Zum Inhalt der Seite

Das Lied im Automaten

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Aufeinander treffen

Eine Weile gingen sie weiter, ohne die Neuankömmlinge zu beachten. Jedenfalls größtenteils. Alyne tat zwar so, als wäre nichts gewesen, aber man sah deutlich ihre Anspannung. Sie konnte ihre Gefühle einfach schlecht verbergen. Aber auch Inkalak war auf der Hut, er rechnete ständig damit, dass die Verfolger irgendeine Aktion ausführen würden, die ihnen schaden könnte, doch es regte sich nichts. Nur Feliff schien die Gelassenheit in Person zu sein. Er schwieg und versprühte mit seiner gesamten Haltung Zuversicht, doch wofür, wusste niemand.

Sie versuchten die Anspannung mit Gesprächen zu füllen, was ihnen auch größenteils gelang. Nach einer Weile waren die zwei Fremden nur Spuren in ihren Gedanken, ein bitterer Nachgeschmack oder eine Ahnung, die sich im Hintergrund hielt. Aber sie hatten auch nicht mehr die wirkliche Zeit, über dieses Ereignis nachzudenken. Eine andere Erfahrung hielt Einzug mit jedem weiteren Schritt.

Als sie an einer bestimmten Weggabelung waren, war dieser Punkt schließlich erreicht.

„Ich muss jetzt hier links abbiegen.“

„Und wir rechts.“

Stille folgte diesen zwei Sätzen. Unschlüssig, was die Freunde kurzer Dauer tun sollten, schwiegen sie unentschlossen und sahen sich nicht einmal an. Da ergriff Inkalak die Initiative. Er schloss mit seinen großen Armen beide seiner neuen Freunde auf einmal in die Arme, ein lautes, dröhnendes Schluchzen war zu hören.

Er rief einige unverständliche Dinge, die von seinen Heulkrämpfen noch mehr verunstaltet wurden.

„Wir dich auch“, erwiderte sie schließlich einer Eingebung folgend. Alyne unterdrückte Tränen, während sie ihm beruhigend auf die Schulter zu klopfen versuchte, aber ihre Hände zitterten. Feliff zitterte noch mehr als sie, er aber wegen der ungewohnten Nähe. Außerdem wurde er von dem Schluchzen des Hünen mitgerissen, er war wie ein Blatt im Wind.

„Wir werden uns sicher wiedersehen, oder nicht?“, beruhigte der Elf seinen neuen Freund. „Dessen bin ich mir ganz sicher.“

Ihr Gegenüber löste sich von ihnen. Sein Gesicht war tränenverschmiert, genauso wie das der Halfelfe und auch Tränen zierten das Gesicht des Reinblütigsten. „Ganz sicher.“ Inkalak fuhr mit seinem Handrücken über sein Gesicht. Leise Schluchzer schüttelten ihn immer noch. In diesem Moment wirkte er nicht wie jener, den man den Unerschrockenen nennt. „Macht es gut, meine Freunde.“ Er schüttelte beiden noch einmal kräftig die Hände. Sie ahnten, dass er einen neuerlichen Heulkrampf erleiden würde, wenn er sie in die Arme schloss. Von den Gefühlen des Riesen überwältigt, schüttelten auch Alyne Krämpfe, die sie unterdrückte.

Es war einfach traurig, einen so guten Freund, der ihnen nur aufgrund der Gefahr gefolgt war, obwohl sie einander nicht wirklich kannten, zu verlieren. In den vielen Gesprächen und Übungen hatten sie dieses Versäumnis nachgeholt. Er hatte ihnen über sich erzählt, sie erzählten über sich. Aber den Automaten erwähnten sie nicht. Es war kein Misstrauen, welches sie davon abhielt. Es war auch keine Vorsicht, es war ein ungewisses Gefühl. Ein Gefühl, dem sie wie einem Instinkt nachgegangen waren. Sie konnten es sich nicht erklären, aber in der Gegenwart des Ausgeschlossenen konnten sie dieses komische Etwas in ihren Herzen auch nicht bereden.

