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Das Lied im Automaten

von

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Kameraden

Sie wusste nicht, wie viele Tage seit jenem Tag verstrichen waren, an dem sie dem Lichtwesen ihre Mithilfe zugesichert hatte. Alyne konnte sich kaum noch an etwas erinnern, was darauf gefolgt war. War da ein grelles Licht gewesen? Sie wusste es nicht mehr. Jedoch fand sie sich ausnahmsweise immer noch irgendwo im Baum wieder, mal nicht an irgendeiner Lichtung in Efarnia. Das Licht schien verschwunden zu sein, sie war alleine mit der Frucht da. Sie blickte sich etwas verwirrt um, konnte sie sich zuerst nicht genau in die Umgebung einordnen.

Als ihr Blick jedoch auf das Zentrum des Baumes fiel, setzte ihr Herz einen Schlag aus. Sie stolperte von ihrem Ort am Rand des Stammes hinunter in die Senke, die man schon fast ein Tal nennen konnte. Doch dort war nichts. Die Frucht, die an ihrem seidenen Pflanzenfaden gehängt hatte, war verschwunden.

Sie hatte die Veränderungen nun wirklich wahrgenommen. Die Lichter waren verschwunden, sie hatten keinen Mittelpunkt mehr, um den sie in regelmäßigen Bahnen kreisen konnten. Doch was erhellte die Dunkelheit des Stammes nun? Sie blickte zur Krone empor, die sie nur erahnen konnte. Aber da war etwas. Ein großes, helles Licht, welches auf sie herabschien.

Und dann Hände, die ihr die Augen zuhielten. Alyne zwang sich, nicht zusammenzuschrecken, als diese warmen, zarten Hände auf ihrem Gesicht lagen. Sie erahnte, wer das war, und konnte es doch nicht wirklich glauben.

„Ich habe dich!“, ertönte eine glockenhelle, engelsgleiche Stimme.

„Du hast mich erwischt“, erwiderte die Halbelfe mit einem schwachen Lächeln, auch wenn ihre Gefühle wirr und unklar waren. Es erfolgte alles Schlag auf Schlag, sie konnte kaum denken oder richtig fühlen. Dennoch war sie erleichtert, dass Aura noch da war.

Und gerade in diesem Moment sah sie sie auch. Lichter, die in warmen Farben kreisten. Um sie kreisten. Besser gesagt, um Aura kreisten. Das Mädchen nahm die Hände von Alyne runter und verschränkte sie lächelnd hinter ihrem Rücken, als die Halbelfe sich umgedreht hatte. Diese lächelte dem Mädchen schwach zu, die es mit voller Strahlkraft wiedergab.

„Ich habe auf dich gewartet“, meinte das Mädchen daraufhin, welches nun ein hellbeiges Kleid anhatte, welches mit kleinen Puffärmeln versehen war und ihr bis zu den Waden reichte. Ihre Füße waren nackt, doch scheinbar wurden sie nicht vom Dreck der Erde beschmutzt. „Ich habe ganz lange gewartet, aber nun bist du ja da.“

Alyne verstand nicht, was das Mädchen von ihr wollte, aber da die treuen Lammaugen auf sie gerichtet waren, konnte sie nicht anders, als ihnen zu trauen. „Ja, ich bin endlich da.“ Sie lächelte.

Aura warf sich Alyne lachend in die Arme, das Gefühl der neu gewonnenen Freiheit strömte durch ihren Körper, der so lange geschlafen hatte. „Lass uns raus hier!“, rief sie mit Feuereifer, „Ich will endlich die Welt sehen!“ Sie zerrte diejenige mit mehr Lebenderfahrung in Richtung Stammrand, durch die Wärme dessen hindurch in die laue Brise der Freiheit. Zum ersten Mal – es erschien Alyne selbst ein wenig ulkig – erblickten sowohl die Halbelfe als auch das Mädchen aus der Frucht die Schönheit des Baumes im bahnenden Abendlicht.

