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Auf Regen folgt immer Sonnenschein...

Sommer-OS-Projekt
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
When I Look at You - Miley Cyrus
https://www.youtube.com/watch?v=IQu3J2EMAC0

When I look at you I see forgiveness
I see the truth
You love me for who I am
Like the stars hold the moon
Right there where they belong
And I know I'm not alone.
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Sommer-OS

Das Schrillen der Schulglocke durchbrach die Stille, die bis eben noch auf den grauen und tristen Fluren der Juban-Highschool geherrscht hatte. Die Türen der Klassenzimmer wurden schwungvoll aufgerissen und unzählige euphorische Schüler und Schülerinnen der unterschiedlichsten Jahrgänge stürmten hinaus. Sie lachten. Kreischten. Jubelten. Vergnügt wurde der Beginn der langersehnten Ferienzeit begrüßt. Der Start in die schönste Zeit des Jahres konnte beginnen, denn Ferienzeit war Feierzeit. Endlich konnte der Sommer ausgiebig genossen werden. Man konnte wunderbare Ausflüge machen, sich die Nächte um die Ohren schlagen oder einfach den Tag ganz entspannt irgendwo verbringen und die Seele baumeln lassen. Die Freibäder und sämtliche Badeseen in der Umgebung hatten in dieser Zeit natürlich mehr als genug Besucher. Die Eisdielen machten den größten Umsatz des Jahres. Freizeitparks hatten Hochkonjunktur. Überall tummelten sich die Schüler. Überall sah man freudestrahlende und vollkommen entspannte, glückliche Gesichter.
 

______________________________________________________________
 

»Usagi-chan? Kommst du?«, rief Minako, während sie sich ihre Schultasche schnappte und in einer flinken Bewegung ihren Tisch umrundete. Aufgrund der fehlender Reaktion ihrer Freundin hielt sie jedoch abrupt inne und wechselte einen kurzen Blick mit Ami, die ebenfalls stehen geblieben war und verwundert zu ihnen hinüber blickte.
 

»Usagi?«
 

Schon den ganzen Tag hatte sich das Mädchen mit den auffälligen goldblonden Odangos seltsam verhalten. Hatte sich kaum an ihren Gesprächen beteiligt und war auch ansonsten relativ stumm und unbeteiligt geblieben. Oft war sie in Gedanken und wirkte abwesend, sodass sie mehrfach von den Lehrern ermahnt wurde, weil sie dem Unterricht nicht gefolgt war.
 

Als noch immer keine Reaktion erfolgte, liefen die beiden Mädchen zum Platz, wo ihre Freundin saß und mit leerem Blick nach draußen schaute.
 

Usagi erschrak, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte. Zögerlich drehte sie den Kopf nach rechts und blickte in die besorgten Gesichter von Ami und Minako. Sofort biss sie sich auf die Lippe, um nicht doch noch in Tränen auszubrechen. Versuchte mit aller Macht den Gefühlsausbruch zurückzuhalten, der sich seit gestern Nachmittag in ihr angestaut hatte... seit Ihr Vater gestern nach Hause gekommen war und sie die endgültige Bestätigung erhalten hatten.

Natürlich war sie sich darüber im Klaren, dass sie früher oder später mit ihren Freundinnen sprechen und es ihnen mitteilen musste. Sie hatten ein Recht darauf, es zu erfahren. Und doch war es ihr bisher nicht möglich gewesen. Sie hatte sich einfach noch nicht in der Lage gefühlt, mit ihnen zu reden.

»Magst du uns erzählen, was dich bedrückt?«, fragte Minako, doch Usagi schüttelte nur den Kopf und erhob sich schwermütig.

»Ich mag gerade einfach nur in Ruhe meinen Milchshake trinken und dann nach Hause«, sagte sie tonlos und griff nach ihrer Schultasche.

Mit gesenktem Kopf lief sie an den Beiden vorbei und hinterließ zwei äußerst beunruhigte Mädchen.

»Hast du auch so ein komisches Gefühl, Ami?«, fragte Minako stirnrunzelnd, nachdem Usagi das Klassenzimmer verlassen hatte.

»Ja, das war nicht unsere Usagi, wie wir sie sonst kennen. Ich mache mir Sorgen!«

Minako angelte ihr Handy aus ihrer Schultasche und tippte schnell eine Nachricht an Rei und Makoto:
 

Absender: Minako

Empfänger: Rei, Makoto

Uhrzeit: 13:45 Uhr

Krisensitzung im Crown. Irgendetwas stimmt mit Usagi nicht...! Mina
 

Usagi saß bereits an ihrem Stammtisch und umklammerte krampfhaft ihren Milchshake, als Minako, Rei, Ami und Makoto eintrafen. Die schwarzhaarige Miko seufzte, als sie ihre Freundin wie ein Häufchen Elend auf der Sitzbank hocken sah. Auch Motoki warf ihnen sofort einen besorgten Blick zu, als er das Eintreffen der Mädchen bemerkt hatte.

»Und sie hat euch nicht gesagt, was los ist?«, fragte Rei nun, ohne den Blick von Usagi abzuwenden.

»Nein! Sie ist auch völlig anders als sonst, wenn sie mal wieder eine schlechte Note mit nach Hause gebracht hat und es deswegen Ärger gab.«

»Da muss irgendetwas anderes dahinter stecken«, mutmaßte Makoto.
 

Geschlossen liefen die Vier auf den Tisch zu, an dem Usagi saß und nahmen neben Ihr Platz. Doch auch hier zeigte die Blondine keinerlei Regung. Viel eher saß sie völlig lethargisch da und verfolgte mit starrem Blick, wie der Milchshake in ihrem Becher sich nach und nach verflüssigte.
 

»Usagi, rede doch bitte mit uns.«

Keine Reaktion.

»Wir machen uns Sorgen.«

Noch immer keine Reaktion.

