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Vom Dunkel und vom Licht

Das unaufhörliche Streben nach Glück und die Kellen die das Leben gibt
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben und herzlich Willkommen zu einem weiteren Kapitel.

Dieses hier hat mich eine Menge nerven gekostet und ich schreibe schon seid gschlagenen drei Tagen daran herum. Streiche weg, schreibe neu und wiederhole den ersten Vorgang. Ich bin nun einigermaßen mit ihm zufrieden und hoffe, dass es auch euch gefällt.

Dieses Kapitel ist mein Weihnachtsgeschenk an euch. Sofern es heute noch veröffentlicht werden sollte.
Des Weiteren möchte ich mich herzlichst für die lieben Reviews bedanken die ich bereits erhalten haben. Sie zeigen mir, dass ich als Autor nicht gänzlich ein Versager bin. Dies ist meine erste Geschichte und ich freue mich sehr, dass sie ein paar Anhänger gefunden hat!
In diesem Sinne wünsche ich euch allen ein frohes Weihnachtsfest und einige besinnliche Tage im Kreis eurer Liebsten.

Liebe Grüße
Vanhia Komplett anzeigen

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Kapitel 7 - In der Dunkelheit geboren

„Das darf doch nicht wahr sein, verdammte Scheiße“, rief ich frustriert und erhielt prompt einen merkwürdigen Seitenblick von dem Ninja mit den Katzenaugen.

Zum Glück konnte er mich nicht verstehen, so dass es mir eigentlich herrlich Schnuppe sein konnte. Dennoch spürte ich wie meine Wangen brannten. Einerseits, weil ich mich wegen meines plötzlichen Ausbruchs schämte, andererseits, weil ich wieder diesen schier endlosen Zorn in mir spürte, der mir das Blut ins Gesicht trieb.

Wie konnte der alte Kauz einfach verschwinden und uns hier mitten im Nirgendwo stehen lassen?
 

„Tut mir Leid“, sendete ich eine zerknirschte Entschuldigung in seine Richtung ab.

„Was hast du denn gesagt?“, kam es neugierig von ihm. Ich hielt es für besser mich nicht zu wiederholen. Der Mann war schon empört genug gewesen, als ich den Hokage beim Vornamen genannt hatte.

„Nichts nettes.“ Seufzend drehte ich mich von ihm weg um die Wiese zu betrachten auf der vor kurzem noch die Illusion eines ganzen Dorfes gestanden hatte.

Diese ganze Chakra-Sache bereitete mir Kopfschmerzen, denn es schien kaum etwas zu geben, dass sich damit nicht anstellen ließ. Geistesabwesend kaute ich auf meiner Unterlippe, während ich mich fragte was noch alles im Bereich des Möglichen lag.

Tenzou indessen hatte seine Hände gehoben und nach einer Abfolge von Handzeichen löste auch er sein Jutsu auf. Das Gasshō- Haus verpuffte, ähnlich wie der Sandaime, in einer Rauchwolke.

„Es war keine Illusion?“

„Nein, sonst hätte ich die Tür nicht aufbrechen müssen, oder?“

Auch wieder wahr.
 

„Wir sollten uns auf den Weg machen. Oder brauchst du noch etwas Zeit um dich auszuruhen?“ Seine weiche Stimme war freundlich und dennoch hörte ich Distanz, Ernsthaftigkeit und Vorsicht heraus. Der Holzninja vertraute mir nicht, was ich ihm auch nicht verübeln konnte.

Der alte Mann hatte es da auch nicht besser gemacht, indem er uns einfach hier hatte stehen lassen. Unsere Kampfhandlungen von letzter Nacht hatten wir noch nicht vergessen.

Angespannt standen wir nebeneinander bis der Braunhaarige fast unmerklich mit den Schultern zuckte und sich wegdrehte.

Anscheinend wollte er die Situation etwas auflockern oder zumindest die Starre unterbrechen in der wir uns beide befanden.

Er sprang mit einem Satz zu einem größeren Stein in der Umgebung, hinter dem er einen kleinen Rucksack hervorzog.

Stirnrunzelnd betrachtete ich ihn, als er mit seinem Gepäck wieder vor mir aufkam. Letzte Nacht hatte er definitiv keinen Rucksack gehabt.

„Nein, keine Pause.. aber... können wir langsam gehen?“ In mir rebellierte mein verletzter Stolz, als ich mir eingestehen musste, dass mich die Erlebnisse dieser Reise ziemlich angestrengt hatten.
 

„Na klar!“ Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, was ihm wirklich gut stand.

„Danke, Tenzou.“ Ich zögerte einen Moment, während wir uns gemächlich in Bewegung setzten und in Richtung der Baumgrenze wanderten und somit auch auf den befestigten Weg zu, den ich bei meiner Ankunft gemieden hatte.

„Wie hat er das gemacht?“

„Was meinst du?“ Verwirrt über meine Frage runzelte der Ninja seine Stirn.

„Er ist einfach... verschwunden.“, umschrieb ich das Verhalten des Hokages, um das meine Gedanken kreisten. Es ärgerte mich ein wenig, dass ihn die plötzliche Verpuffung seines Heeren in keinster Weise zu stören schien.

„Das war das Jutsu des Schattendoppelgängers“, erklärte er mir. „Sag bloß, das kennst du nicht.“

„Nein“, erwiderte ich lediglich und der Shinobi merkte, dass er in ein Fettnäpfchen getreten war. Wenn ich kein Chakra benutzten konnte, woher sollte ich dann wissen, welche Arten von Anwendungen daraus entstanden?

Schweigend sah Tenzou geradeaus, während er wohl überlegte, wie er die Situation retten konnte.

In meinem Kopf überschlugen sich derweil die Gedanken, in dem Versuch alle neue Erfahrungen und Informationen in eine überschaubare Ordnung zu bringen.

Irgendwann musste ich jedoch frustriert aufgeben, denn es fehlte mir vor allem an Letzteren um die Dinge in eine, für mich fassbare, Reihenfolge zu legen.

Meinem Begleiter schien in der Zwischenzeit auch keine Lösung für sein eigenes Problem eingefallen zu sein, zumindest wagte er es nicht noch einmal das Wort an mich zu richten.

'Das wird wohl ein wunderbarer Heimweg', dachte ich pessimistisch.

Mit starrem Blick bewegte er sich mit geschmeidigen Schritten neben mir her, während über uns die Sonne immer tiefer sank und sich der Himmel erst orange, dann blutrot färbte.

Nachdenklich schaute ich das Farbschauspiel an.

In meiner Heimat hatte ich nie sonderlich auf die Sonnenuntergänge geachtet. Weder emotional, noch visuell.