„Die Welt ist ein Dorf, also werden wir uns wiedersehen“, schloss Feliff mit bestimmter Stimme. Sein Blick war ebenso fest und zuversichtlich wie seine Worte, lächelnd und auch von Trauer gekennzeichnet.

„Ganz sicher.“

Sie standen noch ein paar Sekunden unsicher herum. Schauten betreten auf dem Boden. Aber dann seufzte jemand laut auf. Die männlichen Gesellen blickten einander an, als die Stimme des einzigen Mädchens laut wurde: „Okay, ich glaube, so langsam sollten wir gehen.“ Sie lächelte traurig zu dem Elf auf der linken Weggabelung. „Auf Wiedersehen, Inkalak.“

„Auf Wiedersehen, Alyne, Feliff.“

Mit einem Ruck wandten sich beide Partien gleichzeitig zum Gehen. In allen Herzen herrschte Schmerz, der ihnen die Sinne rauben konnte, wenn sie ihn nur zu tief hinein ließen. Doch in diesen Gedanken ruhte auch die Zuversicht, dass sie einander nicht das letzte Mal sahen.
 

„Du spürst es auch, oder?“, flüsterte Erfline.

Er nickte. „Der Elf geht weg, sie sind zu zweit. Also nur noch das Halbelfenmädchen und Feliff...“, murmelte Futave. Sie hielten sich in einem entfernten Gebübsch versteckt.

„Ja.“ Ihr Blick war unergründlich in die Ferne gerichtet. „Sollen wir uns ihnen nähern und zu erkennen geben?“

Ein Ast knackte, obwohl sie sich nicht bewegt hatten.

„Ich glaube, das braucht ihr nun wirklich nicht.“

Sie schreckten aus ihrem Geäst hoch. Die Stimme gehörte einer Person, deren Magie sie erst jetzt wahrnahmen. Als sie sich umdrehten, blickte Alyne sie herausfordernd an, die Hände in die Hüfte gestemmt, ihre Füße breitbeinig platziert.

„Ich wüsste nur zu gerne eure Beweggründe.“

Sie spürten das Sichnähern einer weiteren, mächtigen Magiequelle. Wenige Zeit später standen sie auch Feliff gegenüber, der sie mit undefinierbarem Blick musterte. Die beiden Ertappten schwiegen. Fieberhaft suchte sie nach einem Ausweg, einer Ausrede, um ihre Pläne nicht verraten zu müssen. Unter dem bohrendem Blick des Reinblütigen kein einfaches Unterfangen. Sie spürte, wie fremde Gedanken von außen an ihren Überlegungen kratzten.

„Jetzt zeigst du also dein wahres Gesicht“, stieß sie in ihrer Verzweiflung aus. Sie konnte es sich nicht leisten, dass er noch tiefer in ihre Gedanken eindrang.

„Hä?“ Alyne verstand nichts, aber als sie Feliff ansah, sah er schuldig zu Boden. „Was hast du gemacht?“, fuhr sie ihn mit blitzenden Augen an.

„I-ich weiß es nicht. Nur... nur m-manchmal da...“, fing er zu stottern an. Sie seufzte frustriert und sah weg. Er entspannte sich sichtlich, doch das war auch keine allzu große Hilfe.

„Ich aber“, fuhr Erfline schnippisch fort. Es war der Mut der Verzweiflung, der sie zu solchen Taten trieb, einem unbekannten, allmächtigen Gegner gegenüber, auch wenn seine plötzlichen Stotterer und Schüchternheit ihr Konzept schwach zum Wanken gebracht hatte. „Er wollte mich manipulieren oder meine Gedanken lesen.“

Der Blick seiner Gefährtin verengte sich noch mehr, aber sie widerstand dem Drang, ihn anzufahren und ihn dabei anzusehen. Es würde die Sache nur unnötig verkomplizieren. „Stimmt das?“

„N-nein! Also... Ich weiß es nicht.“ Er seufzte einen frustrierten Laut. „M-manchmal b-bin ich eben nicht mehr ich... selbst.“ Er schien seine Verzweiflung nicht verbergen zu können. Es war wohl nicht der erste Vorfall. „Glaub mir bitte“, flüsterte er dann, „Ich kann es noch nicht erklären. Nicht jetzt, nicht hier.“