Es war das erste Mal seit langem, dass sie den Himmel in tiefleuchtendes Rot getaucht sah, es war anders als das ewige Blau des Mittagshimmels gewesen. Damals verspürte sie noch keine Unruhe, als sie den Himmel in solcher Weise vor sich sah und genoß den Blick des schräg fallenden, goldenen Lichtes.
 

Feliff war nicht der Einzige, der nach langem oder kurzem Reisen in dem Dorf der Elfen ankam, wo alles ins Rollen gebracht wurde. Futave kam ungefähr zur gleichen Zeit wie er an, er spürte die Aura des Reinblütigen überdeutlich. In seine Gedanken hefteten sich Fragen, die einen Hauch von Angst mit sich trugen. Warum war er hier? Wieso? Was bezweckte er damit? Konnte er den Krieg verhindern? Wohin waren sie damals gegangen? Was war passiert? Waren seine Entscheidungen richtig gewesen?

All diese Fragen plagten ihn, während er sich dem Dorf näherte und dabei die mächtige Magie mehr und mehr spürte. Zweifelsohne war er nicht der einzige, der ihn wahrnahm. Dennoch war es ungünstig und ein viel zu schlechter Zufall. Man konnte es so und so sehen, denn gewissermaßen waren seine Chancen sogar recht gut, würde der reinblütige Elf ihn unterstützen. Doch auf diese Weise wollte er es nicht erringen, denn sobald sie seinem Einfluss entkamen, würde das Gemetzel losgehen.

Er musste sie überzeugen, mit Worten und tiefgründig, langanhaltend. Für die Ewigkeit eben, oder zumindest so lange, wie Erfline noch lebte.

Er schüttelte sich diese Gedanken vom Leib. Nun galt es zu handeln, nicht nachzudenken. Seine Schritte halten dumpf, aber selbstsicherer vom Waldboden ab, als er selbst erwartet hatte, doch er ging weiter nach vorne. Er wollte diesen Krieg nicht. Er würde zu viele Opfer kosten, er würde schlichtweg unsinnig sein.

Wieso musste auch er der König sein?

Die Welt war einfach ungleich und ungerecht. Nicht diejenigen, die es verdienten, waren an der Spitze, und auch nicht diejenigen, die es am besten machen würden. Warum zählte nur Skrupellosigkeit und Gier? Doch von diesem Zorn versuchte er sich mit jedem Schritt, den er tat, zu befreien. Er durfte den König nicht anfallen, denn er hätte sowieso keine Chance. Gegen ihn nicht und gegen seine Bewacher auch nicht.
 

Der reinblütige Elf nahm die Gestalt einer erhabenen Persönlichkeit an, während er durch die Elfenmenge trat. Sein Blick war fest und bestimmend der Menge zugewandt, die mit großen Augen zu ihm aufsah. Ihm wurde fast übel und schlecht, als er in diese erwartungsvollen Augen blickte. Sie erwarteten, dass er sie in den Krieg führen und zum Sieg verhelfen würde.

Wirklich?

Im Moment wusste er jedenfalls nicht, was er tun sollte. Seine Gedanken waren momentan auch eher auf den Punkt ausgerichtet, sich nicht zu blamieren. Die erwartungsvolle Menge teilte sich noch bevor er auf 5 Meter an sie herangekommen war.

„Oh, ehrwürdiger Elfis!“, ertönte dann eine brummende Stimme, welche die Menge in beinahe derselben Weise wie der Reinblütige teilte. Es war der König höchstpersönlich, der ihn nun empfang, anders als bei ihrer ersten Begegnung. „Womit verdienen wir nun die zweite Ehre, Euch hier anzutreffen?“, fragte er unüberhörbar aufplusternd und schmierig. Feliff musste sich zusammenreißen, nicht direkt irgendeine schnippische Antwort zu geben. Der König war eine Figur von mittlerer Größe mit kurzem, schwarzen Haar, erhabenen Gesichtszügen und dunklen, tiefen Augen, die undurchdringlich schienen.