»Usagi Tsukino, wenn du nicht willst, dass ich deine Eltern höchstpersönlich frage, was vorgefallen ist, dann sag wenigstens irgendetwas. Aber so gar keine Reaktion zu zeigen, ist nicht einfach fair ... wir machen uns verdammt nochmal Gedanken darüber, was mit dir los ist. Wir machen uns Sorgen, weil wir als deine Freundinnen spüren, dass etwas so ganz und gar nicht in Ordnung ist. Aber wie sollen wir die helfen..., für dich da sein und dich aufmuntern, wenn wir nicht wissen, was passiert ist?«

Rei knallte verzweifelt mit der Faust auf den Tisch und Usagi zuckte unweigerlich zusammen. Es war der Augenblick gekommen, an denen sie ihre Tränen einfach nicht mehr zurückhalten konnte. Sie schniefte und schluchzte.

Betroffen zog Rei die Schultern ein und schlug sich die Hand vor den Mund. »Oh Usagi... Bitte entschuldige. Ich wollte dich nicht so anfahren!«

»Ich... ich... Bitte verzeiht mir, dass ich euch noch nichts gesagt habe. Es ist nur so...« Ein weiterer herzzerreißender Schluchzer verließ ihren Mund und ihre Schultern bebten. Dicke Tränen tropften auf den Tisch, als sie weitersprach. »...mein Vater wird in eine andere, zig Kilometer von hier entfernte Stadt versetzt.«
 

Alle hatten die Luft angehalten. Entsetzt blickten sich die Mädchen an. Jede von ihnen wusste, was Usagi ihnen damit sagen wollte. Jede von ihnen begriff sofort, dass ihre Freundin bald nicht mehr bei Ihnen sein würde.

Von einer Sekunde auf die nächste herrschte eine betretene Stille an ihrem Tisch. Keiner von ihnen war in der Lage etwas zu sagen. Lediglich Usagi saß da und schniefte leise vor sich hin.

»Wir müssen in eine andere Stadt ziehen. Der Umzug soll in den nächsten zwei Wochen stattfinden...«, entgegnete sie Minuten später ein wenig gefasster und hob das erste Mal den Kopf, seit ihre Freundinnen bei ihr saßen. Der Anblick zerriss Usagi schier das Herz, denn alle hatten Tränen in den Augen und sie sah die Bestürzung in ihren Gesichtern.

Wieder wurde der Kloß in ihrem Hals dicker und sie kämpfte erneut dagegen an, nicht wieder hemmungslos in Tränen auszubrechen. Die Tatsache, dass sie alles, was ihr lieb und teuer war, zurücklassen müsste, war niederschmetternd. Der Gedanke daran, SIE zurücklassen zu müssen - ihre Freundinnen und Weggefährtinnen - war unsagbar schmerzhaft.

Sie müssten ihren besten Freund Motoki zurücklassen. Den freundlichen und herzlichen Blonden, den sie jeden Tag sah, wenn sie ins Crown kam und den sie so auf Anhieb in ihr Herz geschlossen hatte.

Und sie müsste IHN zurücklassen. Ihren geliebten Feind. Denjenigen, an den sie schlussendlich doch ihr Herz verloren hatte.

Sie blickte hinüber zu Tresen. Sah Unazuki. Sah Motoki. Aber ER war nicht da. Der große Schwarzhaarige mit den tiefblauen Augen. Mamoru Chiba.

Sie würde keine Gelegenheit mehr haben, ihn näher kennenzulernen. Keine Chance darauf erhalten, ihm irgendwann sagen zu können, was sie wirklich für ihn empfand.

Wehmütig blickte Usagi zu dem Hocker, auf dem Mamoru tagtäglich saß und seinen Kaffee trank, während er sich mit ihr in den Haaren hatte. Während sie sich gegenseitig Beleidigungen an den Kopf warfen und keine Gelegenheit ausließen, sich zu ärgern und zu provozieren. Aber genau das war es gewesen. Jeden Tag aufs Neue freute sie sich darauf. Fieberte den Moment entgegen, indem sie aufeindertrafen. Sie liebte es. Sie liebte ihn.
 

»Bitte seid mir nicht böse, aber ich habe fürchterliche Kopfschmerzen und möchte jetzt nur noch nach Hause.«

»Treffen wir uns übermorgen trotzdem wie geplant am Hikawa-Tempel? Du weißt doch noch - wir wollten alles für das Sommerfest in 3 Wo.......« Rei biss sich auf die Zunge, als sie ihr Missgeschick bemerkte.

Usagi lächelte sanft. »Natürlich helfe ich euch noch bei der Planung vom Sommerfest. Aber jetzt muss ich trotzdem nach Hause. Es warten auch noch unzählige Umzugskisten darauf, mit meinen ganzen Plüschhasen gefüllt zu werden.«

Sie war bereits aufgestanden und hatte sich ihre Schultasche geschnappt, als Makoto sich plötzlich ebenfalls erhob.

»Usagi? Wenn du Hilfe brauchst........«

»...dann sage ich euch Bescheid. Danke Makoto!«, erwiderte die Blondine und schenkte ihnen noch einmal ein herzliches Lächeln. Sie war erleichtert, dass es endlich raus war, auch wenn Ihr Herz dabei unendlich schmerzte. Noch einmal blickte sie zurück, als sie sich langsam vom Tisch entfernte. Obwohl sie wusste, dass sie ja nicht aus der Welt waren und sie dennoch den Kontakt egal in welcher Form halten würden, so konnte sich Usagi einfach nicht vorstellen, wie es sein sollte, ohne ihre Freunde weitermachen zu müssen.

Keiner könnte sie jemals ersetzen. Keiner könnte jemals ihr Herz so berühren und für sich entnehmen, wie sie es getan hatten. Jeder einzelne. Jeder von ihnen hatte einen Platz in ihrem Herzen eingenommen... Rei, Minako, Ami, Makoto, Motoki und... - Mamoru.

Seufzend lief sie zum Tresen hinüber und umarmte Motoki, bevor sie das Crown verließ. Stumm hatte dieser die Umarmung erwidert, bis sie sich von ihm gelöst und das Crown durch die Schiebetüren verlassen hatte.
 

»Ich kann es einfach nicht glauben...«, flüsterte Minako und hielt ihre Schultasche dabei fest umklammert.

»Ich auch nicht. Es fühlt sich gerade an, wie in einem schlechten Traum!«, erwiderte Makoto, nachdem sie wieder Platz genommen hatte.

»Könnt Ihr mir bitte sofort sagen, was hier los ist? Mit Usagi stimmt doch etwas nicht...« Motoki war an ihren Tisch getreten und deutete auf den Ausgang, wo Usagi gerade verschwunden war.

