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Kaizoku no Kokoro

Das Herz des Piraten
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
"Erinnerungsfetzen und Gefühle" Komplett anzeigen

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Borokire ni omoide to kanjo

Seit dem Abend in der warmen Quelle waren ein paar Tage vergangen. Nobuchika konnte inzwischen allein laufen. Nur der Arm in der Schlinge durfte noch nicht bewegt werden. Kisho kam jeden Tag, um zu sehen, wie die Wundheilung und die Beübung vorangingen. Motochika hingegen war sehr still seit diesem Abend. Er sprach nur das nötigste, verhielt sich aber sonst wie immer. Sein Lächeln sah gleich aus, sofern er es denn zeigte. Seit dem Abend hatte er es kaum getan. Jedem anderen um sie herum fiel anscheinend nichts auf, doch Nobuchika spürte und sah, dass etwas an dem Älteren nagte. Er wusste nur nicht was es war. Und schon gar nicht, ob er ihn darauf ansprechen sollte oder nicht.

Als er wieder einmal darüber nachdachte, während Motochika gerade nicht da war, fasste er einen Entschluss. Er musste ihn fragen. Dass, was an Motochika nagte, machte auch ihm immer mehr zu schaffen. Er ging zu den Shoji, die zum Garten führten und lugte durch einen Spalt hinaus. Es war kalt und Schnee fiel in dicken Flocken herab. Der kleine Garten war mit einer dicken Schneedecke bedeckt und der Teich am hinteren Ende war völlig zugefroren. Motochika hatte ihn beruhigt und ihm erklärt, dass da keine Fische drin waren, wie in den anderen Gärten. Er war zu selten hier um sie füttern zu können. Sein gelber Vogel hingegen begleitete ihn aufs Meer und solange Futter bereitstand, nahm der Papagei sich das, was er brauchte. Er hörte Schritte und fast im selben Augenblick, wie die Shoji vom Flur sich öffneten, hatte auch er sich umgedreht.

Motochika kam herein und eine der Dienerinnen der Burg brachte eine dampfende Wasserschale mit sich. Wortlos hieß Motochika sie, die Schale abzustellen und dann zu gehen. Nobuchika betrachtete die Szene mit fragendem Blick und kam zu ihm.

„Was hast du vor?“, fragte er.

„Heute ist Waschtag. Zur Quelle können wir nicht, ich will keines meiner Pferde sterben lassen, weil es ausrutscht.“, sagte Motochika.

Nobuchika nickte verstehend und setzte sich neben die Wasserschale. Motochika nahm ein Tuch, tauchte es in das aufgekochte Wasser und ließ es darin liegen, während er Nobuchika aus dem grün gefärbten Yukata half. Nobuchika saß mit dem Rücken zu ihm. Er sah die rosafarbene frische Haut auf dem Schwertschnitt und beinahe hätte ihn die Versuchung übermannt, sie zu berühren. Stattdessen griff er in das heiße Wasser und zwang sich die Temperatur zu ignorieren, während er das Tuch auswrang. Vorsichtig wusch er Nobuchikas Rücken und ärgerte sich bereits darüber, dass die Frauen das Wasser mit Jasmin aufgekocht hatten. Natürlich machte man das gelegentlich so, besonders die Frauen, damit das Badewasser herrlich duftete. Dennoch konnte er nicht umhin, sich vorzustellen, wie es sein würde, wenn Nobuchika heute Abend im Bett lag und der ganze Raum nach ihm und Jasmin duften würde. Er seufzte. Das halte ich nicht aus...

„Dreh dich um.“, sagte er leise.

Nobuchika tat wie ihm geheißen und Motochika bemühte sich um ein möglichst normales wenn nicht sogar regungsloses Gesicht. Wortlos wusch er ihn weiter. Dann nahm er den Arm aus der Schlinge, hielt beides soweit hoch, dass er überall herankam und legte den Arm wieder zurück. Schwieriger wurde es allerdings mit der unteren Hälfte von Nobuchikas Körper. Er überlegte, während er das Tuch noch einmal mit dem warmen Wasser spülte und auswrang. Dann drückte er es Nobuchika in die Hand.

