hier noch sitzen?“, fragte er missmutig, während er auf dem abgebissenen Kopf herumkaute.

Annabeth hatte es sich an seinem Bettende bequem gemacht, sie wollte ihm Gesellschaft leisten und Trost spenden, allerdings war das nicht eine ihrer Stärken. Vorsorglich hatte sie ein Kartenspiel mitgebracht, womit sie sich die Zeit vertreiben konnten. Inzwischen spielten sie die zwölfte Runde Uno.
 

„Eine Nacht, damit die Verletzungen heilen und dann noch eine, nur damit du daraus lernst“, antwortete sie und versuchte dabei, so gut sie es denn konnte, Madame Pomfreys Stimme und Intonation zu imitieren. Annabeth legte ihm eine blaue Aussetzen Karte.
 

„Aber dann verpasse ich den Weihnachtsmorgen! Das ist so unfair!“, maulte Hugo.
 

„Kommt davon, wenn du auf so bescheuerte Ideen kommst. Ernsthaft, es ist eine Seltenheit, dass du einen Feiertag wie alle anderen verbringst!“ Er konnte ja wohl froh sein, dass sie ihm dieses Mal freiwillig beistand! Sie legte eine weitere Karte ab, immerhin war sie noch am Zug. „Bruno“, sagte sie beiläufig.
 

„Das ist erst das vierte Mal!“, versuchte er sich zu rechtfertigen. „Also nur ein kleiner Teil an bisher erlebten Feiertagen.“ Verwundert starrte er den Haufen an Karten auf der Bettdecke und dann die in Annabeths Hand an. „Wieso hast du nur noch drei?!“
 

„Sobald du eine eigene Namensplakette an einem Bett hier hast, ist es deutlich zu viel.“
 

Hugo legte die Stirn in Falten und überschlug seine Anzahl an Krankenflügelaufenthalten. „Wie oft muss das wohl sein?“ Er hatte aufgrund verschiedenster Sachen schon einige Tage in diesem verbracht. Ob nun Unterkühlung, Quidditchverletzungen, schiefgegangene Zauber und Tränke... es gab immer etwas. Nicht selten hatte Annabeth das Bett neben ihm belegt, weil sie auf einer seiner Touren mitgekommen war. Diese legte ihm inzwischen die dritte Strafkarte für das Stellen einer Frage hin.

„Außerdem hättest du mich von dieser Idee abbringen sollen. Du hättest etwas sagen können wie ‚Das ist zu gefährlich!’ oder ‚Du könntest ein Auge verlieren!’ Aber stattdessen hast du mich einfach machen lassen. Vier ziehen, ich wünsche mir rot.“
 

„Das wäre für dich doch nur noch mehr Ansporn gewesen es zu tun“, entgegnete Annabeth. Inzwischen hatte sie sich eine Packung Bertie Botts Bohnen unter den Nagel gerissen und futterte nebenbei unbekümmert eine nach der anderen, wobei sie ab und zu das Gesicht verzog.
 

„Stimmt. Aber die Geste zählt.“
 


 

Dann saßen sie sich einige Zeit schweigend gegenüber und spielten tapfer ihre Runde weiter. Draußen flogen immer dicker werdende Flocken am Fenster vorbei. Gut, dass zur Zeit kein Unterricht stattfand. Die Schüler hätten sich bestimmt kaum für Pflege Magischer Geschöpfe interessiert, wenn sie froren und heimlich hinter ihrem Rücken Schneebälle aufeinander werfen würden.
 

„Was schenkst du mir eigentlich zu Weihnachten?“, durchbrach Hugo die Stille schließlich, ein schelmisches Grinsen zierte seine Lippen. Dabei zog er freiwillig seine Strafkarte.
 

„Wieso sollte ich dir etwas schenken?“, fragte Annabeth irritiert. War es nicht schon genug, dass sie ihm täglich Zeit und Aufmerksamkeit schenkte? Diesmal schob Hugo ihr belustigt eine Karte zu. „Ach, verdammt!“
 

„Na, weil ich dir auch ein Geschenk besorgt habe“, offenbarte er ihr und sein Grinsen wurde breiter. „Bruno.“
 

Das Mädchen verschränkte die Arme. „Wenn du eine Gegenleistung erwartest, hättest du mir eher Bescheid sagen sollen.“
 

„Nein, nein. Ich dachte nur, vielleicht hättest du ja auch...“
 

„Tut mir Leid, nein.“
 

„Naja, egal.“ Die Runde nahm kein Ende. Die beiden Gryffindors lieferten sich einen erbitterten Kampf, wer die letzte Karte legen durfte. „Fragst du dich gar nicht, was es ist? ... Und ja, noch mal Bruno.“
 

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich lass mich überraschen. Du bist echt schlecht darin mit dieser Sonderregel zu spielen. Uno.“
 

„Na komm, rate doch mal!“, drängte Hugo. Er saß hier nun schon seit vier Stunden, langsam wurde er hibbelig. Sein Bewegungsdrang machte sich breit, aber mehr als herumwippen war zur Zeit nicht erlaubt.
 

