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Dodekaeder

Der Zwölfte Doctor
von

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Sommernacht

Es war einer diese tropischen Sommernächte, in denen es so warm war, dass es vielen Menschen das Einschlafen erschwerte. Man drehte sich stundenlang im Bett hin und her und bettelte, dass einem endlich die Augen zufielen und man ins Traumland gelangte. Nach einem anstrengenden Tag in der Hitze verlangte der Körper nach Ruhe, doch die blieb ihm verwehrt.

Diese Temperaturen waren nicht sonderlich üblich in diesem Teil von Deutschland. Da kannte man nur regnerische Sommer und Tage über 30°C waren selten. Deshalb besaß auch niemand Klimaanlagen in seiner Wohnung, da musste der Ventilator ausreichen. Und das tat er meistens nicht.

Wie viele andere in diesem Land fand auch eine junge Frau keinen Schlaf. Sie lag auf ihrem Bettzeug, die Decke hatte sie bereits auf den Boden gestrampelt, und hoffte, dass ein frischer, kühler Windstoß durch das Fenster fegte. Außerhalb ihres Zimmers war es gewiss kühler. Die Nachmittagssonne hatte die Wände über den Tag erwärmt und ihr Zimmer in eine finnische Sauna verwandelt.

Ihre Augen waren schwer. Vielleicht gab es eine minimale Chance, dass sie endlich eindösen würde, wenn sie jetzt ganz still da lag. Doch von draußen ertönte ein merkwürdiges Geräusch und riss sie zurück in die Wirklichkeit. Sie lebte in einer großen Stadt, des nachts hörte man ständig Lärm von den benachbarten Kneipen oder der vorbeifahrenden Straßenbahn. Allerdings war sie an all das schon längst gewöhnt, deshalb störte sie sich nicht mehr daran. Dieses Geräusch war jedoch neu. Es klang ächzend und keuchend und seltsam vertraut.
 

Kiara riss ihre Augen auf, stolperte aus ihrem Bett und rannte zum Fenster. Ihre Müdigkeit war wie weggeblasen und ersetzt durch Aufregung und Neugierde. Ihr Blick wanderte suchend durch die dunkle Nacht. Neben einigen Garagen im Hinterhof erblickte sie eine kleine, helle Lampe. Sie gehörte zu einer langen, schmalen Box, welcher einer alten Telefonzelle ähnelte. Kiara rieb sich die Augen, blinzelte und sah noch einmal hin. Die Box stand immer noch da.

Ohne einen weiteren Augenblick zu zögern, rannte sie in den Wohnungsflur, schlüpfte in ein paar Schuhe und griff nach ihrem Haustürschlüssel. Aus der Wohnung raus, zog sie die Tür hinter sich zu und eilte die drei Etagen des Treppenhauses hinunter. So schnell sie ihre Beine trugen, rannte sie aus dem Gebäude, zum Hinterhof.
 

Dort stand sie. Durch die milchigen Glasfenster schien helles Licht und erleuchtete die schönste aller hölzernen, blauen Boxen, die sie je im Leben gesehen hatte. Der Schriftzug über der Doppeltür verlautete 'Police Box'.
 

Kiara biss sich auf die Lippe und widerstrebte dem Bedürfnis ihre Finger über das Holz streifen zu lassen. Die Polizeizelle war fast zweimal so groß wie sie und mindestens dreimal ihre Breite. Sie nahm sich zusammen und klopfte zögerlich und vorsichtig an der blauen Tür. Keine Antwort. Also klopfte sie erneut, diesmal etwas fester. Nichts. Wahrscheinlich hatte der Besitzer die Örtlichkeit verlassen, während sie noch mit ihren Schuhen gekämpft hatte. Typisch.

Trotzdem entschied sich Kiara ihre Chance zu nutzen und zu warten. Immerhin musste er früher oder später zurück kommen, nicht wahr?
 

Der besagte Besitzer der Polizeizelle hatte sich nicht weit entfernt. Einige Meter weiter die Hauptstraße hinunter, begutachtete er die verlassene Baustelle an der großen Kreuzung. Wochenlang wurde bereits dort gearbeitet. Bauarbeiten hatten den alte Belag entfernt und neue Rohre und Bahngleise verlegt. Nun fehlte nur noch der neue Asphalt. Doch diese Nacht arbeitete dort niemand. Nicht, weil es zu warm war. Die Arbeiter waren verschwunden.

Der Reisende war aufgetaucht, weil sein treues Gefährt einmal wieder ein Notsignal empfangen hatte. Er kniete sich hinunter und inspizierte den neuen lärmdämpfenden Asphalt. Allerdings hatte er noch nicht in Erfahrung gebracht, dass der Straßenbelag nicht nur Geräusche in sich aufnahm. Zu seinem Ungunsten spürte er, wie seine Füße langsam im Asphalt versanken, als stünde er in einer Treibsandgrube.
 

„Oh je, das ist nicht gut“, seufzte der Doctor und versuchte möglichst still zu stehen, um, für den Fall, dass der Asphalt wirklich wie Treibsand funktionierte, die Zerstörung von Luftlöchern zu vermeiden. Sein Bestreben half jedoch nicht und so sank er mit jeder Sekunde tiefer in die schwarze Masse hinein.
 