Sie sah ausdruckslos zur Seite. Für die beiden Anhängsel war es eine kuriose Auseinandersetzung: Sie sahen einander nicht an. Sprachen scheinbar nicht direkt miteinander und konnten die Emotionen des Anderen nicht lesen. Es schien ihnen unerklärlich, wie diese beiden einander vertrauen sollten. Und wieso der reinblütige Elf vor einer Halbelfe ein so erbärmliches Bild ergab. War er wirklich der Elf, dem sie im Dorf begegnet waren?

Es sollte erst ihr erster Schritt in Richtung der unverständlichen Begebenheiten sein, die sie noch erleben würden.

„Also, erst einmal zu euch“, wandte Alyne sich dann von dem kleinem Häufchen Elend mit dem Namen Feliff, in dessen Adern das reinste Elfenblut floß, ab. „Was führt euch hierher?“

Erfline knirschte mit den Zähnen. Sie hatte die eben günstige Gelegenheit verschenkt. Was sollte sie antworten? Ein leichter Tipp an ihrer Hand irritierte sie. Sie blickte nach hinten, zu ihrem Gefährten. Er sah sie eindringlich an, sie las aus seinem Blick seinen Vorschlag für das weitere Vorgehen. Sie beredeten einander eine Weile stumm, als die Elfe schließlich kapitulierte. „Wir sind euch gefolgt“, gab sie erst einmal das Offensichtlichste preis. Vielleicht würde ihnen das genügen, aber sie glaubte selbst nicht daran.

„Warum?“ Alyne schien nicht sonderlich überrascht zu sein, sie hatte es wahrscheinlich schon geahnt.

„Weil wir herausfinden sollten, warum der reinblütige Elf Feliff mit dir auf eine Reise geht, statt meinen Vater, den Berater des Königs, zu treffen.“ Lügen haben kurze Beine, Lügen haben kurze Beine..., rief die Sprecherin sich wieder und wieder in das Gedächtnis. Es war das Argument, mit dem Futave sie schließlich umgestimmt hatte. Dennoch war ihr nicht wohl dabei, die Pläne preiszugeben. Sie hoffte, dass sie nicht dazu genötigt werden würde, auch den Namen ihres Vaters preizugeben. Es würde ihn in fatale Schwierigkeiten bringen, wenn diese Begebenheit ans Licht kommen würde.

„Aha...“, erwiderte Alyne gedehnt. Sie machte nicht den Eindruck, ihr nicht zu glauben, aber etwas schien sie noch skeptisch zu stimmen. „Und was tut ihr nun, nachdem wir euch entdeckt haben?“

Es folgte Schweigen. „Was wollt ihr denn mit uns tun?“

Wieder Schweigen. Scheinbar wussten beide Parteien nicht, wie sie fortfahren sollten. „Euch zurückschicken.“ Es klang nicht sehr zuversichtlich.

„Das werden wir nicht zulassen.“

Alyne war mit dieser Situation leicht überfordert. Sie war kein Mensch der diplomatischen Verhandlungen und sie wollte nicht gerade, dass die überhebliche Elfe mit auf die Reise kam. Allerdings hatten die männlichen Gesellen bisher nichts Wirkliches gesagt, also warf sie die Hände in die Luft und rief: „Ihr seid dran, Jungs!“ Dann zog sie sich mit all ihrem Geklimper zurück, wie zur Drohung hob sie eines ihrer Schwerter. Es glänzte verführerisch in der Mittagssonne. Sie hatte unübersehbar wirklich keine Lust, diese Diskussion durchzuführen.

Sie hockte sich vor einen Baum in der Nähe, richtete ihre Schwerter passend aus, und schwang eines zum Spaß herum.

