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Deadly enemies

von

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Alexander Anderson saß nun schon vier geschlagenen Stunden hinter der milchig angelaufenen Scheibe des kleinen Kaffees. Die fünfte Tasse Tee stand mittlerweile dampfend vor ihm. Während er sie mit vorsichtigen Schlückchen trank ließen seine dunkelgrün schimmernden Augen, die Eingangstür des Apartments auf der anderen Straßenseite, nicht eine Sekunde aus den Augen. Das alte Londoner Banker Viertel, in dem er sich befand hatte einige verborgene Seitenstraßen, wie diese hier zu bieten, in dem sich zwischen riesigen Glasbauten, noch einige alte viktorianische Wohnungen versteckten. Eine davon fesselte schon seit Tagen seine Aufmerksamkeit.

Es hatte ihn wochenlange Arbeit und einige Beziehungen gekostet um die Spur, die er aufgenommen hatte, bis hier hin zu verfolgen. Wenn er an all die Mühe und Zeit dachte, die nötig gewesen war, um an diese Adresse zu kommen. Sein lieber Vorgesetzter war ihm dabei keine Hilfe gewesen. Im Gegenteil. „Verhalten sie sich ja unauffällig!“ hatte ihn Enrico Maxwell beim ihrem letzten Telefonat ermahnt. „Für dürfen auf keinen Fall mehr mit dieser Sache in Verbindung gebracht werden.“ Er schnaubte missbilligend in das dunkle Gebräu. Diese „Sache“, die der Bischof so lapidar als solche bezeichnete war, einmal eine der einflussreichen Geheimverbindung des britischen Imperiums gewesen, auch wenn jetzt niemand mehr von der Regierung über ihre plötzliche Auflösung ein Wort verlor. Trotz des großen Feuers und der vorangegangenen Ereignisse, schien die Hellsing Organisation unter jetzigen Gegebenheiten nie existiert zu haben. Zwei Artikel war der Brand des alten Anwesens und der tragische Tod der Herrin des Hauses Integra Wingates Hellsing der Presse wert gewesen. Lediglich der alte Butler hätte das furchtbare Unglück überlebt hieß es, danach hörte man nichts mehr.

Und genau diesem Butler Walter Dolneaz galt es nun auf den Färsen zu bleiben.

Diesen Idioten da draußen mochte der alte Kämpfer der Hellsingorganisation ja mit dieser Geschichte erfolgreich einen Bären aufgebunden haben, aber ihm machte er damit nichts vor. Hatte er sich doch selbst in der Gerichtsmedizin von Scotland Yard davon überzeugt, dass nicht eine einzige weibliche Leiche unter den Opfern zu finden war. Also hatte dieser Kerl, wen auch immer, an einem nebeligen Samstagmorgen in Highgatet beerdigt, aber nicht seine Herrin. So viel stand fest. Was in ihm die Frage wach rief, wohin sich die gute Lady wohl mit ihrer dämonischen Dienerschaft abgesetzt hatte?

Genau das galt es herauszufinden, denn diese Vampire mussten endlich zur Strecke gebracht werden. Er war es so leid. Immer und immer wieder waren ihm dieser verdammte Teufel und das kleine Miststück in letzter Sekunde entwischt. Wütend knirschte er mit den Zähnen, bei dem Gedanken wie nah er schon dran gewesen war. Er musste es einfach schaffen und kostete es ihn auch den letzten Tag seines Erdendaseins. Dafür hatte ihn Gott der Herr erschaffen, ihn mit seinen übernatürlichen Gaben gesegnet und ihn durfte er darin nicht enttäuschen. Das hatte er schon viel zu oft getan.

Mittlerweile war die Tasse in seinen Händen wieder mal leer und noch immer hatte sich die alte verwitterte Klinke da drüben nicht bewegt. Der gute Mann verhielt sich in seinem neuen Domizil äußerst zurückhaltend. Er trat kaum einen Schritt vor die Tür und wenn, dann nur um entweder einkaufen zu gehen, oder wie bis her einmal geschehen, den Tower aufzusuchen. In dem er sich eine geschlagene Stunde mit einer Ausstellung über die Waffenentwicklung von vierzehnhundert bis neuzehnhundert beschäftig hatte. Fast wäre er dabei vor Langeweile eingeschlafen und auch jetzt musste er wieder mühsam ein Gähnen unterdrücken.

Grade als Anderson erneut der Bedienung ein Zeichen, für eine weitere Tasse geben wollte. Bewegte sich die Tür endlich. Rasch warf er eine Zehnpfundnote auf den Tisch und beeile sich das Lokal, so unauffällig wie es ihm nur möglich war, zu verlassen. Als er auf die Straße trat, fing es an zu regnen. Er hatte, anders wie Walter vor ihm keinen Schirm dabei und so blieb ihm nichts anders übrig, als dessen Verfolgung wohl oder übel so aufzunehmen. Leise vor sich hin schimpfend machte er sich daran unbemerkt hinter ihm her zu laufen. Der Butler verzichtete zu seinem Glück darauf, ein Taxi zu nehmen und suchte stattdessen die nächste U Bahnstation auf.

Paladin Anderson schielte auf die Fahrtrichtung, die das Objekt seiner Begierde nahm und fragte sich im Stillen wohin wohl die Reise gehen mochte, als er feststellte das es Walter stadtauswärts zog.
 

Integra versuchte, trotz der Enge die die schmalen Seitenwände mit sich brachten, ihre Position zu verändern, doch es gelang ihr nicht so wirklich. Ihr neu erworbener Instinkt sagte ihr zwar, dass die Sonne noch lange nicht untergegangen war, doch sie konnte trotzdem keine Ruhe mehr finden.

Vorsichtig lüpfte sie den Deckel ihres Sarges ein Stück weit, um dann beruhigt festzustellen, dass um sie herum tiefste Schwärze herrschte. Die Tür des Kellers in dem sie sich befanden war also fest geschlossen, so wie sie es immer taten, bevor sie sich hier unten zurückzogen. Sie seufzte und machte sich dann daran, sich ganz aus dem Ungetüm zu erheben. Heimatholz hin oder her. Es fiel ihr immer noch schwer an dieser Art Schlafstätte gefallen zu finden. Zum Glück war sie mit diesem kleinen Problem nicht alleine. Das dumpfe Murmeln, das aus Seras Sarg gleich neben ihr drang zeigte ihr, das auch die kleine Vampirin schon wach war. Vorsichtig warf sie einen Blick über ihre Schulter wo Alucards schwarzer Sarg stand, aus dem allerdings kein Laut zu vernehmen war. Erst als sie sich dessen sicher war, klopfte sie so leise wie möglich an das Kopfende von Seras. Augenblicklich verstummte das Gemurmel und Seras große, rote Augen erschienen mit samt ihren verwuschelten Haaren. Als sie Integras Gesicht erkannte stieß sie seinen erleichterten Seufzer aus. „Puh Ich dachte schon, der Meister hätte mich wieder ertappt.“ Integra lächelte. „Wenn du nicht flugs den Kopfhörer verschwinden lässt, kann das durch aus noch passieren.“

Sie deutete mit dem Daumen nach oben. „Ich weiß ja nicht wie es dir geht, aber ich habe keine Lust mehr hier rum zu liegen. Auch wenn dein Meister da andere Ansichten hat.“ Seras grinste zurück „Dito, äh ich meine. Ich auch nicht Lady Hellsing.“ Damit machten sie sich gemeinsam auf den Weg zur Treppe. Die führte in den großzügigen Flur einer alten, romanischen Villa, deren schon etwas heruntergekommene Mauern von verwilderten Hecken und Bäumen fast ganz eingewachsen waren. Nur eine ebenfalls schon lange nicht mehr gepflegte Auffahrt führte von einem Verrosteten Tor versperrt zu einem schmalen Feldweg, von dem es fast eine viertel Stunde dauerte, bis man eine halbwegs befahrende Straße erreichte.
 

Das Haus hatte schon fast eine Dekade lang leer gestanden, bis sich ein exzentrischer Angelsache fand, der es haben wollte. Der Bürgermeister des kleinen Dorfes, dem das alte Gemäuer rechtlich gehörte, hatte sich zwar über das Angebot für den Kasten gewundert, der in seinen und auch in den Augen des ganzen Dorfes längst abgerissen gehörte, doch in Anbetracht der Summe die der kauzige Mann am Telefon dafür bereit war zu bezahlen, war es ihm einerlei gewesen. Sollte er damit machen was er wollte. Wenn er auch nur im mindesten geahnt hätte, wer sich dort bald häuslich niederlassen sollte. Er hätte wohl auf der Stelle das Weite gesucht.

So hatte er dem LKW Fahrer nur freundlich die Richtung gewiesen, als der ihn nach dem Weg zum Haus gefragt hatte.
 

Integra und Seras versicherten sich, dass die Fensterländen im Untergeschoss fest verschlossen waren. Erst dann ließen sie sich behaglich in den gemütlichen Sesseln nieder, die sie im Esszimmer aufgestellt hatten. „Das fühlt sich tausendmal besser an.“ Verkündete Integra und griff nach dem Laptop auf dem Tisch.

Seras stimmte ihr zu und fragte dann ob sie mal versuchen sollte Walter zu erreichen. Integra nickte und dabei sah auf ihre Armbanduhr. „Der sollte eigentlich bereits auf dem Weg sein.“
 

Anderson konnte durch die Scheibe seines Waggons sehen, wie der Butler auf seinem Sitzplatz kurz zusammen zuckte und dann verwundert in die Innentasche seines Mantels griff. Zum Vorschein kam ein Handy auf dessen Display mit konzentrierter Miene hinunter blickte. Dann drückte er ein paar Knöpfe und stand auf.

Als der Zug kurz darauf anhielt wusste der Priester auch warum, denn jetzt verließ Doleranz das Abteil und verschwand eiligen Schrittes in der Menge Richtung Ausgang.

Anderson blickte auf das Anzeigeschild und stellte fest das es ihn nach Heathrow verschlagen hatte.
 


 

Seras ließ das Telefon in ihrer Hand wieder sinken. „Sie hatten Recht. Er ist schon fast da.“ Integra nickte zufrieden „Gut dann bin ich mal auf seinen Bericht gespannt.“ Sie tippte ein paar Buchstabenfolgen in die Tastatur und wartete, während Seras hellhörig den Kopf Richtung Kellertreppe umwandte. Keine Sekunde später erschien ihr Meister mit leicht verkniffener Miene im Türrahmen. „Ich hätte nie gedacht, dass es so etwas wie senile Bettflucht auch bei Vampiren gibt.“ Brummte er, bevor er sich ebenfalls auf einem der Polster niederließ. Integra tat so als hätte sie es nicht gehört, während Seras schuldbewusst mit den Achseln zuckte.

„Gibt es schon Neuigkeiten von unserem guten alten Walter?“ anscheinend hatte der Vampir nicht vor die Angelegenheit zu vertiefen. „Ja er ist schon in Heathrow angekommen.“ Alucards Gesicht hellte sich auf. „Na das ist doch schon mal eine gute Nachricht.“
 

Walter vergewisserte sich, dass er vor dem richtigen Haus stand, dann zog er an der schon leicht ausgefransten Kordel der Türglocke.

Er hatte es nicht weit gehabt nur ein paar Minuten Fußmarsch und jetzt öffnete sich auch schon die Tür. „Hallo Mr. Doleranz“ Peter Fargason strahlte ihn an und Walter freute sich ebenfalls den alten Kommandanten wieder zu sehen. Nach dem sie sich fast schon feierlich die Hände geschüttelt hatten, verschwanden die beiden Männer im Haus.

Anderson, der ein Kriegsdenkmal als Sichtschutz genutzt hatte, fragte sich indessen, wie er es anstellen konnte, näher an den Ort des Geschehens zu kommen, ohne gesehen zu werden.
 

Fargason beeilte sich seinem Gast alles Mögliche anzubieten, doch Walter nahm nur den Tee. „Mit Milch und Zucker?“ „Aber nur wenn es keine Umstände macht“ „Ach, ich bitte sie.“ Nach dem alles arrangiert war, zogen sie sich in das kleine Wohnzimmer zurück. Walter wollte schon in die Innentasche seines Mantels greifen, doch der alte Soldat, hielt ihn noch davon ab. „Lassen sie mich erst noch die Vorhänge ein Stück weit zu ziehen, sicher ist sicher.“ Walter nickt „Sie haben vollkommen Recht. Wie unbedacht von mir.“ Erst als das geschehen war, holte die gute Seele der Hellsing einen kleinen Stick hervor. Fargason zauberte im Gegenzug ein Notebook aus einer der Kommoden zum Vorschein und als beides zusammen gefunden hatte, erschien plötzlich ein vertrautes Gesicht auf dem Bildschirm. Walters zuvor gerunzelte Stirn glätte sich, bei dem Anblick seiner Lady. Auch sie wirkte für ihre Verhältnisse entspannt. Unter ihrem Kinn erschienen plötzlich Buchstaben „Hallo Walter. Leider haben wir Probleme mit unserem Ton. Die beiden Männer lachten und Walter schrieb zurück „Hallo Lady Hellsing. Das liegt vermutlich an der wackeligen Leitung, aber so funktioniert es ja auch.“ Ihre Mundwinkel verzogen sich leicht nach oben. Noch immer war der Anblick ihrer roten Augen für ihn nicht leicht zu ertragen, doch er war britisch genug sich nichts anmerken zu lassen. Fargason, den er notgedrungen hatte einweihen müssen, hatte erstaunlich gelassen auf Integras Verwandlung reagiert, auch seine Loyalität kannte anscheinend keine Grenzen.

Jetzt erschien das Gesicht von Alucard vor ihnen. „Halli Hallo Walter. Ich hoffe du langweilst dich nicht zu sehr ohne unsere Anwesenheit?“ dabei Grinste er so breit, dass man die spitzen Eckzähne deutlich sah. Walter lächelte zurück „Momentan halten mich die letzten Umzugsformalitäten noch gut in Atem. Vor allem die auf wenigen Ablenkungsmanöver.“ Fargason der stumm mitgelesen hatte, sah ihn fragend an, doch bevor er den Mund öffnen konnte, machte ihm Walter ein Zeichen still zu sein. Seine Finger tippten weiterhin in die Tasten. „Paladin Anderson ist noch nicht müde geworden mir auf Schritt und Tritt zu folgen.“ Er schüttelte den Kopf „Der einzige der bislang davon profitiert hat, ist der Besitzer des Cafes schräg gegenüber.“

Order

Fargason sah ihn entgeistert an, während Walter weiter munter in die Tasten haute. „Darum ist es gar nicht so verkehrt, wenn unsere Konversation auf diese Art und Weise statt findet. Sollte er tatsächlich eine Möglichkeit gefunden haben uns zu belauschen, dann wird er hoffentlich über den Inhalt ein wenig frustriert sein.“ Damit nickte er seinem Gegenüber aufmuntern zu und der verstand sofort, was von ihm verlangt wurde.„Und haben sie sich schon gut in ihrer neuen Wohnung eingelebt?“ Die Frage klang zugegebener Maßen ein wenig holprig, doch Walter antwortete schnell, während er Integra weiterhin schrieb „Nun ja. Ich kann nicht klagen.“

Auf diese Art und Weise fühlten sie den Raum mit Geräuschen, die das Tastenklappern überdeckten.

Anderson, der sich mühevoll durch ein stacheliges Rosenbeet bis unter das zugezogene Fenster angeschlichen hatte, entging somit der eigentliche Kern des Treffens. Alles was er hörte war das altbekannte Klagen über das englische Wetter und die letzten Kricketergebnisse.

*Ich hoffe es geht ihnen den Umständen entsprechend gut? *Integra nickte* Man gewöhnt sich an alles* Er schluckte, bei der Vorstellung was sie damit meinte. *Ich hoffe die Rationen, die ich letzte Woche habe losschicken lassen, sind gut angekommen?* Jetzt erschien Alucards hochgereckter Daumen vor ihrem Gesicht, den sie ärgerlich aus dem Bild wischte.

*Ja auch wenn die Qualität besser hätte sein können* Jetzt hatte anscheinend der schwarzhaarige Vampir die Macht über die Tastatur ergriffen. *Entschuldigen sie Meister Alucard aber so schnell konnte ich leider nichts besseres auftreiben.* Integras wütendem Gesichtsausdruck nach zu urteilen herrschte sie ihren Diener wegen diesem Kommentar grade an. *Hören sie nicht drauf Walter. Es erfüllt seinen Zweck und das reicht völlig. Viel wichtiger ist die Frage, wie lange wir sie noch zwingen müssen in London zu bleiben, bevor dieser Bluthund des Vatikans endlich die Lust verliert sie zu verfolgen.* Walter seufzte *Aus den Erfahrungen mit Paladin Anderson abgeleitet, würde ich nicht mit einem so baldigen Aufgeben seinerseits rechnen.* Nun war es Fargason der eine Frage in Tastatur schrieb *Kann man nicht dafür sorgen, dass Rom ihn zurück beordert?* Nachdenkliches Schweigen breitete sich daraufhin auf beiden Seiten der Bildschirme aus, bis wieder Buchstaben erschienen *Ein gar nicht so übler Gedanke. Wir werden uns darüber mal den Kopf zerbrechen. Bis dahin muss ich sie leider weiterhin darum bitten für uns den Hasen zu spielen Walter.* Der Monokel in Walters Auge wackelte, als er mit amüsierter Miene schrieb *Auch wenn ich nicht über die passenden Ohren verfüge, werde ich mir weiterhin Mühe geben, ein attraktives Ziel abzugeben Lady Integra*
 

Nach dem sie ihr „Zusammentreffen“ beendet und einen neuen Termin vereinbart hatten, lehnte sich Integra grübeln zurück. Fargason Idee Anderson über seine direkten Vorgesetzten los zu werden, schien tatsächlich die einzige Möglichkeit, die Aufmerksamkeit dieses Killers von ihnen abzulenken. Nur wie sollte man das anstellen? Alucard der in den Flur verlassen hatte, um noch mal in den Keller zu verschwinden, kam mit drei Blutkonserven wieder zum Vorschein. Er warf zu erst Seras ein Päckchen zu, bevor er sich Integra zu wandte „Mein Vorschlag wäre es, selbst dafür zu Sorgen, dass Hochwürden eine neue Wirkungsstätte bekommt.“ Integra sah ihn fragend an und er fuhr fort „Ich meine damit, dass Iscariot ihn bestimmt nur dann abruft, wenn sie meinen, dass sich irgendwo Untote herumtreiben, die der gute Priester gefälligst in Asche verwandeln soll.“ Sie zog kritisch eine Augenbraue in die Höhe „Glaubst du wirklich es wäre gut hier offensichtlich in Erscheinung zu treten?“ Der Vampir schüttelte den Kopf „ Nein, das ist gar nicht nötig, alles was es dafür braucht ist eine kleine Show und für die reicht ein überzeugendes Video das man ins Netz stellt. Wenn darin mein Gesicht auftaucht am besten noch mit dem Eifelturm oder dem Brandenburger Tor im Hintergrund, wird irgendwo bei diesen katholischen Möchtegern Teufelsaustreibern eine Alarmglocke losschrillen die Anderson wie ein dressiertes Hündchen aufhorchen lässt.“ Er lachte dreckig „Ich wette das Iscariot für solche Sachen eigens eine Prüfstelle hat.“ Die rubinroten Augen fingen an zu leuchten „Der Kerl ist so scharf drauf mich zu vernichten, dass er sofort alles daran setzten wird diese neue Spur zu verfolgen und in der Zeit macht sich unser guter alter Walter klammheimlich aus dem Staub.“ Integra schien noch nicht ganz überzeugt „Und was, wenn er nicht darauf anspringt? Doch Alucard grinste nur, wie jemand der es besser wusste und ließ das verpackte Blut in ihre ausgestreckte Hand gleiten. Dabei strichen seine Finger unsichtbar für Seras Augen sanft über ihren Handrücken.
 

Enrico Maxwell stöhnte als er sich nach seinem Abendgebet wieder von den Knien erhob. Langsam aber sicher wurde diese Prozedur schmerzhafter und schmerzhafter. Vielleicht sollte er tatsächlich einmal über einen Besuch beim Chiropraktiker nachdenken. Mit diesen Gedanken beschäftigt, lief er langsam durch den Kreuzgang hinunter, als ihn vor der Tür seiner Unterkünfte Pater Renaldo abfing. „ Es tut mir sehr leid, aber eure Exzellenz werden dringend am Telefon verlangt!“ Verärgert darüber, dass ihm heute kein pünktlicher Feierabend vergönnt war, machte er noch einmal mit seinem Sekretär im Schlepptau kehrt um sein Büro aufzusuchen. In diesem angekommen griff er nach de Telefonhörer, der bereits abgehoben neben dem Apparat auf ihn wartete. Pater Renaldo indessen ließ den Computer hochfahren. Noch während sich Maxwell darüber wunderte, sprach er in den Hörer. „Enrico Maxwell?“ Am anderen Ende der Leitung antwortete eine kratzige Stimme mit schnellem italienisch. Mit jedem Wort das fiel, wurden die Augen des Bischofs größer und größer. Ab und zu brachte er ein unglaubliches „Tatsächlich?“ oder ein „Verstehe“ dazwischen. Parallel dazu verfolgten seine Augen die Bilder, die der Computer ihm dazu lieferte. Er konnte kaum glauben, was er da sah.
 

Alexander Anderson packte den Griff der silbernen Klinge fester, gleichzeitig spannte er jede Faser seines Oberarms, dann faste er das Ziel noch einmal genau ins Auge. Ein kurzes taxieren der Entfernung, eine kleine Verlagerung seines eigenen Körpergewichts, dann schleuderte er die Waffe mit einem lauten Wutschrei von sich weg. Die Spitze des Stahls glitt wie durch den aufgehängten Körper, wie durch ein Stück weiche Butter. Zufrieden mit dem Ergebnis entspannte er sich für einen Moment. Seine Frustration darüber, dass seine heutige Verfolgungsjagt hin mal wieder keinen einzigen Schritt weiter gebracht hatte, entlud der Priester in dem er in der vor neugierigen Blicken geschützten Parkanlage der Templer ein paar Übungsrunden einlegte. Wie ein gemeiner Dieb hatte er unter dem Fenstersims von Peter Fargason gekauert, nur um sich belangloses Geplänkel zweier alter Kriegskammeraden anzuhören. Kein einziges Wort war über ihre alte Arbeitgeberin gefallen, geschweige denn über ihren dämonischen Müllmann. Es war zum aus der Haut fahren. Die durchbohrte Stoffpuppe baumelte immer noch sachte hin und her, während er sich für den nächsten Wurf bereit machte. Vielleicht kam er so einfach nicht weiter, vielleicht musste er diesem alten Fossil einfach mal intensiver auf den Zahn fühlen. Die zweite Klinge fand zischend ihr Ziel. Die rosige Narbe auf seine Wange wurde breiter, als seine Lippen sich zu einem schiefen Grinsen verzogen. Foltern war zwar nicht seine Spezialität, aber für diesen Kerl würden seine Fähigkeiten reichen, außerdem gab es unter seinen Brüdern hier noch den ein oder anderen, der sich darin besser auskannte.

Während sein Gehirn schon anfing sich ein paar genauere Vorstellungen darüber zu machen, ertönte auf einmal das Ave Maria in seiner Sutane.

Die Nummer, die das Display anzeigte, zauberte den Ausdruck von Überraschung in sein Gesicht und die Anweisung die, der Anrufer ihm kurz darauf mitteilte vertiefte diesen noch um einiges. „Pater Anderson? Ich habe die Aufgabe ihnen mitzuteilen, dass Ihre Exzellenz Enrico Maxwell sie auffordert unverzüglich nach Rom zurück zukehren. Es wurde bereits ein Flug für sie organisiert.“ „Was ist passiert?“ Es konnte sich nicht um etwas Belangloses handeln. Er hatte zwar schon lange seine Schäfchen in St. Sebastian vernachlässigt, doch auf die Schwestern des Ordens war immer Verlass gewesen, wenn er im Namen des Herren gezwungen war länger fort zu bleiben.

Die Stimme von Maxwells Sekretär zögerte kurz „Es ist mir nicht gestattet ihnen am Telefon nähere Angaben zu machen. Mein Auftrag lautet nur, ihnen mitzuteilen das es dringend ist und sie keine Zeit mehr damit vergeuden sollen Gespenster zu jagen.“ Damit war das Gespräch auf der einen Seite beendet. Ein wenig ratlos darüber, wie er die Situation einschätzen sollte, begann Alexander seine Klingen zusammen zu sammeln und zum Haupthaus hinüber zu laufen. Wenn das Oberhaupt Iscariot darauf bestand mit ihm von Angesicht zu Angesicht zu sprechen, musste Maxwell die Angelegenheit ja wirklich unter den Nägeln brennen. Während er sich auf seine Abreise vorbereitete, bedauerte er es allerdings schon, dass seine Jagt nach dem Blutsauger Alucard unterbrochen wurde. Dieser Walter setzte sich mit Sicherheit ab, sobald er ihm den Rücken zu wandte, was wirklich ärgerlich wäre. Aber da kam ihm plötzlich eine Idee. Bevor er sich ein Taxi zum Flughaven bestellte verschwand er noch einmal rasch in der kleinen Kapelle, die sich neben dem Hauptschiff der Templer Kirche befand. Es dauerte nur wenige Minuten, bis er mit zufriedener Miene wieder erschien, um in den vorgefahrenden Wagen zu steigen.
 

Seras trommelte gelangweilt mit den Fingern auf der Lehne ihres Sessels herum. Die Vorbereitungen für das Gespräch mit Walter waren in den letzten Nächten ihr Zeitvertreib gewesen, doch jetzt gab es erst einmal nichts mehr für sie zu tun, als das Muster der abgewetzten Tapete zu zählen. Sie seufzte

„Warum machst du nicht eine kleine Erkundungstour Fräulein Polizistin?“ Sie hob den Kopf und drehte sich dann zu ihrem Meister um, dessen Kopf hinter einem dicken Buch verschwunden war. „Wie bitte?“ Seine Hände ließen kurz den schweren Ledereinband sinken, um ihr in die Augen zu schauen. „Ich höre, dass du nicht weißt, was du mit dir anfangen sollst, also schlage ich vor dass du dich ein bisschen nützlich machst.“ Jetzt wanderte sein Blick zu Integra hinüber, die sich mit dem Computer beschäftigte. „Oder fällt unserer lieben Herrin noch etwas besseres ein?“ Die schien gar nicht zu gehört zu haben, bis sie merkte dass sie von vier Augen beobachtet wurde. Sie sah kurz verwirrt von einem zum anderen. „Worum geht’s?“ Alucard schürzte die Lippen. „Nun ich habe gerade den Vorschlag gemacht, Seras ein wenig vor die Tür zu schicken und mal einen Rundgang durch die Gemeinde zu machen. Unauffällig versteht sich. Es wäre bestimmt nicht verkehrt zu wissen von welchen Leuten man umgeben ist.“ Sein Kopf verschwand wieder hinter dem Buchrücken. Integra überlegte ein paar Sekunden, dann nickte sie. „Warum nicht.“ Seras, die selbst gerne wissen wollte, wohin es sie überhaupt verschlagen hatte, beeilte sich dem Befehl ihres Meisters so schnell wie möglich Folge zu leisten. An der Tür drehte sie sich noch einmal um „Auf was soll ich denn speziell achten Meister?“ „Auf katholische Priester mit scharfen Messern.“ Ihr entsetztes Gesicht brachte ihn zum lachen. „Keine Sorge. Italien mag die Wiege Iscariots sein, dennoch haben sie nicht an jeder Ecke einen Pater Anderson postiert.“ „Sei trotzdem vorsichtig. Wir wollen auf keinen Fall schlafende Hunde wecken“ ermahnte Integra sie noch, dann verschwand die kleine Vampirin in die Nacht.

Suffer

Alucard wartete, bis er sicher war, das Seras auch mit ihren übernatürlichen Sinnen außer Hörweite war, dann konzentrierte er sich ganz auf die Geräusche, die Integra beim Arbeiten am Computer verursachte. Er war sich nicht sicher, ob das was er vor hatte, auch funktionieren würde. Schließlich war dieses Gebiet für ihn absolutes Neuland. Sein Kopf war immer noch hinter dem Buchrücken verborgen, doch seine Ohren verrieten ihm genau, was sie gerade tat. Zeigten ihm vor seinem inneren Auge, wie sie sich gedankenverloren mit den Fingern durch die langen blonden Haarsträhnen fuhr. Er konnte sie auf ihre Schultern fallen hören. Zart wie Seide fielen sie in langen Bahnen ihren Rücken hinunter. Diesen wunderschönen geschwungenen Rücken, dessen Haut er immer noch an seinen Fingerspitzen fühlen konnte, als der sich in der Bibliothek von Helena im Moment größter Wonnen über ihm durch gebogen hatte…

Ein leiser Seufzer entfuhr seinen Lippen als er die Erinnerung intensivierte, sie in Gedanken zu ihr hinüber schickte.

Es dauerte keine zwei Sekunden. „Alucard?“ riss ihn Integras Stimme plötzlich aus seinen Träumen. Als er den Kopf zu ihr wandte, war ihm schon klar, dass es keine große Mühe bedurfte ihm seinen Gemütszustand vom Gesicht abzulesen. Doch genau das war seine Absicht gewesen. Erfreut konnte er auch eine Spur davon in ihren Augen finden. Diese Spur war es, die ihn aufzustehen und zu ihr hinüber zu gehen ließ.
 

Geschmeidig wie ein Raubtier fuhr es Integra durch den Kopf, als der dunkelhaarige Vampir auf sie zu geglitten kam. Diese scheinbar mühelose Eleganz. Sie hatte schon damals dieses Erscheinen an ihm bewundert, sich aber lieber die Zunge abgeschnitten, als auch nur eine Silber darüber in seine Gegenwart zu verlieren, geschweige denn diesem Gefühl, dass sich jetzt erneut aus den Tiefen ihres Bewusstseins erhob nur einen Inch nachzugeben. Wie oft hatte sie sich dafür selbst verabscheut, sich vor dem Bild ihres Vaters abgrundtief geschämt. Doch dieses schwache, menschliche Leben war vorbei.