Wobei ich zugeben musste, dass sie in der Stadt auch nie so schön gewesen waren.

'Oder ist es mir nur nie aufgefallen?'

Energisch schüttelte ich meinen Kopf, um die Erinnerungen zu vertreiben.
 

„Langsam wird es dunkel“, unterbrach ich nach einer Weile die Stille.

„Gehen wir noch solange weiter, bis wir eine Stelle finden, an der mehr Platz ist.“ Ohne eine weitere Erklärung verließ der Ninja den Weg und schlug sich in die Büsche. Überrumpelt blieb ich einen Moment am Straßenrand stehen. Was meinte er denn mit 'mehr Platz'?

Ratlos sah ich ihm hinterher.

Doch im Grunde machte es eigentlich keinen Sinn sich darüber den Kopf zu zerbrechen, was er genau gemeint hatte. Ich befand mich hier buchstäblich im Wunderland, was bedeutete, dass ich mich tatsächlich pausenlos wunderte. Daher zuckte ich mit den Schultern und beeilte mich ihm zu folgen, bevor ich ihn gänzlich aus den Augen verlor.
 

„Wow!“, beeindruckt riss ich die Augen auf. „Tenzou, das ist …..“, ich war sprachlos. Vor mir stand ein riesiges Haus aus Holz.

Freilich hätte ich es mir wohl denken können, schließlich hatte der Mann vor nicht wenigen Stunden zusammen mit dem Hokage ein ganzes Dorf aus dem Nichts geschaffen. Dennoch. Dabei zusehen zu können, wie aus dem Boden starke Holztriebe hervorbrachen, sich gegenseitig umschlangen bis sie wiederum von neuen Balken ummantelt wurden war faszinierend und unglaublich zugleich.

„unbeschreiblich schön“, beendete ich meinen Satz. Und es stimmte. Das zweistöckige Gebäude, dass er mit Hilfe seines Chakras wortwörtlich aus dem Boden stampfte, war ein Prachtbau.

Trotz der Dunkelheit um uns herum spendete der gerade aufgehende Mond und die Sterne genug Licht um einige der Details wahrnehmen zu können.

Über und über mit Schnitzereien bedeckt, erstrahlte es in stiller Erhabenheit.

Mein enthusiastischer Ausbruch löste bei meinem Begleiter allerdings Verlegenheit aus und mit einem Hauch rosa im Gesicht, den ich mehr erahnte denn sah, verschwand er wortlos im Inneren.

„Es ist leider ziemlich dunkel hier drin“, tönte seine angenehme Stimme nach draußen. Beim Anblick des Gebäudes wusste ich auch wieso es im Haus selbst stockfinster sein musste.

Trotz des riesigen Ausmaßes gab es, soweit ich erkennen konnte, lediglich ein einziges Fenster in der obersten Etage.

Der Eingangsbereich war demnach unbeleuchtet sofern man mit Chakra nicht auch noch elektrisches Licht herbeizaubern konnte.

Schocken würde mich das aber auch nicht mehr.
 

Um mich irgendwie nützlich zu machen holte ich meine kleine Taschenlampe heraus und knipste sie an, während ich ihm durch die Eingangstür folgte.

Der Lichtstrahl fiel auf eine Treppe, deren beidseitiges Geländer ebenfalls voller Schnitzereien waren. Von dem Ninja war weit und breit keine Spur.

Über mir hörte ich Schritte. „Wo bist du?“, fragte ich ruhig.

Stille.

'Na wunderbar', grummelte ich in mich hinein.

Stufe um Stufe näherte ich mich vorsichtig der oberen Etage. Das tappende Geräusch über mir war verstummt, so dass es nun mucksmäuschenstill war. Eine Gänsehaut überzog meine Arme. Irgendetwas war hier faul.
 

„Hier bin ich“, heftig zuckte ich zusammen. Der Mann stand genau hinter mir, wobei ich seine Anwesenheit lediglich spürte, denn in meinem Schreck hatte ich meine Lampe gelöscht und war zur Seite gesprungen, bereit mich zu verteidigen.

Vage fragte ich mich, ob er mich vielleicht mit Absicht erschrocken hatte. Die Antwort auf diese Frage hätte ich wohl bei jedem Anderen mit ja beantwortet. Doch der Shinobi schien mir für einen solchen Humor eigentlich zu ernst zu sein. Während ich den Bruchteil einer Sekunde diesem Gedanken nachhing schlug mein Herz so heftig, dass ich sicher war, es würde gleich aus meiner Brust springen. Das Adrenalin schoss durch meinen Körper und hätte ich nicht schon mit so einer Überraschung gerechnet, wäre ein blaues Auge noch die harmloseste seiner Verletzungen gewesen.

Äußerlich um Ruhe bemüht, schob ich mein letztes Kunai zurück in die Schlaufe, bevor ich das Licht wieder anschaltete und ihm fest ins Gesicht sah.

„Ehmm, tut mir Leid“, perplex starrte er mich an, wobei er durch seine eigentümlich geformten Augen eine noch größere Ähnlichkeit mit einer Katze hatte.

„Nicht schlimm.“, presste ich hervor und versuchte meinen Puls wieder zu beruhigen.

„Ich mag keine Dunkelheit. Und ich mag es auch nicht, wenn jemand im Dunkeln hinter mir steht.“ Tenzou blinzelte neugierig geworden und schien auf mehr zu warten. Aber ich hatte schon zu viel erzählt. Um das Thema abzuwiegeln, drehte ich mich zur Seite und brachte die verbliebenen Stufen der Treppe zur oberen Etage hinter mich.

Der Lichtstrahl der Lampe flog von der einen zur anderen Seite und zeigte mir, dass von dem Gang zwei Türen in weitere Zimmer abgingen.

„Du redest nicht sonderlich viel, oder?“, fragte eine weiche Stimme neben mir.

„Doch“, ich überlegte nach der richtigen Formulierung.“ Aber ich brauche sehr lange, bis ich einen schwierigen Satz im Kopf übersetzt habe.“ Verlegen sah ich ihn an. „Da lasse ich es meistens.“

„Deswegen hast du also während des Kampfes nichts gesagt?“ Damit hatte er nicht einmal schlecht geraten.

„Nicht nur deswegen.“

Ich bekam die stumme Aufforderung weiterzureden.

„Ich rede generell ...wenig in einem Kampf. Wieso sollte ich auch viel sprechen?“

Das schien ihn zum Nachdenken zu bewegen und eine Weile stand er reglos auf dem obersten Absatz.

Im Grunde war es einleuchtend, auch für ihn, denn da er selbst als Kämpfer eine Maske trug war es wohl nachvollziehbar genug, nirgends mit der eigenen Identität hausieren zu gehen.