»Sie wird wegziehen...«, entgegnete Ami und presste sich ihre Bücher vor die Brust.

»Sie wird waaaaas?« Abrupt war Motoki aufgesprungen und blickte völlig entgeistert in die Runde.

»Ihr Vater wird in eine andere Stadt versetzt.«

»Aber... Aber... - Oh Gott, deswegen war sie so furchtbar traurig.« Sein Blick wanderte wieder zur Schiebetür hinüber.
 

Keine Sekunde später war er zurück zum Tresen geeilt und hatte sich sein Handy geschnappt, um eine SMS zu verschicken.

Absender: Motoki

Empfänger: Mamoru

Uhrzeit: 15:23 Uhr

Kaffee? Jetzt! Usagi zieht weg.
 

Absender: Mamoru

Empfänger: Motoki

Uhrzeit: 15:25 Uhr

Bin in 10 Minuten da!
 

Nervös war Motoki durch das Crown getigert, nachdem er Mamorus Antwort gelesen und das Handy beiseite gelegt hatte. Immer wieder blickte er zu der Schiebetür hinüber. Doch jedes Mal kam nur ein weiterer Gast hinein. So langsam wurde er wirklich unruhig und er lief wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Gegend. Die Gäste hatte er bereits gefühlte zwanzig Mal gefragt, ob alles in Ordnung sei. Den Tresen zum fünften Mal gewischt…

Verdammt, wo blieb Mamoru nur? Er hatte doch geschrieben '10 Minuten'...
 

Unterdessen war eine Viertelstunde vergangen und Motoki seufzte, als der Schwarzhaarige endlich das Crown betrat und halb auf ihn zugestürzt kam.

»Motoki? Was genau weißt du? Warum?«

»Ihr Vater wird wohl in eine Stadt versetzt...«

»Verdammt...«, fluchte Mamoru und fuhr sich mit der Hand durch das dichte schwarze Haar. Sein Blick fiel auf den Stammtisch, wo die übrigen Mädchen noch immer saßen. Ihren betretenen Gesichtern sah man an, dass sie die traurige Nachricht und die bevorstehende Veränderung furchtbar mitnahm.

»Du hättest Usagi vorhin sehen sollen... Sie stand völlig neben sich. Ich hab sie noch nie zuvor so traurig erlebt.«

»Das ist bestimmt ein harter Schlag für sie und ihre Familie. Immerhin müssen sie in einer fremden Stadt komplett neu anfangen und sich alles neu aufbauen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Usagi totunglücklich ist. Hm, wir müssen sie irgendwie aufheitern… Ihr vor dem Umzug einen Tag bescheren, den sie nicht so schnell vergessen wird. Ein Tag nur mit ihren Freunden, damit sie uns in guter Erinnerung behält.«
 

Überrascht blickte Motoki zu seinem besten Freund. Solch einen Vorschlag hätte er nicht von ihm erwartet.

»Mein Gott, dich hat es schlimmer erwischt, als ich dachte...«, murmelte der Blonde und lief um den Tresen herum zum Tisch der Mädchen, die verwundert zu ihm aufblickten.

»Hört mal... Mamoru hatte eben eine tolle Idee, um Usagi noch einmal einen richtig tollen Tag zu bereiten.«
 

Gespannt lauschten sie dem Schwarzhaarigen, der kurz nach Motoki ebenfalls an den Tisch getreten war. Blickten neugierig zu ihm, hingen regelrecht an seinen Lippen und nickten fast synchron, als er in die Runde fragte, ob sie mit seinem Vorschlag einverstanden wären.

»Dann rufe ich nachher bei Usagis Mutter an und weihe sie in unser Vorhaben ein«, sagte Rei, nachdem Mamoru geendet hatte.

»Motoki und ich könnten uns ja um Essen und Trinken kümmern«, schlug Makoto vor und erhielt zustimmendes Kopfnicken der Anderen.

Auch Ami war sofort begeistert von Mamoru's Vorschlag. »Und ich plane die Route und das Ziel unserer Radtour«, warf sie ein.

»Na toll, und was soll ich machen? Ich will auch helfen...« Minako blickte mit verschränkten Armen in die Runde, doch alle zuckten nur mit den Schultern.

»Wir brauchen noch jemanden, der die Decken für das Picknick organisiert«, antwortete Mamoru ihr und erhielt ein kurzes Nicken der Blondine zur Bestätigung.
 

*
 

Es war Punkt 10:00 Uhr als sich die gesammelte Mannschaft auf ihren vollgepackten Fahrrädern vor dem Crown traf, um noch einmal zu überprüfen, ob sie tatsächlich an alles gedacht hatten und auch die von Ami geplante Route und das Ziel die Zustimmung von allen fand.

Keine 15 Minuten später setzten Sie sich in Bewegung und traten kräftig in die Pedalen. Minako hatte ein kleines Radio eingepackt, was sich auf ihrem Weidenkorb am Lenker befand, so dass sie alle fröhlich bei der Musik mitsangen und mitsummten.
 

Die Strecke bis zum Haus der Tsukinos hatten sie schnell hinter sich gebracht. Mit quietschenden Bremsen kamen alle nach und nach vor dem weißen Einfamilienhaus zum Stehen. Rei erblickte Ikuko sofort am Küchenfenster und winkte ganz aufgeregt, als diese lächelnd den Daumen nach oben hielt.

Es konnte also losgehen...

»Eins! Zwei! Dreiiiii... «, zählte die schwarzhaarige Miko und sofort begannen alle mit einem lauten Klingelkonzert. Lautstark wurde nach Usagi verlangt, die auch wenigen Sekunden später die Fenster ihres Zimmers im oberen Stockwerg aufriss und neugierig den Kopf nach draußen streckte.

Ihr fiel beinahe die Kinnlade runter, als sie ihre Freunde entdeckte.

»Oh Gott, was macht Ihr denn hier für einen Lärm?«, rief Usagi völlig aus dem Häuschen.

»Wir wollen dich für einen unvergesslichen Tag entführen, Usagi-chan«, antwortete Minako breit grinsend.

»Ihr wollt was? Aber wieso? Und wohin?«

»Frag nicht so doof, mach dich lieber fertig, damit wir los können...«, motzte Rei, streckte ihr dabei aber lachend die Zunge raus.
 