„Den Rest schaffst du selbst.“

Nobuchika nickte, nahm den Lappen und wusch den Rest seines Körpers. Motochika hatte sich derweil abgewandt und warf einen Blick in den verschneiten Garten. Nach ein paar Minuten hörte es leise hinter sich plätschern und dann rascheln.

„Motochika?“

„Hmm?“

„Ich muss dich was fragen.“

„Dann frag.“

Einen Moment herrschte Stille, nur das leise Rascheln verriet, dass der Jüngere näher kam. Er sah den braunen Schopf, als er neben ihm stand.

„Du redest kaum ein Wort mehr mit mir. Ist etwas passiert?“, fragte Nobuchika.

„Nein... Das ist es nicht.“, antwortete Motochika. Und ob etwas passiert ist! Mach dir doch nichts vor!

„Liegt es an mir? Du bist fast immer hier, schränke ich dich in deinen Pflichten zu sehr ein?“, bohrte Nobuchika weiter.

Motochika sah ihn an. „Nein...“ Natürlich liegt es an ihm! Mach dir nichts vor! Und ihm auch nicht!

Nobuchika runzelte die Stirn. „Wirklich? Du bist so anders, seit...“

„Seit wann?“, hakte Motochika, etwas schärfer als gewollt, nach.

Das dunkle Augenpaar neben ihm fixierte ihn leicht verwirrt. „Seit... dem Tag, wo du mir die heiße Quelle gezeigt hast.“

Motochika atmete tief ein und mit einem Seufzen wieder aus. Ja... seit diesem Tag... Seit diesem Tag weiß ich, dass ich... mich verliebt habe... In dich... Er sah ihn einen Moment lang an, dann rief er die Dienerin herein, die die Waschutensilien wegbrachte.

„Motochika!“

Der Angesprochene warf seinen Kopf zu ihm herum und sah ihn fest an. Doch sein Blick wurde schnell wieder weicher. Nobuchika zog fast unmerklich eine Augenbraue hoch. Bis zu dem Abend war er immer freundlich zu mir. Seitdem ist er so distanziert. Und jetzt? Auf der einen Seite kümmert er sich weiter um mich, auf der anderen entzieht er sich. Irgendetwas plagt ihn... Oder sorgt er sich um etwas? Er kam näher und setzte sich neben ihn.

Motochika jedoch stand auf und zündete das Kohlebecken in der Ecke und die Laterne an. Als er zurückkam, hielt ihn Nobuchika am Ärmel zurück. Als Motochika ihn ansah, wirkte sein Blick wie resigniert. Nobuchika legte die Stirn fragend in Falten und zog den Älteren zu sich herunter.

„Was hast du? Seit diesem Tag bist du völlig anders.“, fragte er noch einmal.

„Hör auf zu fragen... Das macht es auch nicht leichter.“

Für Motochika war das Thema für den Abend erledigt. Nobuchika aber dachte noch eine Weile darüber nach. Sogar noch, als Motochika schon längst schlief. Er betrachtete dessen schlafendes Gesicht. Er sieht aus, als wäre nie etwas passiert. Er lächelt sogar ein bisschen... Aber irgendetwas muss passiert sein. Was auch immer es war, er wirkt so kühl. Ein Lächeln schlich sich in sein Gesicht. Hoffentlich ist das bald vorüber. Seine Fürsorge ist mir lieber... Er legte sich auf den Futon und schloss die Augen.
 

...Sirrende Pfeile. Tosender Lärm. Das rauschende Meer. Schreie. Klirrend aufeinander treffende Schwerter. Das Reißen von Rüstungen. Überall Blut, der süße Geruch von Metall und Salz. Der beißende Gestank von Rauch und Feuer. Die kalte Luft. Der Schmerz...
 

Nach Luft ringend schreckte er hoch. Der Schmerz schoss sofort in die lädierte Schulter. Mit der anderen Hand griff er sofort danach und presste die Zähne mit einem zischenden Laut zusammen.