„Guten Tag, Rie.“ Er hasste diese Titelsbezeichnungen, doch für diesen Moment fügte er sich noch. „Ich bin gekommen, um mit Ihnen persönlich um eine Sache zu beratschlagen und ihre Vorhaben bezüglich dessen zu hören.“ Sein Ton klang monoton wie beabsichtigt, wenn auch mit einem Hauch von Respekt gegenüber dem König, den er nicht mochte. Er hatte etwas in seinen stechenden Augen, was ihn wie ein Tier fühlen ließ, welches in einem viel zu engen Käfig auf seinen Tod wartete.

„Wenn Sie es wünschen, Elfis, stehen ich und meine Berater Ihnen zur Verfügung.“ Er lächelte mit falsch aufgesetzter Miene, die seine Gier verstecken sollte. „Wenn es Ihnen bequem ist, können wir uns auch sofort zusammensetzen.“ Man sah dem Elf mittleren Alters die Gier in seinen Augen förmlich an, Feliff fröstelte bei dem starren Blick, der ihm scheinbar das Blut aus den Adern saugen wollte. Ein alter Glaube, von dem er nicht einmal selbst wusste, ob etwas da dran war.

„Ich würde es in der Tat bevorzugen, diese Angelegenheit sofort zu klären“, erwiderte Feliff so freundlich und gleichzeitig so würdevoll wie es ging. Nur nicht die Deckung fallen lassen. Hier hatte immer noch er das Sagen. Da ertönte ein Räuspern zu seiner Rechten. Er blickte sich erstaunt in diese Richtung, hatte es doch niemand zuvor gewagt, diese schon unheimlich anmutende Stille solcherlei zu unterbrechen. Und er blickte in das Gesicht eines alten Bekanntens.

„Guten Tag, Elfis. Ich unterbreche Sie nur ungerne, doch würde ich darum bitten, mir diese Angelegenheit zu überlassen. Ich bin mir sicher, Ihr seid auch anderweitig beschäftigt?“, füllte Futave diese Stille mit höflichen, dringlichen Worten. Regungslos blickten sie einander in die Augen. Und Feliff verstand.

„Natürlich. Ich bin mir sicher, dass Sie in meinem Sinne handeln. In diesem Sinn bitte ich Sie, den König, und den Hof, diesen Elfen als einen Stellvertreter von mir zu sehen.“ Er hatte noch nicht ganz verstanden, warum er es getan hatte, als er den Abschied aufsagte. „Ich wünsche Ihnen eine angenehme Zeit.“ Mit diesen Worten drehte sich der Elf in die Richtung, aus der er gekommen war.

Und Futave, der aus der Abwesenheit Alynes geschlussfolgert hatte, dass er sie momentan suchen würde, hatte diese Gelegenheit beim Schopf gepackt. Da der reinblütige Elf ihm den Konflikt übertragen hatte, musste er wohl auch friedlich gesinnt sein. Ganz verstehen tat er es auch nicht, doch berief er sich in solchen Tagen auf sein Bauchgefühl. Nachdem Feliff zwischen den Bäumen verschwunden war, setzte vielstimmiges Raunen ein.

„Du bist also der Stellvertreter des Elfis?“, ertönte sogleich die misstrauische Stimme des Königs, die er mit Schrecken bemerkte. Sofort glätteten sich seine Stirnfalten wieder. „Nun gut, so soll es sein. Folge mir.“ Ohne ein weiteres Wort drehte sich der König um in die Richtung des Baumes, in dem Futave so gut wie sein ganzes Leben verbracht hatte.

Während der Elf sich auf den Weg zu einer hoffentlichen Lösung machte – er wusste auch nicht, wie ernst man ihn nehmen würde –, war Feliff auf den Weg nach Efarnia. Er drehte sich in die Richtung, in der er die Magie des Waldes wahrnehmen konnte und ging, zum Glück ohne jegliche weitere Unterbrechung, auf seine Heimat zu. Nachdenklich hatte er den Blick zu Boden gerichtet, in seinem Kopf war die Frage, ob diese Entscheidung die richtige gewesen war. Es war eher selten, dass er eine Entscheidung aus dem Bauchgefühl tat, aber es schien ihm, dass er den Elfenkönig wirklich nicht lange ertragen wollte und konnte. Das Lechzen nach Macht war ihm seltener begegnet und so war es ihm nicht so ganz vertraut, er wusste nicht, wie man damit umgehen sollte. Auch hatte es ihn abgestoßen, doch war das ein auszureichender Grund, um einfach aus dem Dorf wieder zu verschwinden und einem anderem, eigentlich ziemlich fremden Elfen freie Hand zu lassen und dies auch noch in seinem Namen geschehen zu lassen?