Feliff seufzte. „Wenn die Elfe einverstanden ist?“

Erfline sah ihn mit unerklärlichen Augen an. Sie war einerseits erstaunt, dass er so leicht die Zügel in die Hand nahm, nachdem er sich nicht darum bemüht hatte, aber dass sie abgeschrieben wurde gefiel ihr nicht sonderlich. Dann lehnte sie sich aber ebenfalls an einen Stamm in der Nähe und winkte Futave nach vorne. Es hatte doch alles keinen Sinn und Zweck.

Die Diskussion begann.
 

Alyne beobachtete die beiden Jungen dabei, wie sie miteinander diskutierten. Es war eine ruhige Auseinandersetzung, in der die beiden Vertreter ihre Fassung wahrten und gleichzeitig ihr Gesicht schützten. Sie gaben nicht mehr preis als unbedingt nötig. Ihre Verhandlungsart war wesentlich effektiver, aber auch verbissener als die der Mädchen gewesen. Ihr Umgangston kühl, berechnend und vorsichtig. Man hätte sie wirklich für Diplomaten in einer äußerst schwierigen Krisensituation halten können, so ernst waren sie.

Die Halbelfe musste beinahe laut aufprusten. Es war einfach urkomisch. Es war doch nur eine kleine Angelegenheit. Er schien alles unfassbar ernst zu nehmen und ob sein Gegenüber es nur wegen seinem Druck, den sie förmlich spüren konnte, tat oder auch so schon ein ernster Geselle war, wusste sie nicht. Es amüsierte sie ein wenig, auch wenn es sich immer noch dank Feliffs, wenn auch geringen Einfluss im Rahmen hielt.

Wieder einmal erstaunte sie seine unfassbare Wirkung auf andere Elfen. Auch Erfline sah angespannt aus, nur Alyne, mit dem wenigsten Einflussbereiches des Angehörigen einer sehr manipulativen Kategorie von Elfen, wirkte sichtlich entspannt und gelöst. Dennoch wollte sie sich nicht in die Diskussion einmischen, es würden alle Elfen sie wahrscheinlich nur anfahren. Die Zeit drängte aber mit ihrem untrüglichen Fluss weiter und bald wich die Erheiterung ebenfalls der Anspannung. Ihr Vater würde ihr wahrscheinlich keinen Wettkampf gegen die Zeit liefern, aber sie fing durchaus an, sich zu langweilen.

Um dem irgendwie entfliehen zu können, wich sie aus. Sie erhob sich so leise es mit all ihren Schwerten ging und verdrückte sich in die Bäume. Als sie gerade noch in Sichtweite war, fing sie mit ihren Übungen an. Wie lange sie wohl noch diskutieren würden?

Inzwischen hatte Feliff seinen Einfluss und Alynes Langeweile registriert. Er nahm sofort seinen Druck wieder zu sich, ihm war es sichtlich peinlich. Nun, da es halbwegs entspannter war, ließ sich auch leichter diskutieren. So kamen sie schnell zu einem Ergebnis, dass sie in der von ihm erzeugten Krampfheit nur allzu leicht verfehlten. Er erhob sich, verbeugte sich halb und ging dann zu seiner Reisegefährtin hinüber.

„Es ist geklärt.“

Sie hielt in ihrer Bewegung inne. Ihr Schwert blieb exakt an dem Punkt stehen, an dem es stehen sollte. Ihre Muskeln waren angespannt, sie lockerte ihren Griff und nickte. „Und was wird nun gemacht?“ Sie achtete darauf, ihren Blick auf der Schwertschneide zu halten.

„Sie werden uns auf die maximale Distanz folgen, in der sie meine Magie noch spüren können. So wissen sie, wo wir sind, aber nicht genau, was mir machen. Ist das in Ordnung?“ Er runzelte besorgt die Stirn, aber sie nickte.

„Wenn es dann weiter geht.“

„Oh, und sie dürfen nicht nach Efarnia.“

„Und ich?“

„Du schon. Wegen dir reise ich ja noch einmal zurück.“ Er lächelte, als er wieder auf den Weg zurück wies. „Da geht es lang.“

„Ich komme.“

Die Reise wurde fortgesetzt und auch das Diskutieren hatte scheinbar ein Ende genommen. Schweigend nahmen sie ihren Vorsprung ein, abgesehen vom Geklimper ihres Gepäck herrschte eine friedliche Stille.

