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Ein winterliches Picknick

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Ein winterliches Picknick
 

Seth spürte die Kälte unter seinen Pfoten kaum, da diese gut isoliert waren. Aber es machte ihm Spaß, seine Schnauze in den weißen Schnee zu stecken. Er verfolgte verspielt verschiedene Duftnoten, von Mäusen und Eichhörnchen und Hasen. Im Winter nach solchen Duftspuren zu suchen, war sogar interessanter, da die klirrende Kälte und der Schnee die Gerüche überdeckten.
 

Seine großen Pfoten hinterließen deutlich sichtbare Spuren, doch das kümmerte ihn nicht.
 

Stattdessen rannte er mal hierhin und mal dorthin, scheuchte Rebhühner, Raben und eine ganze Hasenfamilie auf, die das Raubtier in ihm erkannten, aber er ließ sie weglaufen. Er hatte heute ein anderes Ziel. Etwas größeres, eleganteres, das etwas schwerer zu erwischen war. Im gestreckten Sprung über eine Schlucht sah er zu seinem Jagdpartner hinüber und es schien, als ob ein Grinsen die Wolfsschnauze verzerrte.
 

Edward.
 

Ihr Anfang war nicht gerade ein Bilderbuchstart gewesen, aber durch Seth‘ noch etwas kindliche Art und sein bedingungsloses Vertrauen in die Vampire, obwohl er immer zu Vorsicht ermahnt wurde, hatten sie sich schnell miteinander angefreundet. Er verstand sowieso nicht, weshalb alle Älteren im Reservat darauf bestanden, dass die Cullens gefährlich waren.
 

Ja, sie waren Vampire. Ja, Vampire waren gefährlich, jedenfalls diejenigen, die Menschenblut tranken und dafür diese auch töteten. Aber die Cullens tranken Tierblut. Und ja, sie waren daran Schuld, dass sich jeder junge Mensch im Reservat in einen Wolf verwandelte. Aber auch Wölfe, wenn sie sich wie Wölfe verhielten, machten Jagd auf Tiere. Auf große Tiere. Wieso also das den Cullens vorwerfen? Wieso sahen Sam und die anderen nur die bösen Vampire, machten sich aber nicht die Mühe, sie näher kennen zu lernen und sich vom Gegenteil überzeugen zu lassen.
 

Er wusste es nicht. Er fand die Cullens nett. Gut, ein paar hatten seltsame Angewohnheiten. Esme mit ihren übersprudelnden Muttergefühlen, die sie sonst nie ausleben konnte, Rosalie mit ihrer Wut, die sie seit ihrer Wandlung mit sich herumschleppte, Carlisle mit seinem dringenden Bedürfnis, vergangenes Unrecht von Vampiren an Menschen wieder gut zu machen. Waren das nicht alles irgendwo nachvollziehbare Handlungen? Und die Cullens nur nicht zu mögen, weil Jacob Bella nicht haben konnte, war auch nicht recht.
 

Aber all das war im Moment unwichtig. Es war nur wichtig, ihren Spaß an der gemeinsamen Jagd zu haben. Und er hatte Spaß, vor allem, als er endlich einen der Pumas witterte, die er gesucht hatte; schließlich wollte er sich vor Edward keinerlei Blöße geben. Alles andere war viel zu leicht zu jagen. Obwohl es wahrscheinlich kein Tier gab, das für einen Wolf seiner Größe schwer zu jagen war. Er hielt an, drehte seine Ohren und drückte erst seine Nase, dann seinen ganzen Körper auf den Boden.
 

Edward war schnell vergessen, jetzt zählte nur noch sein Instinkt. Er bekam kaum mit, dass sein Schwanz den Schnee hinter ihm kontinuierlich zur Seite fegte. Bis das Wedeln irgendwann zum Erliegen kam, denn es war in seinen Ohren zu laut und damit verräterisch. Der Puma war schließlich ebenfalls ein Raubtier, das Erfahrung mit der Jagd hatte, der instinktiv auf Geräusche und Gerüche achtete. Und wenn Seth heute noch zu einer befriedigenden Mahlzeit kommen wollte, durfte er sich nicht verraten. Seine Augen hatten den Puma mittlerweile ebenfalls ausfindig gemacht und er war dankbar, dass Edward sich im Hintergrund hielt. Er wollte endlich beweisen, dass er kein Kind mehr war und es auch alleine mit den großen Tieren aufnehmen konnte. Er brauchte keinen Aufpasser, aber nur Edward sah das genauso, deshalb war er ihm der liebste Jagdpartner, weil er ihn alleine machen ließ und ihm zutraute, es auch alleine zu schaffen.
 