„Du hättest Informationen über mich sammeln können“; antwortete der Braunhaarige langsam und brachte mich damit aus dem Konzept. Zwar hatte ich mittlerweile genug Übung in normalen Gesprächen, aber das hier ging tiefer in die Materie.

„Ich hatte alle..Informationen... die ich brauchte. Und ich wollte dir keinen Hinweis über mich geben.“

Tenzou deutete durch ein Nicken an, dass er verstand worauf ich hinaus wollte.

„Du bist ziemlich groß für eine Frau. Hättest du in einem günstigen Augenblick etwas gesagt, hätte es womöglich für einen Moment der Unaufmerksamkeit gesorgt. Eine gute Idee.“

Damit war das Thema scheinbar beendet und er ging, begleitet vom Schein meiner Leuchte, durch die Tür zu meiner Linken.

Unentschlossen stand ich nun alleine in dem kleinen Flur und fragte mich, ob ich ihm folgen oder in das andere Zimmer gehen sollte.

„Worauf wartest du denn? Wenn du es im Dunkeln nicht magst, wirst du wohl in einem Zimmer mit mir schlafen müssen. Durch das Fenster hast du wenigstens etwas Licht.“

Demnach hatte ich richtig geraten und es gab wirklich nur ein einziges Fenster im gesamten Gebäude. Gehorsam betrat ich hinter Tenzou den Raum und schloss die Schiebetür hinter mir.
 

„Machst du das öfters, so ein Haus, meine ich.“

„Nun, wenn ich mit einem Team unterwegs bin und es die Umstände zulassen, ja. Es ist doch etwas bequemer als draußen auf dem Waldboden.“

Während er sprach holte er aus seinem Rucksack eine Decke hervor.

Etwas neidisch dachte ich daran, wie schön ich es nun in meinem Schlafsack haben könnte. Doch der lag nach wie vor unter meinem Bett und somit außerhalb meiner Reichweite. Und obwohl die frühsommerlichen Junitage zum Teil brütend heiß waren, schlossen sich die Nächte den Temperaturen in keinster Weise an.

'Und diese hier wird sicher verdammt kalt werden', dachte ich mit einem leisen Seufzen, wonach ich mich mit etwas Abstand neben meinem Begleiter auf dem Boden nieder ließ.

Reglos sah ich ihm dabei zu, wie er ein weiteres Mal in seine Tasche griff und aus dem Inneren seines Gepäckstücks eine kleine Laterne zog, die er anzündete und zwischen uns auf den Boden stellte. Doch kein elektrisches Licht durch Chakra und obwohl es albern war, spürte ich eine leise Enttäuschung in mir.

Das flackernde Licht warf unheimliche Schatten an die Wand. Unwillkürlich lief mir ein kalter Schauer über den Rücken.

„Du magst die Dunkelheit wohl wirklich nicht, oder?“, fragte mein Gegenüber.

„Ich denke niemand, mag die Dunkelheit“, entgegnete ich ausweichend.

„Oder magst du es ohne Licht?“ Wie zweideutig dieser unbedachte Satz von mir war, fiel mir eine Sekunde später auf und hoffte, dass der Ninja den Fauxpas einfach übergehen würde.
 

Eigentlich hatte ich mit allen möglichen Reaktionen gerechnet. Von lautem Lachen bis geflissentlichen ignorieren. Doch auf das was folgte war ich nicht vorbereitet, denn anstelle sich über mich lustig zu machen oder irgendwie anders darauf einzugehen stieß meine unglückliche Gegenfrage auf eine Wand des Schweigens. Offenbar hatte ich irgendeinen Nerv getroffen. 'Das hab ich ja wieder schön hinbekommen', schalt ich mich gedanklich.

Reumütig sah ich von der tanzenden Flamme zu dem jungen Mann, dessen Gesicht der Maske glich die er für gewöhnlich trug.
 

„Ich bin in ihr geboren worden, und sie ist mein ständiger Begleiter. Die Dunkelheit ist ein großer Teil von mir.“, kam es leise von Tenzou, als ich bereits nicht mehr an eine Reaktion geglaubt hatte und mich bereits entschuldigen wollte.

„Das glaube ich nicht“, entschied ich vorsichtig.

„Wieso sagst du das?“ Es war eine intime Frage und ich konnte verstehen, wenn ich darauf keine Antwort erhalten sollte. So wie ich selbst meine Erlebnisse und meine Vergangenheit mit niemandem teilte, konnte ich es auch ihm nicht vorwerfen, wenn er es auf die gleiche Art handhabte.

Als er mir in die Augen sah veränderte sich etwas an seinem Blick. Der starre und harte Gesichtsausdruck, den er eben noch zur Schau gestellt hatte fiel von ihm ab und alles was blieb war eine stumme Mischung aus Gefühlen die ich gut kannte: Einsamkeit, Trauer und Verlust.

Unbewegt sah ich ihm weiterhin in die Augen und obwohl er mich ansah, wusste ich doch, dass er mich nicht mehr wahrnahm.

Während er durch mich hindurchsah, bewegte ich mich keinen Millimeter, selbst meine Atmung hielt ich so flach wie möglich. Viel zu zerbrechlich war der Moment in dem wir uns befanden, denn der Mann entschied gerade darüber, ob er mir einen Teil seiner Gedankenwelt zeigen wollte oder nicht. Eine falsche Bewegung meinerseits und er würde sich wieder hinter seiner ernsten und starren Maske verschanzen.
 

„Ich gehöre zu den Anbu.“, flüsterte er. Ohne ein Wort zu sagen, sah ich ihn weiter an, während er seinen Blick wieder senkte und sich auf die Laterne zwischen uns konzentrierte.

„Es eine Abkürzung für [An]satsu Senjutsu Tokushu [Bu]tai. Die Attentatstaktiken-Spezialeinheit. Aber man nennt uns auch die 'dunkle Abteilung'.“

Wütend, trotzig und in gewisser Weise auch herausfordernd funkelten seine Augen in meine Richtung.

„Meine Identität als Attentäter wurde in der Dunkelheit geboren und nun friste ich mein Leben in ihr. Das ist das Schicksal eines jeden Ninjas und wir Anbu machen da keine Ausnahme. Die Masken verschleiern nicht ohne Grund wer wir sind.“ Er war immer lauter geworden.

„Das ist nicht wahr.“ Überrascht sah er mich an.

„Es ist Niemandes Schicksal in der Dunkelheit zu leben. Auch wenn du dich in ihr bewegst.“

„Woher willst du das wissen?“, fragte er heftig. Nun war es an mir in das Feuer zu schauen. Die Schatten tanzten um das Glas herum, wie kleine Teufel.
 