Jetzt gab es keinen Grund mehr diesen wohligen Schauer nicht zu genießen, der ihre Nackenhaare hochstellte, als er sich langsam zu ihr hinunter beugte. Die Arme auf den Rücken verschränkt. Ganz so wie früher, wenn er einen besonders blutigen Befehl von ihr entgegen nahm. Mit Vorfreude in den Augen, auf das was seinen Durst stillen würde. Das gleiche leicht arrogante Lächeln in den Mundwinkeln, hinter denen sich diese tödlichen Zähne verbargen. Zähne, die sich durch menschliches Fleisch bohren konnten, scharf wie Rasierklingen. Wobei sich sein Biss so sanft angefühlt hatte, so sanft wie seine Lippen. Jetzt war sie es, die seufzte. Das Lächeln wurde breiter. „Kann ich dir vielleicht irgendwie weiter helfen liebste Integra?“ Sein Gesicht kam ihrem so nah, dass sie seinen kühlen Atem auf ihren Lippen spüren konnte. In der gleichen Sekunde konnte sie ihn schmecken, mit all seiner eigenen angestauten Gier nach ihr und das war es wohl, was sie einmal mehr dazu brachte, ihm keine Antwort zu geben, sondern einfach nur die Augen zu schließen.

Er verstand sofort wozu sie ihn aufforderte. Die Signale ihres Körpers hatten ihm längst verraten, dass sie genau das Selbe wollte wie er.

Fast schon grob riss er sie aus ihrem Sessel, der poltern nach hinten krachte, während er ihre Hüfte mit beiden Händen packte und sich mit ihr über den Tisch warf.

Ihr Kopf flog nach hinten, dabei rutschte der Kragen ihres Hemdes nach unten und die weiße, gespannte Haut ihres Halses machte ihn fast genauso rasend, wie die langsamen rhythmischen Bewegungen ihres Beckens an seinem Unterleib. Knurrend fletschte er die Zähne. Eigentlich wollte er dieses mal, dieses neue Gefühl der Begierde genießen, doch das einzige wozu sein Gehirn noch in der Lage war, galt allein dazu seinen Körper endlich wieder mit ihrem zu vereinen.

Integra fasste stöhnend in seine dichte schwarze Mähne, als sie seine hungrigen Mund auf sich spürte. Alles in ihr wollte ihn, drängte nach ihm und als sie ihn und seine Eckzähne zeitgleich in sich hinein fahren spürte, versank die Welt um sie herum in einer einzigen gewaltigen Explosion.
 

Es hatte Seras nur einen mühelosen Sprint gekostet, um vom Eingang der Villa bis zur befestigten Straße vorzupreschen. Von dort hatte sie beschlossen einem klapprigen alten Fiat Panda zu folgen, der mit halbkaputten Scheinwerfern in der ansonsten stockfinsteren Nacht an ihr vorbeifuhr. Wo sollte der zu dieser unchristlichen Urzeit schon anders hinfahren, als ins nächste Dorf und ihr Instinkt hatte sie nicht im Stich gelassen. Keine Zehn Kilometer entfernt lag eine Ansammlung von zwanzig kleinen Häusern, die sich um einen mit alten Kopfsteinpflastern gesäumten Kirchplatz scharten.

Die kleine Draculina nutzte zwar jeden Mauervorsprung aus, um sich unsichtbar zu machen, doch das schien alles andere als nötig zu sein. Sowohl die Straßen als auch der Platz mit dem kleinen Springbrunnen in der Mitte lagen wie ausgestorben da.

Nur ein oder zwei Laternen, die leicht windschief an den Hausmauern hingen spendeten ein wenig Licht. Seras geschärfte Augen suchten die Zeiger der Kirchturmuhr vor ihr. Es war kurz nach eins.

Keine zwei Stunden später hatte sie das komplette Dorf Haus für Haus einmal in Augenschein genommen. Es gab einen Bäcker, einen Lebensmitteladen, der soweit man es vom Schaufenster aus sagen konnte über alles verfügte, was man zum täglichen Leben gebrauchte. Eine kleine Autowerkstatt mit Tankstelle und so gar so etwas wie ein Kino. In einem Glaskasten, der am Gemeindehaus, für das hielt Seras es jedenfalls, hing prangte ein Filmplakat und obwohl sie nicht ein Wort italienisch verstand, konnte sie sich doch recht schnell zusammen reimen, worum es auf den Infozetteln ging.

Man hatte hier sogar die komplette Ausgabe einer Tageszeitung auf gehängt, in der es aber hauptsächlich um die regionale Landwirtschaft zu gehen schien. Die spärlichen Fotos zeigten entweder Traktoren mit grinsenden Menschen oder Kühe, die allerdings nicht grinsten. Seras seufzte, alles in allem schien hier nicht viel los zu sein.

Auf die Titelseite hatte es allerdings ein Bild geschafft, dass wohl den Pfarrer des Dorfes darstellte. Ein Mann in einem katholischen Talar stand mit bestürzter Miene vor einem offenen Grab, das den Erdhaufen am Rand nach zu urteilen frisch ausgehoben war. Warum Hochwürden das allerdings so tragisch fand konnte Seras nicht ableiten.
 

Alexander Anderson streckte mühsam seine eingeschlafenen Glieder. Der Flug war trotz der späten Stunde fast ausgebucht gewesen, was ihm eine üble Sitznachbarschaft beschert hatte. Er hatte sich zwischen ein durch überflüssige Völlerei vollgefressenes Ehepaar quetschen müssen, das ihm beim anschnallen fast die Luft abgedrückt hatte. Er sah seufzend gen Himmel, die Menschheit machte es einem nicht leicht sie gegen das üble der Hölle zu verteidigen. Sein Fuß hatte kaum italienischen Boden berührt, da hielt ihm ein kleiner runder Mann in einem schlecht sitzenden Anzug auch schon ein Schild unter die Nase „Paladin Anderson?“ schnarrte er mit einem so starken neapolitanischen Akzent das er ihn kaum verstand „Ja?“ Er wurde ohne weitere Worte zu einer schwarzen Limousine geführt.

Schon von weitem konnte er die prächtig angestrahlte Fassade der Lateran Basilika sehen über deren prächtige Säulen die Apostel den Sohn Gottes umrahmten. Der Wagen umrundete das Gebäude und kam vor dem Palast zum stehen. Pater Ronaldo erwartete ihn schon an der schweren Eingangstür und führte ihn ohne weitere Umwege in das Büro seines Vorgesetzten. Mit düsterer Miene erwartete ihn Enrico Maxwell hinter seinem Schreibtisch sitzend. Kaum hatte der Sekretär die Tür hinter sich geschlossen, platzte es auch schon aus dem führenden Kopf Iscariots heraus.

„Bevor sie mich fragen wozu sie hier sind. Schauen sie sich erst einmal das hier an.“ Damit schmiss er eine abgegriffene Tageszeitung auf den Tisch, die er zuvor noch zusammengerollt in der der Hand gehalten hatte. Anderson beugte sich neugierig über das Blatt „ Endlich mehr Geld für die die Milchbauern“ las er laut vor, dann sah er skeptisch über den Rand seiner Nickelbrille. „Dafür haben sie mich zurückbeordert?“ Enrico sprang verärgert von seinem Stuhl auf. „Nein, Herr Gott natürlich nicht!“ hecktisch fing er an die Seiten umzublättern, bis er gefunden hatte was er suchte „Skandalöse Grabschändungen. Unbekannte haben in der Nacht zu Montag auf dem Friedhof von Vinci mehrere Grabanlagen entweiht. Die Polizei hat bisher keine Hinweise auf die Täter.“ Er klappte die Zeitung wieder zu. Alexander konnte immer noch nicht folgen „Und nur weil ein paar pubertäre Rotzlöffel keinen Respekt vor Gotteseigentum zeigen, soll ich mich darum kümmern?“ Enrico winkte ab „Dieser Artikel enthält nur einen Teil der Wahrheit. Schon seit Wochen häufen sich solche oder ähnliche Meldungen. Nur in diesem Fall ist es nicht bei ein paar umgestürzten Grabsteinen oder heidnischen Schmierereien auf Kirchenmauern geblieben.“ Langsam setzte er sich wieder hin. „Es sind Leichen verschwunden. Wir konnten den ortsansässigen Pater davon überzeugen, dass die Bevölkerung erst einmal nicht alles erfahren sollte, vor allem nicht die betroffenen Familien.“ Sein blassen Augen wurden eisig. „In Zeiten wo sich Nachrichten schneller verbreiten als ein Schnupfen gar nicht so einfach.“

„Von wie vielen Toten sprechen wir denn hier eigentlich?“ „Fünf“ Alexander Augenbrauen schossen in die Höhe „Alle Achtung, die kann man nicht so einfach mitnehmen, ohne Spuren zu hinterlassen.“ Maxwell lachte bitter auf. „Aber genau danach sieht es leider aus. Keine Reifenspuren die auf einen Transporter schließen lassen würden, kein Bagger zum Graben oder heben weit und breit und all das in nur einer Nacht.“ Die Blicke der beiden Männer trafen sich. „In meinen Augen klingt das nach übernatürlichen Kräften, die da am Werke sind und mir fällt nur eine Kreatur ein, die dafür in Frage kommt.“

Arrival

Anderson war immer noch nicht recht überzeugt. „Sind sie sicher das wir es hier mit Vampiren zu tun haben und nicht mit einfachen Vandalismus? Zwar auch eine Gotteslästerung aber kein Grund die Silberklingen zu zücken. Maxwell sah das anscheinend anders. „Um das zu klären, werden sie sich auch gleich morgen auf den Weg nach Vinci machen und sich da mal umsehen. Sie haben doch eine Nase dafür. Wenn tatsächlich Untote hier eine Rolle spielen, die sich verwandelt aus ihren Gräbern erheben um ihren seelenlosen Körper an unschuldigen zu laben, können sie gleich an Ort und Stelle tätig werden. Wenn nicht, freut sich ihr Orden und die Kinder sicherlich sie mal wieder sie wiederzusehen.“ „Und was ist mit diesem Hellsingungeheuer und der Lady?“ Der Bischof schnitt ihm das Wort ab „Die interessieren mich nicht länger! Sollten sich ihre Hirngespinste bezüglich des Überlebens von Lady Integra irgendwann mal bestätigen, können sie meinetwegen die Fährte wieder aufnehmen, aber jetzt werden sie sich erst einmal um diese Angelegenheit kümmern, verstanden?“

Alexander Anderson blieb nichts anders übrig als sich grollend dem Befehl Iscariots zu fügen.
 

Seras hatte sich bereits wieder auf dem Rückweg zur Villa gemacht, als sie an den kleinen verwitterten Friedhofsmauern vorbei kam. Beim Anblick der wilden Rosenhecke, die sich wie eine überdimensionale Schlange über die alten Steine zog, fiel ihr das Foto aus dem Schaukasten wieder ein. Der kleine, verzweifelt aussehende Pfarrer vor den leeren Gräbern. Sie erreichte das Eingangstor und ihr Blick glitt über die kleine Ansammlung von Steinen und Kreuzen, die in langen Reihen in der schon heller werden Dunkelheit erstarrt schienen. Eigentlich war es eine Abkürzung, wenn sie anstatt außen herum, einfach quer über die Anlage laufen würde. Also tat sie es. Der feine Kies unter ihren Stiefeln verschluckte fast vollständig ihre Schritte und nur das blasse Mondlicht begleitete sie. Sie hatte schon fast das Ende der parkähnlichen Anlage erreicht, als ihr die aufgeworfene Erde ins Auge sprang. Es waren die zwei Gräber von dem Foto, die vor ihr lagen. Was man auf dem Bild allerdings nicht erkennen konnte, waren die abgebrochenen Holzkreuze gewesen, die wie verkümmerte Blumenstängel auf dem Rasen lagen. Es mussten demnach alte Gräber gewesen sein, deren Bewohner man anscheinend exhumiert hatte. Sera las die Inschriften, die ihr verrieten, dass es sich um Menschen gehandelt hatte, deren Todestag fast genau ein Jahr zurück lag. Wie merkwürdig, dass man sie jetzt plötzlich ihrer ewigen Ruhe beraubt und sie umgebettet hatte? Eher doch sehr unüblich im katholischen Glauben, zumal der Geistliche des Dorfes damit wohl auch nicht recht einverstanden schien. Sie hatte sich hingekniet um die Namen besser lesen zu könne und als sie sich nun wieder aufrichten wollte, bemerkte sie etwas hartes unter ihrem linken Knie. Es war eine kleine bronzefarbene Münze, deren Prägung allerdings nicht sehr italienisch aussah. Neugierig musterte sie die verschnörkelten Zeilen im Kreis herum am Rand eingraviert waren, doch langsam zeichnete sich ein silberner Streifen am östlichen Horizont ab, der Seras Gedanken dahin zurückbrachte sich jetzt schleunigst auf den Heimweg zu machen. Das Gefühl der Schwäche, dass ihre Glieder befiehl, sobald das Morgenlicht den Kampf gegen die Nacht gewann, war zum Glück erst kaum zu spüren, doch sie wusste mittlerweile, wie schnell sich das ändern konnte. Mit einem langen Satz sprang sie über die Mauer um kaum auf dem Boden angekommen schon weiter mit übermenschlicher Geschwindigkeit in Richtung Unterkunft zu preschen.
 

Ihr Meister und Lady Integra warteten bereits ungeduldig im Keller auf sie. „Wo warst du so lange?“ die Stimme der Lady klang mehr besorgt als wütend. „Ich dachte, dir hätte ich schon hinreichend eingeschärft, wie unangenehm der Tag für uns sein kann.“ Fügte Alucard mit verdrießlicher Miene hinzu. Seras verriegelte die Tür hinter sich „Sorry, aber ich hab irgendwie die Zeit aus den Augen verloren.“ Alucard zog überrascht die Augenbrauen hoch „Na nu sag bloß in der Gegend hier ist tatsächlich was los?“ „Naja das kommt darauf an was man darunter versteht.“ Es brauchte nicht viele Sätze um den beiden alle Entdeckungen zu erzählen. Es fehlte nur noch die Geschichte mit den leeren Gräbern, als ein langgezogenes Gähnen ihres Meisters sie unterbrach. „Schön, den Rest erzählst du uns morgen, wenn wir gemeinsam dieses Dorf und seine Einwohner erkunden.“ Damit verschwand er mit einem abschließenden Gruß unter dem schweren Deckel seines Sarges. Seras blickte fassungslos zu Integra hinüber. „Was hat er denn so großartig anstrengendes die ganze Nacht gemacht, das er so fertig ist?“ „Keine Ahnung“ war die knappe Antwort. Integra schien es jetzt ebenfalls nicht mehr länger abwarten zu können sich hinzulegen und das letzte was Seras noch von ihrem Meister hörte, war ein leises Kichern.
 

Der Morgen erwachte langsam unter den ersten warmen Strahlen des Lichts, dass sich Stück für Stück ausbreitete. Selbst in den engen Straßen von Florenz drängte es sich schließlich hindurch, wenn es auch nicht bis in jenes Gewölbe hineingelangte , in dessen alte verschimmelte Mauern eine Feuchtigkeit wohnte die bereits viele Jahrhunderte unversehrt geblieben war. Das Resultat war ein stätig übler Geruch nach Moder und Fäulnis, der an sich bereits kaum zu ertragen war, doch in den sich nun aber noch eine weitere Nuance hineinmischte.

Eine beißende Süße, die ohne Mühe einen heftigen Würge Reiz auslösen konnte.

Darum versuchte die junge Frau auch so flach durch den Mund zu atmen, wie sie nur konnte. Sie verbrachte nun schon einige Stunden hier unten, doch an die Umstände, die ihr Tun mit sich brachte, konnte sie sich immer noch nicht ganz gewöhnen.

Ganz im Gegensatz zu ihrem Meister, dem dieser Pesthauch nicht das Geringste etwas auszumachen schien. Unermüdlich verrichtete er sein Werk im rußigen Schein der Öllampen, deren Hitze eine zusätzliche Belastung darstellte. Doch sie konnte es sich nicht erlauben auch nur den kleinen Hauch von Schwäche zu zeigen. Soweit hatte sie es schon geschafft. So anstrengend und hart war der Weg bis hierher gewesen. Nur noch ein kleines Stück trennte sie alle von ihrem großen Ziel.

Sie biss noch einmal die Zähne zusammen, packte den Holzstiel, der Säge den sie in den Händen hielt, fester und begann erneut das dünne gezackte Metallblatt vor und zurück zu ziehen. Ein schmatzendes Geräusch begleitete ihre Anstrengungen.
 

Paladin Anderson hatte sich vorgenommen, es mit dem pünktlichen Aufbruch nicht allzu genau zu nehmen. Nach ein paar Stunden Schlaf in einem der Gästezimmer hatte er sich vor dem Frühstück noch rasch zur Morgenandacht begeben, bevor er endgültig nach Vinci aufbrach.

Darum war es bei seiner Ankunft auch schon fast Mittagszeit. Der erste Glockenschlag der Kirchturmuhr begleitete sein Aussteigen aus dem Bus. Trotz Maxwells Angebot ihm einen Wagen nebst Fahrer zur Verfügung zu stellen, hatte er darauf bestanden die Reise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurück zu legen. Es hatte ihn zwar eine Stunde mehr Zeit gekostet, dennoch empfand er es als Diener Gottes und Jünger Jesus nur als recht und billig so sparsam wie möglich voran zu kommen.

Mit einem leisen Lächeln auf den Lippen, sah er sich auf dem kleinen Marktplatz um. Wie sehr hatte er dieses rege und dennoch müßige Treiben vermisst. Die Bauern, die lauthals ihre frischen Waren anboten. Die alten Leute, die mit ihren Krückstöcken vor sich die Kinder belehrten, die fröhlich singend mit Murmeln spielten. Diese leichte Lebensweise war wirklich nur den südlichen Europäern möglich. Das durch und durch aristokratische Britannien schien davon Lichtjahre entfernt. Er riss sich von dem Anblick los um mit langsam federnden Schritten auf die schwere Kirchentüre zu zusteuern, deren offene Flügel ihm wie eine Einladung erschienen.

Drinnen empfing ihn die friedliche Stille eines gottesfürchtigen Hauses. Bis auf einen recht altersschwachen Priester, der gerade im Begriff war sich seine liturgische Gewandung zu entledigen. Nach einer knappen Begrüßung hellte sich die runzelige Miene des Mannes auf. „Euch schickt der Himmel Bruder Anderson.“ Zusammen verließen sie die heilige Halle und begaben sich durch einen winzigen Kreuzgang in die privaten Zimmer des Priesters,der sich als Bruder Leonardo vorgestellt hatte. Bevor er aber Anderson über die Geschehnisse der letzten Tage unterrichtete klingelte er nach seiner Hauswirtin um Expressi für sie beide zu bestellen. „Dies und ihre hervorragender Mirabellenkuchen sind mein einziges Laster.“ Verriet er mit einem verschmitzten Lächeln. Alexander konnte ihn nur zu gut verstehen, nach dem er sich das erste Stück in den Mund geschoben hatte. Aber nach dem der letzte Krümel verzehrt war, kam er zum eigentlichen Grund seines Besuchs. Bruder Leonardo führte ihn auf den Friedhof zu den Gräbern. „Es ist wirklich schrecklich,“ seufzte der Priester kummervoll. „Ich kann mir das alles überhaupt nicht erklären!“ „Diese Art von Grabschändung hat es hier noch nie gegeben?“ „Es hat ihr überhaupt noch nie so etwas gegeben.“ Ereiferte sich der kleine Mann händeringend. „In meiner ganzen Amtszeit noch nicht und ich bin fast sechzig Jahre hier.“ Anderson inspizierte genau jeden einzelnen Winkel der leeren Gruben, zum Schluss nahm er sich die zerstörten Kreuze vor, doch es gab keinen Hinweis darauf, dass sich hier verdammte Körper selbstständig aus ihren Ruhestätten befreien konnten. Vielmehr deutete die gleichmäßige Verteilung der Erde drauf hin, dass hier jemand von außen eingewirkt hatte.

Nichtsdestotrotz waren fünf Leichen verschwunden, die bis auf das Selbe Todesjahr offensichtlich nichts miteinander verband. „Was haben sie den Familien gesagt?“ Leonardo zuckte mit den Schultern. „Das es einen Rohrbruch unterhalb dieses Abschnitts gegeben hat und wir deshalb gezwungen waren, die Gräber zu verlegen.“ Er deutete mit dem ausgestreckten Finger über seine Schulter. „In den hinteren Teil. Die Angehörigen waren nicht wirklich davon begeistert, dass wir diese „Umbettung“ über ihre Köpfe hinweg entschieden haben.“ Alexander nickte „Ein guter Einfall.“ „Er kam von seiner Exzellenz Maxwell.“ „Das habe ich mir gedacht.“ Sie machten sich langsam wieder zurück ins Dorfzentrum. „Was werden sie jetzt unternehmen?“ fragte der Priester leise, als sie über den immer noch belebten Marktplatz schritten. Anderson runzelte die Stirn. „Zunächst werde ich mich mit ihrer Erlaubnis ein wenig unter ihren Schäfchen umhören. Wer weiß ob nicht jemand in der fragwürdigen Nacht etwas beobachtet hat und dann werde ich heute Abend einen ausgedehnten Spaziergang unternehmen.“

Hunting

„Wir brauchen noch mehr.“ Die Bestimmtheit mit der dieser Satz ausgesprochen wurde, duldete keinen Wiederspruch. Jeder der Männer wusste dass und keiner wagte es, auch wenn das bedeutete erneut das Risiko auf sich zu nehmen, entdeckt zu werden.

Der stechende Blick ihres Meisters glitt über jeden einzelnen von ihnen hinweg, als er sich von den bereits fertigen Präparaten abwandte.

„Ihr arbeitet gut“ lobte er sie „und glaubt mir, all die Mühen werden sich gelohnt haben.“ Er wischte sich den Schweiß von der zerfurchten Stirn. Sie reichte ihm schnell ein Tuch und genoss seinen dankbaren Blick, als er es ihr aus der Hand nahm. Sie war nur eine von vielen, doch sie wusste, dass wenn es soweit war, er sie besonders belohnen würde.

Oft genug hatte er ihr zu verstehen gegeben, dass sie für ihn mehr war als nur ein Jünger seiner Lehre. Dabei basierte ihre Verbundenheit nicht auf eine obszöne Intimität. Diese Gerüchte waren ihr bekannt, auch wenn die anderen es nur hinter ihrem Rücken wagten sich darüber ihr Maul zu zerreißen, waren diese Spekulationen längst zu ihr durchgedrungen.

Diese Narren! Dachte sie verächtlich. Sie hatten keine Ahnung worum es hier wirklich ging. Welchen großartigen Schatz sie bald heben würden, den die alten Babyloniener ihnen hinterlassen hatten.

Sollten sie doch weiterhin glauben, dass körperliche Gefälligkeiten der Grund für ihre hohe Position innerhalb der Gruppe war. Wenn der große Tag kam, würden sie es endlich verstehen, auch wenn es dann zu spät sein würde.
 

Anderson hatte sich von Leonardo vor dessen Haustür getrennt und wie angekündigt hatte er sich auf dem Dorfplatz ein wenig mit den Einheimischen unterhalten. Die Alten Mütterchen waren immer eine gute und zuverlässige Quelle, wenn es darum ging alles über jeden zu erfahren.

Somit dauerte es nicht lange, er über die Meinung der Umbettung im Bilde war. „Unser Pastorie ist ein feiner Mann Hochwürden,“ nuschelte eine der zahnlosen Frauen „aber trotzdem ist es nicht fein, unsere Lieben ohne uns zu fragen einfach woanders zu begraben.“ Zwei Greise, einer mit spärlichen Bartstoppeln am Kinn aber ohne ein Haar auf dem Kopf und ein anderer bei dem es genau anders herum war nickten zustimmend. „Aber für das kaputte Wasserrohr kann er ja nichts“ versuchte der Priester zu beschwichtigen „Gewiss, aber wenigsten vorher Bescheid geben, hätte er können.“ Brummte das Weiblein. Wieder zustimmendes Nicken. Anscheinend war sie hier das Sprachrohr der Gedanken der Übrigen. Mühsam unterdrückte er ein Seufzen. Es war einfach unmöglich es jedem Recht zu machen, schon gar nicht einer italienischen Dorfgemeinschaft.

Bevor er jedoch darauf antworten konnte, fing nun einer der alten Männer an sich einzumischen. „Wir werden doch so wieso nicht mehr nach unserer Meinung gefragt!“ ereiferte er sich jetzt. „Bei so was nicht und bei allem anderen auch nicht! Denkt doch nur mal an die alte Villa der Familie Morti! Der alte Andrea würde sich im Grab umdrehen, wenn er wüsste, das der Bürgermeister der alte Gierhals, die Mauern, die er mit seinen eigenen Händen im Schweiße seines Angesichts aufgebaut hat, einfach an diese Ausländer verkauft hat!“ Nach diesen Worten spuckte er im hohen Bogen vor sich auf das staubige Pflaster. Anderson horchte auf „Ausländer sind hier her gezogen?“ Der alte war immer noch in Fahrt. „Was heißt hier hergezogen? Bis auf einen Lieferwagen, der hier mal die Hauptstraße hochkam, haben wir von denen noch nicht das kleinste Bisschen gesehen! Wahrscheinlich so ein paar feine Pinkel, die nur herkommen werden, um ihr Ferien hier zu verbringen und sonst nichts mit uns zu tun haben wollen, aber das basiert auf Gegenseitigkeit! Meinet wegen brauchen die sich hier nicht blicken zu lassen!“ „Ach du,“ unterbrach ihn die Zahnlose mit einer herrischen Handbewegung, die symbolisieren sollte, dass er sich gefälligst nicht so aufregen sollte. Doch Andersons Interesse war geweckt worden und er bohrte nach „Wissen sie denn woher die Leute stammen?“ doch dieses mal erntete er nur ein Schulterzucken. „Keine Ahnung, da müssen sie schon unseren Bürgermeister fragen, aber der kommt erst in zwei Tagen zurück. Sein Vetter heiratet morgen auf Sardinien.“ Es folgten noch ein paar weitere Anekdoten und bald verabschiedete Anderson sich von der kleinen Gruppe, die ihm noch ausführlich den Weg zur Villa erklärte.

Bevor er sich allerdings auf den Weg dorthin machte, ging er noch einmal rasch zu seiner Herberge hinüber. Die Sonne verschwand bereits langsam hinter dem Horizont und unbewaffnet wollte er auf keinen Fall sein, ganz egal wem er begegnete.

Sein Aufbruch verzögerte sich noch zusätzlich, da ihn die Haushälterin nicht ohne eine Abendmahlzeit ziehen lassen wollte, so kam es dass er erst eine gute Stunde nach Sonnenuntergang aus dem Dorf herauskam. Immer der Beschreibung der alten Leute folgend marschierte er mit strammen Schritten erst auf der geteerten Bahn, dann auf dem ungepflegten Feldweg entlang. Das dichte Gestrüpp zu beiden Seiten erschwerte ihm zwar das Durchkommen, doch auch in diesen Dingen leisteten die Klingen in seinen Händen gute Dienste. Als er das verrostete Tor passiert und die dunkle Fassade vor sich gegen den dunklen Nachthimmel aufragen sah, verlangsamte er seine Schritte. Der alte Kasten lag vollkommen lautlos vor ihm. Die verrammelten Fensterläden im untersten Stock erweckten mit den verrotten Mauern nicht gerade eine bewohnten Eindruck. Es sah ganz da nach Haus, als wenn die neuen Eigentümer noch nicht mit den Renovierungsarbeiten begonnen hätten. Nur die immer noch deutlichen Reifenspuren im sonst kniehohen Gras zeugten überhauptdavon, dass hier vor kurzen jemand gewesen sein musste. Die Reifenspuren und das nagelneue Schloss, dass die Flügeltüren der Haustür zierte. Vorsichtig und vollkommen lautlos erklomm der Priester die drei Stufen die ihn vom Eingang trennte. Da kunstvolle, aber zum Teil kaputte Mosaike den alten Rahmen verzierten, versuchte er dadurch einen Blick ins Innere zu erhaschen, doch er hatte wenig Erfolg. Also begann er langsam um das Haus herumzugehen. Vielleicht ergab sich ja irgendwo auf der Rückseite eine Gelegenheit ohne große Gewalteinwirkung hineinzukommen, aber jemand hatte ganze Arbeit geleistet um Landstreicher oder ambitionierte katholische Priester fern zu halten. Er war schon fast ganz herum, als er den kaputten Rahmen an einem der oberen Fenster bemerkte. Leise seufzend sah er zum benachbarten Baum hinüber, dessen Krone dicht genug zu stehen schien. Was tat er nicht alles für die heilige Pflicht.
 

Die schwarzen Lieferwägen glitten lautlos wie Geister durch die nebelige Dunkelheit. Es war eine perfekte Nacht für ihr Unterfangen und trotz der stetigen Sorge bei ihrem verbotenen Treiben entdeckt zu werden, überwiegte in ihr schon bald das Gefühl bald ihr Ziel erreicht zu haben. Sie drückte, die dafür vorgesehene Kurzwahltaste ihres Smartphones und erteilte kurz und knapp die Anweisungen, die der Meister ihr aufgetragen hatte, dann ließ sie das Telefon im Handschuhfach verschwinden.
 

Schnaufend ließ sich Anderson über den Fenstersimms gleiten, erst als er Boden unter den Füssen spürte ließen seine Finger den Ast hinter sich los. Das war zwar nicht ganz einfach gewesen und in seinem Talar klaffte jetzt ein ordentliches Loch, aber immer hin hatte er erreicht, was er wollte. Er war drin. Blinzelnd versuchte er sich im halbdunklen zu orientieren. Außer dem fahlen Mondlicht gab es hier drin keinerlei Lichtquelle. Alles was er ausmachen konnte war ein fast leerer Raum, in dem nur ein halbkaputter Stuhl und ein halbzerfallendes Bettgestell standen. Er tastete sich zur Tür vor, die ihn in einen rabenschwarzen Flur führte und zu einer Treppe, auf deren Stufen ihm unvermittelt ein altbekannter Geruch in die Nase stieß. Seine Nasenflügel sogen witternd die abgestandene Luft ein, als sein Gesicht sich erhellte. Eindeutig und unverkennbar, diese Mischung aus schwerer Süße und nassem Hund, die nur er wahrnehmen konnte. Ein weiteres Talent das ihm die Jagd einfacher machte. Er musste sie gar nicht erst sehen um sie zu erkennen. Er konnte sie bereits riechen und wusste somit, dass es sich lohnen würde, weiter in das Innere des Hauses vorzudringen.