Er seufzte, anders würde es nicht gehen. Doch da bemerkte er, dass ihm die Bäume und Büsche auf seinem Weg nicht annähernd bekannt vorkamen. Seine flotten Schritte hielten verwirrt inne, während er sich im Wald umsah, der ihm vertraut und gleichzeitig fremd war. Nein, es war eindeutig ein Wald, das ja, aber nicht der Weg, den er gekommen war.

Kurzer Hand drehte er, immer noch verwundert und verwirrt. Bald jedoch spürte er wieder Efarnia. Es war ihm ein Rätsel, wieso er wohl in die falsche Richtung gelaufen war.
 

Alyne war die nächsten Tage oder Wachzeiten, wie sie sie inzwischen lieber nannte, damit beschäftigt, mit Aura die Welt neu zu entdecken. Es war erstaunlich, wie viel das kleine Mädchen schon wusste und wie viel das Mädchen nicht wusste. Was sie entdeckte, worüber sie sich freute. All das erhellte das Herz der Halbelfe ungemein, war sie doch die Jüngste gewesen. Den Zauber von kleinen Kindern hatte sie nie mitbekommen, doch nun, als er sich in voller Kraft entfaltete, genoß sie die Wärme, die sich in ihr auftat.

Es war beruhigend, die Unbesorgheit der Kleinen zu sehen, und ließ sie für einen Moment an etwas Anderes als die bevorstehende Bedrohung, die Rollen in der Welt und so viel Weiteres, Bedrückendes. Sie wusste, dass das nicht gut war, doch für wenige Augenblicke wollte auch sie endlich die Unbeschwertheit genießen, die sie so selten verspürte.

Doch sie fühlte auch während dieser lichten Stunden, dass sich etwas veränderte. Immer, wenn das Lichtwesen ihre Spiele mit einem Lächeln beobachtete, so steckte auch Nachdenklichkeit in ihrem Blick. Es war deutlich, dass etwas in der Luft hing, doch noch konnte Alyne es nicht greifen, also ignorierte sie es. Sie wusste aber, dass sie es nicht lange würde ignorieren können.

Als Aura an einem Nachmittag friedlich im Urbaum schlief, umkreiste Alyne gedankenversunken den Stamm des mächtigen Baumes. Sie spürte die Lichtgestalt schon von Weitem kommen und bereitete sich innerlich auf das folgende Gespräch vor. Nirom Eruaf war ernst, als sie das Wort ergriff.

Alyne. Ich glaube, es ist bald so weit. Die so Angesprochene nickte verstehend. Ich werde dir nun endlich dein Schwert und noch mehr zurückgeben, was nun dir gehört.

Sie drehte sich mit leicht verwirrten Blick zu dem Licht um. Meinte sie damit den Automaten?

Komm mit, fuhr das Lichtwesen fort, ehe sie noch irgendetwas erwidern konnte. Brav trottete sie hinter dem Leuchten her, immer darauf bedacht, dieses Licht nicht inmitten all des Lichtes zu verlieren. Sie dachte während des Weges, der erst einmal wieder über und unter Wurzeln ging, um die Lichtung zu verlassen, darüber nach, was diese Gestalt wohl gemeint hatte. Ihr fielen nur ihr Schwert und der Automat ein. Mehr Hab und Gut hatte sie seit dem Besuch des Dorfes im Westen nicht mehr.

Da die Erinnerung an das Dorf wieder aufgeflammt war, erinnerte sie sich wieder an diese unerträglichen Schmerzen und die Schallwellen. Woher waren sie eigentlich gekommen? Sie fragte sich, ob es zu viel verlangt wäre, von dem Wesen vor ihr eine Antwort zu erbitten. Mit einem leichten Kopfschütteln verwarf sie diese Idee wieder. Woher sollte es diese Begebenheit auch kennen?