Mir war der Moment völlig entgangen an dem die Situation gekippt war, doch an irgendeinem Punkt musste ich wohl etwas falsch gemacht haben.

Eine andere Möglichkeit war, dass er bereits emotional aufgewühlt diese Mission begonnen hatte. Sein Ausbruch hatte mich ziemlich überrumpelt, was sehr für diese Theorie sprach.

Zwar kam es nicht selten vor, dass Spezialkräfte irgendwann ihre grundsolide Substanz verloren und sich Luft verschafften, dabei spielte es dann auch keine Rolle mehr in welcher Umgebung sie sich gerade befanden. Ein harmloser Trigger reichte bereits aus. Doch für einen Mann, der einen so kontrollierten Eindruck machte, kam es unerwartet und auch etwas an Tenzous Art irritierte mich. Seine Frage war nicht nur eine Aufforderung gewesen. Es war auch eine fast flehende Bitte nach einer Antwort.
 

Eine Weile dachte ich darüber nach und kam zu dem Schluss, dass der Hokage ihm tatsächlich nichts von meiner eigenen Vergangenheit erzählt hatte und einen Moment lang wunderte ich mich, mit welchen Informationen Tenzou überhaupt in diesen Auftrag hineingegangen war.

„Ich weißt wie es in der Dunkelheit ist.“ Fest sah ich in seine schwarzen Katzenaugen. „Den Menschen die Hoffnung zu nehmen ist ihre Art.“

„Was meinst du damit?“, verständnislos und überrascht wanderten seine Augenbrauen nach oben.

„Hoffnung ist wie ein Licht.“ Mit meinem Finger tippte ich gegen die Laterne.

„Dunkelheit ist Zweifel. Er flüstert einem ein, dass die Finsternis überall ist. Absolut. Erbarmungslos. Aber das stimmt nicht. Sie ist nur so mächtig, wie du sie sein lässt.“

In Tenzous Miene spiegelte sich zunächst Unglauben, der sich nach einigen Herzschlägen in einen nachdenklichen Ausdruck verwandelte. Mit glasigem Blick sah er wieder in das kleine Feuer. Wo auch immer er gerade war, mich hatte er komplett ausgeblendet.
 

Ich griff nach meiner Gürteltasche, die ich neben mich gelegt hatte und holte eine Tube hervor. Dann griff ich nach der Laterne, die den Raum zwischen uns teilte und auf eine merkwürdige Art eine Mauer symbolisierte, die der Anbu zwischen uns errichtet hatte. Woher meine Initiative in diesem Augenblick kam, wusste ich nicht. Auch wieso ich das tat war mir gänzlich schleierhaft.

Bevor Tenzou wieder aus seinem Unterbewusstsein aufgetaucht war und sich wehren konnte, schob ich die Lichtquelle zur Seite um nach vorne zu rutschen. Vielleicht etwas provokativ setzte ich mich so nah vor ihn, dass sich unsere Knie beinahe berührten.

„Halt still.“, wies ich ihn an, während meine Hände den Schraubverschluss öffneten und solange auf den Corpus drückten, bis sich ein Fleck weißer Creme auf meinem Finger absetzte. Der Ninja sah mich auf einmal so entsetzt an, dass man meinen konnte, ich hätte vor ihn zu fressen. Mühsam unterdrückte ich ein Lachen, da er es schaffte wie eine Katze auszusehen, die man ohne Vorwarnung in eine Wanne voller Wasser warf.

„Das ist Heparinsalbe“, erklärte ich ihm. „Es hilft gegen das dicke Auge.“ Gemeint war damit natürlich sein Veilchen, aber geschickter konnte ich es nicht ausdrücken, nahm mir allerdings vor Iruka danach zu fragen.

Auch für das Arzneimittel benutzte ich lediglich den Namen, den ich kannte, was dem Anbu natürlich für das Verständnis gar nichts brachte. Doch immerhin saß er still da und ließ mich machen.

Braver Mann, kommentierte es in mir. Meine Antwort darauf war ein innerliches Augenverdrehen. So vorsichtig wie möglich, verteilte ich das Heparin auf der geschwollenen Gesichtshälfte, wobei ich immer deutlicher meine eigenen Verletzungen merkte. Meine Beweglichkeit schränkte sich allmählich immer weiter ein und jeder Muskel zog fürchterlich wenn ich ihn beanspruchte.

Ich musste sie untersuchen und versorgen so viel stand fest. Tenzou zuckt.

„Oh, tut mir Leid.“ Mitfühlend sah ich ihn an und verrieb den letzten Rest so sanft wie möglich. „Es ist leider schon etwas spät für das Mittel. Aber ein wenig wird es helfen.“ Lächelnd schraubte ich die Tube wieder zu um sie in meiner Tasche zu verstauen.

Angestrengt überlegte ich wie ich meine Wunden am besten reinigen konnte. Die kühle Nachtluft trug die verschiedensten Geräusche zu uns und eines davon war unverkennbar das Plätschern eines Flusses. Mit einem Schauer dachte ich an das sicherlich furchtbar kalte Wasser, aber es nutzte nichts.

Der Tag war ziemlich warm und schwül gewesen, so dass ich bereits das Gefühl hatte mit meiner Kleidung verschmolzen zu sein. Sie klebte wie eine zweite Haut an mir und je verschwitzter ich jetzt war, um so mehr würde ich in der Nacht frieren. Darüber hinaus hatte sich Staub nebst anderem Dreck auf meinen Schnittwunden abgesetzt und war eingetrocknet. Sollte ich sie nicht in nächster Zeit reinigen würde sich das Entzündungsrisiko stark erhöhen und Wundbrand oder gar eine Blutvergiftung konnte ich mir nun wirklich nicht leisten.
 

Misstrauisch beäugte ich eine Mücke, die begonnen hatte um uns zu kreisen.

„Ein Raubtier auf der Jagd“, murmelte ich gedankenverloren. Der Braunhaarige folgte meinem Blick und als er den Blutsauger entdeckte, grinste er mich an. Er schien inzwischen seine Gelassenheit wiedergefunden zu haben und ich beglückwünschte mich in Gedanken für die etwas unorthodoxe Idee von eben. Zumindest hatte sie ihren Zweck erfüllt, die Atmosphäre hatte sich merklich gelockert und auch von Tenzous Wut war nichts mehr zu sehen.

„Angst?“

„Nein“, entgegnete ich ruhig, während ich das Biest weiter beobachtete. Seelenruhig drehte es weiter seine Kreise um uns. Sicherlich hatte es seine Schwierigkeiten sich zu entscheiden wer von uns beiden die geeignetere Beute abgab.

Nach zwei weiteren summenden Runden festigte sich ihr Entschluss und sie ließ sich auf Tenzous Arm nieder.