Langsam zog er einen Stapel der Bannblätter aus der Innentasche hervor, die er eines nach dem anderen sorgsam neben sich an die Wände und an die Haustür platzierte. Zufrieden betrachtete er kurz darauf sein Werk. Auf diesem Wege würde kein Untoter hier herauskommen und er konnte sie sich einem nach dem anderen vornehmen. Das es nicht nur einer war, dass verriet ihm die Intensität und wo er sie vermutlich finden würde die halboffene Tür, die allen Anschein nach in den Keller führte.

Den Griff eines Schwertes fest umschlossen betrat er die erste Stufe. Leise begann er die Herrlichkeit des Allmächtigen anzupreisen, dessen Güte ihm diesen Vergnügen bescherte. Er sah schon die wutverzehrten Gesichter vor sich, wenn sie versuchen würden ihn an zu springen und wie viel Spaß es machen würde dem ersten dabei den Kopf von den Schultern zu trennen, aber trotz seines jetzt doch nicht mehr ganz so leisen Kommens konnte er weder eine Regung wahrnehmen, noch wurde er angegriffen. Er erreichte unbeschadet das das feuchte Gewölbe. Wieder stand er vor einer Tür, doch dieses mal, ließ er sich von keine Schloss vor dem Eintreten abhalten. Mit einem einzigen gezielten Fußtritt flogen die Scharniere aus den Angeln und Anderson, der seine Erregung nicht mehr länger zügeln konnte flog unter Kampfgebrüll in den Raum.
 

Jeder Schritt war bis in die kleinste Sekunde durchdacht und erlaubte keine Verzögerung. Wie ein Uhrwerk griffen die einzelnen Handlungsstränge in einander. Den Ort der Bestimmung erreichen. Einer war abgestellt um sie vor überraschender Entdeckung abzusichern. Dann erfolgte die Arbeit der ersten Gruppe, die nichts anderes tat, als zu Graben bis die Särge frei lagen und die zweite Gruppe sie abtransportierte. Kaum war das geschehen begannen die dritte bereits ihre Spuren zu verwischen. Schritt eins klappte reibungslos, doch plötzlich schrie eine heißere Stimme zu ihnen hinüber „Hey wer ist da? Was haben sie hier mitten in der Nacht zu suchen?“ Für einige Sekunden waren alle vor Schreck wie gelähmt, doch sie fand als erstes die Fassung wieder „Scheiße! Los weg hier! Nun macht schon!“ Die Särge wurden fallen gelassen. „Nein ihr Idioten nehmt sie mit! Um den Kerl kümmere ich mich!“ Damit riss sie einem der Männer die neben ihr standen die Spitzhacke, mit der er zuvor noch im lehmigen Boden gegraben hatte, aus den Händen.
 

Sein Schrei hallte noch vor den kahlen Wänden wieder, als Anderson erkennen musste, dass die Vögel, die er suchte ausgeflogen waren.

Nur noch die Schleifspuren auf dem staubigen Boden zeugten davon, dass hier noch vor kurzem schwere Gegenstände wie Särge gestanden haben mussten.

Fluchend spuckte er aus.

Nightmare

Integra spazierte mit neugierigem Blick durch die schummrigen, aber immer noch reich belebten Straßen von Florenz und konnte immer noch nicht recht glauben, dass sie wirklich hier waren. Die Sonne war kaum untergegangen, als Alucard bereits seine Pläne verkündet hatte. „Darf ich zur Abwechslung mal einen Vorschlag machen?.“ „Und der wäre?“ fragte Integra währen sie sich ihre langen Haare bürstete. Der Vampir lächelte verschmitzt. „Ich habe mich daran erinnert, wie dir Walter einmal von Florenz erzählt hat.“ Sie hielt überrascht inne und sah ihn an. „Von Florenz? Du meine Güte, da war ich doch noch ein halbes Kind.“ Er legte den Kopf schief „Ja, das war in einem deiner privaten Unterrichtsstunden in der Bibliothek“ Sie ging über die Tatsache, dass er sie dabei anscheinend belauscht hatte, schweigsam hin weg, darum beeilte er sich fortzufahren „Du hast förmlich an seinen Lippen gehangen, als er dir von den Uffizien erzählt hat und da keiner von uns jemals dort war. Nun könnten wir doch ein paar Nächte dort verbringen.“

Kurz darauf hatte er ihre Särge in den Lieferwagen verfrachtet, mit dem sie, hergekommen waren. Den Fahrer, nebst mitgereister Begleitung, hatte Alucard damals nach dem Ausladen gleich zu einer kleinen internen „Einweihungsparty“ wie er es genannt hatte dabehalten. Der LKW hatte seit dem in einem der Nebengebäude gestanden. Jetzt war er sorgfältig von Seras oberhalb der Stadtmauern, in der Nachbarschaft eines Friedhofs geparkt worden. Auf der christlichen Ruhestätte gab es ein kleines Mausoleum, in dem ihre Särge noch gut hineingepasst hatten.

Somit war ihre sichere Tagesstätte gefunden und sie hatten sich entspannt in das nächtliche Treiben der Stadt werfen können.
 

Die Stadt im Tal des Arno mit ihren majestätischen Brücken verlor selbst bei Nacht nicht ihren unverwechselbaren Glanz, der sich in jedem Gebäude wieder zu spiegeln schien. Integra genoss all die Reize, die auf sie einströmten, mit ihren neu erworbenen Sinnen und ließ sich immer mehr von der Faszination der Stadt einfangen.

Sie erreichten die Loggia die Lanzi, gerade als die Glocke des kleinen Turms zur vollen Stunde schlug. Alucard betrachtete, wie die beiden Frauen die Rundbögen der Freitreppe mit den flankierenden Löwen, deren versteinerte Augen sie anzustarren schienen.

„Die sehen so echt aus.“ Flüsterte Seras ehrfürchtig. Es juckte sie in den Fingerspitzen. Zu gerne hätte sie über die spiegelglatte Fläche der feinen Rückenlinien eines der Tiere gestrichen. Es war kaum zu glauben, dass ein Mensch, mit einem einfachen Hammer und Meißel, so eine Arbeit anfertigen konnte. „In der Tat sehr beeindruckend“ pflichtete ihr Integra bei, die sich einem der Statuen, die an der Fassade aufgereiht waren, zu gewandt hatte. Die Figuren schienen jeden Moment zum Leben zu erwachen. Alucard, der bis her kaum ein Wort gesagt hatte, machte plötzlich eine ausholende Handbewegung „Die größten Künstler der Menschheitsgeschichte haben diese Figuren, Paläste, Kirchen und Brücken erbaut. Ihr gesamtes irdisches Dasein galt einzig und allein dazu, etwas Schönes für die Ewigkeit zu schaffen.“ Dann setzte er leise hinzu. „Seit Anbeginn strebt der Mensch in all seinem Handeln nach Perfektion.“ Integra dachte kurz über seine Worte nach. Ja das stimmte. Seit ihr Urahn sich dazu entschlossen hatte vom Baum herabzusteigen und aufrecht zu gehen, verfolgte er stehts nur ein Ziel. Besser zu werden. Sie musste lächeln. Ihre Familie war doch dafür ein Paradebeispiel gewesen. Ihr Blick glitt zu dem Mann hinüber, den man einst Graf genannt hatte und an dem ihr Vater seinen Perfektionismus ausgelebt hatte. Mit ihm hatte er sein Werk für die Ewigkeit geschaffen. Er stand unmittelbar neben einer halbnackten Marmorbüste und das übernatürliche Weiß seiner glatten Haut stand der Figur in nichts nach. Ganz zu schweigen vom Rest seines Körpers. Schnell versucht sie den Gedanken der da in ihr aufkeimte abzuschütteln. „Zu Schade, dass wir keines der Musen besuchen können.“ Seufzte sie laut „Warum nicht?“ Alucard der plötzlich angefangen hatte zu grinsen, machte jetzt ein verdutztes Gesicht. Sie musste lachen „Weil sie geschlossen haben? Leider stehen wir dafür immer ein wenig zu spät auf.“ Seras heftiges Nicken bestätigten ihre Worte, doch der Vampir ließ nur amüsiert den Blick zwischen ihnen hin und her wandern. „ Seit wann lassen wir uns von so etwas wie Öffnungszeiten davon abhalten das zu tun, was wir wollen? Für keinen von uns existieren mehr irgendwelche Gesetzte. Schon gar keine physikalischen.“ Sie schaute ihn misstrauisch an „ Aber was ist mit den Alarmanlagen und den Videoanlagen in den Gebäuden? Ich möchte ungern auf der Titelseite der Zeitung erscheinen, schon gar nicht in Italien.“ Ihre Bedenken erheiterten ihn immer mehr „Hast du mich jemals in England auf irgendeiner Titelseite gesehen?“ „Nein, aber..“ „Na also. Ich merke schon, dass du mich trotz allem immer noch sehr unterschätzt.“ Damit wandten er sich zum Gehen und den beiden Frauen blieb nichts anderes übrig als ihm zu folgen.
 

Obwohl sie schon seit über einer halben Stunde wieder im Laster saß, raste ihr Puls noch immer wie ein Schnellfeuergewehr. Die Männer, hatten sie wortlos auf die Ladefläche zu den Särgen springen lassen, nach dem sie mit der blutigen Spitzhacke wieder aufgetaucht war. Noch immer vermieden sie jeden Blickkontakt mit ihr, starten statt dessen ihre Stiefelspitzen an, so lange bis sie die Tiefgarage erreichten und ihre „Beute“ sicher und ungestört ausgeladen konnten.
 

Die Körper mussten so schnell wie möglich die erste „Behandlung“, wie sie es für sich nannte, erfahren, damit es überhaupt funktionierte. Kribbelige Vorfreude verdrängte das drückende Gefühl der Schuld aus ihrem Kopf. Auch wenn es wieder Stunden dauern und mehr als nur anstrengend werden würde, sie konnte es kaum erwarten.
 

Nach dem er seine Enttäuschung über den leeren Keller verdaut hatte, war Anderson wieder hoch in den Flur gepoltert. Zuerst hatte er seine Wut an der Sitzgarnitur ausgelassen, die er im Salon im hinteren Teil des Hauses gefunden hatte. Danach fühlte er sich in der Lage die Situation rational zu überdenken. Er war zwar zu spät eingetroffen, aber das hieß noch lange nicht das ihm die Kreaturen endgültig entkommen waren. Bestimmt hatten sie hier Spuren hinterlassen, die ihm halfen ihre Fährte weiter zu verfolgen. Er fing an, sich in allen Räumen umzusehen. Schnell wurde ihm klar, dass hier einst keine armen Leute gewohnt hatten. Die Tapeten mochten sich bereits von den Wänden ablösen, doch sie waren eindeutig teuer gewesen. Möbel gab es allerdings so gut wie keine und ihr Stil war eindeutig nicht italienisch. Nur einen Schreibtisch, ein Sofa und die Überreste der Sitzecke ehemals bestehend aus drei Sessel und einem kleinen Couchtisch standen in der unteren Etage. Er rümpfte kurz die Nase, aber alles war eindeutig von den Blutsaugern benutz worden. Den Schreibtisch fasste er genauer ins Auge. Ein funktionales Model mit jeweils drei Schubladen an jeder Seite, die er nun einzeln nach einander aufzog. Die ersten waren inhaltlich eine Enttäuschung, die letzte klemmte ein wenig und der Grund dafür war ein Knopf, der sich unglücklich verkantet hatte. Anderson betrachtete seinen auf den ersten Blick unspektakulären Fund, bis er das Wappen erkannte, das in der Mitte eingestanzt war. Sein Blick wurde ungläubig. Konnte das tatsächlich sein? Er musste es so schnell wie möglich herausfinden. Seine Finger ballten sich so fest um den Knopf zu einer Faust, als wollte er ihn zerquetschen.

Erst auf dem Rückweg fielen ihm die frischen Reifenspuren auf, die vom Anwesen in Richtung Dorf führten. Der Priester stieß erleichtert die Luft aus, wenn die Vampire tatsächlich mit einem Lastwagen unterwegs waren, hatten sie zum Glück diesen Weg gewählt, was die Wahrscheinlichkeit erhöhte, dass sie jemand dabei aufgefallen waren. Er würde sich nur bis Morgenfrüh gedulden müssen, denn es war schon nach Mitternacht und niemand rührte sich mehr weder in den wenigen Straßen, noch in den Häusern. Blieb genug Zeit sich darum zu kümmern, das er sich wirklich sicher sein konnte. Zu seiner Überraschung war Pater Leonardo immer noch wach. Der kleine Mann saß mit angespannter Miene über ein Puzzle gebeugt und hob nur kurz den Blick als Anderson die kleine Wohnstube betrat. „Buonasera“ grüßte er knapp. „Buonasera Paladin Anderson. Ich hoffe ihr Spaziergang war erbaulich, lang genug war er ja.“ Sein Blick wanderte zu der alten Wanduhr hinüber, dessen Pendel unter leisem leise Ticken hin und her schwang. „Jesus Christus schon so spät?“ Alexander schaute ebenfalls auf die Ziffern. Es war in der Tat schon drei Uhr durch. Kurz überlegte er, ob er tatschlich um diese Zeit jemanden aus dem Bett jagen sollte, doch dann fanden seine Finger erneut den Knopf in den tiefen Taschen seines Talars. „Sehen sie mal her mein Freund, was glauben sie ist das ihrer Meinung nach?“ Er zog seinen Fund hervor und reichte ihn seinen Glaubensbruder. Der besah ihn sich sorgfältig von allen Seiten, bevor eine Antwort seine Lippen verließ. „Ihr meint das Wappen?“ „Ja“ „Nun für mich sieht es aus wie ein Schild“ die runzeligen Finger drehten den Knopf noch einmal. „Ein Schild bestehend aus zwei schwarzen und zwei hellen Feldern, die sich diagonal gegenüberstehen.“ Anderson sah plötzlich aus wie ein Kind kurz vor Weihnachten. „In der Tat. Genau das sehe ich auch.“ Er deutete eine Verbeugung an. „Entschuldigt mich bitte, aber es ist jetzt wirklich Zeit mich zurück zu ziehen.“ Sein Gegenüber nickte und wünschte ihm ein geruhsamen Schlaf.

Kaum hatte er hinter sich die Tür zu seiner Schlafkammer geschlossen, da holte Alexander auch schon sein Handy aus der Reisetasche hervor. Die Anzahl der Freizeichen erschien ihm endlos, bis sich endlich am Ende der Leitung eine verschlafende Stimme meldete. Alexander ließ sie gar nicht erst richtig zu Wort kommen. „Habt ihr meine Anweisungen befolgt?“ „Natürlich“ kam es knapp zurück. Der Priester lächelte zufrieden „Gut, dann sollte das folgende kein Problem für euch sein.“
 

Der Morgen hatte längst begonnen, als sie endlich allein in ihrem Wohnung an kam. Als sie ihr Gesicht im Spiegel des Badezimmers erblickte, wurde ihr schnell klar, warum jeder es vermieden hatte, sie an zu sehen. Auf Stirn und Wangen klebten, wie feine Pünktchen, unzählige eingetrocknete Blutstropfen. Hastig drehte sie den Wasserhahn auf und begann sich wie wild die verräterischen Spuren herunter zu spülen. Doch in ihrem Kopf tauchten wieder die Erinnerungen der letzten Stunden auf. Wie Bilder aus einem Alptraum. Sie spürte wie ihre Augen anfingen zu brennen. Das war alles so nicht geplant gewesen! Sie hatte das nicht tun wollen, aber der Mann hätte gar nicht da sein sollen. John war dafür verantwortlich! Er hatte heute Nacht die Aufgabe gehabt, unliebsame Zeugen von ihrem Treiben fern zu halten, doch er hatte versagt und sie hatte gar keine andere Wahl gehabt. Sie hätten wertvolle Zeit verloren und jetzt, wo es alles so zum Greifen nahe war, da musste dieses Opfer gebracht werden und vielleicht bekam sie ja die Chance ihren Fehler wieder gut zu machen. Wieder blickte sie in den Spiegel. Ihre Augen waren gerötet und glänzten, doch das Blut war verschwunden, als wäre es nie da gewesen. Langsam verzogen sich ihre Mundwinkel zu einem müden Lächeln. Es würde alles gut werden, versicherte sie sich selbst, bevor sie sich vom Waschbeckenrand abstieß und zurück in den Raum schlich, der einmal das Wohnzimmer ihrer Eltern gewesen war. Noch immer spendete die alte Stehlampe, die ihr Vater der Mutter zu ihrem zum Hochzeitstag geschenkt hatte, in der Ecke das meiste Licht und noch immer dudelte das Radio in der alten Küchenzeile pausenlos italienische Schlager. Seit sie denken konnte lief dieses Radio ununterbrochen, aber andere Dinge, gab es nicht mehr. Da gab es keine Fotorahmen mehr auf dem Fernseher, kein altes Jacket mehr an der Garderobe, kein unverwechselbaren Geruch nach reifen Tomaten und Kräutern, die immer auf dem Balkon dicht an dicht gewachsen waren , weil ihre Mutter sie dort züchtete. Kein Lachen mehr, kein Leben, nur noch dieses Radio, was die Stille nicht erträglicher machen konnte.

Mit müden Beinen ging sie in das kleine Schlafzimmer hinüber in dem ihr einstiges Kinderbett, wie eine Rettungsinsel auf sie zu warten schien. Unter dem schweren Laken rollte sie sich wie eine Katze zusammen. Hinter ihren Lidern warteten zwar erneut die bösen Bilder der Nacht auf sie, doch sie zwang sich dazu sich ihnen zu Stellen.
 

Walter marschierte leise vor sich hin summend mit zwei Einkaufstüten auf dem Arm die Straße hinunter. Der Tag hatte in seinen Augen bereits sehr gut angefangen. Trotz dass es Sonntag war, hatte der kleine Laden in der U-Bahnstation alles in den Regalen gehabt, was er für ein gutes altes englisches Frühstück benötigte. Speck, Eier, Tomaten und Toast alles balancierte er gerade nach Hause, um es so schnell zu zubereiten und dann genüsslich zu verzehren. Bei dem Gedanken an Bohnen in Tomatensoße, war es nicht allein sein knurrender Magen, der in aufseufzen ließ. Vor noch nicht allzu langer Zeit, hatte er damit auch immer Lady Integra eine Freude machen können. Schon seit ihrer frühsten Kindheit mochte sie dieses einfache Essen aus der Dose. Jetzt waren es ganz andere Konserven die ihren Hunger stillten. Er erwischte sich dabei, wie er sich erneut dafür verfluchte, all das nicht verhindert zu haben. Sie mochte ihm immer wieder und wieder versichern, dass alles nun nicht mehr zu ändern sei und sie ihr Schicksal wie all ihre Aufgaben und Pflichten mit Würde und Stolz tragen würde, aber trotzdem. Er hatte versagt. Vor ihr und ihrem Vater. Er wusste nicht was schlimmer wog.

Mit diesen Hirngespinsten im Kopf berat er den dunkeln Hausflur, in dem sich zu dieser frühen Stunde noch nichts regte. Die meisten Wohnungen waren ohne hin nur in der Woche belegt. Die meisten zog es am Ende der Woche raus aufs Land, wo der Blick weiter reichte, als bis zum nächsten Blumenkübel oder einer grauen Häuserwand. Der Diener des Hauses Hellsing runzelte die Stirn. Auch er bevorzugte das Land der Stadt und vermisste den weiten Garten des Anwesens, doch wenn alles sich so weiter entwickelte wie bis her, brauchten sie nicht mehr viel Zeit verstreichen lassen, bis er seiner Lady und den anderen gefahrlos in den Süden folgen konnte. Schon jetzt schien das Interesse von Pater Anderson merklich nach gelassen zu haben. Schon seit zwei Tagen war der Jäger Iscariots aus seinem Windschatten verschwunden. Vielleicht hatte ihn Enrico Maxwell endlich zu einer anderen Arbeitsstätte geschickt. Walter setzte zu mindestens ein klein wenig Hoffnung darauf.

Das Schloss seiner Wohnungstür klemmte regelmäßig, was ihn dazu zwang, die Einkaufstüten abzustellen, bevor er den Schlüssel im Schloss versenkte. Mit einer Hand umfasste er den schweren Tür Knauf, mit der anderen wollte er gerade den Schlüssel herumdrehe, als hinter seinem linken Ohr plötzlich ein scharfer Schmerz aufflammte. Er wirbelte herum, doch in der schummrigen Düsternis konnte er nichts erkennen. Schnell betasteten seine Finger die immer noch pochende Stelle und mit eisigem Schrecken fühlte er etwas feuchtes seinen Hals herunter laufen. All seine Instinkte, die in ihm im Laufe seiner langen Kampferfahrungen gewachsen und gereift waren schrillten in den höchsten Alarmtönen, doch noch bevor er auch nur einen Finger rühren konnte, spürte er, wie seine Beine unter ihm nach gaben. Das letzte was er hörte, war das dumpfe Gepolter von schweren Schritten.

Abduction

Alucard hatte wie immer Wort gehalten und es geschafft, sie unauffällig sowohl in die Uffizien hinein, als auch vor Tagesanbruch wieder hinaus zu befördern. Nicht nur davon war Integra beeindruckt gewesen. Bei ihrem Rundgang durch die Ausstellungshallen, hatte der Vampir mit einem erstaunlichen Wissensschatz geglänzt. Er kannte so gut wie alle Maler, ihre größten und bedeutsamsten Werke und konnte bei dem ein oder anderen mit heiteren Anekdoten aufwarten.

Auf ihr neugieriges Nachfragen, woher um alles in der Welt er das alles wüsste, hatte er nur schwach gelächelt. „Es gab eine Phase, in der ich, nun ja, ein wenig körperlich eingeschränkt war.“ Sie hatte nur kurz genickt, um ihm zu singnalisieren, das sie verstand hatte, dass es um das Verließ im Keller ging. Der Blick seiner roten Pupillen glitt in die Ferne, als er weitersprach. „Nun es ist auf Dauer selbst für jemanden wie mich, nicht ganz einfach, bei dieser Art der Gefangenschaft nicht den Verstand zu verlieren. Walter hatte das wohl ähnlich gesehen und dafür gesorgt, dass wenigstens mein Geist regemäßig Beschäftigung bekam.“ „Walter? Wie denn das? Ist er zu dir herunter gekommen und ?“ „Nein,“ unterbrach er sie rasch „Das wäre gegen die strikte Anordnung deines Vaters gewesen. Niemand durfte diesen Teil des Kellers betreten. Du musst bedenken, dass du eigentlich nie von meiner Existenz hättest erfahren sollen.“ Diese Worte so harmlos sie auch klangen, versetzten ihr einen schmerzhaften Stich, bei der Vorstellung, wenn es wirklich so gekommen wäre.

Alucard indessen fuhr fort „Der gute alte Todesengel schien zu ahnen, dass nur meine menschliche Hülle aussah, als wäre alles Leben aus ihr gewichen, als würde ich schlafen und er hatte Recht. Zwar war ich nur ein Schatten meiner selbst, aber es langte um mich wach zu halten.“ Langsam begriff Integra die Tragweite seiner Erzählung und sie schauderte. Wie grausam musste es gewesen sein. Nicht in der Lage zu sein auch nur einen einzigen Finger zu rühren und das Stunde um Stunde, Nacht für Nacht, Tage, Monate, Jahre!! Ohne zu wissen, wie lange dieser Zustand andauern würde. „Wie hat er es denn angestellt, dich zu beschäftigen?“ Endlich kehrte der alt bekannte Ausdruck diebischer Freude in Alucards Gesicht zurück. „Die Bibliothek. Er sorgte dafür das ich „zuhören“ konnte, wenn dein Vater sie benutzte oder später, als du dort unterrichtet wurdest. Außerdem lief immer irgendwo im Haus ein Fernseher oder Radio, auch wenn diese Art der Unterhaltung manchmal eine Qual sein konnte.“ Beide lachten jetzt und sahen sich an, bis Integra leise sagte „Ich hoffe, das hat es dir trotzallem ein wenig erträglicher gemacht.“ Genauso leise erwiderte er „Zerbrich dir darüber nicht den Kopf.“ Das helle Rot seiner Augen wurde dunkel „Ich würde es jederzeit wieder tun, wenn der Preis der Selbe wäre.“

Dieser letzte Satz ging noch einmal in ihrem Kopf herum, bevor die durchdringenden Strahlen des Tages, sie fürs erste in einen tiefen Schlaf sinken ließen.
 

Walter erwachte mit rasende Kopfschmerzen aus seiner Bewusstlosigkeit. Dieser Umstand wurde nicht besser, denn bevor er auch nur richtig die Augen aufgemacht hatte, wurde er bereits an den Schultern gepackt und mehr auf einen Stuhl geworfen, als gesetzt. Mühsam versuchte er die Besinnung zu behalten, was ihm mit ein paar nicht grade leichten Schlägen ins Gesicht auch gelang. Langsam wurde das schwankende Bild vor seinen Pupillen gerade, doch bei dem Anblick der sich ihm bot, hätte er sich lieber gleich wieder in die Ohnmacht verabschiedet. Vor ihm stand mit verschränkten Armen und verkniffener Miene kein anderer als Enrico Maxwell. Stöhnend schnappte er nach Luft um den Rest des üblen Schwindelgefühls los zu werden, aber das Oberhaupt Iscariots schien sein Zustand nicht wirklich zu interessieren. „Na endlich, ich hatte schon befürchtet wir kriegen sie nie wieder wach.“ Er machte eine unwirsche Handbewegung und der schmerzhafte Griff an Walters Schultern lockerte sich. Er konnte hören, jemand hinter ihm zurück trat. „Das genügt fürs erste meine Herren. Ich denke ab hier kommen wir mit Mr. Dolneaz allein zurecht.“ Walter sah auf seine Hände hinab, die man feinsäuberlich mit Kabelbindern aneinander fixiert hatte. Er hatte nicht die leiseste Chance sich zu befreien, geschweige denn seine Drähte zu benutzen. Das sah Seniore Maxwell anscheinend genauso. Er lächelte dünn zu ihm hinunter. „Ich hoffe sie nehmen uns die etwas unbequeme Reise nicht allzu übel.“ Walter versuchte trotz allem Haltung zu bewahren, auch wenn das seinen geschunden Knochen nicht wirklich gut tat. Den Schmerzen nach zu urteilen, waren sie mit ihm nicht besonders pfleglich umgegangen, obwohl er keinerlei Erinnerungen daran hatte, wie er hier hergekommen war, noch wo er sich wirklich befand. „Keines Wegs eure Exzellenz. Was verschafft mir den das Vergnügen einer Unterhaltung mit Ihnen?“ Der Bischof lachte auf. Irgendetwas musste anscheinend sehr lustig an diesem Satz gewesen sein. Dann änderte sich der Ausdruck auf seinem Gesicht. „Nun Mr. Dolneaz, ich denke sie können sich noch gut an die letzte Begegnung zwischen uns erinnern?“ Er wartete keine Antwort ab, sondern fuhr einfach fort „sie verlief, das muss ich zugeben, nicht ganz zu meiner vollsten Zufriedenheit.“ Walter zog die Augenbrauen hoch. „Tatsächlich? Nun ich nahm an, dass sie ihr Ziel durch aus erreicht haben. Die Hellsingorganisation existiert nicht mehr.“ Jedenfalls nicht offiziell fügte er im Stillen hinzu. Enrico fixierte ihn mit starrem Blick „Das dachte ich bisher auch.“ Plötzlich drehte er sich zu seinem Schreibtisch um, an dem er bisher gelehnt hatte. Als er sich wieder Walter zuwandte hielt er etwas zwischen Daumen und Zeigefinger, was Walter zuerst für eine Münze hielt. „Bis ich das hier präsentiert bekommen habe.“ Er beugte sich so weit vor das sein gefesselter Gesprächspartner erkennen konnte, worum es sich handelte. „Ein Knopf?“ „Jawohl ein Knopf, aber nicht irgendein x beliebiger Knopf. Schauen sie genau hin mein Guter. O ich vergaß mein Fehler, sie haben ja keine Sehhilfe dabei, nun gut, dann werde ich ihnen sagen um was für ein bedeutsames Exemplar es sich hierbei handelt.“ Da der Raum in dem sie sich befanden, bis auf eine kleine antike Leselampe in der Ecke mehr oder weniger im Dunkeln lag, hätte Walter selbst mit seinem Monokel Schwierigkeiten gehabt, das zu erkennen, worauf Enricos Maxwell hinaus wollte. „Dieser Knopf trägt ein Wappen und zwar das Wappen der ehemaligen Hellsingorganisation.“ Walter versuchte sich seine Überraschung nicht anmerken zulassen. „Tatsächlich? Haben sie etwa unsere altes Anwesen besucht? Ich meine das, was davon noch übrig ist?“ Es sollte ungezwungen klingen, doch all seine Bemühungen sich von allem unbeeindruckt zu zeigen, was ihm der Erzfeind seiner Lady präsentierte, wurden von folgendem Satz je zu Nichte gemacht. Maxwells dünne Lippen verzogen sich zu einem teuflischen Grinsen. „ Dieses Fund stammt nicht aus dem ehemaligen Hellsinganwesen, sondern aus einer alten Villa in der Nähe von Florenz.“

Für einen Augenblick verschlug es dem Diener die Sprache. Sein Gegenüber genoss es sichtlich. „Jetzt können sie sich sicher vorstellen, warum wir so brennend daran interessiert sind, uns mit ihnen zu unterhalten.“ Sein eben noch belustigter Blick wurde wieder eiskalt. „Ich habe mich tatsächlich dazu verleiten lassen, zu glauben, dass dieses protestantische Flittchen bereits ihre Strafe erhalten hat und in der Hölle schmort zusammen mit ihrem gezähmten Dämon. Das war anscheinend, das gebe ich jetzt offen zu, wohl nur frommes Wunschdenken gewesen. Jetzt, wo es unumstößliche Hinweise darauf gibt, dass entweder sie oder ihre blutsaugenden Egel oder auch alle zusammen noch existieren und für ihr gottloses Treiben auch noch hier her gekommen sind!“ Seine Stimme wurde mit jedem Wort lauter. „Werden wir alles daran setzten, sie aufzuspüren, sie zu jagen und ein für alle Mal zu vernichten!“ Während er seine flammende Ansprache hielt, überschlugen sich in Walters Hirn die Gedanken. Er musste eine Möglichkeit finden, Lady Integra zu warnen, damit sie und die anderen verschwinden konnten. So schnell wie möglich, doch es wollte ihm keine einfallen. Das Gefühl der Hilflosigkeit wuchs noch mehr, als ihm die Bedeutung von Maxwells Worten klar wurde. Hier her? Hieß das etwa das sie ihn nach Italien verschleppt hatten? Der Bischof schien seinen letzten Gedanken gelesen zu haben. „Sie werden uns dabei eine große Hilfe sein mein Bester, darum betrachten sie sich bis auf weiteres als unseren Gast“ So wie er das Wort aussprach, hatte es wohl wenig mit seiner Bedeutung zu tun.
 