Nachdem erst einmal die Lichtung überwunden war, ging es, Alynes Meinung jedenfalls, nur noch im Kreis. Sie glaubte mehrmals an derselben Stelle vorbei zu gehen, doch sie sagte nichts. Irgendetwas musste dieses Herumkreisen ja bringen, oder hatte die Lichtgestalt – so absurd es auch klang – verlaufen? Dennoch folgte sie einfach dem Wesen, welches scheinbar beabsichtigte, eine Spirale zu gehen. Oder zu schweben.

Nach ein paar Umdrehungen dann bog die Lichtgestalt endlich in eine andere Richtung ab. Zwischen dem hellen Wald mit seinen prächtigen Bäumen und bunten Blumen gelangten sie vom Hauptweg, welcher mehrmals einen Bach kreuzte und auch manchmal mit ihm verlief, auf einen der zahlreichen Pfade, auf die die Halbelfe sich aber nur selten verirrte. Oft kam es ihr seltsam vor, hatte sie doch eigentlich einen unstillbaren Drang zum Geheimnisvollen, doch diese Pfade hatten sie nie interessiert.

Nun jedoch betrat sie einen dieser Pfade. Erst einmal unterschied er sich nicht sehr viel von dem normalen Weg, den sie immer ging. Bäume, Blumen, Licht und nur helle Schatten. Der Weg war vielleicht nicht unwesentlich schmaler, es war einen Ticken dunkler. Doch das war es auch schon. Wohin dieser Pfad sie wohl führen mochte?

Sie fragte nicht nach dem Ziel des Weges. Sie ahnte, dass sie nur vage Antworten bekommen würde, die nur darauf aus waren, Zeit zu schinden. So folgte sie schweigend dem Lichtwesen, welches sie auf dem leicht schattigeren Weg besser sehen konnte. Ein flimmerndes Geschwader aus feinsten Lichtpartikeln, wie es ihr nun vorkam. Wie leuchtender Staub erschien ihr dieses Wesen auf einmal.

Der Automat hatte etwas mit dem Wald zu tun, oder?

Es erschien ihr immer wahrscheinlicher. Immerhin kannte Feliff scheinbar das Lied, welches ihre Eltern so sehr mochten, von dem Wald hier. Und wenn diese kleine Gerätschaft nun wirklich dieses Lied beherbergte, dann gab es sicherlich eine Person oder vielmehr ein Wesen, die es kannte.

Die zugehörige Frage brachte Alyne aber einfach nicht raus, während sie dem Wesen durch den blühenden Wald folgte. Blumen und Äste, helle Erde bildeten den Boden vor ihr, dem sie kaum Beachtung schenkte. Die leuchtende Wolke wurde von grünen Büschen in der Seite und von mächtigen Baumkronen in der Höhe beschränkt. Sie konnte durch das Flimmern sehen, ein lichter Punkt, noch heller als das Licht selbst schien sich vor ihr aufzutun.

Und dann stand sie auch schon, erneut, auf einer Lichtung. Sie unterschied sich nicht wirklich von all den anderen Lichtungen, die sie kannte, sie hatte nichts wirklich Besonderes an sich. Doch eine Tatsache unterschied sie dann doch von all den Lichtungen: Der dünne, im Licht glänzende Strich in der Mitte. Sie erkannte sofort die Schemen ihres geliebten Schwertes wieder. Sie eilte dem im Gras steckenden Gegenstand zu, eilte über die nicht gerade große Lichtung.

Und tatsächlich. Das, was sie geduldig wartend in die Erde gerammt fand, war ihr Schwert. Es glänzte und strahlte wie sie es nie zuvor gesehen hatte, es blendete sie sogar beinahe. Vielleicht lag dieser Effekt auch nur an dem Licht, welches zaghaft über die Schneide strich. Sie zog das Schwert mit dem ihr nur allzu vertrauten Griff ohne einen Makel aus der Erde, kein Staubkorn schien an der Schneide zu haften.