In Rekordzeit hatte Usagi sich die Haare zu ihren obligatorischen Odangos gebunden und sich ihr neues weißes Sommerkleid mit den schwarzen Punkten übergezogen. Polternd kam sie die Treppe in den Flur hinunter geeilt, wo ihre Mutter bereits mit ihrer Jeansjacke wartete.

»Ich wünsche dir viel Spaß und habt einen schönen Tag, Liebes!«, sagte ihre Mutter und half ihr in die Jacke, ehe Usagi sich umdrehte und ihr einen liebevollen Kuss auf die Wange hauchte.

»Danke, Mama! Auch für das wunderschöne Sommerkleid.«

»Es steht dir ganz fabelhaft! Aber nun los, die Anderen warten doch schon auf dich«, entgegnete Ikuko schmunzelnd und schob ihre Tochter durch die offene Haustür nach draußen.
 

Mit ihrem pinken Rad vor sich hergeschoben, trat sie durch das Gartentor und schloss es hinter sich, bevor sie sich ihren Freunden zuwandte und jedem einzelnen ein herzliches Lächeln schenkte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich binnen Sekunden, als sie Mamoru hinter den Mädchen, und neben Motoki stehend, erblickte. Er war tatsächlich dabei. Sie würde den Tag mit ihm und den Anderen verbringen dürfen.
 

»Wo geht es eigentlich hin?«, fragte sie freudig in die Runde.

»Das wird nicht verraten. Lass dich einfach überraschen«, antwortete Makoto.
 

In gemütlichem Tempo fuhren sie los. Allen voran Ami und Makoto, dahinter Rei, Minako und Usagi. Das Schlusslicht bilden Motoki und Mamoru.

Sie fuhren quer durch die Stadt, bis hinaus in die ländlichen Gegenden. Vorbei an Reisfeldern und kleineren Höfen, hinein in einen der größeren Wälder, die die Felder umgaben. Die Fahrt ging über Stock und Stein, je weiter sie fuhren. Der Weg wurde ein wenig unebener und Usagi kam kurz ins Schlingern, als sie über einen Stein fuhr. Kreischend und fluchend versuchte sie noch den Lenker herumzureißen und das Gleichgewicht zu halten. Doch es war schon zu spät. Mit einem lauten Aufschrei landete Usagi im Graben.
 

Der Rest der Gruppe war durch den Aufschrei abrupt stehen geblieben und blickte zurück. Grinsend schüttelten die Mädchen die Köpfe, als sie Usagi mit dem Fahrrad am Wegesrand inmitten von Brennnesseln liegen sahen.

»Oh Usagi, du hast wirklich ein seltenes Talent, dich in die unmöglichsten Situationen hinein zu manövrieren.«, rief Rei grinsend.

»Schön, dass ich mal wieder zu eurer Erheiterung beitragen konnte...«, grummelte Usagi und verzog das Gesicht, als sie die Flecken auf ihrem neuen Sommerkleid bemerkte. »Ach Mist, warum muss das eigentlich immer mir passieren? Mein schönes Kleid....«
 

Ein Schatten über sich ließ sie aufblicken und blinzeln. Überrascht stellte sie fest, dass Mamoru von seinem Fahrrad abgestiegen war und nun vor ihr stand und ihr die Hand hinhielt.
 

»Heute mal keine Sticheleien und kein gemeines Wort von dir, Baka?«

»Hör mal Usagi, lass uns doch das Kriegsbeil begraben. Ich möchte, dass du mich in guter Erinnerung behältst, wenn Ihr bald wegzieht...«
 

Sie blickte zu ihm. Konnte kaum glauben, was er da gerade zu ihr gesagt hatte. Es war tatsächlich das erste Mal, dass er sie bei ihrem richtigen Namen genannt hatte. Dass er nett zu ihr war und ihr noch immer die Hand hinhielt, um ihr aufzuhelfen.

Plötzlich war da wieder der dicke Kloß in ihrem Hals und sie musste die Tränen weg blinzeln, ehe sie ihm zunickte und seine Hand ergriff.

Schon im nächsten Moment stand sie ihm gegenüber. Nur wenige Zentimeter trennten sie voneinander und sie konnte kaum den Kopf heben, so sehr brachte sie seine direkte Nähe durcheinander. Er roch so wunderbar noch Rosen und sie konnte die Wärme, die von ihm ausging, deutlich spüren.
 

Mamoru bemerkte ihre Unsicherheit, als er auf sie hinab blickte. »Alles okay?«

Sofort wich sie einen Schritt zurück und blickte ihn nun direkt an. Eine leichte Röte überzog ihre Wangen, als sie ihn zaghaft anlächelte und nickte, bevor sie nach ihrem Fahrrad griff und wieder aufstieg.

Und genau in diesem Moment musste er sich wohl oder übel eingestehen, dass er sie wahnsinnig vermissen würde. Ihre verrückte, chaotische und doch liebenswerte Art.
 

»Mamoru? Usagi? Kommt Ihr?«, rief Motoki ihnen zu, als sich die Mädchen langsam wieder in Bewegung setzten.

»Jaaaaa, auf dem Weg!«, antworte Usagi und warf einen letzten Blick zu Mamoru, bevor sie in die Pedale trat und an ihm vorbei sauste.
 

*
 

»Ich muss wirklich sagen, die Route und das Ziel sind hervorragend geplant, Ami.«, entgegnete Mamoru und blickte zufrieden über die Wiese, die in einem satten Grün erstrahlte und hinter der sich ein riesiges Getreidefeld erstreckte. Auch die Anderen nickten zustimmend und stiegen von ihren Fahrrädern, um diese abzustellen.
 

Minako hatte Motoki ohne Umschweife die Decken in die Hand gedrückt, bevor sie selbst rasch nach ihrer Tasche und dem Radio in ihrem Korb griff, um dann ihr Fahrrad gegen einen der am Rand des Feldes befindlichen Bäume zu lehnen. Mit einem Satz war sie an dem Blonden vorbeigehuscht und suchte nach dem perfekten Platz für ihr Picknick.