Seras wurde durch das sachte aber unaufhörliche Vibrieren des Handy in ihrer Jackentasche geweckt. Mit einem geöffneten Auge schielte sie auf das Display und er kannte Walters Nummer. Gähnend nahm sie das Gespräch an „Ja Walter was gibt’s?“ Es war nicht die altvertraute Stimme des Butler, der ihr antwortete. „Hallo Seras hier ist Peter Fargason!“ Die Überraschung machte Seras Augenblicklich hellwach. „Oh Kommandant Fargason Sir, mit ihnen hatte ich nicht gerechnet.“ Entschuldigte sie sich für ihren läppischen Ton, doch ihr ehemaliger Vorgesetzter hatte ganz anderes Sorgen. „Hör zu ich muss unbedingt Lady Integra sprechen. Walter wurde entführt!“ Der Vampirin schrie entsetzt auf „Was? Wer?“ Im nächsten Moment flog über ihr der Sargdeckel zur Seite und bevor Sera noch etwas sagen konnte, hatte ihr Integra bereits das Handy aus der Hand gerissen. Ihre sonst immer ruhige und strenge Stimme zitterte hörbar. „Fargson hier spricht Lady Integra was ist passiert?“

„Ein Überfallkommando würde ich sagen. Ich und Mr. Dolneaz waren zum Frühstücken verabredet und als ich ankam, konnte ich gerade noch sehen, wie zwei Männer wie Schränke ihn in einen Lieferwagen verfrachtet haben. Dem Ablauf nach zu urteilen ein professionell durchgeführter Zugriff, würde ich sagen. Außer mir keine Zeugen und keinerlei Spuren eines Kampfes.“ „Woher wissen sie das?“ „Ich hab mich nach dem der Lieferwagen weg war, sowohl im Treppenhaus, als auch in der Wohnung umgesehen. Die hatten sie nämlich auch gründlich auf den Kopf gestellt, aber nirgendwo Fingerabdrücke hinterlassen. Zum Glück hatte er den Laptop bei seinem letzten Besuch bei mir gelassen und das Handy haben sie nur nicht gefunden, weil es ihm beim Mantelanziehen anscheinend aus der Tasche gerutscht und in den Schirmständer gefallen war. Hätte sich der Akku nicht zu dem Zeitpunkt gemeldet wo ich gerade im Flur stand, hätte ich es auch nicht bemerkt.“ Integra überlief es kalt. Im Moment interessierte sie nur ein Gedanke „Konnten sie sehen, ob Walter verletzt war?“

Fargason zögerte mit seiner Antwort „Er schien bewusstlos zu sein. Sie trugen ihn mehr oder weniger zwischen sich. Mehr konnte ich auf die Entfernung leider nicht ausmachen.“ Sie biss sich einen Fluch dabei unterdrückend auf die Unterlippe. Nur nicht in Panik geraten, sie musste ruhig bleiben um rational und gründlich überlegen zu können. „Ok …. Fargason hören sie mir genau zu. Viele Kommen für diesen Überfall nicht wirklich in Frage und deshalb müssen sie jetzt zu erst mal rausfinden wo sich Anderson aufhält. Ich bin mir sicher, dass wir dann auch Walter finden.“ „ Der Templerorden“ unterbrach sie jetzt die dunkle Stimme von Alucard, der bisher nur stumm dem Gespräch gelauscht hatte. Sie sah ihn an und die Verzweiflung in ihren Augen ließ ihn die Hand nach dem Telefon ausstrecken, dass sie ihm ohne jeden Wiederstand übergab.

„Fargason? Ich hoffe sie haben noch ein paar gute Männer in Peto, denn das wird nichts für Feiglinge.“ Die Antwort, die er darauf bekam ließ ihn schmunzeln. „Perfekt, die Spießgesellen des katholischen Bastards sind nicht aus Pappe und zu dem auch noch ziemlich gut darin sich zu verteidigen. Ihr Hauptquartier, wenn man es so nennen möchte befindet sich an der Themse, nicht weit von der Waterloo Bridge am Roy Royal Court of Justice. Ich kann mir allerdings kaum vorstellen, dass man sie einfach höflich hereinbittet, wenn sie anklopfen. Darum halte ich es für das Beste, den Herren ebenfalls einen unerwarteten Besuch abzustatten und dabei auf überflüssige Höflichkeiten zu verzichten.“ Er zog einen Flunsch. „Leider wird mir das knappe Zeitfenster nicht gestatten dabei sein zu können, was ich mehr als bedaure. Nichts desto trotz werden sie, da bin ich mir sicher, jetzt umgehend alles notwendige in die Wege leiten, damit wir den guten alten Walter wieder heile zurück bekommen.“

Es folgten noch ein paar Abklärungen zu Einzelheiten, dann war das Gespräch beendet. Alucard warf Seras das Telefon zu. „Und was machen wir jetzt?“ Er zuckte mit den Achseln. „Nicht viel fürchte ich. Bis unserer alter Kommandante soweit ist, wird uns nichts anderes übrig bleiben, als abzuwarten.“ Integra riss protestierend die Augen auf. „Einfach nichts tun? Das kommt gar nicht in Frage. Jedenfalls nicht so lange dieses elendige Drecksschwein Walter in seiner Gewalt hat!“ Seras sah das genauso. „Einfach nur rum sitzen und Däumchen drehen?“ Der Vampir schüttelte milde den Kopf. „Was glaubt ihr sollten wir denn tun?“ Er wollte noch weiter reden, als ein leises Motorengeräusch ihn unterbrach. Für menschliche Ohren zu leise, doch für drei Vampire mehr als deutlich hörbar. „Was war das?“ frage Seras mit leicht schief gelegtem Kopf. Auch Integra horchte jetzt angestrengt. „Klingt nach einem Auto, ein großes, ein Laster vielleicht?“ Die ehemalige Polizistin schaute verwirrt. „Was macht ein Laster nach Einbruch der Dunkelheit noch auf einem Friedhof? Für eine Beerdigung doch wohl reichlich spät.“ Ihr Meister machte sich weniger Gedanken über den Grund des unerwarteten Besuchs. Er rieb sich die behandschuhten Hände und wandte sich zum Ausgang der Gruft. „Ich für meinen Teil, hoffe nur auf mehr als einen Menschen. Ich habe Hunger“ Während er das sagte, wuchsen seine Zähne bei jedem Wort.

Der fast runde Vollmond schien hell über den Gräbern, deren Steine und Kreuze wie mahnende Finger in die Luft emporragten.

Alucard warf den Kopf in den Nacken und zog genießerisch die Luft ein. Sie brachte ihm Kühle und den Duft von menschlichem warmen Blut, dass ziemlich am Ende des Friedhofs darauf wartete von ihm verspeist zu werden. Er sah sich zu Integra um, die hinter ihm aufgetaucht war. Der dunkle Glanz in ihren Augen verriet ihre innere Gier, die sie mit Müh und Not zu beherrschen versuchte. Er genoss diesen Anblick für eine Sekunde dann bedeutete er mit einem Kopfnicken in die Richtung aus der die Fährte zu ihnen herüber wehte. „Ladys first meine Teure“ „Vielleicht sind es nur unschuldige Kinder, die sich einer blöden Mutprobe unterziehen wollen.“ Presste sie zwischen den Zähnen hervor. „Unschuldige Kinder?“ noch einmal zog er hörbar die Luft ein „nein, da kann ich dich beruhigen. Es riecht ganz und gar nicht nach Unschuld.“ Er schien für ein paar Sekunden zu überlegen. Den Duft intensiv zu prüfen, bis er schließlich sagte „Es stinkt grade zu nach Angst und Schuld.“ Damit löste sich seine Gestalt zu einem roten Nebelfetzen auf, der wie vom Wind getrieben in die Dunkelheit verschwand. Integra seufzte leise, dann folgte sie ihm mit Seras im Schlepptau.
 

Die Männer hatten schon eifrig mit dem Graben begonnen, als Alucard am Rande der aufgeworfenen Grube auftauchte. Zu nächst beobachtete er das Treiben ohne einen Mucks von sich zu geben. Anscheinend war er hier grade dabei, ein paar Leichenschänder bei der Arbeit zu stören. Da konnte sich der liebe Gott doch nur für sein Eingreifen bedanken.

Insgesamt vier Männer machten sich mit Schaufeln dran, die Ruhe der Toten zu stören, als der Vampir das Ende einer Schaufel packte, die einer der Männer gerade in die Luft geregt hatte. „Hey was zum Teufel?!“ Der Vermummte fuhr erschrocken herum, während die anderen für eine Sekunde wie gelähmt da standen. Der Vampir machte ein tadelndes Gesicht „So was gehört sich aber nicht meine Herren. Einfach so tote Menschen ausbuddeln.“ Er entriss dem Mann das Werkzeug mit einer kleinen ruckartigen Bewegung, die seinem Gegenüber einen Schmerzensschrei entlockte. Damit kam Bewegung in die anderen. Zwei stürmten jetzt mit Spitzhacken bewaffnet auf ihn zu. Der dritte zog eine Automatikpistole aus seiner Jacke hervor, die er umgehen auf Alucard richtete. Dieser amüsierte sich bereits königlich. Die Versuche, seiner Gegner ihn zu verletzten, scheiterte kläglich, weil er mühelos die erste Schläge mit dem eroberten Spaten parierte. Erst als die zwei ihre Taktik änderten und sich von verschiedenen Seiten an ihn heranwagten, gelang es einem die Spitze der Hacke in seinem Rücken zu versenken. Gurgeln ging der Vampir in die Knie und seine Gegner nutzen ihren neuen Vorteil gnadenlos aus. Sie prügelten wie von Sinnen auf den am Boden liegenden Körper ein bis Blut spritze und Knochen unter hässlichem Knirschen zerbrach. Keiner von beiden schien aufhören zu wollen, bis der Pistolenträger sie stoppte. „Es reicht, der hat mehr als genug!“ Schnaufend holten seine Kammeraden Luft „Was machen wir jetzt?“ „Erst mal unsere Arbeit so schnell wie möglich zu Ende und dann schaffen wir den Kerl genauso bei Seite, wie den anderen.“ Entschied der Mann und ließ seine Pistole wieder in seiner Jacke verschwinden. „O.k.“ Sie wollten sich gerade wieder dem Loch zu wenden, als sich der vermeintlich totgeschlagene langsam unter leisem Gekicher auf richtete. Allen Drei blieb fassungslos der Mund offen stehen, als sie mit ansahen, wie die gebrochenen Gliedmaße wie von unsichtbaren Magneten gezogen wieder zueinander fanden. „Das war aber nicht sehr nett.“ Befand der Vampir dröhnend. „Wohlen doch mal sehen ob ihr genauso viel aushalten könnt wie ich.“ Dann stürzte er sich auf sein erstes Opfer. Obwohl der Mann fast doppelt so breit war wie Alucard baumelte er schon nach wenigen Sekunden hilflos, wie eine Maus im Rachen einer Katze. Der Vampir hatte seine Zähne wie ein Fangeisen in dessen Hals geschlagen und das warme dampfende Blut quoll wie ein köstlicher warmer Strahl in seinen Mund. Fassungslos sahen die Kammeraden dem Todeskampf ihres Freundes zu, bis dem einen erneut seine Waffe wieder einfiel. Panisch versuchte er sie aus dem Futter der Jacke zu ziehen, doch bevor er es geschafft hatte, riss ihm bereits jemand schmerzhaft den Kopf in den Nacken. Das letzte was seine Augen sahen, war ein wunderschönes, schneeweißes Gesicht aus dessen weitgeöffneten Mund Raubtierzähne hervorblitzen.

Gravedigger

Das Herz des Mannes hatte aufgehört zu schlagen und der warme nahrhafte Quell war versiegt. Alucard ließ den leblosen Körper einfach achtlos zu Boden fallen. Es galt sich noch den letzten Snack des Abends zu sichern, der nach dem er mit ansehen musste, was mit seinem Kumpel passierte, die Beine in die Hände genommen hatte. Mit langen Sätzen hetzte er über den Friedhof, genug Adrenalin im Körper um bis nach Rimini durch zu laufen. Keuchend preschte er in Richtung Ausgang, wo der Transporter auf sie warte. Der Verfolgte riss mit letzter Kraft die Beifahrertür auf und schmiss sich auf den Sitz „Fahr los Mann!! Fahr los!!!“ Doch die Gestalt im Schatten der Kabine hinter dem Steuer rührte sich nicht. „Nun mach schon Mann! Schrie er verzweifelt und wollte schon selbst den Wagen starten, als er dabei den immer noch stummen Fahre grob an den Schultern erwischte. Anstatt endlich zu reagieren, fiel dieser einfach nur stumm nach vorne, aber da wo eigentlich der Kopf auf das Lenkrad hätte krachen sollen, gähnte ein blutiges Loch, aus dem der weiß glänzende Rest eines Halswirbels ragte. Ein laut des Grauen halte durch die enge Kabine, bis eine behandschuhte Hand durch die Seitenscheibe krachte und das heulende Geschrei beendete.
 

Unterhalb des Friedhofs, in den Katakomben der Stadt, schaute Leonardo di Wal unruhig auf seine Uhr. „Sie sollten sich längst gemeldet haben.“ Er blickte zu seiner Assistentin hinüber, die ihn aus großen braunen Augen ansah. „Kümmere dich darum Julia! Ruf sie an und frage warum es so lange dauert!“ Sie nickte stumm, dann huschte sie aus dem düsteren Raum, in dem die Luft, dank der rußigen Öllampen bereits wieder zum schneiden dick war.

Sie lief die schmale Wendeltreppe nach oben, da es hier unten keinerlei Empfang gab. Obwohl sie es fast eine Minute klingeln ließ, nahm am anderen Ende niemand ab. Das ungute Gefühl in ihrem Magen verstärkte sich. Da stimmte irgendetwas nicht und was immer da hinter steckte, es würde Ärger bedeuten, viel Ärger.

Sie lief wieder zu ihrem Meister hinunter, um ihm das unbefriedigende Ergebnis ihrer Bemühungen mitzuteilen. Die Miene des grauhaarige Mannes verdüsterte sich und ein unschöner Fluch verließ seine Lippen. Er und Julia standen in einem der schmalen Gänge welche die einzelnen Arbeitsräume, die sie sich hier unten eingerichtet hatten voneinander trennten. In einigen waren die übrigen Männer damit beschäftig die Aufgabe, die ihnen Leonardo für heute aufgetragen hatte zu erfüllen. „Wir brauchen diese Körper! Wir können nicht auf sie verzichten!“ Die scharf geschnittenen Züge seines Gesichts waren immer noch angespannt und Julia konnte es hinter der Stirn ihres Meisters arbeiten sehen. Der Blick seiner grauen Augen bohrte sich plötzlich in ihre. „Nimm Paolo und Andre mit und sieh nach was das passiert ist!“ Wieder nickte sie nur. Sie hatte schnell gelernt jede Anweisung ohne Diskussion auszuführen.

So schnell sie konnte trommelte sie ihre Begleiter zusammen.
 

Walter war gerade damit fertig das Rillenmuster der Tapete zum dritten Mal zu zählen, als sich die Tür hinter ihm leise quietschend öffnete. Nur aus den Augenwinkeln war es ihm vergönnt nach hinten zu schielen, da man ihn wie ein Packet auf seinem Stuhl festgezurrt hatte. Nach seinem Gespräch mit Maxwell war dieser aus dem Raum verschwunden und man hatte ihn sich selbst überlassen. Wie viel Zeit inzwischen vergangen war, konnte Walter nicht sagen, doch das Pochen in seinen abgeschnürten Gliedern hatte sich kontinuierlich gesteigert und war immer beißender und stechender geworden. Der alte Kriegsveteran kannte dieses Spiel schon. In seiner langen Karriere für das britische Imperium hatte er schon schlimmere Foltermethoden über sich ergehen lassen müssen. Damals war er zwar deutlich jünger gewesen, aber das konnte ihn jetzt auch nicht mehr schrecken. Es galt alles, was von einem abverlangt wurde, mit britischer Gelassenheit zu ertragen und mit Stolz und Würde entgegen zu nehmen. Darum streckte er noch einmal so gut er konnte den Rücken durch und harte den Dingen die da kommen mochten. Langsam schob sich ein Schatten in Walters Sichtfeld, der zwar nicht zu Enrico Maxwell gehörte, ihm aber doch vertraut war. „Guten Abend Mr. Dolneaz, endlich sehen wir uns auch mal wieder.“ Alexander Andersons ölige Stimme brachte Walter sofort die Erinnerung an ihre letzten Begegnungen wieder. Er konnte Seras verängstigtes Fauchen praktisch hören und schluckte. „Guten Abend Paladin Anderson. Die Freude ist ganz meinerseits.“ So brüchig wie seine Stimme klang, hätte er sich selbst auch kein Wort geglaubt. Der Pater unterdrückte ein Kichern bis er in voller Größe vor dem alten Diener empor ragte. Im Sitzen waren seine Zweimeter Körpergröße noch beeindruckender und das unheilvolle Funkeln seiner Brillengläser tat sein Übriges. Walter wusste, dass ihn alles andere, als ein nettes Pläuschchen, wie mit Maxwell, in den nächsten Stunden erwartete.

„Mein Vorgesetzter hat ihnen ja schon erzählt, um was geht und ich bin mir sicher,“ er beugte sich langsam zu Walter hinunter, bis seine Hände rechts und links die Armlehnen umfassten, an denen die Hände des Dieners gefesselt waren, „das sie mir einiges zu erzählen haben.“

Bevor Walter zu einer Antwort ansetzten konnte, unterbrach das erneute Öffnen der Tür den Priester. „Entschuldigt bitte Monseniore, aber sie sollen sich das unverzüglich ansehen!“ Ein kleiner Kardinal huschte zu ihnen hinein, in den Hände ein Laptop auf dem ein wackeliges Handyvideo zu sehen war. Anderson dem die Störung mehr als Missfiel richtete sich wiederstrebend auf „Was soll das jetzt? Wieso…“ doch ein Blick auf den kleinen Bildschirm ließ ihn verstummen. Seine blauen Augen flackerten hin und her, dann quoll ein merkwürdiger Laut aus seiner Kehle, den Walter erst nach ein paar Sekunden als Lachen identifizierte. Das Lachen erstarb. „Wo ist das?“ flüsterte er heißer und der kleine Mann in schwarzer Robe erwiderte eingeschüchtert. „Florenz Monsignore, vor den Uffizien“ Anderson riss ihm das Gerät gierig aus den Hände. „Wir müssen da sofort hin!“ „Ein Hubschrauber steht schon bereit!“ ertönte jetzt Enrico Maxwells Stimme von der Tür her. Er blieb neben Walter stehen, der aus seiner Position aus keinen Blick auf den Bildschirm werfen konnte und somit keine Ahnung hatte, worum es ging. Maxwell nickte mit dem Kopf zu ihm hinunter. „Nehmen sie Mr. Dolneaz mit. Der könnte uns da nützlich sein.“ Damit bekam Walter erneut einen unsanften Schlag in den Nacken verpasst, der ihn schmerzhaft ins Land der Träume schickte.
 

Alucard legte sich noch genüsslich die blutigen Fingerspitzen, als Seras aus dem Schatten des Lieferwages hervorkam. Ihre rubinroten Augen wirkten niedergeschlagen, als sie versuchte die Überreste des Fahrers von den Lippen zu bekommen, den sie zuvor wie ein Tier den Kopf von den Schultern gerissen hatte. Sie hatte zwar kein einziges Wort gesagt, doch ihre Gedanken sprachen Bände. Er seufzte „Das waren keine guten Menschen Fräulein Polizistin. Wegen denen brauchst du dich nicht innerlich zu zerfleischen.“ Sie hob überrascht den Blick. Es amüsierte ihn noch immer, dass sie ständig vergaß, dass er ihre Gedanken lesen konnte, so lange sie nicht freiwillig die Verbindung, die sie aneinander fesselte, durch schnitt. Was sie allerdings nicht ahnte war, dass er ihr zögerliches Verhalten Menschen ihres Blutes wegen zu opfern manchmal manipulierte, in dem er seinen Blutrausch mit ihrem Unterbewusstsein verband. Das brachte sie dazu alle Hemmungen fallen zu lassen, sich zu ernähren wie es sich für einen Untoten gehörte. Was er allerdings nicht beeinflussen konnte, war das Gefühl das sie danach plagte. Ein Monster zu sein. Wann würde dieses Mädchen endlich akzeptieren können, was sie geworden war und bis in alle Ewigkeit sein würde. Nicht zum ersten mal fragte er sich, ob er nicht damals einen Fehler gemacht hatte, doch zu allerletzt war es ihre eigene Entscheidung gewesen. Sie hätte einfach sterben können und ihren Frieden finde, doch sie wollte leben. So wie sie alle, die sich vom Licht abgewandt hatten, weiter leben wollten. Zu gegeben der Preis dafür war hoch und nur die wenigsten konnten das Ausmaß ihrer Entscheidung bereits an diesem Punkt vollständig überblicken, aber trotzdem änderte das nichts, wenn man diesen Weg gewählt hatte. Es gab kein Zurück mehr.
 

Er hatte genug von diesen schwermütigen Gedanken und versuchte daher das Thema zu wechseln „Wo ist eigentlich unsere Herrin geblieben?“ Die kleine Vampirin zuckte mit den Achseln „Keine Ahnung.“ „Mmmh vielleicht ist sie noch bei den Gräbern.“ Sie kehrten zurück zu den offenen Gruben an denen Lady Integra tatsächlich dabei war die Taschen ihres Opfers zu durchsuchen. „Willst du wissen, wem du das Lebenslicht ausgeblasen hast?“ „Nein,“ knurrte sie über die Schulter. „mich würde nur interessieren was das ganze hier eigentlich sollte. Warum kommen nachts ein paar Männer auf den Friedhof und buddeln Leichen aus?“ Alucard wollte darauf schon etwas erwidern, als bei Seras plötzlich der Groschen fiel. „Das müssen sie in Vinci auch getan haben!“ Beide Vampire starrten sie so lange verständnislos an, bis Seras ihnen die Geschichte von dem kleinen Friedhof in dem Dörfchen in der Nähe ihrer Villa erzählt hatte. „Genau das gleiche Schema.“ Sie inspizierte jetzt mit suchende Blick die aufgeworfenen Ränder und das durchwühlte Erdreich „Wonach hälst du Ausschau?“ Die ehemalige Polizistin griff in die Tasche ihrer Jacke und förderte die Münze zu Tage, die sie an einem der Gräber gefunden hatte. Alucard nahm sie ihr ab und studierte mit zusammen gekniffenen Augen die Prägung. Integra wartete gespannt auf ein Kommentar. Schließlich hielt sie es vor Neugierde nicht mehr aus. „Und kannst du damit irgendwas anfangen?“ Es würde sie nach allem was er in der letzten Zeit über sein Kunst und Geschichtswissen preisgegeben hatte nicht wundern, wenn er auch noch auf dem Gebiet der Numismatik bewandert gewesen wäre, doch er schüttelte den Kopf. „Nicht wirklich. Ich würde nur behaupten, dass es sich hierbei um Kupfer handelt.“ Er steckte sich die kleine runde Scheibe zwischen die Zähne. „Jep wie ich mir schon dachte kein Gold und Silber schließe ich aus, weil unsere Seras sich sonst bei dem Versuch, sie in die Tasche zu stecken, ihre kleinen Finger verbrannt hätte.“ Er warf Integra die Münze zu, die sie ohne Mühe auffing. „Dieser Kerl hatte jedenfalls keine bei sich.“ „und die Anderen?“ Seras machte sich über die Taschen des zweiten Mannes her, aber auch ihre Suche blieb erfolglos. „Nichts nicht mal eine Brietasche.“ „Die wollten allen Anschein unerkannt bleiben, naja auch in Italien wird Leichenfläderei wohl unter Strafe stehen.“ Alucard grinste „Wo nicht hier, wo dann? Was uns wieder zu unserer Ausgangsfrage bringt, was sie mit diesen halbverwesten Körpern überhaupt wollten?“ Wieder machte sich Ratlosigkeit breit, als plötzlich ein Motorengeräusch von der Straße her zu hören war. Alle drei wechselten einen raschen Blick. „Vielleicht kommt da ja die Antwort? Wir ziehen uns zurück und schauen mal was passiert.“ Kommandierte Integra leise und die anderen folgten ihr widerspruchslos in den Schatten der umliegenden Büsche und Gräber.
 

Julia merkte schon beim Anblick des scheinbar verlassenen Lieferwagens das etwas nicht stimmte. Paolo hatte den Wagen noch nicht ganz zum stehen gebracht, als sie bereits die Tür aufriss. Sie nickte zum Eingang des Friedhofs hinüber „Los Andre schau nach wo die drei stecken. Die Gräber, um die es ging, liegen auf dem hinteren Teil, aber sei vorsichtig, anscheinend sind sie bei ihrer Arbeit gestört worden, sonst wären sie längst weg!“ Andre nickte und huschte dann davon. In Julias Kopf arbeitete es fieberhaft, während sie sich mit Paolo langsam dem Transporter nährte. Es musste eine Störung gegeben haben, aber sie hatte nicht wie befürchtet, die Polizei auf den Plan gerufen. Die Straßen und vereinzelten Häuser um sie herum lagen verschlafen in der Dunkelheit. Genauso wie die Fahrerkabine, an die sie nun herantrat, doch die eingeschlagene Fensterscheibe war nicht zu übersehen, genauso wenig wie die verstümmelten Leichen, deren Anblick Julia das Blut in den Adern gefrieren ließ. Sie konnte Paolo auf der anderen Seite nach Luft schnappen hören. „Heilige Mutter Gottes!“ Es war schwer zu fassen, was man da vor sich sah und ihr Verstand weigerte sich auch noch es zu begreifen, als Andre plötzlich keuchend und völlig außer Atem hinter ihnen auftauchte. „Ihr werdet es nicht glauben, aber sie sind tot, Lorenzo und Migel alle beide!“ In seinen weit aufgerissenen Augen stand die nackte Panik. „Wo Firenze ist weiß ich nicht aber,“ „der ist hier, zusammen mit Franco.“ Unterbrach ihn Julia matt. „Die beiden sind ebenfalls tot.“ Für ein paar Sekunde herrschte vollkommende Stille, dann stieß Andre nur ein knappes „Scheiße!“ aus. „Was machen wir jetzt?“ „Was wohl!“ fuhr Paolo ihn an „Abhauen und das so schnell wie möglich! Wer das getan hat,“ er wedelte knapp zu den ehemaligen Kammeraden hinüber. „Der ist zu allem fähig!“ Er rannte bereits zurück zu ihrem Wagen. Andre wollte es ihm schon gleich tun, doch Julia hielt ihn am Arm fest. „Halt! Wir können sie nicht so einfach hier lassen!“ „Was?!“ Ihr kleines rundes Gesicht wurde rot vor Zorn, als sie ihren Griff verstärkte „Wir können auf keinen Fall riskieren, dass man uns entdeckt. Wir stehen so kurz vor dem Ziel!“ Vielleicht war es der Klang ihrer Stimme, der keinen Wiederspruch duldete, oder die Angst, was passieren würde, wenn man ihnen mit diesen Morden auf die Schliche kam. Andre jedenfalls brachte es dazu Paolo zurück zu rufen und gemeinsam mit ihm die Überreste der Männer in den Lieferwagen zu verfrachten. Julia bestand darauf auch die bereits freigelegten Särge mitzunehmen. Die ganze Zeit über beobachteten die Vampire sie dabei aus ihrem Versteck heraus. „ Äußerst interessantes Hobby, dass die Herrschaften da haben.“ Murmelte Alucard. Integra neigte den Kopf zu ihm hinüber. „Hefte dich an ihre Fersen. Ich will wissen, was sie mit den Leichen anstellen!“ „Oki Doki“ kicherte er leise und verschwand wie ein Trugbild im Schatten der Bäume.

Destroyer

Der Helikopter hatte die Strecke dank guter Sicht in weniger als einer Stunde fast geschafft. Die ersten Lichter der Stadt zeichneten sich bereits am Horizont ab und Andersons Finger fingen bereits voller Vorfreude an zu kribbeln. Noch einmal rief er sich das Standbild der Kamera vor Augen, auf dem eindeutig die Gestalt einer schlanken, großen Frau zu erkennen war, deren lange blonde Haare zwar den größten Teil ihres Gesichts verdeckten, doch diese Züge hatten sich unverwechselbar in sein Netzhaut gebrannt. Vor dem Eingang der Uffizien hatte sie die Linse der Überwachungskamera eingefangen. Lady Integra Wingards Hellsing war in Florenz und wo sie war, da konnte ihr Untoter Diener nicht weit sein. Er grinste böse. Sie hatte geglaubt sie sei schlauer als er. Könnte ihn überlisten und sich der Strafen entziehen, dass ihr gotteslästerliches Treiben mit sich brachte. Doch es gab kein Entkommen vor der Allmacht des Herrn und vor ihm seines treuen Diners, der dazu auserkoren war, die Ordnung im Diesseits zu bewahren und die unschuldigen Seelen zu beschützen. Er blickte zu dem immer noch in sich zusammengesunken Walter hinüber. Am liebsten hätte er diesen Kerl aus dem Helicopter geworfen, doch er brauchte diesen Pfand noch. Wenn er erstmal hatte was er wollte, konnte er sich in Ruhe jedem einzelnen von ihnen widmen. Zuerst aber einmal galt es diesen Nosferatu zu erwischen und es gab nur einen Weg um an ihn heran zu kommen.