„Okay, die Situation hat sich nicht verbessert.“

Der Doctor zückte ein silbernes Gerät aus seinem Mantel und fuchtelte damit in Richtung Belag, in der Hoffnung, dass ihn dies befreien würde. Der Sonic Screwdriver gab einen schrillen Ton von sich und die kleine, grüne Leuchte am Ende schimmerte auf den Boden. Der Asphalt absorbierte es. Erst das Geräusch, welches eigentlich hätte abprallen und zurückgeworfen werden sollen, und dann stieß ein Schwall der klebrigen Substanz auf und verschlang die stiftähnliche Gerätschaft.
 

„Nein! Nein, gib das zurück!“

Er zog so fest er konnte um den Screwdriver aus dem Griff der Substanz herauszufinden. Seine angestrengten Ächzer schallten durch die Straßen.
 


 

Kiara hob den Kopf und sah sich um. Die Laute, die sie hörte, klangen nicht nach einem Betrunkenen, auch wenn es durchaus zu dieser Uhrzeit in ihrer Gegend gepasst hätte. Überhaupt war es für eine schöne Sommernacht viel zu ruhig. Wo waren die feiernden Leute, die bis in die frühen Morgenstunden auf den Balkons saßen oder durch die Straßen zogen und Bier tranken, sich unterhielten oder Lieder sangen? Diese Ausnahmeerscheinung wäre ihr vermutlich früher aufgefallen, wenn sie nicht bis spät nachts mit Kopfhörern an ihrem Computer säße.

Sie verließ den Hinterhof durch eine kleine Gasse und versuchte die Quelle des Gezeters auszumachen. Es kam deutlich von der Kreuzung die Straße hoch. Kiara nahm die Beine in die Hand und sprintete die hundert Meter. Als sie etwas außer Atem ankam, erkannte sie einen Mann, welcher knietief in der Fahrbahn steckte.
 

„Was zur Hölle-?!“, stieß Kiara fassungslos aus.
 

„Ah, Guten Abend! Schönes Wetter für einen nächtlichen Spaziergang, nicht wahr? Entschuldige, aber wärst du so freundlich und könntest mir ein wenig zur Hand gehen?“, sagte der Mann und drehte seinen Oberkörper in ihre Richtung um sie anzuschauen.

Er lächelte sie weit und freundlich an, trotz seiner misslichen Lage. Er machte auf Kiara einen sehr sympathischen Eindruck, sodass sie fühlte gar keine andere Wahl zu haben, als diesem Fremden zu helfen.
 

„Ja. Ja, natürlich.“ Kiara sah sich um, auf der Suche nach etwas, dass sich als nützlich erweisen könnte.
 

„Lass dir Zeit“, erwiderte der Doctor ruhig, während er weiter versank.
 

Jedoch fand sie kein Objekt, welches sich anbot Hilfestellung zu leisten. Es gab nichts, was nicht zu schwer für sie war, um es herum zu tragen - nur wenige Dinge fielen nicht in diese Kategorie, und keine dieser Gegenstände befand sich auf einer Baustelle. Also blieb ihr nichts weiteres übrig, als ihre Hand nach ihm auszustrecken um ihn vielleicht so herauszuziehen.

Er griff ihr Handgelenk mit beiden Händen und sie lehnte sich mit ihrem Gewicht nach hinten um ihren Mangel an Größe und Stärke wett zu machen. Kiara schlang ihren zweiten Arm um einen Lampenpfosten, damit sie nicht selbst in die schwarze Masse trat. Sie zog mit aller Kraft und der Fremde bemühte sich seine Beine anzuheben und sie von der klebrigen Substanz zu lösen. Er trat mit festem Schritt auf den sicheren Gehweg und befreite sein anderes Bein eigenhändig. Erleichtert atmeten beide auf und lösten sich ihre Hände voneinander.
 

„Danke sehr“, lächelte der Mann sie glücklich an.
 

„Kein... kein Problem. Gern geschehen“, keuchte Kiara.
 

Er drehte sich zur schwarzen Pfütze um und fuhr sich durch die Haare. „Großartig! Was mache ich denn jetzt ohne meinen Sonic Screwdriver? Dabei hat er doch noch so gut funktioniert! Was für eine Verschwendung. Dabei hab ich das Ding geliebt...“
 

„Entschuldigen Sie...?“, warf Kiara kleinlaut ein, nicht sicher, ob sie das Selbstgespräch unterbrechen sollte.
 

„Ah, richtig. Tut mir Leid. Ist alles in Ordnung?“ Der Mann wandte sich geschwind wieder ihr zu und sah sie offenherzig und besorgt an.
 

„Ja, mir geht’s gut... Aber...“ Es gab so viele Fragen, die ihr im Moment durch den Kopf schwirrten und sie wusste nicht, wo sie anfangen sollte.
 

Doch er wartete gar nicht, bis sie sich auf etwas einigen und den Satz beenden konnte, streckte ihr die Hand entgegen und sagte:
 

„Ich bin der Doctor. Wie ist dein Name, Liebes?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Runenwölfin
2015-09-11T09:53:12+00:00 11.09.2015 11:53
Gut geschrieben. Du hast einen schönen Schreibstil.
Den Doctor finde ich schon mal sympathisch und ich bin gespannt, wie sich die Geschichte weiterentwickeln wird.
Die Idee mit dem verschlingenden Asphalt verspricht eine interessante Story.
Von:  Neflite
2014-02-16T10:12:08+00:00 16.02.2014 11:12
Ich mag deinen Schreibstil ^^ Du hast ein Händchen für Formulierungen bzw. Beschreibungen! Ich konnte mir den Doctor auch echt gut vorstellen =) Werd mir später das erste Kapitel zu Gemüte führen - bin gespannt wie's weitergeht hehe


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