Inmitten der Wiese blieb sie stehen und streckte die Arme auf. Mit dem Gesicht gen Himmel gerichtet, drehte sie sich mit geschlossenen Augen einmal um die eigene Achse. »Genau hier!«, rief sie Motoki zu, der mit Makoto, Rei und Ami im Schlepptau bereits auf sie zugelaufen kam.

Nur Mamoru und Usagi waren am Waldrand stehen geblieben. Hatten ihnen nachgesehen, bevor sie selbst ihre Fahrräder abstellten. Ohne ein Wort hatte er ihr ihre Tasche abgenommen und war neben ihr hergelaufen. Immer wieder blickte sie verstohlen zu dem großen Schwarzhaarigen. Fragte sich, ob sie wohl jemals eine Chance bei ihm gehabt hätte.

Unmerklich schüttelte sie den Kopf und seufzte leise, als sie bei den anderen angekommen waren. Nein, sie würde es wohl nie erfahren. Das Schicksal hatte es einfach nicht vorgesehen.
 

*
 

Auf drei großen Decken sitzend, aßen sie gemütlich die von Makoto und Motoki zubereiteten Köstlichkeiten. Tranken. Lachten. Quatschten. Schwelgten in Erinnerungen. Keiner dachte in diesem Moment an den bevorstehenden Abschied. Jeder von ihnen genoss das gemütliche Beisammensein. Entspannte im Anschluss gut gesättigt auf den Decken liegend. Oder las so wie Ami in einem Buch. Pflügte wie Makoto Gänseblümchen, um daraus einen Blumenkranz zu flechten.
 

Usagi hatte sich ein wenig zurückgelehnt und blickte über die Wiese, bis ihr ein lang gewachsener Grashalm neben ihrer Decke ins Auge fiel. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht kitzelte sie damit Motoki am Nacken und am Haaransatz. Nachdem dieser mehrfach vergeblich versucht hatte, Usagi den Halm abzunehmen, war er aufgesprungen und wollte sie packen.

Doch die Blondine war ebenfalls blitzschnell aufgesprungen und lachend in das hinter der Wiese befindliche Getreidefeld gelaufen. Im Zick-Zack-Kurs wich sie ihm aus. Tauchte immer wieder unter, ehe Motoki sie endlich erwischte, von hinten umklammerte und durchkitzelte.

»Ah nein..... Motokiiiii!«, kreischt Usagi vergnügt und prustet los. Lachend fielen sie gemeinsam zu Boden.
 

»Du wirst mir wahnsinnig fehlen...«, sagte die Blondine kurze Zeit später zu ihrem besten Freund, der neben ihr inmitten des Getreidefeldes lag und zum Himmel blickte. Kleine Schäfchenwolken durchzogen in diesem Moment das helle Blau. Getrieben vom Wind schwebten sie über sie hinweg. Verdeckten für einige Sekunden die Sonne.

Sie seufzte und Motoki ergriff ihre Hand. Drückte sie und blickte lächelnd zu ihr hinüber.

»Du mir doch auch, Usagi! Aber keiner von uns ist doch aus der Welt...«, erwiderte Motoki lächelnd und erhob sich. »So, nun genug hier rumgelegen. Komm, lass uns zu den anderen zurückgehen.« Mit einer schnellen Bewegung hatte er Usagi an der Hand hochgezogen. Lachte, als er die vielen Getreidehalme in ihrem Haarknoten sah.

»Na toll, ich seh‘ bestimmt aus wie ein gerupftes Huhn oder eher wie eine Vogelscheuche.«, kicherte Usagi und taste nach ihren Odango's, die sich bereits gelöst hatten. Mit flinken Fingern entfernte sie die Haarklammern, so dass ihr die langen Haare in weichen Wellen über die Schultern und den Rücken fielen und sie die Getreidehalme entfernen konnte.
 

Mamoru, der die Beiden von Weiten beobachtet hatte, stockte bei Usagis Anblick beinahe der Atem. Die Sonne schien direkt auf die Blondine herab. Die Sonnenstrahlen durch-leuchteten ihr offenes gold-blondes Haar und ließen Sie strahlen. War sie schon immer so schön gewesen? Hatte er bisher nur die Augen davor verschlossen?

Rei, die bei ihm saß, bemerkte seine Reaktion und beugte sich schmunzelnd zu ihm.

»Willst du es ihr nicht bald mal sagen? Ich meine, solange du noch die Möglichkeit dazu hast...?«

Irritiert blickte er zu der schwarzhaarigen Miko, die ihn wissend anlächelte. Er ahnte natürlich, worauf sie hinaus wollte.

»Was meinst du, Rei?«

»Na, dass du endlich über deinen Schatten springst und ihr sagst, was du fühlst! Dass du sie insgeheim mehr als nur magst...«

Geschockt starrte er Rei an. Woher? War er wirklich so leicht zu durchschauen? Dabei hatte er immer so darauf geachtet, seine Gefühle für Usagi nicht nach außen zu tragen. Gefühle, die ihn regelrecht überfahren hatten. Die sein Innerstes durcheinander gebracht hatten.

Er war einfach noch nie gut darin gewesen, Gefühle zu zeigen. In seinen Augen machte es einen Angreifbar und Verletzlich, wenn man Gefühle zuließ. Sie machten einen schwach. Und doch hatte Usagi etwas in ihm berührt. Hatte sich Stück für Stück in sein Herz geschlichen. Hatte ihn nachts in seinen Träumen und tagsüber in seine Gedanken heimgesucht.
 

*
 

Es dämmerte bereits, als Mamoru und Usagi gemeinsam über das Feld schlenderten.

»Glaubst du daran, dass die Gefühle eines Menschen sich plötzlich ändern können? Einfach so, von heute auf morgen?«

Sie blickte ihn von der Seite an und nickte stumm.

Tief atmete er kurz durch. Doch ehe er weitersprechen konnte, wurden Sie von einem heftigen Sommerregenguss überrascht. Binnen Sekunden waren sie völlig durchnässt.
 

Während die Anderen zu dem naheliegenden Wäldchen rannten, um dort Schutz unter den Bäumen zu suchen, blieb Mamoru stehen, als er merkte, dass Usagi keinerlei Anstalten machte, Schutz vor dem Regen zu suchen. Völlig fasziniert blickte er auf sie hinab.