Sie überflogen den Arno und langsam senkte sich die Maschine ab. Das Kribbeln in seinen Fingerspitzen nahm zu.

Integra hatte beschlossen nach Alucards Verschwinden ihr Tagesdomizil zu wechseln. Nach Tagesanbruch konnte es nicht lange dauern, bis jemand die geplünderten Grabstätten bemerken würde und das würde bestimmt eine Menge Wirbel mit sich bringen. Polizei und Presse würden garantiert ihren Weg hier her finden und im schlimmsten Fall könnte die dreizehnte Abteilung langsam ein Interesse an diesen Vorfällen entwickeln. Mit diesen Gedanken im Kopf machten sie sich mit Seras auf den Weg in die Stadt. Sie mussten versuchen sich dort ein lichtgeschütztes Fleckchen für den Tag zu suchen. Als sie die Strasse überquerten summte Integras Handy. Sieden heiß fiel ihr wieder Walter ein um dessen Schicksal sich ja Fargason kümmern sollte. Während sie eilig weiter liefen presste sie das Telefon ans Ohr. „Fargason?“ Zunächst rauschte es nur, dann aber konnte sie die leicht verzehrte Stimme ihres Kommandanten erkennen, der ziemlich außer Atem zu sein schien. „Es tut mir sehr leid Lady Integra, aber ich muss ihnen melden, dass sich Walter Doleanz nicht auf dem Gelände der Templer befindet!“ Integra hatte das Gefühl jemand hätte ihr mit voller Wucht einen Schlag in die Magengrube verpasst, dennoch bemühte sie sich Haltung zu bewahren. „Sind sie absolut sicher?“ Natürlich war er daß, sonst hätte er sie nicht angerufen, doch in ihrem Kopf überschlugen sich bereits die Vorstellungen, was mit ihrem alten Freund passiert sein mochte und keine einzige von ihnen gefiel ihr. Wieder rauschte es in ihrem Ohr „Wir haben den gesamten Gebäudekomplex auf den Kopf gestellt, aber nirgends eine Spur gefunden, außer….“ Es raschelte plötzlich, als wenn Papier zerknüllt wurde „Außer einer Aufzeichnung, die in einem der Mülleimer lag.“ Er las laut vor „Abflug 10:30 ab Heathrow“ Integra blieb ruckartig stehen, so dass Seras fast in sie hineingelaufen wäre. Ihre Hand verkrampft sich. Vielleicht gab es ja doch noch eine Chance? Vielleicht hatten sie ihn nur irgendwohin geschafft um sich in Ruhe mit ihm beschäftigen zu können? Vielleicht war er sogar… Das Geräusch eines Helicopters über ihren Köpfen ließ ihren Blick kurz nach oben schnellen. Wie der Schatten eines riesigen Insekts huschte die Maschine über sie hinweg und verschwand hinter den Dächern der Häuser.
 

Alucard hatte dem Lieferwagen ein wenig Vorsprung gegeben. Es genügte wenn er ihre Spur aus Angst und Blut verfolgte, die sich wie eine zündende Flamme durch die Straßen zog. Er hatte damit gerechnet, dass sie den Weg aus der Stadt nehmen würden, doch zu seiner Überraschung fuhren die drei Menschen mitten ins Zentrum hinein. Der Lieferwagen überquerte die Hauptstraße und hielt erst an, als er eine kleine Seitengasse erreichte, in der die breite Karosserie kaum hineinpasste. Ein herunter gelassenes Garagengitter verhinderte die Weiterfahrt. Der Motor verstummte und einer der Männer sprang aus dem Wagen und machte sich am Gitter zu schaffen, während die anderen am Eingang der Einfahrt Wache schoben. Alucard hatte sich auf einem der umliegenden Balustraden niedergelassen und beobachtete mit unverhohlener Neugierde, wie sich die Absperrung öffnete und zwei weitere Gestalten aus dem Schatten des Gebäudes hervorkamen, wie fleißige Ameisen wuselten sie zum Transporter hinüber um den übrigen beim Ausladen ihrer sperrigen Ladung zu helfen. „Interessant“ murmelte der Vampir leise vor sich hin. Dann wechselte seine Gestalt abermals in die durchsichtige Form eines unscheinbaren Nebelfetzend, der scheinbar zufällig durch eine Laune der lauen Nachtluft durch den engen Spalt des wieder verschlossenen Absperrgitters hindurch schlüpfte.
 

Der Hubschrauber setzte mit einem unsanften Ruck auf dem Boden auf, der Walter wieder zurück ins Bewusstsein brachte. Zum wiederholten Male verfluchte er den pochenden Kopfschmerz und schwor sich,wenn es ihm noch einmal vergönnt sein sollte, sich dafür in angemessener Weise bei dessen Verursacher zu revangieren. Dieser jedoch war bereits eifrig damit beschäftig auszusteigen und Walter unsanft hinter sich her zu zerren. Sie befanden sich, bei dem was Walter erkennen konnte, in einem weitläufigen Innenhof, dessen Begrenzung aus einem Gebäudering bestand. Zahlreiche Türen führten ins Innere des Komplexes und einer dieser Türen tat sich nun vor ihnen auf. Zwei Männer in schwarzen Anzügen erschienen vor ihnen, die in ihrer Gestalt zwei Gorillas nicht unähnlich waren. Beide nahmen Walter nach Andersons harscher Anweisung in ihre Mitte. „Sorgt dafür das unsere Gast nicht auf die Idee kommt sich selbstständig zu machen, während ich weg bin und Vorsicht! Der Kerl mag aussehen wie ein altersschwacher Kautz, aber der Eindruck täuscht gewaltig.“ Er zwinkerte Walter verschwörerisch zu und fast konnte man so was wie stille Bewunderung aus dem Klang seiner Worte heraushören. Die beiden Gorillas nickten düster. Plötzlich erschien ein weiterer Mann, dessen kleine buckelige Gestalt in einem Talar wieder dem gewohnten Bild eines katholischen Geistlichen entsprach. „Hochwürden sind schon da,“ schnaufte er sichtlich außer Atem. „Ich hätte nicht so bald mit ihrem Erscheinen gerechnet.“ Anderson machte ein verdutztes Gesicht. „Wieso erwartet?“ Jetzt machten beide ein verwirrtes Gesicht. „Na ich hatte vor nicht einmal einer halben Stunde mit dem Büro des Staatssekretärs gesprochen und die hatten mir versichert, sich sofort der Sache anzunehmen.“ Anderson zog ungeduldig die Stirn in Falten. „Von was für eine Sache sprechen sie?“ Der buckelige riss die Arme in die Höhe. „Na die geplünderten Gräber auf dem Michelangelo Friedhof oberhalb der südlichen Stadtgrenze! Es ist wie bei den anderen Vorfällen ringsherum im Land. Jemand hat in gotteslästerlicher Art und Weise die heilige Ruhe der Toten missachtet und…“ doch weiter kam er in seinem Redeschwall nicht, den der Priester unterbrach ihn mit einer unwirschen Handbewegung. „Wo genau ist dieser Friedhof?“ Der kleine Mann überlegte kurz „Mit dem Auto keine viertel Stunde von hier.“ „Gut sind die Carabinieri bereits verständigt?“ Ein heftiges Kopfschütteln „Nein Monsignore, der zuständige Friedhofsverwalter hat zuerst uns verständigt und ich hab dann..“ „Ja,ja ich weiss! Das haben sie gut gemacht. Ich mache mich sofort auf den Weg. Allein! Bis dahin kümmern sie sich bitte um unseren Gast hier.“ Damit ließ er Walter zurück und hetzte zu einem kleinen schwarzen Fiat hinüber, der dem äußeren Anschein nach zu urteilen nach auch schon bessere Zeiten gesehen hatte und in dem so wie so kein Platz für drei übergroße Männer gewesen wäre. Anderson hatte Mühe genug seine über zwei Meter Körpergröße hinter das winzige Steuerrad zu klemmen. Der Auspuff gab ein hässliches Schabendes Geräusch von sich als er über das holprige Pflaster donnerte.
 

Integra und Seras hatten sich in der Zwischenzeit darauf geeinigt getrennt weiter zu agieren. Die kleine Polizistin sollte sich nach einem neuen Unterschlupf umschauen, während Integra sich in ein Kaffee setzte um sich noch einmal von Fargason den Verlauf der vorangegangen Operation bei den Templern erzählen zu lassen.

„Wie lauteten nun ihre weiteren Befehle Lady Hellsing?“ Sie musste trotz der angespannten Situation schmunzeln. Ein Soldat blieb ein Soldat und Fargasons Haltung ihr gegenüber war weiterhin ungebrochen. „Finden sie raus was das für ein Flug war, wer in der Maschine saß und wo er hin ging. Ich erwarte so schnell wie möglich Meldung von ihnen Kommandant.“ Sie konnte ihn am anderen Ende der Leitung Haltung annehmen sehen. „Jawohl Lady Integra!“ Danach blieb sie noch einen Augenblick sitzen um das Gedankenwirrwarr in ihrem Kopf zu ordnen. Die Sorge um Walter lähmte sie regelrecht. War es nicht ihre Schuld das er wo möglich gerade in diesem Moment von den Mitgliedern dieser scheinheiligen Organisation des Vatikans gefoltert wurde? Ihr Magen zog sich erneut zusammen, wenn sie sich vorstellte, was sie sich alles einfallen lassen würden um ihn zum Reden zu bringen. Er würde kein Laut von sich geben, dass wusste sie, doch genau das würde seine Qualen in die Länge ziehen und das alles nur ihretwegen. Während ihr darauf hin blutige Tränen der Wut in die Augen stiegen, brauste auf der Straße vor dem Kaffee ein altersschwacher Fiat vorbei.
 

Die blassweise Nebelwolke glitt durch einen kleinen Laden, der sich hinter dem Absperrgitter verborgen hatte. Auf den ersten Blick war es nichts anderes als eine gewöhnlicher Eisenwarenladen. Bis an die Decke zogen sich Regale, die wiederum randvoll mit diversen Schrauben, Werkzeugen und allerlei Krimskrams gefüllt waren. Alucards unsichtbare Augen streiften nur mit einem Seitenblick das Inventar, da ihm die meisten Gegenstände nichts sagten. Einzig allein an einem eher unscheinbaren flachen Kupferplättchen blieb sein Blick für einen Moment lang hängen. Dieses kleine, runde Stück Metall kam ihm bekannt vor und bei näherer Betrachtung erkannte er darin ein Duplikat der Münze, die Seras ihm gezeigt hatte. Er war auf der Richtigen Spur. Im hinteren Teil des Raumes erwartete ihn eine Tür, hinter der wiederum alte ausgetretene Holzstufen in eine rabenschwarze Tiefe führten. Für menschliche Augen eine undurchdringliche Finsternis, für die Augen eines Vampirs jedoch kehrten sich die Lichtverhältnisse um. Je weniger Helligkeit, umso stärker entfaltete sich die Sehkraft. Alucards Nebelstreif folgte den Treppen hinunter, in einen vermoderten alten Keller, dessen grün verschimmelte Wände davon zeugten, dass die Feuchtigkeit, der umliegende Kanalisation, sich nicht abhalten ließ. Wieder wanderten der unsichtbare Blick umher. Im ersten Moment schien sich die Spur hier zu verlieren, doch die übermenschlichen Sinne ließen dumpfe Geräusche an sein Ohr dringen. Ein Schaben und Klopfen, dessen Ursprung hinter den Wänden lag. Der Vampir formte eine Hand aus durchsichtigem Nebel, die über die verwitterten alten Steine glitt, bis seine Fingerspitzen deutliche Vertiefungen spürten und als würde auf der anderen Seite ein Vakuum existieren und ihn einsaugen, verschwand er durch die Mauern.
 

Anderson erreichte den Friedhof unter lautem Geklapper und leicht genervt entstieg er dem winzigen Vehikel. Aufmerksam schaute er sich um, doch bis auf ihn war keine Menschenseele zu sehen. Mit schnellen Schritten betrat er den Ort der ewigen Friedens und zog wittern wie ein Hund die kühle Nachtluft durch die Zähne. Da war er wieder deutlich schwächer, als in der alten Villa, doch immer noch unverwechselbar rasch folgte er dem schweren süßen Duft bis er vor den offenen Gräbern stand. Die geschändeten Grabstätten versetzten seinem gottesfürchtigem Herzen einen Stich und schnell sprach er ein stummes Gebet für die armen Seelen, die ihrer Ruhe beraubt wurden. Dann zog er entschlossen seine Klingen unter dem Talar hervor. Er hatte immer noch nicht den leisesten Schimmer, warum diese Untoten Teufel dieses Spiel mit den Leichen trieben, doch er würde es noch aus ihnen heraus quetschen, bevor er ihre verdorrten Herzen endgültig durchbohrte.
 

Alucard staunte nicht schlecht über das, was ihn auf der anderen Seite der Mauer erwartete. Ein mit Öllampen schummrig erhellter Gang brachte ihn zu einem weit verzweigten Gewölbe in dem sich kleine Kammern wie Würfel an einander reihten. Seines Erachtens nach musste es sich um Überbleibsel der frühen römischen Epoche handeln. In seinem Aufbau einer unterirdischen Stadt nicht unähnlich. Ein gespiegeltes Florenz in der Tiefe, geschaffen zum Schutz ungewollter Eroberung? Ein Versteck, dass einen für seine Feinde oberhalb unsichtbar werden ließ? Durchdacht konstruiert und umgesetzt, lange verlassen und nun besetzt von einer Gruppe Männern, die emsig dabei waren in den Kammern zu werkeln. Neugierig inspizierte Alucard den nächst gelegenen Raum, in dem man dabei war, eine der Leichen aus dem Sarg zu holen und die sterblichen Überreste auf einen alten Holztisch zu verfrachten. Der üble Gestank des Todes mischte sich mit der stickigen verbrauchten Luft und den Männern um ihn herum fiel es sichtlich schwer Atem zu holen. Doch sie ließen sich ihn ihrem Treiben nicht beirren und jeder von ihnen schien eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen. Während der eine sich daran machte den schon leicht vermoderten Körpern den Brustkorb zu öffnen, begannen die anderen die lederne Haut mit irgendeiner zähen Flüssigkeit zu bestreichen.
 

Der süße Duft der Noferati führte Anderson nach nur wenigen Schritten zum alten Mausoleum dessen morsche Tür keinerlei Wiederstand bot, als Anderson sie mit einem schwungvollen Stoß zu Tritt verschaffte. Die Särge schienen ihn regelrecht zu erwarten und ein Blick genügte um die alte Inschrift zu erkennen, die den Deckel des größten von ihnen zierte. Mit stierigem Blick beugte sich Alexander über das gemaserte lackierte Holz. „Ich wurde gezähmt, indem ich meine eigenen Flügel fraß“ lass er laut vor. Dann stieg aus dem inneren seiner Brust ein grollendes Lachen empor. „Ein Monster kann man nicht zähmen! Man kann es einzig und allein vernichten!“ Damit rammte er eine der silbernen Schneiden durch den Deckel hindurch, das die Splitter nur so umher flogen.
 

Alucard hatte fasziniert dem Treiben um ihn herum zu gesehen, als ihn plötzlich ein brennender Schmerz durch die Brust zog. Überrascht entfuhr ihm ein gequälter Laut, der die Arbeiter alarmiert inne halten ließ. „Was war das?“ zischte ein dürrer Kerl mit verschmierter Brille. „Keine Ahnung,“ erwiderte ein hünenhafter Riese mit breiter Brust, der hektisch begann sich um zu sehen. „Vielleicht eine Ratte?“ Der Brillenträger legte mit misstrauischen Gesicht den Kopf schief. „Der man wohl auf den Schwanz getreten ist?“

Der Vampir hatte sich noch nicht ganz von seinem unerwarteten Erlebnis erholt, als ihn der nächste schmerzhafte Stich traf. Wäre das Licht in den Räumen besser gewesen, dann hätten die Männer vielleicht das taumelnde blasse Wölkchen war nehmen können, dass sich nun trudeln davon machte.
 

Der Priester zog erneut die Klinge aus dem geborstenen Holz, das unter Berührung des Silbers zu schmoren begann. Dünne Rauchschwaden zog auf und der Priester betrachte zufrieden sein Werk, bevor er sich dem nächsten Erdmöbelstück zu wandte. Ein im Vergleich zum ersteren eher unscheinbares Exemplar, doch auch ihm erging es nicht besser. Gnadenlos spaltete sich das lackierte Holz unter der Wucht des Schlages.
 

Zum Glück hatte Integra das Café schon verlassen und war allein, als der überwältigende Schmerz sie in die Knie gehen ließ. Sie hatte sich mit Seras nach einer Stunde wieder auf dem Friedhof treffen wollen um bei erfolgreicher Suche so schnell wie möglich die Särge zu verfrachten, doch sie war nur bis zum Eingang gekommen, als der glühende Stich durch ihre Brust fuhr. Japsend griff sie nach der schmerzenden Stelle überzeugt davon, die Spitze einer silbernen Klinge oder die Schusswunde einer silbernen Kugel vorzufinden doch, da war keine Verletzung. Mühsam versuchte sie wieder auf die Beine zu kommen, doch ein weiterer Stich ließ sie erneut nach vorne sacken.

Anderson hielt seine Arbeit für beendet. Er griff in die Innentasche und förderte mehrere Bannblätter zu Tage, die er kreuz und quer in dem kleinen Raum verteilte, zum Schluss befestigte er noch eines an der Außenseite der Tür, deren Überreste er notdürftig wieder einsetzte. Er wollte sich nun auf die Lauer legen und abwarten bis die Vampire zurück kamen, was sie zweifellos tun würden. Er sah auf seine Armbanduhr. Noch knappe zwei Stunden bis zum Sonnenaufgang, in der er sich die Zeit vertreiben musste. Plötzlich kam Wind auf und seine Nasenflügel bebten. Vielleicht musste er sich ja doch nicht so lange gedulden?

Liberation

Alucard hatte mühe sich auf dem Friedhof zu materialisieren. Sein Körper schien nicht mehr ihm zu gehören. Alle Kraft floss daraus wie Wasser aus einem Krug, den jemand brutal zerschlagen hatte. Schnauben hob er den Kopf. Er wusste genau welchem Umstand er dieses mehr als unangenehme Gefühl zu verdanken hatte. Jemand hatte sich an seinem Sarg zu schaffen gemacht. An sein Refugium , dem Ort seiner Regeneration, seinem...

Fluchend hielt er inne. Er war erst einen Schritt auf das Mausoleum zu gegangen, als er sie bereits spüren konnte. Erst auf den zweiten gequälten Blick erkannte er sie auch. Flatternd im Wind und unüberwindbar. Die Bannblätter!
 

Keine Sekunde später trat auch der Besitzer der Schmiererei aus dem Schatten des Totenschreins hervor.

"Na sieh mal an wen wir da haben." Andersons breit grinsendes Gesicht passte überhaupt nicht zu der Stimmung in der er sich gerade befand. Zu jeder anderen Zeit hätte er sich über eine gepflegte Prügelei mit Priester Iscariots gefreut, doch im Moment wünschte er sich nur eines. Ruhe! Aber so wie er seinen Lieblingsfeind kannte würde dieser seinem Wunsch wohl nicht nach kommen.

"Benimmt man sich in deinen Kreisen so wenn man bei fremden Leuten zu Besuch ist?" fragte er heißer. "Einfach so die Inneneinrichtung zerstören." Anderson kicherte. "Oh entschuldige bitte, ich dachte dir gefällt der neue Stil." Die Sutane bauschte sich auf, als er seine Pufferinklingen darunter hervor zog. Alucard schluckte. Er musste jetzt genau überlegen was er tat. Sich auf einen Kampf einzulassen war keine gute Idee, dass jedenfalls suggerierte ihm das immer stärkere werde Taubheitsgefühl in seinen Gliedern. Doch noch musste er den Schein waren nicht so schwach zu sein, wie sein Gegenüber annahm.

"Wie hast du uns eigentlich gefunden, wenn ich fragen darf?" Anderson ließ seine Waffen rotieren. "Reiner Zufall muss ich zu geben oder einfach eine Fügung Gottes." Es waren jetzt nur noch wenige Schritte zwischen ihnen. Immer noch rührte sich Alucard nicht vom Fleck. "Was ist los alter Freund? Heute keine Lust zum Spielen oder fühlen wir uns ein wenig schwach?" Die selbstgefällige Miene verriet, dass der Diener Gottes genau wusste was die säuberliche Zerstörung angerichtet hatte. Der Vampir ballte die Fäuste. Noch zwei Schritte dann war sein Körper in Reichweite der tödlichen Silberklingen.
 

Seras war nur noch eine Häuserecke von dem Cafe entfernt wo Integra auf sie warten wollte, als ihr diese buchstäblich vor die Füße fiel. Erschrocken beugte sie sich über die stöhnende Integra in deren verzehrte Züge ratlose Angst stand. "Lady Integra was ist mit ihnen?" Doch statt einer Antwort aus dem Mund der nach Luft schnappenden Vampirin, hörte sie die durchdringende Stimme ihres Meister in ihrem Kopf. "Seras schnell ich brauche dich auf dem Friedhof, bei den Särgen!" Sie konnte sich diesem Befehl nicht widersetzten, doch noch immer lag die wimmernde Lady in ihren Armen. "Ich muss gehen, der Meister braucht mich!" erklärte sie stammelnd. "Meint ihr, ihr schafft es ohne meine Hilfe zu dem neuen Unterschlupf den ich gefunden habe? Sie beschrieb so schnell sie konnte den Weg, der zum Glück nicht weit war. Integra schien sich derweil ein wenig gefangen zu haben. "Geh schon Seras ich komme schon klar."
 

Alucard versuchte seiner Stimme, die gewohnte Selbstsicherheit zu verleihen. "Es ist wieder einmal typisch für dich, dass du zu unfairen Mitteln greifst, anstatt dich einem Duell Mann gegen Mann zu stellen." Leider hatte diese Provokation nicht die erwünschte Wirkung. Anderson trat einen weiteren Schritt auf ihn zu. "Wie heißt es so schön im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt." Damit holte er aus, doch bevor er die Waffen nieder sausen lassen konnte traf ihn ein mächtiger Schlag in den Rücken. Überrascht fuhr er herum und erblickte Seras kleine Gestalt die zitternd mit einem geborstenen Ast in der Hand da stand, als hätte man sie bei etwas verbotenen erwischt. Die zuvor weiten Augen des Priesters verengten sich. "Du kleiner Mistkäfer willst also auch mit mischen. ja? Gut kannst du haben!" Alucard aber hatte die Ablenkung für sich genutzt. Seine Hand war in die Innentasche seines Mantels geglitten. "Bedaure mein Bester aber wir müssen dieses Spiel hier leider abbrechen." Noch eher Anderson darauf reagieren konnte hatte ihn auch schon der erste Schuss aus der Jeckal in den Hinterkopf getroffen. Den zweiten spürte er schon gar nicht mehr.
 


 

Integra schleppte sich im Schatten der Häuser entlang, bis sie die von Seras beschriebene Straße endlich fand. Die Reste die einst einmal eine Fabrik gewesen waren, hatte man nur mit einem einfachen Bretterzaun gegen unliebsame Besucher gesichert, so dass es Integra nur geringe Mühe kostete sich durch ein geeignetes Schlupfloch Zugang ins Innere zu verschaffen. Eine morsche Tür führte in eine fast leere Halle, in der nur noch ein paar einsame, verrostete Regale und mit Spinnenweben überzogene Fließbänder daran erinnerten, dass hier einmal etwas produziert worden war. Integras Augen hatten drastisch an Schärfe verloren, dennoch erkannte sie am Ende hintersten Wand die Umrisse einer weiteren Tür. Die bleierne Schwere in ihren Gliedern machte sie genauso wütend wie verzweifelt. Diese Schwäche, die sie hilflos und verletzlich werden ließ wie einen, ja wie einen gewöhnlichen Menschen! Dabei hatte geglaubt, das endgültig hinter sich gelassen zu haben, aber so etwas, wie das was jetzt von ihrem Köper Besitze ergriffen hatte, hatte sie noch nie zuvor verspürt. Jeder Schritt war eine Qual, als würde sie gegen einen Strom anlaufen. Fingerdicker Staub wirbelte vor ihren müden Füssen auf, als sie die Halle durchquerte um zu einer Tür zu gelangen. Vielleicht hatte sie Glück und sie führte zu einem lichtdichten Raum. Die alten Scharniere quietschten fürchterlich, als sie die Klinke herunterdrückte. Tatsächlich befand sich eine kleine Wendeltreppe dahinter, deren schwarze Messingstufen, wie eine endlose Spirale nach unten in eine rabenschwarze Tiefe führten. Ein ehemaliger Lagerraum, genau das Richtige um sich endlich auszuruhen. Geschützt vor den tödlichen Sonnenstrahlen und hoffentlich auch vor dem wahnsinnigen Priester. Leise stöhnend ließ sich Integra rücklings zu Boden gleiten. Den Kopf an die Wand gelehnt schloss sie für ein paar Sekunden die brennenden Augen, bis ihre Ohren schlurfende Schritte wahrnahmen. Sie brauchte die Lider nicht zu öffnen um zu wissen, dass es ihre beiden Gefährten waren, die jetzt ebenfalls die Treppe herunter kamen. Alucard gefolgt von Seras. Der einst stolze Kämpfer der Hellsingorganisation hatte ebenfalls Mühe sich aufrecht zu halten. Dennoch galt seine sorgenvolle Aufmerksamkeit allein seiner Herrin. Mit verkniffenen Zügen musterte er ihre gequälten Züge. Ohne sich umzudrehen wandte er sich an seine Schülerin, die stumm am Fuße der Treppe stehen geblieben war. „Wir brauchen Nahrung Fräulein Polizistin!“ Ihre großen Augen weiteten sich für eine Sekunde vor Schreck, bis Alucard freudlos auflachte. „Besorg uns Konserven Seras. Na los mach schon, irgendwo hier wird es doch wohl ein Krankenhaus geben, dass über ein paar Vorräte diesbezüglich verfügt. Meinet wegen auch ein paar Ratten, wenn du keinen Menschen opfern willst aber beeil dich, die Sonne wird bald aufgehen!“ Sie nickte eifrig „Natürlich Meister!“ dann wandte sie sich hastig um und verschwand wieder auf der Treppe. Alucard lauschten noch ihren davoneilenden Schritten, dann sah er wieder auf Integra hinunter. Diese öffnete ihre Augen einen Spalt weit. „Warum ist sie nicht…?“ hauchte sie matt. Alucard zögerte bevor er antwortete. „Ich bin mir nicht sicher, aber die einfachste Erklärung dafür wäre, dass der gute Anderson nicht so gründliche Arbeit geleistet hat wie er annimmt.“ „Wie bitte?“ Mit einem uneleganten Plums ließ er sich neben Integra fallen. „Naja denk doch mal nach. Wie viele Vampire glaubt er denn nennt die Hellsing Organisation ihr eigen mmh?“ Plötzlich verstand sie worauf er hinaus wollte. „Du meinst er hat nur zwei Särge zerstört?“ Er knickte knapp. „Genau deinen und meinen. Den von Seras hat er übersehen oder ihn schlicht weg nicht für voll genommen. Glück für sie und für dich ihr könnt ihn beide benutzen. Sein sonst freches Grinsen geriet in Anbetracht seines desolaten Zustandes nur zu einer windschiefen Fratze. Es war mehr als offensichtlich, dass auch er litt, auch wenn er alles versuchte diesen Eindruck zu verschleiern, „Was ist mit dir? Flüstere sie sorgevoll. „Ein Anflug eines Lachens entfuhr seiner Kehle. „Mach dir um mich keine Gedanken. Ich geben zu es könnte besser für mich laufen, aber noch besteht Hoffnung auch für die Hoffnungslosen.“ Sein Blick glitt zur Decke hinauf, die über ihnen mit schimmeligen Moos überzogen grade zu glänzte. „Ich habe schon einmal ohne meinen Sarg auskommen müssen.“ Integra ließ ihren Kopf auf seine Schulter fallen. „Tatsächlich?“ „Ja, auch damals hat jemand ihn zerstört und mich damit so geschwächt, dass er in der Lage war, mich zu töten.“ Hätte Integra die Kraft dazu gehabt, wäre sie zusammengefahren, doch das einzige wozu ihr Körper noch im Stande zu sein schien war ein zischender Laut. Alucard legte seine Schläfe an ihre Stirn. „Wie du siehst ist das nicht passiert,“ Jetzt endlich erreichte das Grinsen in seinem Gesicht auch seine Augen. Er hob einen Hand, so dass sie beide das rote Symbol auf dem Rücken der Handschuhe betrachten konnten. „Ich sehe das als gutes Omen, beim letzten Mal hat es dazu geführt, dass ich der mächtigste und gefährlichste Vampir aller Zeiten wurde. Das ist bestimmt ein Pluspunkt.“ Er seufzte matt „Vorausgesetzt unsere Seras treibt etwas auf, dass uns zumindest ein wenig wieder auf die Füße bringt.“
 

Die kleine Vampirin irrte indessen durch die verwinkelten Hinterhöfe von Florenz, in der Hoffnung bald ein Krankenhaus zu finden, in dem man unauffällig ein paar Blutbeutel entwenden konnte. Noch immer schwirrte ihr der Kopf bei all den Dingen die binnen einer Nacht passiert waren. Erst die Grabräuber, dann die Sache mit Walter, diese Merkwürdige Schwäche die Integra und ihren Meister befallen hatte und dann auch noch zur Krönung des Ganzen Paladin Andersons Erscheinen. Sie hatte keine Ahnung über was sie sich mehr den Kopf zerbrechen sollte, doch zu aller erst galt es den Befehl ihres Meisters auszuführen, also beeilte sie sich gerade über die nächste Mauer die sich ihr in den Weg stellte zu kommen, als sie auf der Hälfte des Unterfangens plötzlich wie vom Blitz getroffen inne hielt. Ein Windhauch hatte ihr Gesicht gestreift, nur ein witziges bisschen bewegte Luft, doch was sie mit sich brachte, ließ sie augenblicklich erstarren. Schnuppernd hielt sie die Nase in die Richtung aus der eben der verräterische Duft gekommen war, doch er war verschwunden, trotzdem war Seras sich ganz sicher. Das, was da eben in ihre Nase gestiegen war, war unverwechselbar. Diese Mischung aus Rosenholz, Moschus und einem Hauch Möbelpolitur trug nur ein einziger Mensch auf dieser Welt an sich. Walter!
 