Seth wusste, dass normale Wölfe zumindest kranke oder alte Pumas reißen konnten. Für einen Werwolf, der um einiges größer war, als ein normaler Wolf, stellte auch ein ausgewachsener kräftiger Puma kein Problem dar. Das einzige, worauf er achten musste, war, dass Katzen klettern konnten, er nicht. Und ein Puma konnte bis zu fünf Meter hoch springen. Falls er es auf einen so starken Ast schaffte, der ihn hielt, wäre er auf Edward angewiesen, der den Puma dann entweder wieder zu ihm herunter treiben oder selbst kämpfen musste. Das wollte er natürlich nicht zulassen. Aber mit ein wenig Glück vergaß der Puma ja, dass er eine gute Ausweichmöglichkeit hatte. Vielleicht würde er aber genauso Spaß an einem Kampf haben, wie er selbst, oder sich Chancen ausrechnen, da er Wölfe normalerweise besiegen konnte und er den Größenunterschied unterschätzte. Oder Pumas dachten gar nicht, sondern handelten nach Instinkt. Und der besagte nun mal, dass Überleben das Wichtigste war.
 

Gerade in dem Moment, als er lossprang, bewegte sich auch der Puma. Doch er hatte Glück, denn der Puma sprang nicht nach oben, um in den Ästen zu verschwinden, sondern er schien den Kampf zu suchen, denn er sprang ihm entgegen und so dauerte es nicht lange, bis die wuchtigen Körper gegeneinander prallten. Seth spürte die großen mächtigen Tatzen, die gegen ihn schlugen und die rasiermesserscharfen Krallen, die durch sein Fell glitten und seine Haut durchschnitten. Doch durch das Adrenalin fühlte er keinen Schmerz und wenn dieses abgeklungen war, wären seine Wunden bereits verheilt, so dass er auch später nichts spüren würde. Seine eigenen Pfoten krachten ebenfalls gegen den muskelgestählten Katzenkörper, der ein unwilliges Brummen von sich gab. Geschickt wich er den spitzen Reißzähnen aus, während er versuchte, selbst zuzubeißen und gleichzeitig das Gleichgewicht zu wahren, denn wenn er das verlor, wäre der Kampf entschieden.
 

Eine Weile tanzten sie auf ihren Hinterbeinen kämpfend im Schnee hin und her, bis es dem Puma durch eine nur kurze Unachtsamkeit seinerseits gelang, ihm in die empfindliche Nase zu beißen. Schmerzerfüllt jaulte er auf und er wurde jetzt richtig wütend, doch bevor er diese Wut nutzen konnte, huschte etwas, oder eher jemand, auf sie zu, denn der Puma hatte ihn damit wirklich aus dem Gleichgewicht gebracht und aus der ausgeglichene Kampf hatte sich zu einer Gefahr für ihn entwickelt.
 

Daher griff nun Edward ein.
 

Noch ehe der Puma – oder Seth, davon mal abgesehen – überhaupt begriffen hatte, was geschah, hatten sich die spitzen Eckzähne des Vampirs in seine Kehle gebohrt.

Seth schnaubte, oder gab zumindest ein Geräusch von sich, das einem Schnauben bei einem Menschen wohl am nächsten kam. Eigentlich war das sein Kampf gewesen den auch er beenden wollte. Es war ihm ein wenig peinlich, dass er den Kampf nicht selbst zu Ende bringen konnte, doch er wusste, dass Edward nur eingegriffen hatte, weil er keine andere Wahl gehabt hatte. Während sich der Puma noch kräftig gegen den eisernen Griff zu wehren versuchte, trottete Seth nun zur Flanke der Kleinkatze und schnappte nach einem der Hinterläufe. Er wusste, wenn er noch ein Stück Fleisch mit Blut abbekommen wollte, sollte er sich beeilen. Mit zwei gezielten Bissen hatte er das Bein am Becken abgetrennt und er zog es hinter sich her, um sich etwas entfernt niederzulegen.
 

Während er kaute betrachtete er die tiefrote Spur, die er im dem blütenweißen Schnee hinterlassen hatte und sah dann zu Edward und dem schlaffen Körper des einst so stolzen Katers. Er selbst genoss es, dass das Fleisch noch heiß war und frisch und zart. Er zog das Fleisch von den Knochen, während er das Fell unbeachtet links liegen ließ.

Irgendwie kam ihm der Gedanke, dass das wohl das nächste war, das in einem kalten Winter mit einer dicken Schneeschicht an ein Picknick herankam. Wie ein Date. Als der letzte Knochen abgenagt war, saß Edward vor ihm und beobachtete ihn und er fragte sich unwillkürlich, ob Edward seine Gedanken gelesen hatte. Vermutlich. Er öffnete die Schnauze und seine Zunge und Edwards Hand erreichten gleichzeitig seine Nase, um das dortige Blut abzuwischen. Edward grinste und leckte sich den Daumen ab, während Seth schluckte.
 

Das goldene Schimmern der Vampiraugen war so intensiv, dass Seth seinen Blick abwenden musste. Gesättigt legte er sich nun in den Schnee. Kurz darauf spürte er einen Körper neben sich, der ihn umarmte und er brummte wohlig.



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