Sie hatte Ihr Gesicht gen Himmel geneigt und die Regentropfen perlten über ihre Stirn, über ihre Nase und ihren Wangen. Kleine Tropfen sammelten sich auf ihrem Mund und er war für einen Moment versucht, seine Lippen auf die ihren zu pressen. Seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen und seinem Verlangen endlich nachzugeben.

»Usagi, du bedeutest mir mehr, als du vielleicht ahnst.«, sagte er und zog sie, einer inneren Eingebung nachgehend, in seine Arme.

Völlig perplex über seinen plötzlichen Gefühlsausbruch versteifte sie sich kurz. Doch schon im nächsten Moment entspannte sie sich wieder, als ihr bewusst wurde, was er gerade gesagt hatte.
 

Sekunden vergingen, in der sie sich einfach nur Gegenüberstanden, nachdem sie sich aus der Umarmung gelöst hatten. Völlig unbeholfen, weil keiner so recht wusste, was er sagen sollte.
 

»Ich hätte bisher nie gedacht, dass du irgendwann einmal etwas Nettes zu mir sagen würdest. Aber mittlerweile muss ich sagen, dass sogar du mir fehlen wirst.«, durchbrach Usagi die Stille. Ihr war bewusst, dass es womöglich nicht das war, was er sich erhofft hatte, von ihr zu hören. Doch sie konnte sich noch immer nicht durchringen, mit ihm offen über ihre Gefühle zu reden. Selbst nachdem er gerade so ehrlich zu ihr gewesen war…
 

*
 

Am Tag nach dem Ausflug kam Usagi aufgeregt in das Crown gerannt und überrumpelte einen völlig perplexen Motoki regelrecht mit ihrer innigen Umarmung.

»Usagi? Mensch, was ist denn los? Du bist ja völlig aus dem Häuschen...«

Mit strahlenden Augen blickte sie zu ihm auf. »Oh Motoki, du glaubst gar nicht, wie erleichtert ich bin.«

»Nun erzähl schon, Usagi ... was ist passiert?«

»Mein Vater hat heute die Nachricht erhalten, dass er doch nicht versetzt wird. Seine Stelle bleibt erhalten und wir müssen nicht umziehen...«

»Das sind ja großartige Neuigkeiten! Sag mal, wissen es die anderen schon?«

»Ja, ich habe vorhin allen eine SMS zukommen lassen.«

Motoki hob eine Augenbraue. »Auch Mamoru?«

Usagi hielt inne und biss sich auf die Lippe. »Mamoru? Ich ... nein, habe ich nicht.«

Motoki schob sie von sich. »Mensch Usagi. Jetzt aber los. Wie lange willst du noch warten, nachdem er so ehrlich zu dir war?«

»Oh Gott, Motoki. Ja! Aber ich ...«

»Nichts aber. Du liebst ihn. Er liebt dich. Du bleibst hier und euch steht nichts mehr im Weg. Was also hält dich in diesem Augenblick noch hier im Crown?«
 

Ein Ruck ging durch ihren Körper. Motoki hatte Recht. Ihrer Liebe stand nichts mehr im Weg! Sie küsste ihren besten Freund auf die Wange und lief in Windeseile aus dem Crown, wobei die ihre Freundinnen fast über den Haufen rannte.

»Usagi? Wo willst du denn hin?«, riefen sie ihr hinterher.

»Kann nicht. Muss weg. Melde mich später!«, brüllte diese und rannte, als wäre der wahrhaftige Teufel hinter ihr her.
 

Verwundert blickten Rei, Minako, Ami und Makoto ihr hinterher, bis Motoki breit grinsend zu den Mädchen trat.

»Sag mal Motoki, was war das denn gerade?", fragte Minako an den blonden jungen Mann gewandt.

»Wirbelwind Usagi auf dem Weg zu Ihrem persönlichen Glück«, gluckste dieser fröhlich.

»Verstehe...« Rei nickte wissend und schmunzelte.

Auch Makoto und Ami wussten sofort, was gemeint war und gingen zu ihrem Stammtisch. Nur Minako war im Eingangsbereich des Crown stehen geblieben und blickte verwundert hin und her.

»Weg zum Glück? Mensch Motoki, kannst du ausnahmsweise mal nicht in Rätseln sprechen?«

»War ja wieder klar, dass sie es nicht peilt...«, entgegnete Rei und rollte mit den Augen. »Manchmal bist du wirklich begriffsstutziger als Usagi, Minako! Jetzt überleg doch einfach mal, zu wem sie wollen würde, nachdem sie uns ja vorhin bereits informiert hat, dass sie nicht wegziehen muss...«

Die Blondine tippte überlegend mit dem Zeigefinger an ihre Lippen. »Zu Naru vielleicht? Nee, der hat sie bestimmt auch eine Nachricht geschickt, genau wie uns...«, sinnierte sie kurz und lehnte sich dann über den Tresen. »Ach Motoki, bitte klär mich doch einfach auf...«, sagte sie und klimperte verführerisch mit den Wimpern.

Ohne darauf anzuspringen, wischte der Blonde unbeeindruckt um sie herum.

»Mamoru...«, erwiderte er ohne aufzuschauen.

»Neiiiiiiiiin!? Im Ernst?«, quietschte sie und klatschte vergnügt in die Hände. »Dann muss ich Usagi nachher direkt anrufen und fragen, wie der erste Kuss war.«

»Der erste Kuss? Mein Gott Mina, sie sind doch noch nicht einmal fest zusammen«, lachte Makoto, während Ami beschämt die Hände vor das Gesicht schlug. Ach Rei musste sich die Hand vor den Mund schlagen, um nicht laut loszulachen.
 

*
 

Mit einer Tasse Kaffee in der Hand stand Mamoru auf dem Balkon und ließ seinen Blick über die Skyline von Tokio schweifen. Nur leise drang der Lärm der Großstadt an sein Ohr.

In Gedanken versunken trank er gerade einen Schluck seines Kaffees, als ein Poltern und lautes Stimmenwirrwarr am Hauseingang seine Aufmerksamkeit erregte. Hatte er da gerade etwa zwei lange blonde Zöpfe gesehen? Stirnrunzelnd beugte er sich ein wenig über das Geländer. Versuchte noch einen Blick zu erhaschen. Nein das konnte nicht sein. Wieso sollte Usagi zu ihm wollen? Sicherlich war sie gerade dabei, ihre Koffer zu packen, schoss es ihm durch Kopf.
 