Sie blickte sich suchend um. Sie kauerte auf einem Mauervorsprung der zu einer Seite hin von einer Front aus Säulen und Fresken begrenzt wurde. Zwar war weit und breit kein Fenster aus zu machen, aber sie fand einen schmalen Lüftungsschacht. Konnte der Duft hier heraus gekommen sein? Neugierig steckte sie ihre Nase durch die schmalen Gitterstäbe mit dem er abgedeckt war und tatsächlich. Wieder drang ein schwacher Hauch zu ihr hindurch. Er musste da drin sein! Aber was war das für ein Gebäude und was noch wichtiger war, wie kam man da rein? Seras inspizierte die Säulen auf ihre Tragfähigkeit und entschied sich dann für ein Exemplar das in seiner gesamten Länge bis zum Dach reichte. Vielleicht gab es da oben ja eine Möglichkeit zum Einsteigen. Mit dem Geschick eines Äffchens krabbelte sie hoch und nur ein paar Sekunden später hatte sie ihr Ziel erreicht. Das flache Dach hatte wie so viele in Florenz einen Zugang in Form eines kleinen Anbaus, dessen Tür nicht einmal abgeschlossen war. Dennoch war Seras auf der Hut als sie sich lautlos auf den Weg nach unten machte. Sie erreichte einen schmalen Flur dessen Boden mit teuren Teppichen ausgelegt und dessen Wände zahlreiche, in goldenen Rahmen eingefasste Gemälde zierten. Obwohl kein Licht brannte konnten Seras scharfe Augen erkennen was die Bilder zum größten Teil darstellten. Religiöse Motive, zum Teil Szenen aus der Bibel oder streng drein blickende Männer in roten oder schwarzen Sutanen, die ihr mit ihren finsteren Mienen hinter her zu starren schienen. So schnell sie konnte schlich sie an ihnen vorbei, in der Hoffnung bald einen Punkt zu finden an dem sie sich orientieren konnte. Der Flur endete an einem Treppenaufgang, der mehrere Etagen miteinander zu verbinden schien. Sie rief sich noch einmal die Höhe des Luftzugschachts ins Gedächtnis und entschied sich dann ihre Suche weiter unten fortzusetzen. Sie wollte schon einen Fuß auf die erste Stufe stellen, als plötzlich unter ihr Stimmen laut wurden. Schnell presste sie sich gegen die Wand. Wer immer da kam, hoffentlich wollte er nicht nach oben. „Behalt du den Kerl weiter hin im Auge. Ich besorg uns mal was zu trinken.“ Konnte sie jemanden sagen hören. Eine gedämpfte Stimme antworte, anscheinend war sie im Zimmer zurück geblieben. „Ist gut. So wie der verschnürt ist, sollte der auch keinen Ärger machen. Egal was dieser Anderson über ihn behauptet.“ Seras horchte auf. Die erste Stimme grunzte nur zustimmend, dann knarzten auch schon die Treppenstufen, doch anscheinend befand sich das Getränkelager weiter unten, den die Schritte entfernten sich, so das Seras es wagte sich ein Stockwerk tiefer hinab zu steigen. Vor ihr tat sich ein ähnlicher Flur auf wie zuvor. Doch dieser hier war beleuchtet und hinter einer der dunkel lackierten Türen konnte sie eine unverwechselbare Stimme hören. „Tut mir sehr leid, aber ich spreche leider kein Italienisch Senior.“ Ein dumpfes Klatschen gefolgt von einem schabenden Quietschen, brachten Seras Nackenhaare dazu sich kerzengrade aufzurichten. Wütend ballte sie ihre kleinen Hände zu Fäusten. Da drin tat jemand grade Walter weh und sie brannte drauf demjenigen dafür eine gewaltige Abreibung zu verpassen. Doch sie zügelte ihren Zorn. Da einfach rein zu stürmen war viel zu riskant. Sie wusste nicht wie man Walter da drinnen festhielt. Mit Menschen würde sie wie egal wie viele klar kommen, aber vielleicht würde der Diener des Hauses Hellsing dabei ungewollt zwischen die Fronten geraten, doch eines war klar sie musste sich beeilen, bevor der Typ mit den Getränken und vielleicht noch mit Anderson zurück kam. Der Priester hatte sich bestimmt längst von dem Kopfschuss ihres Meisters erholt und würde bestimmt jede Sekunde hier aufschlagen. Sie überlegte noch eine Sekunde, dann stand ihr Plan fest. Sie musste das Risiko eingehen, eine andere Chance gab es nicht. Vielleicht war ja der Überraschungsmoment auf ihrer Seite, also riss sie einfach mit Schwung die Tür auf und staunte mit großen Augen über den Anblick der sich ihr da bot. Anstatt eines gefesselten und drangsalierten Walter, lag ein zwei Meter großer Hüne mit durch geschnittener Kehle vor ihr, während ein japsender Walter sie nicht minder überrascht anstarrte. Anscheinend hatten ihn die Herrschaften doch gewaltig unterschätzt.

„Seras?“ „Walter alles klar?“ Sie stieg über den leblosen Körper, während Walter seine Drähte zurück in die Fingerkuppen massierte. Er nickte, obwohl seine Beine durch die strammen Schnüre eingeschlafen waren und das Kribbeln das sich jetzt in seinen Muskeln ausbreitete ihn leicht schwanken ließ. „Es geht schon Fräulein Victoria. Lassen sie uns so schnell wie möglich von hier verschwinden bevor…“ Da hörten sie erneut jemanden Sprechen. Anscheinen war der zweite Mann auf dem Rückweg. Seras Blick richtete sich auf das einzige Fester im Raum. „Ok Walter jetzt heißt es gut festhalten.“
 

Anderson war gerade durch den Eingang marschiert, als ihm der Gorilla mit zwei Flaschen in der Hand entgegen kam. Das Loch zwischen den Augen des Priesters schien ihn ein wenig zu irritieren, doch Andersons wütende Stimme brachte ihn schnell wieder dazu sich auf etwas anderes zu konzentrieren. „Was machen sie hier? Hatte ich ihnen nicht ausdrücklich befohlen bei unserem Gast zu bleiben?“ Der Mann zuckte leicht verlegen über die schroffe Rüge mit den Schultern. „Belino ist doch bei ihm und wir hatten beide Durst und da dachte ich, ich hole mal schnell…“ Alexander unterbrach das Gestammel mit einer harschen Handbewegung. „So dachten sie! Herr Gott noch mal muss man denn hier alles selber machen.“ Wütend eilte er dem Wachmann voraus, der sich beeilte ihm zu folgen. Schon beim Anblick der offenen Tür schwante dem Priester nichts Gutes, die Leiche zu seinen Füßen und das offene Fenster ließen ihn eine Reihe derber Flüche ausstoßen, für die er wohl einige Rosenkränze beten musste.
 

Walter indessen kam nicht umhin, Seras seine Bewunderung über ihre Kletterkünste auszusprechen. Sie hatte darauf bestanden, nach dem sie sich mit einem Blick aus dem Fenster vergewissert hatte, dass niemand auf dem Innen- hof ihre Flucht beobachten würde, ihn Huckepack zu nehmen und es fertig gebracht sie beide gemeinsam an den Fresken entlang wieder Richtung Dach zu bringen. Dort schlugen sie sie sich auf die andere Seite, bis Seras Füße wieder die Mauer berührten, auf der sie zuvor auf Walters Spur gestoßen war. Dort ließ sich der Diener von ihren Schultern gleiten. „Vielen Dank Fräulein Victoria ihr Timing war wie immer perfekt.“ Die kleine Vampirin grinste. Dann hob sie alarmiert den Kopf. „Anderson scheint unsere Flucht bemerkt zu haben, besser wir machen uns schleunigst vom Acker.“ Damit schlugen sie den Weg ein den Seras gekommen war. Langsam begannen sich am Rande des Horizonts die ersten Lichtstreifen des Tages zu zeigen. Seras verzog das Gesicht. „Verdammt jetzt schaffe ich es nicht mehr Blut aufzutreiben!“ Walte hob fragend die Augenbrauen und Seras versuchte ihm die Ereignisse der vergangenen Nächte in der Kurzversion zu liefern. Als sie an die Stelle kam die Integras und Alucards Zustand beschrieb, nahm Walters Gesicht ein erschütterten Ausdruck an. „Sie brauchen also Blut sagt Meister Alucard? Nun dann werde ich welches besorgen.“ Jegliche Einwende von Seras Seite schmetterte er ab. „Gehen sie zurück und berichten sie Lady Integra und Meister Alucard was passiert ist und das ich so schnell wie möglich kommen werde.“ Er zwinkerte Seras aufmuntern zu, die immer noch zögerte, den grade erst Geretteten wieder sich selbst zu überlassen. „Ich versichere ihnen Fräulein Polizistin, ich werde mich nicht noch einmal einfangen lassen und nun gehen sie. Der Tag bricht gleich an!“

Regeneration

Leonardo dachte mit starrer Miene über den unglaublichen Bericht nach, den Julia ihn bei ihrer Rückkehr mit zitternder Stimme erzählt hatte. Was immer dort auf dem Friedhof passiert war, es hatte fast seine Pläne durchkreuzt und was noch schlimmer war. Es erweckte Aufmerksamkeit, die es unter allen Umständen zu vermeiden galt. Die Sache in Vinci war schon ein Patzer gewesen und das heute Nacht musste einfach weitere Folgen haben. Er kannte die Interessen der katholischen Kirche und die, die sie Durchsetzten. Er hatte unter allen Umständen eine Konfrontation mit ihnen vermeiden wollen. Sein Absicht war es gewesen an ihnen vorbei an sein Ziel zu gelangen, doch wenn er Pech hatte würde das jetzt nicht mehr möglich sein. Er fluchte leise, dann wischte er sich entschlossen über die Stirn. Er würde sich seinen Triumph nicht zerstören lassen, nicht jetzt wo er soweit gekommen war. Die unvorhersehbaren Ereignisse verlangten nach sofortigen Maßnahmen. Er hatte sich noch ein paar Tage mehr Zeit für die Zeremonie vorbehalten, doch jetzt war Eile geboten. Er wies Julia an alles soweit vorzubereiten. Auf der Miene des Mädchens spiegelten sich Zweifel „Aber ist es dafür nicht noch viel zu früh?“ Vielleicht stimmte er ihr in Gedanken zu, doch er hatte keine andere Wahl.
 

Seras erreichte die Fabrik mit dem ersten Strahl der Morgensonne, die sie mit raschen Schritten in die Tiefe des dunklen Kellers hinter sich zurück ließ. Ihr Meister und seine Herrin erwarteten sie mit sehnsüchtigen Blick, doch als sie zu nächst ihre leeren Hände sahen stöhnte Integra auf, aber die Nachricht über die unerwartete Rettung von Walter brachte das Leuchten in die dumpfen Augen zurück. „Das ist ja fantastisch!“ „Gut gemacht Fräulein Polizistin“ lobte Alucard anerkennend „ Damit wissen wir schon mal wo unser aller liebster Lieblingsjäger seine Unterkunft hat und wenn wir uns wieder regeneriert haben werden wir ihm dort einen netten kleinen Besuch abstatten.“ Er strich sich mit einem gequälten Gesichtsausdruck ein paar wirre Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Ich hoffe nur der gute alte Walter ist schnell unterwegs.“ Sein Blick blieb an Integra hängen die mit zurückgelegtem Kopf an der Wand lehnte. Sie schien zu schlafen, doch er wusste aus eigener Erfahrung, dass dieser Schlaf alles andere als erholsam war. Einen Vampir ausbluten zu lassen oder ihm die Ruhe im Holz der Heimat zu verwehren. Beides führte zu einer Lähmung, die erst den Körper, dann den Verstand erfasste. Doch es blieb leider Gottes so viel von ihm übrig, dass man sich der Aussichtslosigkeit seiner Situation bewusst war. Dieser Zustand konnte ewig andauern, so lange bis der süße Nektar der Heilung über die aufgesprungenen Lippen und in die verdorrte Kehle floss, der die Kraft zurückbrachte, der Leben schenkte oder man endlich wieder die Ruhe in der Heimaterde fand. So lange war man schwach und somit angreifbar, sogar einem einfachem Menschen gegenüber, vorausgesetzt es handelte sich dabei um einen Menschen, der wusste wie und vor allem womit man einen Vampir vernichten konnte.

Er dachte an den Morgen vor so vielen Jahren zurück, wo aus dem Jäger plötzlich ein gejagter wurde. Sie hatten ihm mit Verstand und List eine Falle gestellt und ihn fast vernichtet. Er hatte bereits geglaubt verloren zu haben, als das Schicksal es sich noch einmal anders überlegte. Das Schicksal in Gestalt eines Doktors, dessen Passion stärker war, als sein Glaube an die himmlische Allmacht. Der es sich in den Kopf gesetzt hatte, das Böse in dieser Welt mit eigenen Mitteln zu bekämpfen. Der nicht davor zurückschreckte dies mit dunklen Kräften, mit einem Dämon zu tun, mit einem ihrer eigenen Kinder. Feuer mit Feuer quasie, ohne abschätzen zu können, ob dieses Feuer, das man zu zähmen und zu lenken versuchte, sich eines Tages doch gegen einen wenden konnte um mit alle seiner Macht einen selbst zu zerstören.

Die Vorsichtmaßnahmen in Form der verschiedenen Siegel waren gut durchdacht gewesen. Sie bildeten die unsichtbaren Fesseln, die ihn banden, die verhinderten das die Bestie ausbrechen konnte, doch was die Zukunft bereit halten würde, hatte kein Hellsing vorausahnen können. Er selbst hätte ja niemals die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass es tatsächlich einmal einem Menschen geben würde, der das, in ihm zum Vorschein bringen konnte, dessen Existenz ihm selbst zu seinen Lebzeiten vollkommen unbekannt war.

Trotzallem. Er war steht’s ein loyaler Diener gewesen und war es immer noch. Schließlich hatte er dafür gesorgt, dass das Oberhaupt der Familie Hellsing nicht von seinen Feinden besiegt und damit die Dämonen der Finsternis freie Hand gelassen wurde. Er hielt sein Wort, auch wenn man über die Art und Weise streiten konnte. Ein verstohlenes Lächeln schlich sich in seine eingerissen Mundwinkel.

Seras, die sich bereits wie eine Katze zusammen gerollt hatte, bekam nicht mit, wie ihr Meister die Hand seiner Herrin ergriff, sie zu sich heranzog und versonnen ihren Handrücken an seine Wange legte. Für eine winzige Sekunde vermisste er die Wärme, die sie ihm immer bei den kurzen Momenten ihrer Berührungen geschenkt hatte, doch was er jetzt bekam war dagegen so viel mehr.
 

Die ersten Frühaufsteher des Tages quälten sich durch die engen Straßen auf dem Weg zur Arbeit. Manchen war bereits an ihrer Kleidung anzusehen, mit was sie die nächsten Stunden verbringen würden. Bauarbeiter, die schon ihren Helm durch die klare Morgenluft spazieren trugen oder Fahrradlieferanten, die in ihren Anhängern die Zeitungen an die Geschäfte auslieferten. Zwischen ihnen fiel der ältere Herr gar nicht auf, der verstohlen an den Hausmauern entlang lief, bis ein altes Schaufenster seine Aufmerksamkeit fesselte. Durch die milchigen Scheiben, war vom Ladeninneren nicht viel zu erkennen, doch Walter wusste, dass er hier finden würde, wonach er suchte. Das Schild mit dem Schweinekopf verriet ihm, das es im hinteren Teil dieses Gebäudes genug davon geben musste.

Es galt nur noch unbemerkt an das gute Zeug ranzukommen.

Die Metzgerei lag zwischen zwei Gebäuden eingebettet, wobei eine schmale Einfahrt zu den Hinterhöfen führte. Ein gut befestigtes Tor verhinderte allerdings das man so einfach zu diesen gelangen konnte, doch der Zufall kam dem Butler zu Hilfe. Ein klappriger Geländewagen holperte mit einem ebenso altersschwachen Anhänger im Schlepptau gradewegs auf den Eingang zu. Ein kurzes Hupen sorgte dafür, dass sich die Flügeltüren ächzend öffneten und Walter im Windschatten des Autos unbemerkt hineinschlüpfen konnte.

Es verhielt sich so wie er es sich gedacht hatte. In dieser kleinen Metzgerei legte man noch Wert auf gute alte Handarbeit und vor allem Frische. Im Schatten einiger Abfalltonnen konnte er beobachten, wie der Fahrer ausstieg und ihm ein kleiner Mann mit blutverschmierter Schürze um den drallen Leib, der aus dem Gebäude geeilt kam, dabei behilflich war, eine Gruppe von Schweinen aus dem Anhänger zu treiben. Unter vereinzeltem Quieken und leisem Grunzen trappten die Tiere ahnungslos durch einen schweren Plastikvorhang ihrem Ende entgegen. Walter wartete noch einen Augenblick, bis sich die Lamellen hinter den Männern geschlossen hatten, dann schlich er so leise er konnte zu einem Fenster hinüber, durch welches er einen gekachelten Raum erkennen konnte. Die zahlreichen Messer und die zerteilten Schweinehälften, die kopfüber von der Decke hingen, ließen ihn durch die anliegende Tür treten. Das musste der Zerlegeraum sein und hier stieß er auch auf einen kupfernen Bottich in dem sich eine mechanische Rührvorrichtung im Kreis drehte. Aufatmend stieß er die Luft aus. Genau das was er suchte, stellte sich nur noch die Frage, nach einem geeigneten Transportmittel. Sein Blick fiel auf einen Rucksack, der unter einer langen Arbeitstheke lag. Er schüttelte den Inhalt einfach klappernd aus und entdeckte eine Thermokanne vermutlich das Frühstück des Schlachters. Perfekt. Nach dem er Kaffee aus der Kanne im Abfluss entsorgt war, tauchte Walter das glänzende Metall in die dunkel rote Flüssigkeit.
 

Anderson kochte innerlich so vor Wut, dass er sich mehr als zusammen reißen musste, um die Männer vor sich nicht mit den Köpfen an einander zu schlagen. Statt dessen schrie er sie aus Leibeskräften an. „Versteht ihr jetzt warum ich euch angewiesen habe diesen Mann nicht eine Sekunde alleine zu lassen?“ Betretendes Schweigen war die Antwort, während die angesprochenen intensiv ihre Schuhspitzen betrachteten. Der Priester ließ indessen seine Handflächen auf die Schreibtischplatte vor sich klatschen. „Dieser Kerl ist ein Profikiller! Er arbeitet nicht nur schon sein halben verdammtes Leben für eine Organisation, die sich zum Spaß und allgemeinen Zeitvertreib einen abgerichteten Vampir als Schoßhündchen hält, sondern war selbst einmal als ein aktives Mitglied tätig und das heißt, dass er sowohl im Nahkampf, als auch im Umgang mit sämtlichen Waffen geschult und ausgebildet ist. Er mag zwar graue Schläfen haben und nicht mehr taufrisch sein, aber wie ihr selbst euch überzeugen durftet, ist er immer noch in der Lage einen Mann ohne zu zögern den halben Kopf von den Schultern abzurasieren.“ Er deutete mit dem ausgestreckten Finger in Richtung Fenster, durch das die Morgensonne ihre warmen Strahlen zu ihnen hinein schickte. „Jetzt ist er irgendwo da draußen und versucht wahrscheinlich schon Kontakt zu seiner Arbeitgeberin aufzunehmen. Damit ist der Vorteil, den ich uns verschafft habe, schon so gut wie dahin.“ Er schüttelte fluchend den Kopf. Einer der Männer erhob vorsichtig die Stimme „Aber wieso Pater?“ Anderson funkelte ihn wütend an. „Weil Mr. Dolneaz der lieben Lady Integra dabei helfen wird, ihre geschwächten Leibwächter wieder aufzupäppeln. Dabei war dieser stinkende Nosferatu noch nie so angeschlagen gewesen wie heute Nacht.“ Wieder verpasste er der Tischplatte einen Hieb mit der flachen Hand „die Chance ihn endgültig zur Strecke zu bringen, einfach vertan und dann auch haut auch noch die Geisel ab!“

Das Klingeln des Telefons unterbrach sein Plädoyer. Alexander braucht nicht erst abzuheben, um zu wissen, wer ihn am anderen Ende der Leitung erwartete.
 

Enrico Maxwell bellte ihm schon ins Ohr bevor er den Hörer richtig in der Hand hatte. „Ich hoffe doch inständig, dass sie gute Nachrichten für mich haben Anderson?“

Der Priester massierte sein stoppeliges Kinn. „Tja eure Exzellenz wie soll ich sagen,“ wieder funkelte er die Herren vor sich böse an „Es hat ein paar bedauerliche Zwischenfälle gegeben, die unsere Pläne ein wenig durcheinander gebracht haben.“ Mit knirrschenden Zähnen erzählte er von seiner Begegnung mit Alucard auf dem Friedhof und seiner erfolgreichen Zerstörung der Särge bis er mit der unglückliche Flucht ihrer Geisel herausrückte. Es folgte die Reaktion, die er erwartet hatte. Die Begeisterung Maxwells über diesen Umstand hielt sich mehr als in Grenzen. Laut schimpfend wies er Anderson an gefälligst keine weitere Sekunde zu verlieren. „Himmel Herrgott wenn es stimmt, was diese Kreatur erzählt hat, dann haben wir es auch noch mit ein paar liederlichen Satanisten zu tun. Da sie anscheinend eh schon heillos mit ihrer Aufgabe überfordert sind, werde ich mich selbst der Sache annehmen und unverzüglich auf den Weg machen. Vertrödeln sie bis dahin keine wertvolle Zeit, sondern durchkämmen sie die Stadt von vorne bis hinten. Ich habe schon sämtliche Hotels und Pensionen kontrollieren lassen. Nirgendwo taucht der Name Hellsing auf oder eine Frau auf die ihre Beschreibung passt, die Lady ist weder offiziell noch inoffiziell sprich unter falschem Namen irgendwo abgestiegen. Sie hält sich also mehr als bedeckt, darum werde ich noch ein paar Helfer im Schlepptau haben, die uns bei der Suche unterstützen. Sie können sich dann ganz und gar auf diese verdammten Vampire konzentrieren und endlich zu Ende bringen, was längst beendet gehört!“ Der Priester machte ein Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen „Was ist mit dieser komischen Sekte?“ „Noch nicht ihr Problem, um die kümmern sie sich später. Ich kann ja wohl davon ausgehen, dass das Thema Lady Hellsing heute Abend aber spätestens morgen früh erledigt ist.“ Der Priester kniff die Augen zusammen „Sicher Exzellenz“ „Ihr Wort in Gottes Ohr“ knurrte Enrico „Sie wissen ja. Ich will sie lebend und am Stück haben. Der Butler und der ganze Rest ist ihre Angelegenheit.“ Damit war das Gespräch beendet.
 

Seras Wegbeschreibung war wirklich exzellent gewesen. Er hatte das alte Gebäude schnell gefunden und beeilte sich rasch und ungesehen hineinzuschlüpfen. Schon auf am Fuße der Wendeltreppe überkam ihn eine schaurige Ahnung „Lady Integra? Meister Alucard?“ Integra hörte die alt vertraute Stimme wie aus weiter Ferne. Nur mit der letzten noch aufzubringenden Willenskraft schaffte sie es ihre Augen zu öffnen. „Walter?“ Ihre Stimme war nicht mehr als ein leises Flüstern. Sein hageres, von tiefen Sorgenfalten zerfurchtes Gesicht tauchte aus der Dunkelheit vor ihr auf. „Lady Integra entschuldigen sie bitte, dass es so lange gedauert hat.“ Wenn sie gekonnt hätte, hätte sie aufgelacht. Dieser Mann war einfach unglaublich. Grade erst selbst dem vermutlichen Foltertod von der Schippe gesprungen, entschuldigte er sich dafür, dass er sie hatte warten lassen. Das heisere Kichern neben ihr ließ vermuten, dass Alucard wohl etwas Ähnliches dachte. Walter indessen ließ sich nicht ablenken, während er eilig in einen Rucksack griff, den er mitgebracht hatte. „Ich habe mich bemüht so schnell wie möglich etwas nun ja Essbares für sie aufzutreiben.“ Er zog seine Hand zurück und brachte eine metallische Kanne zum Vorschein, an der rotbraun verkrustete Fingerabdrücke klebten. Alucards Stimme, die ebenfalls mehr als schwach klang beinhaltete dennoch Anerkennung „Auf deine Dienste ist immer Verlass alter Knabe.“

Behutsam, um ja keinen Tropfen zu verschwenden goss Walter den zähen Inhalt in den Trinkdeckel und führte diesen sanft an Integras Lippen. Insgeheim wappnete er sich innerlich bereits auf eine ihrer berüchtigten Reaktionen, doch ihr jetziger Zustand ließ es einzig und alleine zu, dass sie gierig den Becher leer trank. Während Walter abwechseln Alucard und Integra auf diese Weise einiger Maßen zur Regeneration verhalf, schilderte Seras ihm die Erlebnisse der vergangenen Stunden. Er wiederrum erzählte von seiner unfreiwilligen Begegnung mit Maxwell und darüber, das Iscariot sie für die Grabräuberei verantwortlich machte. Integra schüttelte den Kopf. „Er hat also tatsächlich überhaupt keine Ahnung davon, was hier unterhalb der Stadtmauern vor sich geht.“ Walter zuckte mit den Schultern „Sieht ganz so aus.“ „Zu mindestens haben wir Anderson schon mal darüber in Kenntnis gesetzt, fragt sich nur, ob der dieser Sache erst seine volle Aufmerksamkeit widmet, wenn er meint uns erledigt zu haben.“ „Er wird aber bestimmt Maxwell das berichten, was du ihm auf dem Friedhof erzählt hast.“ „Davon ist auszugehen, dennoch glaube ich nicht das er uns deshalb vom Haken lässt, jetzt wo er weiß, dass wir zumindest für eine gewisse Zeit verwundbar sind.“ Die Zunge des Vampirs angelte nach dem letzten verbliebenen Tropfen, der noch am Rande des Edelstahlbehälters hing. Walters Augenbrauen hoben sich. „Nun Meister Alucard ihre Theorie, dass tatsächlich noch ein Sarg heil die Attacke überstanden hat, scheint mir durchaus plausibel. Deshalb schlage ich vor, dass ich ihn so schnell und so unauffällig wie möglich hier her schaffe.“ Er verzog grübelnd die Stirn, während sein Blick zwischen Seras und ihrem Meister hin und her huschte „Was die Rekonstruktion ihres guten Stücks, angeht, werden sie wohl gezwungen sein, ein paar Abstriche hin zu nehmen zu müssen.“ Alucards fragendes Gesicht ließ er unkommentiert und auch Integras „Wie meinst du das?“ beantwortet er nicht, stattdessen wandte er sich um. „Es könnte eine Weile dauern bis ich zurück bin, aber seien sie gewiss, dass ich mein Möglichstes tue um ihre prekäre Lage zu verbessern.“ Er war schon zwei Stufen hinauf geeilt, als Integras Ruf ihn noch mal inne halten ließ. Ihre Blicke trafen sich „Passen sie auf sich auf,“ sagte sie leise aber eindringlich „ich möchte sie nicht noch einmal in den Händen dieser Bastarde wissen müssen.“ Es klang schroff, doch man hörte deutlich heraus wie diese Worte gemeint waren. Der Anflug eines Lächelns umspielte seine Lippen, als er sich endgültig aufmachte.
 

Leonardos Hände zitterten vor Anstrengung als er sich nach mehr als drei Stunden eine Pause gönnte. Er und die anderen Männer die zum innersten Zirkel gehörten, vollbrachten fast übermenschliche Anstrengungen um ihre Arbeit zu beenden, obwohl die Aussicht auf Erfolg mit dem Auftauchen der Probleme noch mehr geschmälert wurden, als ohne hin schon. Natürlich war er von seiner Arbeit und den dafür nötigen Rieten überzeugt, doch da vor ihm noch niemand den Beweis angetreten hatte, dass sie auch wirklich hielten, was sie versprachen, blieb ein Rest von Zweifel, den selbst er mit seinem festen Glauben an die Sache nicht gänzlich auszulöschen vermochte. Die Überlieferungen auf denen alles was sie taten beruhten, waren teils nur noch auf Resten von zerfressenem Papyrus vorhanden gewesen. Die Übersetzungen anstrengend und mühsam, da in Sprachen verfasst, die längst vergessen waren und doch wusste etwas in seinem Inneren, dass sie auf dem richtigen Weg waren. Er betrachtete seinen blutigen, zerschunden Hände, dann hob er den Blick und betrachtete die kleine Julia, die wie die anderen mit schweißnasser Stirn unermüdlich ihre Aufgabe vorantrieb. Sie war die emsigste von allen, die leidenschaftlichste, obwohl er sie anfangs mehr als nur einmal abgelehnt hatte. Ihr Vater war ein Mitglied des Ordens gewesen, so wie einst sein Vater, denn es war nur Männern vor behalten in die Gilde auf genommen zu werden, doch sie hatte sich nicht abwimmeln lassen. Hatte ihn immer wieder aufgesucht, ihn bekniet sie in den geheimen Zirkel aufzunehmen, dessen Existenz ihr nicht nur bekannt war. Sie wusste alles und nicht nur dieser Umstand hatte ihn dazu gebracht ihrem Willen nachzukommen, sondern auch die Passion mit der sie an die Sache glaubte. Genau das war es, was er brauchte, um die Sache anzugehen und letzten Endes zum Erfolg zu führen. Was dieses Mädchen so antrieb, blieb ihr Geheimnis und er wollte es auch nicht ergründen. Müde richtete er sich wieder auf um sich erneut auf die Arbeit zu stürzen, die noch vor ihm lag.
 