'Glück gehabt', ich entspannte mich, machte aber die Rechnung ohne den Ninja. Dieser hob nämlich seine Hände, machte ein Zeichen und an der Stelle seiner Haut, wo die Mücke sich niedergelassen hatte brach ein kleiner Zweig durch seine Haut. Erschrocken ergriff sie die Flucht und schwirrte nun wieder in der Luft herum. Blödes Chakra.
 

Anscheinend frustriert über sein unwilliges erstes Opfer, schien das Insekt nun seine Angriffstaktik geändert zu haben und summte ohne viel Federlesen und Verzögerung auf mich zu.

„So nicht, Schwester“, murmelte ich leise in meiner Sprache, damit Tenzou mich nicht verstand und wartete mit zusammengekniffenen Augen den besten Moment ab. Langsam hob ich die Hand und knallte sie, wenig damenhaft, samt Mücke auf den Boden.

Der Ninja schüttelte sich vor Lachen. Verlegen lächelte ich ihn an.
 

„Ich habe draußen irgendwo Wasser gehört. Ich brauch dringend ein Bad.“, wechselte ich das Thema, während ich nach meiner Tasche griff und mich aufrichtete. Immer noch grinsend nickte er mir mit verschränkten Armen und einer merkwürdig selbstgefälligen Miene zu.

Du hast die Situation gut gemeistert, das Eis scheint gebrochen zu sein.

Gedankenverloren nickte ich mir zu während meine Füße tastend die Treppe herunterstiegen. Draußen war der Mond mittlerweile höher gestiegen, so dass um mich herum alles in ein silbriges Licht getaucht war.

So war es leicht über Wurzeln und Gestrüpp zu steigen, ohne zu fallen. Um mich herum zirpten ausgelassene Grillen und irgendwo in einiger Entfernung hörte ich eine Eule. Mit zunehmender Lautstärke des Rauschens wusste ich, dass ich mich dem Wasser näherte. Beinahe wäre ich in den Fluss hineingefallen, da sein Lauf direkt hinter einem Busch lag, durch den ich mich drückte. Gerade noch rechtzeitig konnte ich mich an einem Zweig des Gestrüpps festhalten, sonst wäre ich wohl samt und sonders baden gegangen. Ein wenig weiter Stromaufwärts entdeckte ich eine geeignete Stelle um meine Sachen trocken abzulegen und in die gemächlich fließenden Fluten zu steigen.
 

Ohne groß nachzudenken, nahm ich meine Weste ab. Der Teil des Waldes erschien mir entlegen genug um nicht von einem ungebetenen Gast überrascht zu werden.

„Hnnn“, stöhnte ich, als ich meine Arme in eine anstrengende Position hob um an dem Kleidungsstück die Verschlüsse zu öffnen.

Meinem Protektor folgten Gürtel, Stiefel, Hose, das T-Shirt und schließlich auch meine Unterwäsche. Prüfend sah ich an mir herab. Die Stelle an der mich der Hokage in die Magengrube geschlagen hatte war geschwollen und blau, was ziemlich übel aussah.

Aber besonders schlimm hatte es meine rechte Seite erwischt an der ich den Treffer vom Holzninja kassiert hatte. Sanft tastete ich sie ab.

Gebrochen war zum Glück nichts, aber die Prellung war äußerst Schmerzempfindlich, weswegen ich scharf die Luft einsog.

Der restliche Schaden war schnell begutachtet: ein paar Kratzer, einige Schürfwunden und eine Hand voll weitere blauer Flecken. Nicht weiter schlimm und auch nichts was ich nicht gewohnt war. Auch die Schnitte an meinen Beinen stellten sich bei näherer Betrachtung als nicht besorgniserregend heraus. Zwar mussten sie trotz allem versorgt werden, aber eine akute Gefahr ging von ihnen nicht aus. Vorsichtig tauchte ich meinen Fuß in das Wasser um die Temperatur zu prüfen. Es war kalt, aber nicht unangenehm. Langsam ließ ich mich in die sanfte Strömung gleiten und stellte erstaunt fest, dass wenige Meter neben mir ein überspülter Findling unter der Wasseroberfläche lag. Kurz stand ich in der leichten Strömung und genoss das leicht ziehende Gefühl an meinem Körper, dann watete ich hinüber zu dem Stein, der eine geradezu ideale Größe hatte und praktischerweise in einer kleinen Ausbuchtung des Flussbettes lag, in der die Strömung noch weiter ausgebremst wurde. Das Wasser ging mir bis zur Mitte meiner Rippen und so machte ich mir keine Sorgen, dass ich vielleicht mit dem Kopf unter die Oberfläche geraten könnte, sollte wider Erwarten doch eine Welle mich erreichen.

Um mich herum wurde das Wasser tiefer und wenn ich gewollt hätte, wäre es mir möglich gewesen ein wenig zu schwimmen.

Das flüssige Element kräuselte sich um mich herum, als ich meine Beine anzog und meine Arme um sie schlang. Mit geneigtem Kopf ließ ich die Ruhe meiner Umgebung in mich hinein fließen und schloss umgeben von den Geräuschen der Nacht genießerisch die Augen. Das kühle Wasser war eine Wohltat, denn es wusch nicht nur den Schweiß und den Dreck davon sondern kühlte auch meinen geschundenen Körper. Ich hob meine Hand und beobachtete wie das Wasser von meinen Fingerspitzen tropfte. Was für ein Tag und was für eine Nacht.

In meinem Kopf spielte ich alles noch einmal durch: das Gefühl als ich gemerkt hatte, dass ich verfolgt wurde, die Kunais, meine Flucht durch die Bäume, der erste Kampf zwischen Tenzou und mir auf der Lichtung und die Handzeichen die er gemacht hatte um sein Jutsu zu wirken. Dann sein Partner, der eigentlich Hiruzen gewesen war. Die Erddrachenbombe, mein Sprung in den dunklen Abgrund, Benjiro und Dai. Hoffentlich ging es den Beiden gut, und sein Kind war gesund zur Welt gekommen.

Ziellos irrten die Erinnerungen durch meinen Kopf ohne an einer bestimmten Stellen stehen zu bleiben. Sanft strich ich mir dabei über meine Arme und erschauerte. Es war lange her, dass ich zärtlich berührt worden war. Eine gefühlte Ewigkeit.

Auch war es mir in den letzten Jahren nicht möglich gewesen mich selbst auf diese Weise zu berühren. Seufzend verschränkte ich meine Arme wieder auf meinen Knien und auch meine Gedanken tauchten wieder in den Strudel ein, der in meinem Inneren tobte: Was war eigentlich ein Genjutsu, wie konnte der Alte einfach so verschwinden und hatte ich eigentlich eine reelle Chance gehabt?