Neben ihm tauchte das besorgte Gesicht Motochikas auf und seine Hand berührte vorsichtig die verletzte Schulter.

„Was ist? Tut dir etwas weh?“, fragte Motochika besorgt.

„Nein... Ja doch, die Schulter...“, antwortete Nobuchika geknirscht und nach kurzem Überlegen fügte er hinzu: „Ich habe geträumt...“

Motochika rückte näher. „Was hast du geträumt?“

„Es waren... Geräusche, Gerüche... Schmerzen...“

Sein Gegenüber runzelte die Stirn. „Was für Geräusche?“

„Lärm... Schreie... so etwas wie Wasser... vielleicht Pfeile...“

Motochika dachte einen Moment nach, dann fiel ihm etwas ein. „Ich glaube, du fängst an, dich wieder zu erinnern. Das klingt nach einem Kampf und das Schlachtfeld, auf dem ich fand, war am Meer.“

„Glaubst du? Aber ich habe so gut wie nichts gesehen, es war alles verschwommen.“

„Vielleicht ist das normal. Du solltest weiter schlafen. Es ist noch mitten in der Nacht.“, sagte Motochika und legte sich wieder hin.

Nobuchika nickte und schaute ihm nach. Dann, ohne nachzudenken, griff er nach seiner Hand. „Was, wenn ich wieder davon träume?“

Motochika drückte sie. „Für deine Erinnerung ist das hilfreich, denke ich. Und außerdem bin ich auch hier. Jetzt schlaf weiter.“, sagte er und ließ seine Hand dann los.

Nobuchika ließ sich auf seinen Futon zurücksinken und mit einem Blick auf Motochika schloss er wieder die Augen. In der Hoffnung, nicht noch einmal von diesem Schlachtlärm und -gerüchen zu träumen.
 

Die folgenden Nächte waren unterschiedlich. In den ersten beiden Nächten träumte er nicht davon. Dann wiederum träumte er dasselbe wie beim ersten Mal. Doch diese Nacht war es anders...
 

...Wieder dieser Lärm. Schwerter, Pfeile, Rüstungen, Schreie... Diese Gerüche. Rauch, Blut, Metall, Sand, Salzige Meeresluft. Nichts war zu sehr verschwommen, es waren Umrisse erkennbar. Die Bewegungen. Die vereinzelten Brandherde vom Strandgut. Aber alles war so unkenntlich, dass nichts eindeutig erkennbar war. Keine Rüstung, die man zuordnen konnte. Kein Gesicht, das erkennbar war. Irgendetwas flog durch den Himmel. Dann traf es. Es schmerzte. Plötzlich ein Hieb von hinten, noch ein Pfeil und dann ein Hieb von vorn. Alles verschwamm noch mehr. Dann noch ein Pfeil, der sein Ziel traf. Noch mehr Schmerz. Die Erlösung folgte mit einem weiteren Schmerz. Der rasende Kopfschmerz ging so schnell, wie er kam. Alles wurde schwarz. Nur der salzige Meeresduft und der metallisch süße Geruch von Blut hallte noch einen Augenblick nach...
 

Motochika war irgendwann aufgewacht. Er hatte sich zu Nobuchika umgedreht und ihn beobachtet. Jetzt sah er, wie sein Brustkorb sich schneller hob und sank, sein Atem ging schneller. Unter seinen Augenlidern zuckte es wild und dann hörte er seine Stimme. Motochika schluckte. Das leise Stöhnen bedeutete nur eines: Nobuchika träumte schlecht. Er setzte sich auf und beobachtete ihn weiter. Vielleicht legte sich das von selbst wieder. Nach einer Weile war Motochika aber vom Gegenteil überzeugt und der Beweis folgte umgehend, als ihm die Decke ins Gesicht flog und er einen halb erstickten Schrei hörte. Hastig zog er den Stoff weg und sah, wie Nobuchika nach Luft ringend im Bett saß. Der Arm war aus der Schlinge gerutscht und er konnte im fahlen Mondlicht sehen, wie Nobuchika das Gesicht schmerzverzerrt verzog. Motochika half ihm, den Arm wieder in die Schlinge zu legen. Im selben Moment handelte er, ohne nachzudenken und zog den Jüngeren in seine Arme. Er spürte, wie sein Herz raste. Spürte seinen heißen Atem an seinem Hals. Fühlte die schweißnassen Haare in seinem Nacken. Er schluckte, während er Nobuchikas Rücken streichelte. Was hab ich mir dabei nur gedacht...Ich bin verrückt geworden...