Alucard spürte die heilende Wirkung des porcinen Blutes. Nicht grade das, was seine Kehle gewöhnt war, aber besser als nichts, dazu war es noch warm gewesen, was die Wirkung noch verbesserte. Er seufzte. In all den Jahrhunderten hatte er das gesamte Spektrum der Unsterblichkeit und ihrer Macht kennen lernen dürfen und doch gab es immer noch einen kleinen Fleck, eine Achillessehne, die alles begrenzte. So etwas wie echte Unsterblichkeit gab es einfach gar nicht, auch wenn das für seine Feinde kaum zu glauben war, wenn sie auf ihn trafen. Doch ihre Annahme, dass er unbesiegbar war beruhte allein auf Unwissenheit und vor allem grober Selbstüberschätzung. All den halbgaren Vampiren die über die Welt strichen, war er ohne Zweifel weit überlegen, dank seiner erworbenen Fähigkeiten, doch auch er hatte Schwachpunkte und wenn man die kannte, so wie der gute Paladin Anderson, dann wurde die Sache erst richtig interessant. Er spreizte die Finger der rechten Hand und betrachtete wie die Kratzer auf seinem Handrücken vor seinen Augen langsam verblassten.

Iscariot hatte sich mit ihm und seiner Art befasst, sie studiert und damit Wissen erworben, dass sich tatsächlich gegen ihn verwenden ließ. Er spürte wie dieser Gedanke langsam das Gefühl in ihn wach rief, dass er schon lange vermisst hatte. Spannung und die Ahnung, dass sich eine Möglichkeit abzeichnete, sich einmal wieder richtig messen zu können. Seine nun wieder makellosen Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen. Integra und Seras ruhten regungslos um ihn herum. Seras die als unreifer Vampir noch lange nicht über all ihre Fähigkeiten verfügen konnte und Integra dessen Verlust ihrer Ruhestätte als neues Kind der Nacht mehr zusetzte als ihm, würden erst wieder mit dem Untergang der Sonne aus ihrem Schlaf erwachen, doch er konnte nicht länger warten. Die Neugier war einfach zu groß, auch wenn er gezwungen sein würde sich unauffällig und ohne Kontakt zur Sonne da draußen zu bewegen. Alleine das war schon eine Herausforderung, die er nur allzu gerne annahm.

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Walter hatte sich zunächst auf dem Weg zum Friedhof gemacht, doch als er die Ansammlung von Polizeiautos, die vor dem Eingang parkten bemerkte, entschied er sich doch noch einmal um. Hier war im Augenblick einfach zu viel los, um unauffällig einen leeren Sarg mit gehen zu lassen.

Stattdessen machte er sich dran die nächst gelegenen Kaffeebar aufzusuchen. Sein Italienisch war nicht das Beste, trotzdem reichte es aus, um aus den Gesprächen um sich herum heraus zu hören, was man heute Morgen auf dem Friedhof gefunden hatte. Er tat jedoch so als sei er nur ein ahnungsloser Tourist auf der Suche nach ein paar guten Antiquitätengeschäften.

Der Wirt der Bar musterte ihn bei seiner Frage mit einem skeptischen Blick. Alucard hatte ihm freundlicherweise seinen Mantel überlassen, doch das abgeschrammte, rote Leder wirkte auch nicht grade so, als wenn da ein reicher Mann um Auskunft bat. Dennoch nannte er ihm drei Adressen, die er, nachdem er seinen Espresso aus getrunken hatte, in Augenschein nahm.

Die Entmaterialisierung seines Körpers fiel ihm nicht so leicht wie sonst, als Alucard sich daran machte durch die schimmelige Wand des Kellers zu verschwinden. Er landete in einem Kanal, dessen stinkige Abwässer in einer mannshohen Röhre vor ihm in pechschwarzer Dunkelheit verschwanden. Der Vampir verzog die Lippen zu einem zufriedenen Lächeln. Er hatte sich nicht getäuscht. Dieser Weg schien ihm der sicherste zu sein, um ungefährdet vom schmerzhaften Tageslicht zurück zu dem geheimnisvollen Gewölbe zu kommen, das er letzte Nacht entdeckt hatte. Leise pfeifend schritt er durch das faulige Nass. Wer weiß, vielleicht hatte er ja Glück und sein Weg kreuzte zufällig ein paar ahnungslose Kanalarbeiter. Schnuppern hob er die Nase. Trotz des bestialischen Gestanks drang eine feinere Note durch die Luft. „Wer sagst denn“ murmelte er leise, dann verschluckte ihn die Dunkelheit.
 

Anderson blaffte noch einmal die Männer um sich herum an. „Ich wiederhole das nicht noch einmal verstanden? Es herrscht äußerste Vorsicht. Der alte Mann war euch schon überlegen und der war nur ein einfacher Mensch. Die anderen zwei sind gottlose Blutsauger mit dämonischen Kräften, gegen die ihr salopp gesagt, nicht den Hauch einer Chance habt, wenn es zu einem Kampf kommen sollte, auch wenn die Zerstörung ihrer Särge sie um einiges geschwächt hat. Deshalb besteht eure einzige Aufgabe darin mir bei der Suche zu helfen. Er riss eine dicke Mappe unter seinem Arm hervor. „Ihr werdet jetzt in die Stadt ausschwärmen und jedes Gebäude unter die Lupe nehmen, dass das Kriterium erfüllt ein sicherer Zufluchtsort für Vampire zu sein. Ihr wisst was ich meine. Verlassene Gebäude, Tageslicht geschützt usw. Falls ihr fündig werdet nagelt ihr die hier,“ er hob die Pappe in die Höhe „An jede Tür und an jedes Fenster! Diese Bannblätter verhindern dass sie fliehen können. Ich werde mir dann jedes einzelne vorknöpfen.“ Er ruckte ungeduldig mit dem Kopf „Und jetzt ab mit euch wir haben keine Zeit zu verlieren!“
 

Die kleine Glocke über der Tür des Ladens bimmelte hell und der Verkäufer hob in freudiger Erwartung eines potentiellen Kunden den Kopf. Beim Anblick des älteren Herrn in dem alten Ledermantel schwand seine Hoffnung auf ein frühes, lukratives Geschäft jedoch schnell wieder. Trotzdem lächelte er sein Gegenüber gewinnend an. „Buongiorno Senior, was darf ich für sie tun?“

Walter scannte mit einem raschen Blick das Angebot um sich herum. „Buongiorno. Ich weiß nicht ob ich bei ihnen mit meinem Anliegen richtig bin, aber ich bin im Auftrag meiner Herrschaft auf der Suche nach ausgesuchten Stücken unterwegs.“ Der Mann erkannte rasch den englischen Akzent. Offensichtlich hatte er es hier mit einem Diener einer reichen angelsächsischen Familie zu tun. Das klang allerdings vielversprechend. Sein Lächeln wurde breiter. „Gewiss das sind sie bei mir genau richtig Senior. Um was für Stücke handelt es sich denn dabei genau? Reden wir hier von Möbeln? Lampen? Bildern?“ Der älter Herr räusperte sich „Nun meine Herrschaft ist nichts davon abgeneigt, nur sollte sich alles in einer Stilrichtung bewegen.“ „Verstehe. An was hatten sie denn genau gedacht?“ Der Verkäufer war bei diesen Worten um seinen Verkaufstresen herum gekommen und durchschritt nun mit Walter im Schlepptau den Laden. Mit ausladenden Gesten wies er auf die Möbel und Dekor Stücke um sich herum. „Wir haben nur hochwertige Materialien aus allen Epochen.“ Es folgte eine langatmige Erzählung über die Herkunft und Schaffungsphasen einzelner Künstler, denen Walter aber gar nicht zuhörte. Sein Interesse galt plötzlich einem schweren dunklen Schrank, der einen großen Teil der hinteren Wand einnahm. Seine Finger glitten über das maserige Holz. „Was ist mit diesem Stück hier?“ Der Verkäufer wandte sich irritiert um. „Was, ach dieser Schrank. Ja dieses Exemplar stammt aus dem Anfang des frühen neunzehnten Jahrhunderts, der Künstler legte bei seiner Arbeit viel Wert auf…“ „Was für ein Holz ist das?“ unterbrach Walter seinen aufkommenden Redefluss. „Holz? Nun Senior wie ich schon sagte wir führen nur hochwertige Stücke. Am Anfang der Zeitepoche gab es in Italien auf Grund einer Dürreperiode leider so gut wie kein Eichenholz, somit war man gezwungen dieses zu importieren.“ Er zwinkerte „Hauptsächlich aus den ärmeren Nachbarländern wie z.B. Rumänien.“ Das war die Antwort die er hatte hörten wollen. „Sehr schön ich nehme ihn und die Kommode dort hinten auch.“ Der Verkäufer konnte sein schnelles Glück kaum fassen zumal der Herr bereit war einen guten Preis für die Sachen zu zahlen. Selbst den Transport nahm er ihn ab. „Ich komme gleich mit einem Wagen vorbei um alles mit zunehmen. Sorgen sie nur dafür das alles bereit steht.“ Damit legte er eine goldene Kreditkarte auf den Tisch. „Sie nehmen doch American Express oder?“
 

Die Männer, die mit Helmen auf dem Kopf und Taschenlampen bewaffnet dabei waren die leckgeschlagenen Rohre zu kontrollieren, hörten zu nächst nur ein leises, fiependes Geräusch. Sie hielten es für das Kreischen der zahlreichen Ratten, die um sie herum wuselten. Doch als das Geräusch an Lautstärke zunahm, bemerkten sie etwas Merkwürdiges. Die haarigen Pelzträger huschten plötzlich alle in einer Richtung davon, als würden sie vor irgendetwas fliehen. Etwas das aus der Dunkelheit vor ihnen zu kommen schien. Einer der Männer hob alarmiert seine Lampe in die Höhe. Zu nächst war nichts zu sehen, doch dann brach plötzlich eine Wolke aus kreischenden kleinen Körpern über sie herein. Keiner der Männer blieb auch nur die kleinste Chance dem was nun folgte zu entfliehen. Hunderte von Fledermäusen fielen über sie her. Ihre nadelspitzen Zähne bohrten sich wie kleine Dolche durch ihre Schutzanzüge und ungeschützten Hälse. Es waren nur wenige Augenblicke, dann war der Spuk vorbei. Zurück blieben fünf leblose Körper, in deren Mitte Alucard einen wohligen Seufzer ausstieß. Nicht schlecht für den Anfang, darauf ließ sich doch aufbauen. Ohne die Leichen um sich herum noch eines Blickes zu würdigen setzte er seinen Weg fort.
 

Enrico Maxwell hatte den Hubschrauber gerade erst bestiegen, als sein Sekretär ihn sachte anstieß. „Wir haben da was“ Er reichte ihm ohne weiteres Wort das Handy das er grade noch selbst am Ohr gehabt hatte weiter. Maxwell lauschte der Stimme am anderen Ende. „Eine getätigte Transaktion? Vor einer dreiviertel Stunde? Sehr gut. Rufen sie Anderson an, er soll bei der Adresse vorbei fahren sofort!“ Damit gab er das Telefon zurück. „Endlich eine Spur!“

Die schweren Rotorblätter nahmen Fahrt auf und die Maschine hob ab.

Traurig genug das er sich um alles selbst kümmern musste, aber wenigstens kam er so in den Genuss der Lady als erster gegenüber zu treten. Er brannte darauf ihr endlich den Gar auszumachen. Vor seinem geistigen Auge sah er sie bereits an Händen und Füssen gefesselt vor sich und ihm auf Verdei und Verderb ausgeliefert. Vielleicht, überlegte er, würde er noch ein Weilchen mit ihr spielen, bevor er sie zur Hölle schickte.
 

Als Anderson den kleine Laden erreichte, konnte der Verkäufer ihm leider nur mitteilen, das der englische Herr bereits die erworbenen Stücke abgeholt hatte. Fluchend ließ der Pater sich den Sprinter mit dem er vorgefahren war genau beschreiben, doch ihm war schnell klar, dass ihm das vermutlich gar nichts nützte. Wahrscheinlich hatte der alte Knabe den Wagen gestohlen und konnte damit bereits überall sein beziehungsweise sich seiner längst entledigt haben.

Was er mit den Möbeln im Sinn hatte wurde Anderson erst klar, als er noch einmal das alte Mausoleum auf dem Friedhof aufsuchte. Die Grabstätte war bis auf den letzten Holzsplitter leergefegt. Wütend rannte er zurück zu seinem Wagen. Der Blick auf das Display seines Handys verriet ihm das ein paar der Männer bereits fündig bei ihrer Suche geworden waren. Wenigstens etwas, vielleicht hatte er ja ausnahmsweise einmal Glück.
 

Alucard indessen fand die verborgen Katakomben, in denen vor wenigen Stunden noch Leute emsig damit beschäftigt waren an verfaulten Leichnamen herum zu schnippeln, ebenso leergefegte vor. Enttäuscht machte er sich daran irgendwo einen Hinweis auf ihren Verbleib zu finden. Alles was er jedoch fand waren zahlreiche runenartige Schriftzeichen, die jemand auf die Sockel gemalt hatte auf den die Körper zuvor gelegen hatten. Einige davon kamen ihm bekannt vor, als er sie mit den Zeichen auf seinen Handschuhen verglich, doch die Bedeutung, die dahinter stand, blieb ihm verborgen. Eines stand jedoch außer Zweifel. Es musste etwas mit Nekromantie zu tun haben. Wer immer hierfür verantwortlich war. Er suchte anscheinend nach einer Möglichkeit dem Tod ein Schnippchen zu schlagen. An einer der Wände vor ihm blickte ihm eine altägyptische Zeichnung entgegen. Ein Mann im Profil, doch anstatt eines Schädels thronte ein Ibiskopfes auf seinen Schultern. In den Händen trug er einen Stab sowie ein Anch. Das Symbol der alten Ägypter für das weiter Leben im Jenseits und wie Alucard aus eigener Erfahrung wusste, auch das Symbol ewigen Lebens.

Er sah sich Thot gegenüber, dem Mondgott dem Hüter der Zeit, der Intelligenz und Wissenschaft. Gleichsam der Protokollant des Totengerichts.

Er stieß einen leisen Pfiff aus, da gab es wirklich keinen Zweifel mehr, hier versuchte sich jemand an schwarzer Magie, die Frage war nur wofür? Was hatte man davon wenn man versuchte Ghule herzustellen? Sie waren zwar manchmal ganz praktisch aber mit ihrer Gier nach Menschfleisch auch durch aus lästig und schwer zu kontrollieren.

Er wandte den Blick zur Decke. Vielleicht gab es ja in dem kleinen Laden durch den er zum ersten mal hier her gefunden hatte einen Hinweis auf den Urheber des Ganzen.
 

Unter Zuhilfenahme eines Stemmeisens, einem Hammer und einiger rostiger Nägel, die er in den Fabrikhallen hatte auftreiben können hatte Walter begonnen aus dem Holz des Schrankens und der Kommode eine Kiste zu zimmern in der hoffentlich der Körper eines Mannes wie Alucard Platz finden konnte. Für Integra hatte er Seras Exemplar ein wenig vergrößert, dass musste erst mal reichen, bis sich ein besserer Ersatz auftreiben ließ.
 

Mit Quietschenden Reifen kam der kleine Fiat von Anderson vor dem heruntergekommenen Tor zum stehen, vor dem bereits zwei Männer auf den Priester warteten. „Wir haben alles so gemacht wie sie es wollten Pater.“ Begrüßte ihn der eine, noch bevor Alexander richtig ausgestiegen war. „Alle Türen und Fenster sind versiegelt?“ hakte er noch einmal nach. Beide nickten. „Gut“ Er blickte auf das zerbrochene rostige Schloss, das lose zwischen den Torbögen hing. „Das hat uns gleich misstrauisch werden lassen.“ Hechelte der kleinere der beiden Männer hinter seinem Rücken. „Sehr gut beobachtet. Ihr wartet hier.“ Dann ließ er das Tor langsam nach innen aufschwingen und verschwand im Inneren des Hofs. Keiner der beiden anderen verspürte den Wunsch ihm auch nur einen Schritt zu folgen.

Sunburst

Walter betrachtete zufrieden sein Werk, während er sich den Schweiß von der Stirn wischte und befand das es zwar keine Meisterleistung darstellte, aber seinen Zweck erfüllen sollte. Er wollte grade damit beginnen die fertigen Särge die Treppe in den Keller hinunter zu schaffen, als ihn ein Geräusch von draußen aufhorchen ließ.
 

Anderson marschierte mit langsamen Schritten über den kleinen menschenleeren Hof, nicht mal ein einziges Fester der umliegenden Nachbarhäuser war geöffnet, was nicht alleine der Mittagshitze geschuldet sein konnte. Das alte heruntergekommene Gebäude bot keinen schönen Anblick. Man konnte schnell den Eindruck gewinnen, dass hier niemand mehr lebte zumal die losen Bretter und der aufgehäufte Schutt überall dies nur allzu deutlich unterstrichen. Trotzdem konnte er nicht einfach mit zwei Pufferinklingen in den Fäusten hineinstürmen. Er musste sicher gehen, also klopfte er, als er eine Tür fand, zunächst höflich an, doch als die Tür unter der ersten Bewegung nach gab, schenkte er sich den nächsten Versuch. Er steckte den Kopf durch den gebildeten Spalt und schnupperte. Bingo!
 

Alarmiert von dem Geräusch hatte Walte sich auf leisen Sohlen zurück in die Halle geschlichen. Von dort aus versuchte er im halbdunklen irgendeine Bewegung auszumachen, doch vor ihm rührte sich nichts. Also lief er zu der Tür hinüber durch die er zuvor gekommen war.
 

Der Duft war zwar nur schwach. aber unverkennbar, hier würde er finden was er suchte. Mit wachsender Vorfreude betrat er das Gebäude und mit jedem Schritt wurde das Verlangen endlich seine Klingen zu schwingen größer und größer.

Doch es galt sich zu zügeln, die Beute durfte nicht zu früh merken, dass er sie längst aufgespürt hatte und das es kein Entrinnen mehr gab.
 

Lautes Stimmengemurmel ließ Walter noch einmal inne halten. Sie kamen von Draußen, unterhalb der verrammelten Fenster dort drüben. Vielleicht gelang es ihm ja etwas von der Unterhaltung aufzuschnappen. Er wandte sich um.
 

Anderson konnte vor sich eine weitere Tür ausmachen hinter der plötzlich ein Geräusch zu vernehmen war. Mit einem Grinsen, das mehr an ein Raubtier mit gebleckten Zähnen erinnerte, machte er sich bereit. „Jetzt wird vollendet, was vollendet gehört“ flüsterte er leise, dann trat er mit einem heftigen Tritt die Tür aus den Angeln.

Mit einem Sprung war er durch den Rahmen zwischen eine Reihe Regale gehechtet, von dem eines samt Inhalt nun donnernd auf ihn niedersauste. Da es sich dabei allerdings ausschließlich um metallische Gegenstände handelte war der Aufprall entsprechend hart.

„Tritt ein bring Glück herein.“ Der Priester hatte sich noch gar nicht von dieser Überraschung erholt, als ihn auch schon der nächste heftige Schlag vor die Brust traf.
 

Die Stimmen waren immer noch nicht verklungen, als Walter an den Fenstern ankam. Hier war klar zu verstehen um was es in der Unterhaltung ging. „Meinst du Paladin Anderson hat so etwas gemeint, als er von einem Vampirunterschlupf gesprochen hat?“ Walters Nackenhaare richteten sich bei der Erwähnung dieses Namens schlagartig auf.
 

Alexander schüttelte sich wie ein nasser Hund um die Benommenheit los zu werden und keine Gelegenheit für einen weiteren Schlag zu bieten. Alucard hatte sich indessen hinter einem der Regale zurück gezogen und beobachtete amüsiert, wie der Priester sich aufzurichten versuchte. „Du kleiner Scheißkerl“ „Ich freu mich auch wahnsinnig dich zu sehen.“ Der Priester kniff die Augen zusammen. „Anscheinend hast du dich in der Zwischenzeit ein klein wenig erholt.“ Der Vampir lachte keck. „Nun ja ich wollte es dir nicht ganz so einfach machen.“ Trotz der selbstsicheren Worte erkannte Anderson recht schnell, das sein Gegner noch lange nicht wieder der Alte war. Das galt es auszunutzen. Mit ein paar gezielten Bewegungen wirbelte er die Bannblätter durch den Raum. Alucards Züge versteiften sich, dennoch rang er sich ein Grinsen ab. „Also dann, amüsieren wir uns ein wenig.“ Damit sprang er seinen Feind wie eine Katze an, doch der Priester war auf der Hut. Eine geschmeidige Bewegung und er war dem Vampir ausgewichen, nicht ohne ihm jedoch einen schmerzhaften Schnitt in die Schulter zu verpassen. Alucard jaulte auf und der Geruch von versenktem Fleisch erfüllte den Raum.
 

So schnell er konnte rannte Walter die Stufen in den Keller hinunter. Erst bemerkte er das Fehlen Alucards, dann versuchte er Integra aus ihrem Schlaf zu wecken, doch es gelang ihm nicht. Bei Seras hatte er mehr Glück. Die kleine Vampirin gähnte ihn mit halbgeschlossenen Augenlidern an. „Walter? Ist die Sonne etwa schon untergegangen?“ „Nein Fräulein Viktoria, aber wenn wir nicht zu sehen, dass wir hier weg kommen, wird Pater Anderson dafür Sorgen, das wir das auch nicht mehr miterleben.“ Das reichte um Seras schlagartig hellwach zu kriegen. „Anderson ist hier?“ „Noch nicht aber es kann nicht mehr allzu lange dauern. Sie müssen mir helfen Lady Integra und die Särge fortzuschaffen. Im Innenhof steht ein Lieferwagen bis dahin müssen wir die Dinger tragen, den Rest schaffe ich schon allein. Los jetzt Beeilung!“
 

Anderson freute sich über seinen gelungenen Treffer. Zumal er erkennen konnte das der Kämpfer der Hellsingfamilie einige Mühe damit hatte die Wunde heilen zu lassen. „Das wird dieses mal nicht gut für dich ausgehen Blutsauger.“ „Versprich nichts was du nicht halten kannst.“ Alucard wollte nach seinen Pistolen greifen, als ihm bewusst wurde, dass sich die in den Innentaschen seines Mantels befanden und mit dem spazierte Walter durch die Gegend! Ohne sich seinen Schrecken anmerken zu lassen huschte sein Blick suchend nach links und rechts durch die Regale. Hier musste es doch was Brauchbares geben, womit er sich den Priester vom Leibe halten konnte und das gab es auch. Ein alter Schmiedehammer, dessen schwerer Kopf ihn förmlich aufzufordern schien, ihn auf den Häscher Iscariots niedersausen zu lassen und so geschah es dann auch. Anderson hatte nicht gesehen, das der Vampir sich bewaffnet hatte und so traf ihn das schwere Metall vollkommen unvorbereitet mitten ins Gesicht. Die Wucht mit der Alucard den Hammer von sich geschleudert hatte katapultierte den Priester nach hinten durch die Tür, durch die er gekommen war. Zu Alucards großer Erleichterung hatte der Priester beim anbringen seiner Bannblätter, die Tür hinter sich vergessen. Mit einem flinken Satz wollte er über ihn hinweg setzten, doch Anderson erwischte ihn im letzten Moment am Fußgelenk. Aus der Balance gebracht, fiel er vor der rettenden Tür zu Boden. Anderson holte hinter ihm erneut mit dem Schwert zum Schlag aus. „Heute werde ich deinen Kopf mit nehmen und ihn langsam in den Strahlen der Sonne brutzeln lassen.“ „Heute passt mir leider gar nicht Schweinepriester. Ich hab nämlich noch eine Verabredung.“ Nur um Haaresbreite entging er der niedersausenden Klinge. Noch einmal griff er nach dem Hammer, der von Andersons Nase nicht viel übrig gelassen hatte und Metall traf kreischend auf Metall als Schwert und Hammerkopf aufeinander trafen. Ihre Gesichter trennten nur wenige Zentimeter als sie versuchten sich gegenseitig mit ihren Waffen wegzudrücken. Blut und Schweiß rannen Anderson dabei übers Gesicht, während das leichenblase Gesicht des Vampirs sich nur vor Anstrengung verzehrte. Lange würde er das nicht mehr durchhalten, das wusste er, dazu reichten seine Kraftreserven noch nicht aus. Doch die einzige Möglichkeit zu entkommen würde ebenfalls Schmerzhaft sein und ihn zusätzlich schwächen, aber er hatte keine andere Wahl. „Also wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest.“ Presste er zwischen den zusammen gebissenen Zähnen hervor. „Ich muss dann los.“ und damit trat er dem Priester mit einem gezielten Tritt zwischen die Beine. Anderson verdrehte die Augen in alle Himmelsrichtungen und ging in die Knie. Alucard holte zum letzten mal mit dem Hammer aus und ließ diesen donnernd auf den Schädel des Priesters nieder sausen. Als der sich nicht mehr rührte, riss er die Tür hinter sich auf.

Das grelle Licht des Tages fiel über ihn her wie eine Welle und brannte wie Feuer auf seiner Haut und in seinen Augen, doch er musste diesen rasenden Schmerz überwinden.

Er wusste, dass er nur ein winziges Zeitfenster hatte um zu entkommen. Zum Glück hatte er wenigstens die Sonnenbrille in der Tasche seines Anzugs. Mit der gelang es ihm ein wenig von seiner Umgebung war zu nehmen. So schnell es seine weichen Beine vermochten wankte er durch den sonnendurchfluteten Innenhof Richtung Straße davon. Er konnte bereits spüren wie er anfing zu schmoren.
 

Seras hatte ebenfalls Mühe, obwohl sie dem Licht des Tages nicht direkt ausgesetzt war, ließen ihre Kräfte am Tage deutlich nach. Dennoch war sie Walter eine gute Hilfe. Gemeinsam legten sie die immer noch leblose Integra in den umgebauten Sarg. Dann machten sie sich daran ihn und den neuen Sarg von Alucard zum Transporter zu schaffen, den Walter in einen der leeren Hallen zum Schutz vor neugierigen Blicken geparkt hatte. „Wo ist ihr Meister?“ „Keine Ahnung, ich hatte eigentlich gehofft, dass sie mir diese Frage beantworten könnten.“ Doch Seras konnte nur hilflos mit den Schultern zucken. „Er hat mit uns im Keller gehockt, aber dann bin ich eingeschlafen.“ „Egal, er wird schon alleine auf sich aufpassen können. Was sie und Lady Integra angeht mache ich mir um die Sicherheit mehr sorgen. Ich würde vorschlagen sie begeben sich nun ebenfalls erneut zur Ruhe, der Sarg ist große genug für sie beide und ich werde zu sehen, dass ich so schnell wie möglich einen sicheren Platz finde“ Wie aufs Stichwort waren von Draußen erneut Geräusche zu vernehmen. Seras brauchte keine weitere Aufforderung, sondern verschwand ohne weiteres Wort im Inneren des Sprinters, während sich Walter hinters Steuer setzte. Zur Tarnung zog er sich noch rasch einen alten Overall über, der wohl einmal den Arbeitern dieser Fabrik gehört und den er in einem der alten Büroräume gefunden hatte. Dazu ein schmieriges Käppi tief ins Gesicht nur für alle Fälle, falls ihn da draußen irgendjemand aufhalten sollte.

Match

Die spärlichen Schatten der Häuservorsprünge halfen nicht wirklich, Alucard musste sich schleunigst etwas Besseres einfallen lassen um nicht noch mehr Energie zu verlieren. Seine Knochen wurden mit jedem Schritt hier draußen schwerer und schwerer. Das Sonnenlicht brannte erbarmungslos. Er überlegte, wann er sich zum letzten mal so kraftlos gefühlt hatte. Es musste eine Ewigkeit her sein, ein merkwürdiges, fremdes Gefühl, dass ihm dennoch vertraut schien. Er hätte jetzt wohl behauptet, sich endlich einmal wieder „menschlich“ zu fühlen, wenn ihm nicht Integra in den Sinn gekommen wäre. Seit dem ersten Mal ihrer körperlichen Vereinigung wusste er, welches Gefühl ihn wieder annähernd zum einem Menschen werden ließ und das hatte weiß Gott nichts mit Schwäche zu tun. Seine Miene wurde weich. Vor ihm tauchte, auf der anderen Straßenseite gelegen, ein kleiner Park auf. Er seufzte, zwischen den dichten grünen Blättern war es bestimmt erträglicher.

Er wollte sich gerade die Straße schleppen, als ihm ein Auto ins Auge stach. Ein alter aber gepflegter Cadillac, dessen lange Motorhaube im Schein der Sonne funkelte. Sein Blick wanderte über den Rest der Karosserie und blieb am Heck des Wagens hängen. Nicht nur die Motorhaube war lang. Ihm fiel ein Gespräch ein, das er einst mit Walter geführt hatte. Es war dabei um Autos gegangen ein Vergleich zwischen britischen und amerikanischen Herstellern und dabei hatte Walter unter anderem verkündet, dass der Cadillac zu den Autos mit den größten Kofferräumen gehörte. Er stolperte zum Wagen hinüber. Zum Glück brauchte er für das Öffnen des Schlosses keine allzu großen Übermenschlichen Kräfte. Ein kurzer Schlag mit der Handkante reichte um das alte Metall aufspringen zu lassen. Erleichtert stellte er fest, dass ihm nichts anderes den Platz in dem dunklen Raum streitig machte und verschwand eilig darin. Ein letzter Prüfender Blick gab ihm die Gewissheit, dass sein Verfolger seine Spur noch nicht aufgenommen hatte. Hier drin würde ihn Anderson so schnell nicht suchen. Als die Kofferraumklappe zuschnappte und wohlige kalte Schwärze ihn umhüllte fühlte es sich wie Balsam auf der verbrannten Haut an. Stöhnend schloss der die Augen. Hier konnte er sich für eine Weile erholen und wenn er Glück hatte, ließ der Besitzer des Wagens sich vielleicht heute auch gar nicht mehr Blicken oder fuhr ohne den Kofferraum zu benutzen irgendwo hin, wo nicht so viele Menschen zu gegen waren. Dann hätte er auch gleich einen kleinen Imbiss, wonach seinem geschunden Körper längst schon wieder der Sinn stand. Er grunzte zufrieden, so oder so, er hatte erst mal Zeit gewonnen.
 