Meine Hand tastete nach meinem Nacken und befühlte die beiden verbliebenen Metallbolzen. Ihr außenliegendes Ende war rund, so dass sie sich anfühlten wie Stecknadelköpfe. So klein, und so unscheinbar.

Frustriert schloss ich die Augen. Im Grunde konnte ich dem Hokage nicht böse sein, ich hatte immerhin einem Test zugestimmt. Dennoch hatte er sein Versprechen gebrochen und einen Mann mit mir in die Arena geschickt. Dieser Mann, gehorchte seinem Herren blind ohne eine Frage zu stellen. Das sprach einerseits für den Ruf den der Hokage bei seinen Untergebenen genoss, andererseits gingen mir die Worte des Anbu nicht mehr aus dem Kopf.
 

Die Shinobi sind merkwürdige Menschen. Ehre und der Wille ihr Dorf zu schützen geht ihnen über Alles. Aber dieser Wille hat auch seine Kehrseite. Tenzou scheint sich nicht als richtiger Mensch zu sehen, sondern als ein Schatten, flüsterte die Stimme in mir.

'Er sieht sich als Werkzeug', korrigierte ich traurig. 'Er würde für das Dorf sein Leben geben, doch er vergisst dabei, dass er auch selbst leben muss.' Aber konnte ein Mann in seiner Position die Welt noch positiv sehen? Als Attentäter führte man unbestritten ein Leben im Verborgenen und in einem Kreislauf ewiger Gewalt.

Ob der Mann mit seinen faszinierenden Augen, vielleicht nicht mehr durch die Dunkelheit sehen konnte? Vergaß er womöglich zunehmend den Grund, für den er so viel von sich aufgab? Die Vermutung lag nahe, ansonsten hätte er seine Worte anders gewählt.

Es ist die Krankheit einer von zu vielen Kämpfen vergifteten Welt, der traurige Tonfall entging mir nicht und ich ließ ihn in meinem Bewusstsein widerhallen.

'Du hast schon viele solcher Menschen gesehen, oder?', fragte ich in mich hinein.

Ja, war die schlichte Antwort.

Wie in Trance betrachtete ich den im Wasser vor mir gespiegelten Mond bis ich schlussendlich sogar jegliches Zeitgefühl verlor.

Erst als neben mir ein Frosch in das Wasser sprang zuckte ich zusammen. Der Moment verlor sich und wurde zusammen mit dem Wasser fortgespült. Ich ließ mich vom Felsen ins tiefere Wasser gleiten und begann mir zuerst meine Arme, dann meinen Oberkörper und zuletzt auch, so gut es ging, die Beine zu waschen. Am Ende tauchte ich sogar unter und schrubbte mir unsanft die Haare. Eingehüllt in silbernes Licht trat ich wieder ans Ufer, wo ich mir eines ziemlichen Problems bewusst wurde: Ich hatte nicht daran gedachte, dass ich etwas zum abtrocknen brauchte. Eine leichte Brise streifte meine nasse Haut, auf die mein Körper unverzüglich reagierte.

Da ich nicht warten konnte bis der feuchte Film auf meiner Haut von alleine verschwand, benutzte ich widerwillig mein Shirt als Handtuch.

Danach kümmerte ich mich um die grobe Versorgung meiner Verletzungen.

Wie vorher bei Tenzou, rieb ich mir das Heparin auf die rotbläulichen geschwollenen Stellen an meinem Körper und fand in meiner Tasche die inzwischen trockenen Bandagen.

„Wie in einer Apotheke“, grinste ich und wickelte sie mir fest um den Torso und meine Beine. Dann zog ich auch den Rest meiner Kleidung an und machte mich auf den Rückweg in das Holzversteck.
 

Tenzou hatte sich derweil bereits eingerichtet, was im Grunde hieß, dass er sich in seine Decke gerollt hatte und an die Wand gelehnt dasaß.

Als ich durch die Tür trat, öffnete er die Augen und sah mich verschlafen an.

Die Lampe stand immer noch da wo ich sie zurückgelassen hatte und auch die kleine Flamme loderte noch innerhalb des Glases. Hatte er etwa auf mich gewartet?

„Hey“, durchbrach ich leise die Stille.

„Ah, da bist du ja. Du warst ziemlich lange weg.“ „Ja stimmt, der Mond war sehr schön, ich habe ihn lange angeschaut und die Zeit vergessen.“ Ich gähnte herzhaft und hielt mir dabei die Hand vor den Mund.

Meinen Schlafplatz wählte ich wenige Meter neben dem Anbu, zwar würde ich es nicht zugeben, aber in dieser Nacht war ich froh einmal nicht allein zu schlafen und genoss die menschliche Nähe.

Wie ein Embryo rollte ich mich mit dem Rücken zu ihm zusammen. Drehte mich aber doch noch einmal zu ihm um.

„Gute Nacht Tenzou.“ Schmunzelnd und gleichzeitig verwirrt betrachtete ich sein überraschtes Gesicht. Selbst eine solche Geste schien für ihn ungewohnt zu sein. Wortlos sah er mich an und damit die Situation nicht peinlicher wurde, als sie sowieso schon war, drehte ich mich wieder mit dem Rücken zu ihm. Schläfrig schloss ich die Augen um sie kurze Zeit später wieder zu öffnen.

Es war verdammt kalt.

Im Grunde war das auch kein Wunder, lag doch mein nasses Shirt vor dem Zimmer über dem Geländer um bis zum morgen zu trocknen.. Ich trug also obenrum nicht außer Bandagen und meine Weste. Außerdem waren meine Haare immer noch ziemlich klamm, was mir zusätzliche Wärme entzog.

„Hier“, Überrascht drehte ich mich um.

Seine angenehme Stimme klang weich, als er mir seine Decke hinhielt. Nun war es an mir ihn mit großen Augen anzuschaun.

„Ich kann seine Zähne bis hier her klappern hören“, lachte er.

„Oh“, verlegen starrte ich vor mich hin.

„Oh“, entfuhr es mir einen Augenblick später noch einmal, als er seinen Finger wie einen Ast wachsen ließ und mir so den Stoff reichte. „Danke, frierst du nicht?“

„Anbu frieren nicht“, erklärte er mir im Brustton der Überzeugung. Mit einem leisen Lachen nahm ich die Decke von seinem Finger. Wohlig schlang ich sie um meine Schultern und legte mich wieder auf den Holzboden, dieses Mal allerdings mit dem Gesicht zu Tenzou. Mühsam ein weiteres Gähnen unterdrückend fielen mir fast sofort die Augen zu.

„Haruka?“

„Mhmm...?“

„Gute Nacht“ kam es zögernd, doch bevor ich noch etwas erwidern konnte war ich eingeschlafen.
 