„Wir sollten uns einen Unterschlupf für die Nacht suchen“, merkte Alyne an. „Es ist dunkler geworden.“

Er nickte zustimmend. „Gleich biegen sich Kronen zu einem schützenden Dach, da können wir uns unterlegen.“

„Das klingt ja so, als würdest du es gleich selbst machen“, scherzte sie. Wie immer blickten sie einander nicht an, damit solch ein lockeres Gespräch entstehen konnte. Sie wussten dennoch, dass der jeweils Andere da war, nur die eine Partie mehr als die andere.

„Öhm... Naja...“

„Sag nicht du wirst es wirklich machen?“ Sie war drauf und dran, ihn mit einem skeptischen Blick zu tadeln.

„Elfen sind sehr naturverbundene Wesen, das weißt du!“, verteidigte er sich. Er hob sogar seine Arme in die Luft, damit es glaubwürdiger wirkte, aber da sie es nicht sah, war es nicht von Nöten gewesen. „Und ich hatte es auf meinem Hinweg gemacht.“

Tatsächlich blickten sie bald auf zwei oder mehr Bäume, deren Kronen unnatürlich dicht ineinander verflochten waren.

„Wobei ich nicht einmal weiß, ob wir es jetzt nötig haben. Vielleicht regnet es nicht einmal.“

„Das ist mir auch egal. Aber sag mal...“

„Hmm?“

„Kann man sich auf die Äste draufsetzen? Zur Wache?“

Er war verwundert. Daran hatte er nie gedacht. „Ja, ich denke schon.“

„Gut, dann übernehme ich die erste Wache.“ Sie war erpicht darauf, auf diese Bäume und deren ineinander verflochtenen Kronen zu klettern, denn sie hatte so etwas noch nie zuvor gesehen. Es wirkte wie ein rundes, schützendes Dach. Eine wirklich ulkige Form. „Keine Wiederrede“, fügte sie noch hinzu, als sie loslief und leichtfüßig auf den Baum kletterte. Mit missmutiger Miene wagte er es nicht, sie zu beobachten, aber ihre Flinkheit spürte er schwach durch ihre Magie, die trotz ihrer geringen Menge durchaus existent war.

„Bist du dir sicher?“

Sie nickte. Dann fiel ihr ein, dass er sie nicht sehen konnte. „Ja!“ Sie hatte es sich auf der Rundung bequem gemacht, an der vermutlich das Regenwasser abperlen würde. Über ihr befanden sich auch noch Äste, sie wirkten ein wenig wie ein schwacher Sichtschutz. „Sind sie auch stehen geblieben?“

„Ja.“ Er behielt die Bewegungen der zwei Randreisenden, wie er sie manchmal nannte, genaustens im Blick. „Dann würde ich sagen, 'Gute Nacht'?“

„Nacht.“ Sie nahm etwas Brot aus ihrem Rucksack, um es noch zu essen. Sie würde ihre ganze Aufmerksamkeit brauchen und das verbrauchte bekanntlich Energie.

„Und weck mich um Mitternacht, ja? Ich löse dich dann ab.“

„Jaja.“
 

Die Nacht verlief friedlich. Einige Nachtvögel zwitscherten in der dunklen Luft. Die Sterne ließen sich durch die Äste erahnen, wenn man auf dem Rücken lag und nach oben blickte. Wind kühlte die Temperatur sichtlich ab, ebenso der Mangel an Sonnenlicht.

„Prinzessin?“ Sie hatten ihr Lager gerade am Rand des Grades an Wahrnehmung aufgeschlagen. „Schläfst du schon?“

Sie antwortete nicht. Sie war hellwach und wusste genau, dass er es spürte. Manchmal war er ein eben redebedürftiger Elf. „Ja, ich bin wach.“ Sie blickte nach oben, zu den Sternen und der endlosen Finsternis des Himmels ohne Sonne.