„Du könntest es mir auch einfach verraten, wenn du willst, dass ich es weiß.“ Das brachte ihr nur ein weiteres Schmollen von Hugo ein. Das war nicht der Sinn des Spiels und das wusste sie. Annabeth seufzte. „Ein neuer Schläger?“
 

„Weißt du, wie teuer die Dinger sind?!“, entgegnete Hugo ihr mit einem schockierten Kopfschütteln. „Außerdem schenke ich dir doch nichts, womit du mich später verdreschen könntest. Ich hab immer noch blaue Flecke von Halloween, weißt du?“
 

„Ich hatte gehofft, dass du aus Schmerz lernst. Aber anscheinend hilft das ja nichts. Überlebensinstinkt ist für dich ein Fremdwort.“
 

„Also schlägst du mich jetzt jedes Mal, wenn ich etwas dummes mache?“, hakte er nach.
 

„Am besten noch bevor, so als eine Art Abbruchknopf. Dann hast du zwar einen üblen blauen Fleck, aber vielleicht keine gebrochenen Knochen mehr. Ist das ein Deal?“, schlug Annabeth vor.
 

„Dann lebe ich ja in ständiger Angst vor dir!“, entgegnete Hugo. Annabeth nickte selbstsicher. „Jedes Wort könnte das falsche sein und dann ZACK! Wie gemein!“
 

„Wähle deine Worte und Taten also mit Bedacht! So mache ich aus dir noch einen echten Gentleman“, grinste sie ihn überlegen an.
 

„Wie gemein! Und das nachdem ich dir einen Screwdriver gekauft habe-, oh!“, platzte Hugo heraus.
 

„Du hast... WAS? Wirklich?!“ Annabeth sah ihn sprachlos an. Die Überraschung war ihm tatsächlich geglückt. Hugo nickte kurz. Scorpius hatte ihm verraten, dass Annabeth voll auf dieses Doctor Who stand – anscheinend teilten die beiden diese Vorliebe – und daraufhin hatte er seine Mutter gefragt, wo man Fanartikel dafür bekam.
 

In einem plötzlichen Anflug von immenser Freude fiel ihm Annabeth um den Hals und vergaß dabei völlig seine Prellungen. Hugo lachte schmerzverzerrt auf.
 

„Oh, sorry. Tut mir Leid.“ Eilig setzte sie sich wieder zurück auf ihren Platz am Bettende. „Übrigens... Uno-Uno.“
 

„Das zählt nicht! Du hast geschummelt! Da fehlen noch fünf Strafkarten!“
 

Gemäß der neuen Schmerz-Regel hätte sich Hugo also eine mentale Notiz machen sollen, dass er Annabeth keine Freude mehr machen sollte. Aber ein letztes Mal würde er diesen Instinkt ignorieren, wenn das hieße, dass er sie wieder so strahlen sehen könnte.
 


 

Am Morgen des 25. Dezembers erwachte Hugo aus seiner zweiten Nacht im Krankenflügel und fand einen kleinen Berg an Geschenken auf einem kleinen Tisch am Ende seines Bettes vor. Einen selbstgestrickten Pullover mit seinen Initialen von seiner Großmutter, ein Buch von seiner Mutter, ein Scherzartikel von seinem Onkel... und ein kleines, äußerst unsauber eingepacktes Geschenk mit einer Namensplakette und einem signierten Mannschaftstrickot der Montrose Magpies. Im beigelegten Kärtchen stand in fast unleserlicher Schrift:
 

Von Annabeth-

Für den liebsten wagemutigen Volldeppen des gesamten Krankenflügels.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Lily_Toyama
2015-02-23T12:49:30+00:00 23.02.2015 13:49
Die beiden sind ja niedlich, aber ohne kitschig zu sein, dass mag ich
Das ist wahre Freundschaft, wenn man dem anderen in solchen langweiligen Stunden beisteht :)
Dein Hugo ist vielleicht ein Schussel, zum Glück ist er Zauberer, dann dauert das Ganze nicht so lange.
Ich mochte es, wie du Hugos Aufregung wegen des Geschenks beschrieben hast, erinnert mich irgendwie an meine kleine Schwester.
Hatte Annabeth wirklich kein Geschenk für ihn oder hat sie das einfach nur behauptet?
Lg Lily
Von:  Couscous
2014-12-21T12:10:34+00:00 21.12.2014 13:10
Liebe  -Kiara,

ich fand deine Geschichte ganz zauberhaft *_* Die Freundschaft zwischen Hugo und Annabeth (der Name gefällt mir übrigens seeeehr gut ^^) war erfrischend un-kitschig. Ich fand's witzig, wie neckend und aufziehend die beiden miteinander umgegangen sind.
Hugo scheint sehr unfallgefährdet zu sein XD Aber ich kenne diesen Drang, was völlig bescheuertes zu tun, von daher fand ich, dass seine Idee, die Peitschende Weide zu schmücken, durchaus Anerkennung verdient.
Annabeth spielt doch als Treibern für Gryffindor, oder? Oder hab ich falsch verstanden? Wenn ja, ist die Kombination aus Jenna Coleman als Avatar (die ja doch eher klein und schmächtig ist ;-) ) und der Treiberposition wirklich gelungen. Mit so etwas rechnet man gar nicht =)
Es freut mich auch, dass du die Angabe so umgesetzt hast. Beim Erstellen stand ja eher das St. Mungo Hospital im Mittelpunkt, an die Krankenstation in Hogwarts habe ich gar nicht gedacht. Solche Überraschungen, die trotzdem mit der Angabe harmonieren, finde ich persönlich immer super! Daumen hoch dafür!

Damit wünsche ich dir noch wundervolle Festtage und einen guten Rutsch ins neue Jahr

Alles Liebe
Coco

P.S. Als Whovian hat mich natürlich besonders der Screwdriver gefreut <3 Ich hoffe, Annabeth hat viel Spaß damit ^^


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