'Ich wurde in Dunkelheit geboren und friste mein Leben in ihr.', erschrocken zuckte ich zusammen. Verwirrt blinzelte ich und sah Tenzou, nur wenige Schritte entfernt, mit dem Rücken zu mir sitzend. „Was ist los? Ist es schon morgen?“, fragte ich ihn gähnend. Er reagierte nicht.

Vielleicht war der Anbu ja wach geworden und im Sitzen wieder eingeschlafen, mühsam drückte ich mich hoch und hielt mir meine schmerzende Seite. Der nächste Morgen war immer der Schlimmste.

„Hey, Tenzou, wach auf“, sanft berührte ich ihn an der Schulter und lief um ihn herum. Aber es war nicht Tenzou, der vor mir saß.

Es war Kristan, der die selbe Uniform wie der Anbu trug. Entsetzt weiteten sich meine Augen, als ich an ihm hinunter sah. Unter seinem Kinn klaffte ein riesiger roter Riss und seine Augen sahen mich leblos an.

Endloses Grauen ergriff mich, als sich der rote Spalt zu bewegen begann und wie ein Mund gurgelnde Wörter bildete. Schwarzes Blut quoll dabei hervor, lief an seinem Hals über seine Uniform herunter und bedeckte den Boden vor mir. Dick und ölig glänzend wie Pech, tropfte es herab.

„Du hast versagt“, formte der groteske Mund und grinste dann. „Sie sind alle hier... bei uns.“ Ein neuer Schwall Blut, schoss heraus, und bedeckte meine Füße.

„Die Dunkelheit ist überall, WIR sind überall“, gurgelte es. Um mich herum wurde es merkwürdig dunkel. Zitternd und bebend stand ich, wie zu einer Salzsäule erstarrt, vor dem Mann den ich liebte. Am Rande meines Blickfeldes begann sich etwas zu bewegen, was mich dazu veranlasste meinen Kopf zu drehen.

Zu meinem Entsetzen kroch aus allen Ecken des Zimmers, schmatzend, saugend, das gleiche schwarzes Blut auf mich zu, das sich bereits zu meinen Füßen befand.

„Die Dunkelheit wird dich verschlingen. Sie wird euch ALLE verschlingen“, kreischte es und aus den Tropfen wurden Sturzbäche.

Würgend, wollte ich zurückweichen, doch meine Beine waren bereits über und über bedeckt. Wie frisch gegossener Teer hielt es mich fest, sodass ich der Länge nach hinfiel.

„Nein.“, flüsterte ich flehend. Aus der schwarzen Masse um mich herum formten sich die Gestalten meiner Familie, tot und leblos. Mein Vater mit durchbohrter Brust, meine Mutter mit zerfetztem Gesicht. Blind bewegten sie sich auf mich zu, schwankend und bei jedem Schritt löste sich die Masse nur schwerfällig von den Holzdielen. Jede Bewegung wurde mit einem saugenden, bizarren Ton begleitet.

Mein Brust war wie zugeschnürt, sodass ich nicht atmen konnte. Schreiend sah ich an mir herunter, nur um festzustellen, dass die Masse sich wie ein Tentakel um mich gewunden hatte. Langsam aber beständig zog sie sich immer fester. Ich bekam keine Luft mehr.

Dann klatschte die erste Welle schwarzes Blut in mein Gesicht, wie eine Ertrinkende spuckte ich aus, und versuchte mich zu wehren.

„Haruka!“ Heftig begann mich der Tentakel hin- und herzuwerfen, als mich eine zweite Welle traf um mich zu ersticken.

„Haruka!“ Unsanft wurde ich geschüttelt.

„Wach auf, um Himmels Willen!“

Panisch schoss ich hoch und krallte mich in das erst Beste, das mir Halt gab. Scheinbar automatisch schloss der Ninja seine Arme um mich.

Zitternd und unfähig auch nur ein einziges Wort hervorzubringen, saß ich da, meine Hände in Tenzous Pullover gekrampft.

„W-Was?“, fragte ich aufgebracht.

„Du hast geschrien wie am Spieß, deswegen hab ich dich geweckt. Du hattest einen Albtraum.“

Obwohl seine Stimme ruhig war, hörte ich doch die Besorgnis, was mich veranlasste meine Hände zu zwingen sich zu öffnen und auch der Ninja öffnete seine Arme wieder.

„Besser?“ Immer noch zitternd nickte ich. „Ja, es war … nur ein blöder Traum.“, mein Versuch ihn anzulächeln misslang gründlich und stattdessen zog ich eine Grimasse.

Seine Mundwinkel zuckten ein wenig, dennoch sah er mich mit einem merkwürdigen Blick an.

Beschämt sah ich vor ihm auf den Boden. „Ich hab dich sicherlich geweckt.“ Er zuckte mit den Schultern und grinste mich dann an.

„Nun, als Wecker machst du dich auf jeden Fall gut.“

Ungewollt musste ich kichern, er sah tatsächlich so aus, als ob er geradewegs aus dem Schlaf gerissen worden war. Seine Haare standen ihm wild in alle Richtungen ab. Wunderbar verpeilt sah er aus. Sofort wurde es mir warm ums Herz und verlegen lachte ich ihn an. Wir erhoben uns und da wir nun wach waren, entschieden wir uns, den Weg nach Konoha fortzusetzen. Nach meinem Traum fragte er nicht. Ich war ihm dankbar dafür. Ob es nun daran lag, dass er diskret war oder ich womöglich im Schlaf geredet hatte, war mir herzlich egal. Doch das Eis schien nun endgültig gebrochen und wir setzten unseren Weg plaudernd fort.

Nachdem er sein Jutsu aufgelöst hatte, war er, zumindest äußerlich, wieder ganz Anbu geworden, da er seine Maske wieder über sein Gesicht zog.

Als ich ihn darauf ansprach, erklärt er mir, dass er anhand seiner Kleidung bereits von Weitem als Spazialninja zu erkennen sei. Da Attentäter bekannterweise besser daran taten gesichtslos und anonym zu bleiben, war es nötig die Maske zu tragen.

Zuvor hatte ich ihn aber noch einmal das Heparin auftragen lassen. Die Schwellung war über Nacht bereits merklich zurückgegangen, so dass er zumindest wieder aus dem Auge schauen konnte. Verblüfft hatte er es zur Kenntnis genommen und mich gefragt was es für ein Mittel sei. Ausweichend hatte ich ihm geantwortet, dass er das sicherlich nicht genau wissen wollte. Damit hatte sich der Ninja, wenn auch misstrauisch, zufrieden gegeben.
 