Nur langsam beruhigte sich Nobuchikas Atem und auch sein Herz. Motochika rührte sich nicht, strich weiter über dessen Rücken und Kopf.

„Was hast du geträumt?“, fragte Motochika.

„Wie das letzte Mal... All die Geräusche... Pfeile...“

„Etwas neues?“

„Schmerzen... meine Schmerzen...“

„Wegen der Pfeile?“, hakte Motochika nach.

Er spürte Nobuchikas Nicken an seinem Hals.

„Wie viele?“, fragte Motochika weiter und hörte, wie seine Stimme rau klang.

„Drei...“

„Was noch?“

„Schwerthiebe... zwei...“

Motochika schob ihn ein Stück von sich weg und versuchte sein Gesicht zu erkennen. „Du hast also von dem Kampf geträumt. Das waren die Verletzungen die du hattest. Du fängst an, dich zu erinnern. Hast du noch etwas gesehen?“

„Ich hab nichts weiter erkennen können...“

Motochika nickte nur und für einen Moment saßen sie schweigend dicht beieinander. Plötzlich nahm Motochika das Zittern des anderen wahr und kurz darauf die Kälte, die ins Zimmer kroch. Das Kohlebecken war fast ausgegangen und die wenige Wärme reichte nicht mehr aus, um das Zimmer zu beheizen. Er stand auf und legte eilig etwas nach.

Wieder zurück bei Nobuchika setzte er sich ihm dicht gegenüber. Er sah ihn noch einen Moment lang an, dann zog er ihn wieder in seine Arme zurück. Er legte die Decke über Nobuchikas Rücken und hielt ihn solange fest, bis das Zittern nachließ. Nachdem einige Minuten stillschweigend vergangen waren und der Raum sich nur langsam wieder erwärmte, schob Motochika den Jüngeren wieder ein Stück von sich weg. Sein Kopf war noch immer wie ausgeschaltet und so handelte er auch. Langsam beugte er sich ein Stück vor, sodass er Nobuchikas Atem spüren konnte und im fahlen Mondlicht sogar seine Augen erkennen konnte. Die blickten ihn fragend an, wie er feststellte, doch er wollte jetzt nicht nachdenken. Das hatte er die ganzen Tage zu genüge getan, seit der Situation in der Quelle. Seine Hände legten sich beinahe wie von selbst an Nobuchikas Wangen und dasselbe geschah mit seinen Lippen, die im nächsten Moment Nobuchikas berührten. Zurückhaltend ließ Nobuchika es zu und genoss den sanften Kuss.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Tamanna
2015-04-09T19:05:42+00:00 09.04.2015 21:05
Juhu~
Endlich gibt es den Kuss. Ich dachte schon, Motochika will sich noch eeeeewwig dagegen wehren.
Bin gespannt, wie Motonari darauf reagieren wird. Ich hoffe natürlich, nicht negativ ;)
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Von:  Sasuke-Sarutobi
2015-01-21T20:53:41+00:00 21.01.2015 21:53
Es geht weiter *.* Das Kapitel ist einfach awesome. Armer Motochika. Es ist bestimmt nicht leicht mit der Verführung in Person in einem Zimmer zu liegen. Nobuchika macht es ihm aber auch echt schwer, die Finger weg zu lassen ;) Ich bin gespannt, wie es wird, wenn Nobuchika sich wieder daran erinnern kann, wer er ist. Ich frei mich auf das nächste Kapitel


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