Ungläubig, aber auch ein wenig traurig, schüttelte er den Kopf, als eine ältere Frau aus dem Eingang trat. Natürlich war es nicht Usagi gewesen...
 

»Achtung! Bitte lassen Sie mich vorbei. Ich muss da rein. Es ist driiiiiiingend!«, rief Usagi der älteren Dame zu, während sie auf den Eingang des Hochhauses in dem Mamoru wohnte, zustürmte. Die Frau blickte sie jedoch im ersten Augenblick nur völlig entgeistert an und sprang vor Schreck zur Seite, bevor sie Usagi beinahe über den Haufen gerannt hatte.

»Tschuldigung!«, rief Usagi fast atemlos und drehte sich noch einmal zu der älteren Dame, als sie den Fahrstuhl erreicht hatte, um die Hand zu heben. Diese verließ nur mit dem Kopf schüttelnd das Gebäude und murmelte: »Diese jungen Leute von heute...«
 

Mit einem leisen "Pling" öffneten sich die Türen des Fahrstuhls. Ungeduldig drückte Usagi mehrfach auf den Knopf für die 5. Etage, nachdem sie eingestiegen war. Seufzte erleichtert, als sich die Türen endlich schlossen und der Fahrstuhl sich mit einem Ruck in Bewegung setzte. Die Fahrt kam ihr endlos lange vor und die Luft war extrem stickig. Nervös tapste sie von einem Bein auf das Andere und verfolgte auf der Anzeige, in welcher Etage sie sich gerade befand. Ihre Gedanken überschlugen sich und sie wischte sich einige Schweißperlen weg, die sich durch die Hitze auf ihrer Stirn gebildet hatten.
 

2. Etage ... 'Was sage ich ihm bloß?'

3. Etage ... 'Wie wird er reagieren?'

4. Etage ... 'Mein Gott, was mache ich hier eigentlich?'

5. Etage ... 'Ich kann ihm doch nicht einfach ins Gesicht sagen, dass ich ihn liebe...'
 

Plötzlich war sich Usagi gar nicht mehr sicher, ob sie das Richtige tat. Sollte sie Mamoru ihre Gefühle tatsächlich auf dem Silbertablett präsentieren? Ihm sagen, dass sie schon seit einiger Zeit in ihn verliebt war? Würde er sich überhaupt eine Beziehung mit ihr vorstellen können? Dass er ebenso Gefühle für sie hegte, hieß ja noch lange nicht, dass er mit ihr zusammen sein wollte.

Sie biss sich auf die Lippe und überlegte, ob sie nicht doch wieder gehen sollte. Doch das würde heißen, dass sie vor ihren Gefühlen davon lief. Dass sie ein Hasenfuß war. Was würden die Anderen denken, wenn sie hiervon erfuhren? Was würde Motoki davon halten, dass sie doch gekniffen hatte?

Sekundenlang war sie versucht, wieder auf den Knopf 'EG' zu drücken und wortlos von hier zu verschwinden. Doch dann öffneten sich auch schon die schweren Stahltüren des Fahrstuhls und gaben den Blick auf den grauen und tristen Flur preis, der fast vollständig im Halbdunkel lag.

Zögerlich trat sie hinaus und wandte sich nach links, wo sie direkt auf die Wohnungstür von Mamoru blickte. Vielleicht war er ja gar nicht zu Hause? Oder vielleicht schlief er auch. Sie wollte ihn keinesfalls wecken oder vielleicht auch bei etwas stören.

Eine innere Unruhe ergriff sie, als ihr der Gedanke kam, dass er ja auch Besuch haben könnte. Damenbesuch.... Mit einem Mal war ihr speiübel.
 

Ein heller Lichtschein drang durch einen kleinen Spalt unter der Wohnungstür hervor. Usagi beugte sich ein wenig vor, versuchte auszumachen, ob von Drinnen etwas zu hören war. Nichts. Keine Geräusche. Keine Stimmen. Es herrschte eine vollkommene Stille.

Gerade wollte sie sich abwenden, als sie doch ein leichtes Rascheln und Klappern hörte. Mit dem Kopf lehnte sie nun direkt an der Tür und versuchte sich auf die Geräusche zu konzentrieren. Versuchte herauszufinden, ob diese tatsächlich aus Mamorus Wohnung gedrungen waren.

Stille.

Mit einem Mal wurde die Tür aufgerissen und Usagi kippte nach vorn. Landete direkt vor Mamorus Füßen, der völlig perplex auf sie hinunter blickte.
 

»Usagi? Mein Gott, was machst du denn hier? Ist dir etwas passiert?« Sofort war er niedergekniet und hielt er seine Hand entgegen, um ihr wieder aufzuhelfen. Das breite Grinsen konnte er jedoch kaum unterdrücken, als er den hochroten Kopf von Usagi registrierte.

»Ich ... Also...«, stammelte die Blondine beschämt und griff nach seiner Hand. Kaum, dass sie wieder auf beiden Beinen stand, strich sie sich ihr Kleid glatt und war bemüht, nach den richtigen Worten zu suchen. Doch ihr fiel beim besten Willen nichts ein und so stand sie ihm sekundenlang mit gesenktem Kopf gegenüber, ohne ein Wort zu sagen.

»Was verschafft mir eigentlich die Ehre deines Besuches? Ich meine, du stehst sicher nicht ohne Grund einfach so vor meiner Tür...«

»Ähm, kann ich kurz reinkommen? ...ich meine, nur wenn ich nicht störe!?«

Er trat einen Schritt beiseite. »Natürlich! Ich wollte eh gerade eine Lern-Pause einlegen. Und stören tust du keineswegs.«
 

Zögerlich trat sie an ihm vorbei, direkt in den Flur. Blickte um sich und nahm jedes Detail seiner Wohnung in sich auf, als er mit ihr in das riesige Wohnzimmer lief. Dort zog das riesige Panorama-Fenster sofort ihre gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Ließ sie staunend nach draußen blicken, geradewegs hinweg über die Skyline von Tokio.
 

»Möchtest du etwas trinken? Vielleicht einen kalten Kakao?«, fragte Mamoru, der sich direkt hinter ihr befand.