„Ich habe eine Frage. Welche Information hattest du über mich? Wie war die Aufgabe?“

Die Frage überraschte ihn und einige Minuten war es still, als er überlegte.

„Ich bin gerade von einer Mission zurückgekommen, habe meinen Bericht abgeliefert, als der Hokage mich zu sich rief. Er erzählte mir, dass er einen Kämpfer beurteilen will, und ihn deswegen auf eine Mission geschickt hat, bei der dieser auch angegriffen werden soll.“, er machte eine Pause und zog eine Grimasse. Mit gerunzelter Stirn warf ich ihm einen beiläufigen Blick zu. Irgendwas schien bei seiner Mission passiert zu sein, das ihn letzte Nacht so hatte aus der Haut fahren lassen.

Hatte er einen Kameraden verloren?

„Er meinte, die Sache soll vertraulich behandelt werden und er würde einen Schattendoppelgänger mit mir mitschicken. Unterwegs hat er mir dann erzählt, dass unsere Zielperson – also du, kein Ninja ist, was ich spätestens dann bestätigt fand, als wir uns Gegenüberstanden.“

„Also hat der Hokage dir befohlen, dich zurückzuhalten.“, schlussfolgerte ich und meinem Begleiter entging mein Unterton nicht.

„Nun, eigentlich nicht. Im Gegenteil.“ Überrascht hob ich meinen Kopf und sah ihn an. Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf, hinter der Katzenmaske vermutete ich ein unsicheres Lächeln.

„Er meinte, dass der Kurier zwar kein Chakra benutzt, aber ich dennoch mit ihm verfahren soll wie ich es gewohnt bin.“ Das Katzengesicht drehte sich zu den Bäumen an denen wir vorbei liefen.

„Eigentlich hatte ich vorgehabt, meine Holztechnik nicht zu benutzten, habe mich dann aber etwas mitreißen lassen.“

„Hast du gewusst, dass ich kein Mann bin?“, bohrte ich weiter.

„Was macht das für einen Unterschied? Aber nein, bis du die Maske abgenommen hast, wusste ich es nicht.“

„Es hätte nichts geändert, wenn du gewusst hättest, dass ich eine Frau bin?“, hakte ich nach. Meine konsequenten Fragen schienen ihm Unbehagen zu bereiten und ich war sicher, dass er das Thema lieber auf sich beruhen lassen wollte.

„Nein“, antwortete er ohne zu zögern.

Obwohl er damit mein Ego beruhigte, das sich nun wieder schnurrend in meiner Magengrube einrollte, war ich nicht zufrieden.

„Was ist los?“, erriet er meine Gedanken. Hilflos zuckte ich mit den Schultern. „Es ist eigentlich dumm, aber ich hatte das Gefühl, dass du dich zurückgehalten hast. Es nagt an mir“, gab ich dann frei heraus zu.

„Ich denke es hätte anders ausgehen müssen, du beherrschst schließlich dein Chakra. Und...“ Ich sprach nicht weiter und hoffte einfach darauf, dass Tenzou verstand was ich meinte.

„Du kannst deine Fähigkeiten hier nicht einschätzen.“, riet er.

„Ja“.

„Nun“, er zögerte einen Moment. „Ich hatte sicher nicht mit Absicht mich von dir würgen und bewusstlos schlagen lassen. Und es ist ziemlich … außergewöhnlich, dass du am Ende sogar das Genjutsu erkannt hast. Du hast mit Allem gekämpft, was dir zur Verfügung stand und hast im Ende nicht verloren, was bereitet dir daran Kopfzerbrechen?“, seine Stimme klang aufrichtig verwundert und interessiert.

„Ich fühle mich unsicher“, begann ich zögernd. „Da wo ich herkomme, kennt man keine Ninjas, Chakra, Jutsus, Genjutsus und Kunais. Wir haben andere Waffen, sie sind genauso gefährlich aber.. sie sind weniger fantastisch“, ließ ich die Katze aus dem Sack. „Es ist alles voll mit Maschinen, mit Rauch und hier ist alles so.. so...“, seufzend brach ich ab. Ich hörte mich an wie ein kleines Kind.

„Es ist schwer für mich all das hier zu begreifen“, endete ich unglücklich. Das Katzengesicht nickte und sah mich an. „Das hier ist für dich eine andere Welt.“ Ausweichend sah ich in eine andere Richtung.

„Ich will mich nie mehr hilflos fühlen.“, ergänzte ich leise. Ob Tenzou es gehört hatte, wusste ich nicht, zumindest sagte er nichts dazu, sondern schien selbst in Gedanken versunken zu sein.

„Warum hast du mir das Schmerzmittel in den Schoß gelegt?“,fragte er nach einer Weile.

„Du konntest nicht wissen, dass ich ein Konohaninja bin. Wieso hast du mich nicht getötet?“ Abrupt blieb ich stehen.

„Weil ein Leben kostbar ist. Um eine solche Entscheidung zu fällen hatte ich zum Einen nicht genug Informationen und zum Anderen habe ich gemerkt, dass du mich nicht umbringen wolltest.“

„Ich verstehe.“

„Tenzou, ich weiß durchaus wie wichtig es ist die richtigen Entscheidungen zu treffen und auch, dass Gehorsam und Disziplin überaus erforderlich sind. Aber es gibt einen großen Unterschied zwischen der Notwendigkeit und und purer Grausamkeit. Und was die Kopfschmerztablette angeht.“ sprudelte ich einfach hervor ohne darauf zu achten, ob er mich überhaupt verstand. Lächelnd beobachtete ich ein paar Vögel, die über uns dahin schwebten.

„Du warst mir irgendwie sympathisch.“

„Wie kann dir jemand sympathisch sein, wenn er bewusstlos ist?“

„Verrate ich nicht“

„Heh, jetzt sag schon.. bitte?“ Mit flehendem Unterton in der Stimme war er stehengeblieben.

„Neihein“, rief ich vergnügt und lief weiter.

Ich konnte ihm schließlich nicht sagen, dass ich mit Katzen schon immer gut konnte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Aibera
2014-01-05T11:04:40+00:00 05.01.2014 12:04
=) Ein sehr gutes Kapitel - ich finde es angenehm, wie du das Ganze gestaltest. Nicht zu schnell, ausschmückende Gedankengänge... ja, finde ich gut ^^
lg
Aibera
Von:  Samehada92
2013-12-27T08:41:34+00:00 27.12.2013 09:41
Und einmal mehr ein tolles Kapitel. :)
Wie sich die beiden langsam ein wenig näher gekommen sind, war wirklich nett.
Freue mich schon sehr auf's nächste Kapitel.
LG Vantastic_Vlo
Von:  fahnm
2013-12-26T01:22:00+00:00 26.12.2013 02:22
Spitzen Kapi^^


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