„Heute war ein eigentlich erfolgreicher Tag, oder nicht?“ Sie hörte seine Bewegungen, als er in eine angenehmere Position wechselte. Er hielt sitzend an einem Baum gelehnt Wache, sie schlief unmittelbar neben ihm. Jedenfalls sollte sie das eigentlich.

„Ich denke schon. Außer, dass wir aufgeflogen sind“, erwiderte sie trocken. Dann lächelte sie leicht. „Du wirst einmal ein guter Redner werden.“

Er errötete, aber sie beachtete das nicht. Beziehungsweise sie sah es zwar nicht, spürte aber, dass sein Gesicht hitziger war als vorher. „D-danke, Prinzessin. Und nun ruh dich besser auf, sonst wirst du für morgen keine Kraft mehr haben“, empfahl er ihr. „Ich wache über dich.“

„Danke, Futave.“

Sie schloss die Augen und versank in ein Reich, das dem Himmel nicht unähnlich war.
 

Pünktlich um Mitternacht warf Alyne einen Stein von ihrem Versteck aus auf Feliff. Es war ein kleiner, kühler Stein, der genau seine Stirn traf. Verwundert erwachte er bei diesem Schlag, rieb sich die Stelle, obwohl sie nicht schmerzte. Es war wohl eher ein Reflex. Er sah nach oben, sie winkte. Sie hatte also Recht gehabt: Er hatte einen ziemlich leichten Schlaf.

Er verstand und erhob sich, noch ein wenig vom Schlaf benommen. Mit geschickten Handgriffen erklomm er den Baum, aber nicht so flink wie sie es getan hatte. Sie packte derweil ihre Sachen zusammen und machte sich an den Abstieg, als sie sicher war, dass er sich zurecht gefunden hatte. Unten legte sie sich auf ein Stück Grasland hin, bei dem das Astwerk an einer Stelle nicht so dicht war, dass man den Himmel nicht mehr sehen konnte. Helles Licht wurde schlagartig von Wolken eingenommen.

Würde ein Sturm aufziehen? Sie brummte. Gerade, wo sie an der Reihe war, zu schlafen. Bei Gewittern schlief sie meistens gar nicht, sie war viel zu aufgeregt und somit hellwach. Sie beobachtete dann immer die Blitze, die so willkürlich und doch energiesparend waren. So voller Kraft. Und die Donner waren so laut! So unheimlich gewaltig. Faszinierend.

Ein Tropfen fiel ihr auf die Nase. Es dauerte einen Moment, bis weitere Tropfen ihre Haut benetzten. Sollte sie sich lieber zurückziehen? Aber da spürte sie am Rande ihrer Wahrnehmung das Aufwallen von Magie. Kein Nass folgte mehr. Dafür sah sie Feliff, der vom Dach aus hinunter spähte. Sie hob die Hand und zeigte ihm den Daumen nach oben, aber er schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich wunderte er sich, warum sie ausgerechnet da schlief, war doch eine Bedachung vorhanden.

Aber sie ignorierte es. In diesem Moment war es ihr auch ausnahmsweise egal, dass es nicht gerade effizient war, ihn diesen Schild aufrecht zu erhalten lassen. Sie beobachtete den Aufprall von Tropfen auf Magie, das Tanzen von Blitz und Donner.

In einem übertragenem Sinne diskutierten sie ja auch miteinander.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Extras werden zu finden sein auf:
literatureofmine (Das Lied im Automaten)
Vllt. mache ich die Tage oder Wochen mal Steckbriefe zu ihnen~ Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: Futuhiro
2014-12-26T19:53:13+00:00 26.12.2014 20:53
Ein Drama, ey. Für so einen winselnden Jammerlappen hätte ich den Kerl ja nicht gehalten. XD - Wie hieß er ... Inkalak?
Und die zwei Hochwohlgeborenen hätte ich zum Teufel gejagt, statt sie weiter in meinem Windschatten reisen zu lassen. >__<
Aber nagut, sie werden wissen was sie tun.

Mir ist immer noch etwas unklar, warum Feliff so wechselhaft ist, mal die souveräne Gelassenheit in Person, und mal so ein eingeschüchterter Angsthase. Aber das wird sich bestimmt noch klären. ^^


Zurück