»Ein Kakao wäre wirklich toll«, erwiderte Usagi leise und verfolgte im Augenwinkel, wie er in die Küche ging.
 

Es war für sie ein Moment, in dem sie kurz durchschnaufen und sich sammeln konnte. Noch immer wusste sie nicht, was sie ihm sagen sollte. Wie sie es ihm sagen sollte. Doch was war nur der Grund für ihre Unsicherheit? Warum nur tat sie sich so schwer, die richtigen Worte zu finden? Sie war doch sonst nicht auf den Kopf gefallen. Aber in seiner Gegenwart........
 

»Du kannst ruhig raus auf den Balkon, ich habe bis eben auch dort gesessen«, sagte Mamoru plötzlich und riss sie damit aus ihren Gedanken.

»Aber wirklich nur, wenn ich dich nicht störe...«

»Hör mal Usagi, mir ist bewusst, dass du so kurz vor eurem Umzug und nach dem gestrigen Tag nicht ohne Grund hier erscheinen würdest. Und andererseits habe ich auch keinen Grund, dich abzuweisen und rausschmeißen zu müssen.« Er hielt ihr mit einem schiefen Grinsen den kalten Kakao hin, den sie dankend entgegen nahm und öffnete dann die Balkontür, um vor ihr nach draußen zu treten.
 

Sofort blies ihr eine angenehme Sommerbrise in das Gesicht und sie folgte ihm nach draußen. Mamoru selbst lehnte nun am Geländer und blickte neugierig zu ihr hinüber. Wieder ergriff sie das Gefühl von Unsicherheit. Wieder ging ihr sein Blick durch und durch. Unmerklich straffte sie die Schultern und nahm ihren ganzen Mut zusammen.

»Mamoru, ich…………. verdammt, warum fällt mir das nur so schwer?« Usagi schüttelte den Kopf und atmete tief ein und aus. »Also, es ist so: Ich... nein, wir müssen nicht wegziehen. Mein Vater wird nicht versetzt!«

»Aber das ist doch großartig!«, entgegnete Mamoru lächelnd.

»Naja, das war noch nicht alles, was ich dir sagen wollte...«
 

Er trat einen Schritt auf sie zu und ergriff ihre Hand.

»Usako, was ist los? Was möchtest du mir sagen, was dir so schwer fällt?«

Seine Stimme war so wie ein Streicheln auf ihrer Haut. Gefühlvoll. Samtig. Als würde er ahnen, was sie ihm sagen wollte. Seine Berührung löste eine Gänsehaut bei ihr aus und sie blickte hinauf in sein Gesicht. Direkt in seine funkelnden tiefblauen Augen.
 

»Du bedeutest mir auch so viel mehr, als ich mir bisher eingestehen wollte!«
 

Noch immer hielt er ihre Hand in seiner. Strich sanft mit dem Daumen über ihren Handrücken und blickte zu Usagi. Ihre Worte hatten sein Herz berührt. Hatten ihn mit unendlich viel Liebe erfüllt. Es gab doch noch Hoffnung auf ein Glücklich sein, dessen war er sich nun bewusst. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, als er in ihre glänzenden Augen sah.
 

Erwartungsvoll blickte sie zu ihm hinauf, als er sich langsam zu ihr hinab beugte.

Bevor sich ihre Lippen beinahe berührten, hielt er jedoch kurz inne.
 

»Ich liebe Dich, Usako.«, flüsterte er mit rauer Stimme.

»Ich liebe Dich auch, Mamo-chan.«
 

Sie überwandt die letzten paar Zentimeter, die ihre Gesichter noch voneinander trennten und küsste ihn.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Usagis weißes Sommerkleid mit den schwarzen Punkten:
http://mta2.img7e.de/images/206/69/edith-ella-weisses-kleid-aus-seide-mit-schwarzen-punkten-2-809x12​79-1.jpg

Usagis pinkes Fahrrad:
http://i60.tinypic.com/zmhxs4.jpg Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  teta
2014-09-07T05:55:21+00:00 07.09.2014 07:55
das mit den sms fand ich eine witzige idee.
auch sonst ist die story wirklich süß und passt sehr gut zu dir.
und ich liebe das titelbild *.*
Von:  solty004
2014-09-05T08:11:47+00:00 05.09.2014 10:11
Hey,
War echt süßes OS.
Da kann wieder mal gut sehen das sie ihre Gefühle Erleutern und merken das mehr für einander fühlen.

Freu mich schon auf was neues von dir für mein Kopf Kino.

LG Solty

P.s.: Ihr seid ja ein paar wo mit den 5 vor gaben jeweils eine ei gerne Story geschrieben. Es noch super wen ihr noch ein Hinweis auf die anderen Autoren gebt oder sogar den Link zu der Story. Das auch ihre Kunst werke lesen kann ohne ewig zu suchen zu müssen. Das wär ein Vorschlag von mir.

Von:  Kaninchensklave
2014-09-02T18:37:41+00:00 02.09.2014 20:37
*krümmeö krümmel*

Kommt mir bekannt vor *krümmel krümmel*

GVLG der Spezialkeks xD
Von:  Vienne
2014-09-02T15:17:06+00:00 02.09.2014 17:17
Liebste Luna ★

Deine Story ist so schön! Du hast einen tollen Spannungsbogen geschaffen. Die Sms von Motoki und Mamoru zeigen so wunderbar, wie eng die Freundschaftsbande innerhalb der Clique ist. Auch wie sie Regen tanzt und sie sich schlussendlich näher kommen. Einfach wunderbar.
Freue mich auf unser HOS ;)

Dickes Bussi an dich!
Vienne
Von:  Lifestar
2014-09-02T11:08:20+00:00 02.09.2014 13:08
Oh, mann, dass muss Mamoru echt hart getroffen haben zu erfahren, dass Usagi plötzlich wegziehen würde.
Hat sich aber gott sei dank ja alles zum Guten gewendet ;)
Deine OS ist super geworden ^^
LG
Antwort von:  -Luna-
02.09.2014 16:34
Hallo meine Liebe, danke für deinen Kommi und deinen lieben Worte :)
Habe mich gefreut und werde auch gleich deinen OS kommentieren!

LG zurück


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