Das war noch nicht alles. Auch der Automat gehört dir. Es schien, als würde die Wolke auf einen Punkt weiter am Rand der Lichtung deuten. Und auch da fand sie etwas, was ihr gehörte. Sie schien die Apparatur mit all den Hebeln schon beinahe vermisst zu haben, so sehr hechtete sie mit ihrem Schwert in der Hand, welches sich wie gewöhnt an ihre Handfläche schmiegte, zu der Gerätschaft hin. Doch auch das war nicht alles, fuhr das Licht mit einem geheimnisvollen Lächeln fort. Alyne blickte sie erstaunt an.

Hatte sie nicht schon alles wiederbekommen, was ihr gehörte, oder hatte sie doch etwas vergessen? Nein, ihr fiel beim besten Willen nichts ein. „Wirklich?“, fragte sie ihren Fragen folgend. Sie wog nachdenklich das Schwert in ihrer Hand und den Automaten, welcher eingeklemmt unter ihrem Arm seinen Platz fand. Während sie nachdachte, schwang sie ihr Schwert probeweise durch die Luft, vollführte leichte Übungen. Es schnitt einwandfrei durch die Luft, als wäre die Schneide nicht dicker als Papier und nicht breiter als ein Grashalm.

Aber natürlich. Du spürst, dass es bald Zeit ist, nicht wahr? Ihre Stimme, die in ihrem Kopf schon beinahe angenehm wiederhallte, hatte einen besorgten Unterton angenommen.

Alyne nickte andächtig, auch wenn sie die Bedeutung der Worte noch nicht ganz verstanden hatte.

Sie macht sich bereit. Auch ich muss mich langsam wappnen, denn es wird zu einem Konflikt kommen. Sie wird kommen. Und wir müssen bereit sein. Eine Pause voller Spannung folgte, in der jeder das Gewicht der Worte auf sich wirken ließ. Ich stelle dir jemanden zur Verfügung, den du vielleicht nicht sofort annehmen wirst. Doch du musst mir glauben, es ist die beste Wahl.

Mit diesen Worten schien das Licht eine Bestie heranzuwinken. Ein schwarzes Ungetüm trat schon beinahe zögernd auf die Lichtung, auf der Alyne abwechselnd die Lichtgestalt und das Wesen ansah. Ihre Kinnlade konnte sie gerade noch kontrollieren, doch die Verblüffung in ihren Augen konnte sie wohl nicht verbergen.

Sie wusste nicht wieso sie dieses riesige, pechschwarze Pferd mit dunklen, dunklen Augen so erstaunt ansah. Vielleicht, weil sie sich noch klar an das Rot in diesen Augen erinnerte. Vielleicht, weil sie keine einzige Narbe über das glänzende Fell des mächtigen Tieres sah. Vielleicht, weil die seidig wirkende Mähne kein Vergleich zu dem zotteligen, unordentlichen Fell war. Vielleicht, weil dieses Tier nicht mehr das Monster war, was sie kannte. Und doch wusste sie, dass es sich in diesem Fall nur um ein einziges Monster handeln konnte, eine einzige Bestie.

„Das kann nicht das Monster sein“, verlieh sie ihren Gefühlen, ihren Gedanken Worte. „Es sah anders aus. Es war anders. Es war feindlich. Seine Augen waren Rot. Rot. Und hasserfüllt. Es hasst. Es HASST.“ Sie schrie das letzte Wort beinahe, die Ungeheuerlichkeit dieser plötzlichen Veränderung konnte sie einfach nicht begreifen. Es war... unmöglich, dass etwas sich innerhalb dieser Zeitspanne ändern konnte. Erinnerungen, die sie lieber nicht mehr bei sich wissen wollte, kamen ans Tageslicht. Sie fing an, leicht zu zittern, doch sie hatte sich schnell wieder im Griff.

Sie beobachtete mit Fassungslosigkeit das scheue Zurückweichen und den ausweichenden Blick des Pferdes. Nun sei nicht so hart mit ihm. Jeder macht mal Fehler und er kannte nun einmal nichts Anderes. Der Blick der Lichtgestalt legte sich auf Alyne, die eine Ungerechtigkeit beganngen hatte. Jeder verdient eine zweite Chance.

Nur widerwillig senkte sie ihren starren Blick von dem Tier, dem Monster. Sie konnte nicht vergessen, was passiert war. Die Hetzjagd. Und auch der Geruch war verschwunden. Wieso war sie sich so sicher, dass es sich um jene Bestie handelte? Bauchgefühl. Simples Bauchgefühl. „Und wieso sieht es so anders aus?“

Nun schien das Wesen aus Licht schon beinahe zu grinsen. Das kann ich dir gerne verraten. Dieses Wesen wurde von meiner Schwester erschaffen. Ein Formwandler, der eine annormale Abneigung gegen eigentlich jedes lebende Wesen hegte. Die Elfen fanden es und entwickelten es für ihre Zwecke weiter. Sie verkannten die Fähigkeit, dass es seine Form wandeln konnte, komplett. Doch sie schlummerte weiterhin in ihm. Ich habe sie nur wieder geweckt, das grässliche Ding konnte man ja nicht weiter so herumlaufen lassen!

Bei der Erwähnung Faure Morins wurde die Halbelfe hellhörig. „Ist es dann nicht immer noch gefährlich?“

Wieder ein leichtes Lächeln und ein Kopfschütteln. Dies führt mich zu einer weiteren Sache, die dir gehört. Es schien, als würde sie Anlauf für einen nächsten Satz nehmen, als sie innehielt. Etwas war in den Wald eingetreten. Und sie erkannte ihre Schöpfung.

Feliff war nach Hause zurück gekehrt.

Warte einen Moment hier. Ich muss mich noch kurz um etwas kümmern, in der Zwischenzeit kannst du dich ja mit dem Kleinen hier beschäftigen. Ihr Kopf schien in Richtung des bestimmt zwei Meter großen Pferdes zu nicken. Dann verpuffte sie einfach, jedenfalls hatte ihr abruptes Verschwinden einen ähnlichen Effekt. Etwas ratlos blickte sie zu der Stelle, wo das Licht eben noch gestrahlt hatte, und zu dem Ort, wo eine massige Dunkelheit herrschte.

Skeptisch blickte sie das riesige Pferd an. Ein Formwandler? Ihr war das nicht geheuer. Doch die Augen des Wesens hatten sich definitiv geändert. Sie waren nun freundlicher, schon beinahe schüchtern und beschämt. Wusste es von seinen Taten?

„Soso“, fing Alyne einfach an, weil sie diese bedrückende Stille nicht mehr ertrug. Ihre Stimme klang so herausfordernd und skeptisch, dass das Pferd noch einen Schritt nach hinten machte. Sie seufzte innerlich. Sie konnte so etwas einfach nicht, wieso musste das Licht sie auch gerade jetzt verlassen haben?


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ergänzend:
- folgt noch -

Ich schreibe nun seit fast 3 Kapiteln dasselbe, aber gut. Mal sehen, ob mir jemals was einfallen wird X'D Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Futuhiro
2016-01-16T23:12:07+00:00 17.01.2016 00:12
Nicht der Ernst! XD Die Bestie ist zu einem Pferd geworden? Da wäre mir aber auch dezent die Mimik entglitten.

Feliffs Besuch beim König war ja nicht sonderlich lang. Stellvertreter benennen und sofort wieder über alle Berge sein, das sind mir die liebsten. Der ist mit Faure Morin klargekommen, da wird er doch wohl einem stupiden König paroli bieten können. Und ob Futave da so ne geeignete Wahl ist, naja ...

Aura scheint bisher noch keine sonderlich große Bedeutung zu haben. Sie existiert halt. (Okay, ich finde es logisch, daß sie erstmal die Welt entdecken muss. Wäre ja interessant, ihre Reaktion zu sehen, wenn sie mal in die "echte" Welt, also das Dorf und den Königshof kommt, oder zu den Rebellen, und sieht, daß nicht alles nur Frieden und Zuckerguss ist wie in ihrem Wald.)


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