Alucards letzter Hieb hatte es in sich gehabt und es dauerte eine Weile bis Anderson in der Lage war sich aufzurichten. Zwar begriff er schnell, dass der Vampir die Flucht nach Draußen angetreten hatte, doch sein krummes Gesicht zwang ihn erst einmal unter lauten Ausstoßen von allerlei Verwünschungen seine Nase wieder an nährend grade zwischen seinen Augen zu platzieren. Nach einigen, hässlichen Geräuschen konnte er sich endlich wieder seine Brille auf die Nase setzten, die wie durch ein Wunder die Hammerschläge überlebt hatte. „Na warte du elendiger Sohn einer räudigen Hündin“ knurrte er als er sich ebenfalls anschickte das Haus zu verlassen. „Weit kannst du in deinem Zustand nicht gekommen sein.“
 

Julia sprang durch die kleine Wohnung und kramte hastig alles zusammen, wonach ihr Meister verlangt hatte. All die Dinge die sie im Laufe ihrer monatelangen Vorbereitungen für den großen Moment benötigten und auf den sie so lange hin gefiebert hatte. Heute Nacht sollte es nun endlich soweit sein. Sie riss den Reißverschluss ihrer Sporttasche so heftig zu, dass er fast kaputt ging. „Ganz ruhig“ murmelte sie um sich selbst die Panik zu nehmen die plötzlich drohte, über sie hereinzubrechen. Was wenn es nicht funktionierte? Dann wäre alle Hoffnung um Sonst gewesen. „Es wird funktionieren!“ Schrie sie der zweifelenden Stimme in ihrem Kopf entgegen. Es musste einfach funktionieren. Damit knallte die Tür hinter ihr ins Schloss und so schnell es die schwere Tasche zu ließ lief sie die ausgetreten Stufen des Treppenhauses hinunter. Die grelle Nachmittagssonne blendete sie kurz, doch sie wusste wo sie den alten Cady ihres Vaters abgestellt hatte. Die Tasche hätte mühelos in den riesigen Kofferraum gepasst, doch ihre Ungeduld ließ sie die Tasche achtlos neben sich auf den Beifahrersitz schmeißen. Mit zittrigen Fingern drehte sie den Schlüssel im Zündschloss. Der Motor hatte schon einige Jahre auf dem Buckel, doch die gute Pflege, die ihr Vater diesem Lieblingsstück hatte zukommen lassen, machte sich immer noch bezahlt in dem der Motor ohne zu zögern ansprang. Ein wenig zu viel Gas ließ ihn kurz aufheulen, als sie die Straße entlang brauste. Da sie bereits in Gedanken wieder bei den Geschehnissen war, die heute Nacht auf sie zu kamen, bemerkte sie im Rückspiegel nicht den Priester der mit versteinerter Miene und blutverschmierter Sutane hinter ihr die Fahrbahn überquerte.
 

Walter versuchte möglichst ein unbeteiligtes Gesicht zu machen, als er den Lieferwagen an den zwei verwundert drein Blickenden Männern in schwarzen Anzügen vorbei manövrierte. Doch seine Verkleidung schien ihren Zweck zu erfüllen, denn keiner von beiden versuchte ihn anzuhalten. Erst als er das Ende der breiten Hauptstraße erreicht hatte, wagte er es aber durchzuatmen. Jetzt galt es nur noch so schnell wie möglich ein neues sicheres Plätzchen für sie alle aufzutreiben und das möglichst außerhalb der Reichweite Iscariots. Doch noch während er darüber nachgrübelte wo sie sich am besten bis zum Einbruch der Nacht verstecken konnten kam ihm eine Idee. Wo konnte man einen Baum besser verstecken, als im Wald?

Bald schon führte ihn die Straße, auf der er quer durch die Stadt fuhr, an dem vorbei, was ihm vorschwebte. Eine Großbaustelle die sich mit der Reparatur einer alten Brücke beschäftigte. Rund um den mit Bauzäunen abgesperrten Bereich parkten Lieferwagen, die sich äußerlich kaum von seinem unterschieden. Walter versuchte möglichst zwischen zwei großen Sprintern zu parken. Zufrieden stellte er den Motor aus. Wer würde hier auf die Idee kommen nach Vampiren zu suchen?
 

Der Cadillac fuhr östlich der Uffizien entlang auf der Via dei Castellani in Richtung Arno das Ziel tauchte kurz vor der Uferpromenade vor Julia auf. Das auf den ersten Blick eher unscheinbare Gebäude des Museo Galileo hatte einen Mitarbeiterparkplatz im Innenhof auf den sie den sperrigen Wagen lenkte. Mit schnellen Schritten betrat sie den dunklen Eingangsbereich in dem sich die Hitze des langsam ausklingenden Tages staute. Doch sie achtete nicht darauf, ihr Weg führte zu der unscheinbaren Kellertreppe die am Ende des Flurs lag. Das schon rostige Treppengeländer knackte leise als sie sich daran abstützte. Der Riemen der schweren Tasche schnitt ihr in die Schulter, aber auch das war ihr vollkommen egal. Vor ihr warnte eine gelbes Schild mit der Aufschrift Achtung davor das dieser Bereich Privat sei und unbefugte keinen Zutritt hatten. Die schwere Stahltür war jedoch nicht verschlossen und so gelangte Julia in einen schmalen Kellerraum, der sich im auf den ersten Blick nicht von anderen Kellerräumen unterschied. Er beherbergte eine Heizungsanlage diverse Regale mit allmöglichen Gegenständen und Zahlreiche Kisten und Kartons die in einem der kleinen Räume die gesamte hintere Wand einnahmen. Doch genau hier lag der Unterschied. Julia stellte sich neben einer der Kisten und begann mit ihrem Autoschlüssel an ein Abflussrohr zu klopfen, das aus dem Boden kommend in der Decke verschwand. Zuerst passierte nichts, doch dann begannen sich die schweren Holzkisten zu bewegen und nur wenige Augenblicke später erschien ein bärtiges Gesicht das mit grimmiger Miene aus einem Lock in der Wand starrte. „Wo bleibst du denn?“ Herrschte der Mann sie jetzt an. „Der Meister wartet schon auf dich.“ Sie nickte nur knapp und zwängte sich dann an ihm vorbei durch die schmale Öffnung.

Der Gang den sie betrat war nur so hoch das sie nur mit eingezogenem Kopf hindurch gehen konnte, die Finsternis um sie herum wurde nur von dem Schein der Taschenlampe erhellt, die der Mann hinter ihr angemacht hatte. Stumm setzten sie ihren Weg fort, bis sie in einem höhlenartigen Raum ankamen, der in seinem Aufbau dem glich, den sie kurz zuvor so fluchtartig verlassen mussten. Alte Säulen trugen die mit Ornamenten und Zeichnungen verzierte Decke. Nur die zahlreichen eiligst in Leinen gehüllten Leichen, die auf dem Boden umherlagen störten das prachtvolle Bild, das mit Fackeln an den Wänden spärlich beleuchtet wurde.

Der Mann der eben noch hinter ihr her marschiert war, machte sich nun eiligst daran seinen Kammeraden zu helfen, die begonnen hatten die leblosen Körper auszuwickeln. Julia folgte seinem Beispiel.
 

Alexander schimpfte leise vor sich hin, als er zum zweiten Mal den kleinen Park durchkämmt hatte. Weit und breit war keine Spur dieses verdammten Blutsaugers zu finden gewesen und auch seine ramponierte Nase ließ ihn bei seiner Fährtensuche im Stich. Er konnte unmöglich so weit gekommen sein. Die Sonne senkte sich zwar mittlerweile schon langsam Richtung Horizont, doch ihre Strahlen tauchten weiterhin alles noch in grelles, helles Licht, was dem Vampir nicht gut tun konnte. Der Geruch von verbranntem Fleisch hatte in der Luft gehangen, als er die Straße hinunter gelaufen war und es hatte erst hier an diesem Park aufgehört. Wie ein witternder Hund rekte Anderson seine Nase in alle Himmelsrichtungen, doch egal wie sehr er sich auch bemühte, er konnte nichts Verdächtiges ausmachen. Wütend spuckte er aus.

Während er noch überlegte, was als nächstes zu tun war um dennoch vor Sonnenuntergang den Schoßhund der Hellsings zu erledigen, klingelte das Handy in seiner Tasche.

Das Display verriet das es sich nicht wie befürchtet um Maxwell handelte, der wissen wollte wie es mit den Vorschritten seines Auftrages stand. „Ja was gibt es?“ knurrte er dennoch mürrisch in den Hörer. Die Nachricht am anderen Ende war jedoch keine Gute. „Ich soll ihnen ausrichten das seine Exzellenz gelandet ist und sie möglichst bald im Castel erwartet.“ Anderson machte ein alles andere als erfreutet Gesicht. „Ich habe verstanden“ antwortete er knapp, dann war das Gespräch beendet.
 

Pater Renaldo, der am anderen Ende der Leistung gewesen war, sah seinen Dienstherren mit skeptischem Blick an. „Er klingt nicht so, als wenn er eine Erfolgsmeldung zu berichten hätte.“ Enrico verdrehte die Augen zur Decke der Limousine mit der sein Sekretär und er grade durch die Stadt fuhren. „Auf wen ist eigentlich noch verlass Ronaldo? Kannst du mir das verraten?“ Der Sekretär blieb ihm wohlweislich eine Antwort schuldig. Stattdessen wandte er den Blick aus den getönten Fenster. Ein Laut der Überraschung drang über seine Lippen. „Das Museo Galileo. Mein Gott wie schön sie die Außenfasade renoviert haben.“ Neugierig beugte sich Maxwell vor um nun ebenfalls aus dem Fenster hinaus zu sehen. „Was ist das für ein Museum?“ „Wissenschaftsgeschichte euer Exzellenz.“ „Tatsächlich“ „Ich war als Kind einmal mit meinem Vater hier gewesen. Ein wirklich beeindruckendes Erlebnis.“ Erklärte Ronaldo mit dem Anflug eines Lächelns, das weil es so selten auf seinem Gesicht zu sehen war den Bischof ein wenig irritierte. Vielleicht ließ ihn dieses unerwartete aufblitzen von menschlicher Regung in den Zügen seines ansonsten immer streng drein schauenden Sekretärs zu folgendem Vorschlag hinreißen. „Dann lassen sie uns doch einfach mal schauen, ob sie uns noch für ein Stündchen einlass gewähren.“ Der Sekretär starrte ihn überrascht an. „Ist das ihr ernst? Aber müssen wir nicht dringend,“ „Ach Papperlapapp,“ schnitt Enrico ihm mit einer unwirschen Geste das Wort ab „Ob mich Anderson nun gleich oder erst in einer oder zwei Stunden von seinen Misserfolgen in Kenntnis setzt spielt doch keine Rolle.“ Damit wandte er sich dem Fahrer zu und wies ihn an sie vor dem Museum raus zu lassen.
 

Walter hatte sich, nach dem er sich vergewissert hatte das die Ladys des Hauses Hellsings weiterhin friedlich in ihrem neuen Sarg ruhten, daran gemacht sich möglichst unauffällig nach einer neuen Bleibe umzusehen. Dazu benutzte er das Handy von Integra. Dank einer guten Internetverbindung war hatte er sich eine Übersichtskarte vom Florenz herunter geladen. Darauf waren nicht nur viele Hotels und Sehenswürdigkeiten zu finden, sondern man bekam, wenn man die Ziele anklickte auch gleich einen Link zu den jeweiligen Homepages. Somit blieb er bei seiner Suche ab und zu an einigen sehr interessanten Seiten hängen.

Das Museo Galileo zum Beispiel die die Medici Sammlung beherbergte. Damals das Zentrum von Forschung und Wissenschaft. Walter staunte über die Instrumente die abgebildet waren. Anscheinend hatte man in dem Palazzo Castellani seiner Zeit alles zusammengetragen was an Wissen über Medizin, Natur und Mathematik zu finden war und hatte auf dieser Grundbasis selbst Forschung in die eine und andere Richtung betrieben. Plötzlich kam ihm ein Gedanke. Er ließ sich noch einmal Seras Bericht über die Ereignisse der letzten Nächte durch den Kopf gehen. Die Grabschändungen, die verschwunden Leichen dienten sie womöglich einem Forscher für Experimente? Und wenn ja wo sonst könnte das Interesse für so was herkommen, wenn nicht aus den Schriften und Sammlungen alter Aufzeichnungen, wie sie womöglich in diesem Museum aufbewahrt wurden?

Er hob den Kopf und blickte zur anderen Seite des Arno hinüber. Das Museum war nicht weit entfernt, er konnte es von hier aus sehen.
 

Alle Leichen waren aus ihren Tüchern befreit und an ihren jeweiligen Plätzen aufgebahrt worden. Alles war vorbereitet, es fehlten nur noch die entsprechenden Gefäße und Utensilien, die ihr Meister selbst begann zu verteilen. Das Letzte, was sie noch tun konnten, war sich zu reinigen und ihre Gewandung anzulegen. Julia wusch ihre verschmierten Hände wie die anderen in einer dafür vorgesehenen Schüssel wusch. Bald würden alle Besucher und Mitarbeiter des Museums das Gebäude verlassen haben. Keiner von ihnen ahnte was unter ihren Füßen in den alten Katakomben der Stadt vor sich ging. Hier sollten sie ungestört sein. Wer auch immer sie vor ein paar Tagen auf diesem Friedhof angegriffen hatte. Hier würde man sie nicht finden, nicht ehe sie erreicht hatten, worauf sie schon so lange hingearbeitet hatten.

Sie zog sich die Weste über ihr Unterkleid, dann die Kapuze über ihren Kopf.

Jetzt war es endlich so weit. Sie reihte sich in ihren Platz im Kreis ein, der ihr bestimmt war und gemeinsam begannen sie die Zeilen aufzusagen, die sie schon seit Monaten lernen mussten. Sie konnten sie auswendig. Seitenlange lateinische und altgriechische Texte, deren Bedeutung ihnen nicht in allen Einzelheiten klar war, doch was machte das schon. Wichtig war nur das Ziel. Langsam steigerte sich das gleichtönige Murmeln zu einem Singsang, der an und abschwoll. Umrahmt von den gesammelten Leichen der letzten Monate und überallem auf einer Stufe stehend überwachte Leonardo di Wal das Geschehen mit versteinerter Miene. Er selbst in einem schwarz, grauen Wams gekleidet konzentrierte sich auf das was nun zu tun war um das, was heute Nacht geschehen sollte war werden zu lassen. Bereits jetzt raste sein Puls.
 

Joseph der Hausmeister des Museums marschierte mit schnellen Schritten über den menschenleeren Parkplatz. Wer immer diesen riesigen Wagen hier geparkt hatte, er stand äußerst ungünstig. Wie sollte er denn die Müllsäcke an die Straße stellen, wenn dieses Ungetüm so dicht an der Hausmauer parkte? Mühsam zwängte er seinen breiten Bauch zwischen dem Ende der Kofferraumklappe und der steinernen Begrenzung hindurch. Trotz allem Lufteinziehens blieb er mit dem Bund seiner Latzhose am Verschluss der Klappe hängen. Sie schnappte auf und langsam schwang die Kofferraumklappe nach oben. Bevor Joseph richtig wusste was geschah, packte ihn eine behandschuhte Hand und er wurde kopfüber nach vorne gezerrt. „Komm ruhig rein hier ist genug Platz“ hörte er eine dumpfe Stimme, noch bevor die Klappe wieder schwungvoll über ihm zuflog spürte er einen beißenden Schmerz. Das letzte was er noch war nahm, war das Gurgeln seiner eigenen Kehle, die sich blubbernd mit Blut füllte.
 

Hätten Enrico Maxwell und sein Sekretär nur eine Minute länger an der Kasse des Museums verweilt, wäre ihnen Walter direkt in die Arme gelaufen. Stattdessen hatten sich die Herren in den ersten Stock aufgemacht. Walter entschied sich zuerst dafür die Ausstellung der Instrumente im Erdgeschoss ansehen. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es bis zum Sonnenuntergang noch mehr als eine Stunde war. Vielleicht gab es hier ja tatsächlich Hinweise, die eine Erklärung für die Leichenschändungen hergaben. Sein Blick huschte über die Exponate, die in den zahlreichen Glasvitrinen herumstanden. Darunter waren einige bizarr aussehende Instrumente die laut Erklärungstafeln zu den ersten chirurgischen Gerätschaften der Menschheit gehörten. Für Walter sahen sie mehr aus wie Folterwerkzeuge, für deren Zwecke bestimmt auch gedient hatten.

Einen Saal weiter entdeckte er eine Ausstellung die sich ausschließlich mit den Werken Galileo Galilei befasste. Walter wurde immer mehr in den Bann gezogen. Anscheinend gab es vieles was er von diesem herausragenden Wissenschaftler des 17 Jahrhunderts nicht gewusst hatte. Unter dem kritischen Blick eines bärtigen Portraits des Meisters lief er begeistert zum nächsten Raum, als ihm plötzlich jemand von hinten auf die Schulter tippte.

Erschrocken wirbelte er herum und stieß vor Überraschung keuchend die Luft aus. „Meister Alucard? Was zum Teufel machen sie denn hier?“ Der desolate Zustand des Vampirs hatte sich seit ihrer letzten Begegnung nicht wirklich verbessert, auch wenn der Blick des Vampirs klarer zu sein schien. „Hallo Walter, dass gleiche könnte ich dich fragen. Hattest du Lust auf ein wenig Side Seeing bevor wir diese wunderschöne Stadt verlassen müssen?“ Der Butler schüttelte den Kopf „ Das nicht grade“ schnell erzählte er ihm von den selbstgezimmerten Särgen und seiner Idee bezüglich der Leichen. Alucard schürzte die Lippen. „ Eine herrliche Aussicht sich bald ein wenig auszuruhen und die Überlegung ist nicht dumm alter Knabe, nur könnte ich mir vorstellen, dass die wirklich Interessanten Exponate nicht der Öffentlichkeit zugänglich sind.“ Er nickte in Richtung des Flurs „Vielleicht sollten wir uns diesbezüglich in den privaten Räumlichkeiten dieses Gebäudes einmal umschauen, was meinst du?“ Er wandte sich zum gehen, wobei er es tunlichst vermied in den Lichtkegel zu geraten, der durch die Fenster fiel.
 

Sie hatten die Hälfte des Eingangsbereiches durchquert, als Enrico Maxwell und Pater Ronaldo plötzlich aus einem der Säle geschlendert kamen. Für einen Augenblick waren alle vier über die unerwartete Begegnung so überrascht, das sie sich nur regungslos gegenüberstanden. Dann allerdings verwandelte sich der Ausdruck in Alucards Gesicht in das eines Mannes der grade den Jackpot geknackt hatte. Leise pfiff er durch die Zähne. „ Na schau mal an wen wir da haben, Iscariotsoberhaupt höchst persönlich.“ Schon wollte er sich auf den Bischof stürzen, als Maxwell plötzlich in die Innentasche seiner Weste griff und eine Handvoll Karten durch die Luft segelte. Leise klatschen sie zwischen dem Vampir und den Männern der katholischen Kirche auf den Boden.

Zischend hielt der Vampir inne. Auf den Karten glänzten die Symbole der heiligen Schriften, die Anderson als Barriere verwendete und die ihn zwangen stehen zu bleiben. Maxwell war nicht also nicht so dumm wie gedacht. Trotzdem war sämtliche Farbe aus seinem ohne hin schon blassen Gesicht gewichen. „Netter Trick Exzellenz habt ihr den von eurem Killer Priester abgeguckt?“ Jetzt meldete sich Walter zu Wort. „Mit Verlaub die Herren, aber mich beeindrucken diese Dinge nicht.“ Leise Lächelnd begann er sich die Drähte aus den Fingerkuppen zu ziehen. Doch Ronaldo hob die Arme. Wie aus dem nichts blitzen zwei silberne Sicheln in seinen Händen.

Alucard lachte meckernd. „Sie an was nicht alles in so einer Sutane Platz hat. Dann kann die Partie ja los gehen.“ Doch bevor jemand etwas erwidern konnte er tönte ein lautes Gebrüll vom Ende des Flurs.

Intemperantia

Alucard und Walter sahen erst über die Schulter in Richtung der Kellertreppe,

von wo immer lauter werden Geräusche zu ihnen herüber drangen und dann sich

an. Auch ein fragender Blick zu Maxwell und Ronaldo erbrachte nur

ein ratloses Schulterzucken der beiden Herren. Plötzlich stolperte eine in einen

dunklen Umhang gekleidete Gestalt die Kellertreppe hinauf. „O Gott, o mein

Gott Hilfe, Hilfe!!!“

„Damit seid wohl ihr gemeint.“ Sagte Alucard trocken, während er, wie die

anderen beobachtete, wie auf der Treppe ein weiteres Wesen auftauchte, denn das was da die Stufen hinauf gesprungen kam, hatte nicht mehr allzu viel Ähnlichkeit mit einem Menschen. Die Haut schimmerte bläulich schwarz und schälte sich zu großen Teilen von den darunter blutrotschimmernden Muskeln. Leider traf das auch auf das Gesicht zu. Am beeindrucktesten waren neben den gelb schimmernden Pupillen, aber die riesigen, Hauer gleichen Zähne die von keinerlei Lippen verdeckt wurden. Knurrend sprang es den Mann an, der bereits taumeln versucht hatte das Weite zu suchen. „Du meine Güte!“ entfuhr es Ronaldo. Walter indessen schleuderte seine Drähte auf das Monster, das grade damit begonnen hatte, seine Zähne in den Nacken des schreienden Kerls zu schlagen. Mit leisem Sirren wickelte sich das haarfeine Metall um den modrigen Brustkorb. Doch so leicht wie gedacht ließ sich das Fleisch, mochte es noch so modrig aussehen, nicht durchtrennen, geschweige denn das Biest davon abhalten weiterhin sein Opfer zu attackieren. Erst als ein beherzter Hieb mit der Sichel ausgeführt von Pater Renald dafür sorgte, dass der Kopf gurgeln die Schultern verließ fielen auch die klauenartigen Finger von dem wimmernden Mann ab. Alucard glitt zu ihm hinüber und riss ihm die schwarze Kapuze vom Kopf unter der ein totenbleiches vor Angst und Schrecken verzehrtes Gesicht zum Vorschein kam, Mit weit aufgerissenen Augen sah er zum Kelleraufgang zurück. Walter ließ die Drähte wieder in den Fingerkuppen verschwinden und hob beschwichtigend die Hände. „Ganz ruhig junger Mann. Was ist passiert? Der Angesprochene antwortete ihm nicht stattdessen fing er an zu jammern. „Was haben wir bloß getan?“ Panisch machte er Anstalten sich aufzurappeln und zwischen ihnen hindurch von zu stürmen. “Lebendige Teufel, der Himmel stehe uns bei!“ Alucard packte ihn unsanft am Kragen seins Umhangs. „Nicht so eilig. Erst hätten wir gerne gewusst, wer oder was das da war.“ Mit der freien Hand deutete er auf den nun leblosen Kadaver. Dessen Anblick der Kerl nicht ertragen konnte. Er wand sich trotz des festen Griffs wie ein Aal. In seinen dunklen Pupillen spiegelte sich nackte Todesangst. „Lasst mich! Wir müssen weg, da sind noch viel mehr, die werden uns…“ „Hast du mich nicht verstanden? Antworte, dann lass ich dich laufen.“ Unterbrach der Vampir unwirsch das Geschrei. Jetzt fing der Typ auch noch an zu heulen wie eine Sirene „Die Leichen diese verdammten Leichen da unten!“ Wieder fing er an zu zappeln. Alucard hatte genug davon und ließ los. Kaum hatten die Füße den Boden berührt, da preschte der junge Bursche auch schon Hals über Kopf davon. Maxwell sah ihn mit offenem Mund nach „Hab ich das gerade richtig verstanden? Leichen?“ „Jepp haben sie Monseniore Blendikus. Und wenn mich nicht alles täuscht liegen die Leichen hier wortwörtlich im Keller.“ „Genau das scheinen sie ja grade nicht zu tun.“ Gab Ronaldo trocken zu bedenken. Aus Richtung der Kellertreppe waren erneut Geräusche zu vernehmen „Wollen wir doch mal sehen was da unten so los ist.“ Alucard beachtete die beiden Priester nicht länger, seine Neugierde war zu groß. Anscheinend hatte Walter mit seiner Vermutung, dass das Museum mit den Nekromanten etwas zu tun hatte, goldrichtig gelegen. Der Kopflose rührte sich nicht mehr, also marschierte er jetzt die Stufen nach unten. Walter folgte ihm dicht auf den Fersen, während Maxwell seinen Sekretär dazu anhielt den Moment der Stunde zu nutzen um sich zurück zu ziehen. „Rufen sie Anderson an.“ wies er ihn an. „Hier wartet Arbeit auf ihn!“
 

Im Keller musste Alucard nur der dem Geschrei folgen, um die jetzt nicht mehr verborgene Öffnung in der Wand zu finden. Aus dem dunklen Loch kam ihnen gurgelnde und schmatzende Laute entgegen. Walter zog die Augenbrauen in die Höhe. „Das klingt nicht gut. Wir sollten vorsichtig agieren, bis wir wissen was wir da genau vor uns haben“ Sie betraten den saalartigen Raum in dem es aussah, als wenn jemand ein Schlachtfest gefeiert hätte. Die Wände, die Decke, selbst die Säulen waren über und über mit Blut bespritzt, während auf dem Boden nackte, blauschimmernde Gestalten sich über einzelende Körper hermachten um sie stückweise zu verschlingen. Überall lagen Reste von herausgerissenen Eingeweiden. „Ghoule?“ fragte Walter flüstern und Alucard runzelte skeptisch die Stirn. „Scheint so, nur diese Exemplare sind nicht das Werk eines Vampirs.“ Er musterte die vermoderten Körper, die anders als die Zombies die er kannte nicht aussahen, als wenn sie gleich auseinanderfallen wollten. Diese wirkten erschreckend vital. Sie hatten sogar Augen, deren grellgelbe Pupillen sich nun auf sie richteten. „Die haben anscheinend immer noch Hunger.“ Die ersten begannen sich mit einem heiseren Knurren schon auf sie zu stürzen, als Walter die dünnen Drahtfäden durch die Luft sausen ließ. Surrend durchschnitt der Stahl das zähe Fleisch der ersten beiden Exemplare die ihnen am nächsten standen. Alucard hatte sich einen Dritten gepackt, der mit schnappendem Kiefer versuchte ihm ins Gesicht zu beißen. Mit Erstaunen sah sich der Vampir die Reihe an messerscharfen Zähnen an, die der Zombie ihm dabei präsentierte. So etwas hatte er bei Ghoulen noch nicht gesehen. Außerdem waren sie ganz schön widerspenstig und das lag nicht daran das er nur mit halber Kraft arbeiten konnte. Auch Walter war dieser Meinung. „Was sind das für Kreaturen?“ Keuchte er während ihm der Schweiß die Stirn hinunter lief. „Keine Ahnung alter Freund, aber eines steht fest hier hat sich jemand wirklich Mühe gegeben.“Alucard ballte die Faust und ließ sie in die verzehrte Fratze sausen. Der Unterkiefer des Untoten wurde abgerissen, doch das Wesen ließ nicht locker, erst als es Alucard gelang auch noch den Rest des Kopfes vom Körper zu trennen, brach das Ungeheuer in sich zusammen und blieb mit zuckenden Gliedmaßen liegen. „Himmel noch mal!“ fluchte Walter, der die Gleiche Taktik anzuwenden versuchte und es mit Alucards Unterstützung schaffte auch seine Gegner los zu werden.

Kopfschüttelnd betrachten sie ihr Werk. „So etwas habe ich noch nie gesehen.“ „Ich auch nicht, aber wenn ich eins und eins zusammen zähle.“ Schnell berichtete der Vampir von seinen Entdeckungen in den Katakomben, „dann hat jemand versucht Gott zu spielen.“

Plötzlich waren aus Richtung der Kellertreppe Schritte zu hören. „Wir bekommen Gesellschaft.“ „Auf die ich gerne verzichten möchte.“ „Geht mir genauso.“

Anderson konnte fast nicht glauben, was für ein Schlachtfeld da unten im Keller auf ihn wartete. Nach dem er den Raum inspiziert und für ungefährlich befunden hatte, hatte er Enrico Maxwell und seinen Sekretär Bescheid gegeben sich das hier selbst einmal an zu sehen. Maxwell der sich angewidert ein Taschentuch vors Gesicht hielt setzte keinen Fuß zwischen die Leichen. „Unglaublich! Was ist das hier die Apokalypse?“ „Schon ziemlich dicht dran würde ich sagen“ brummte Alexander der mit einer seiner Klingen in den Überresten herumstocherte. „Anscheinend hattest du mit den Leichenschändern wirklich Recht Blutsauger.“ Seine blauen Augen funkelten zu Alucard hinüber, der zuvor die Abwesenheit der Priester noch dazu genutzt hatte, das Blut der Toten für seine Zwecke zu nutzen. Sein verbesserter Zustand blieb auch dem Jäger Iscariots nicht verborgen. Dennoch hatten sie jetzt andere Sorgen. „Hier hat sich jemand an schändlicher Gotteslästerung versucht.“ „Und dabei auch gleich die Quittung kassiert.“ Beendete Maxwell den Satz. „Wenn der Einwand erlaubt ist, wäre ich mir noch nicht so sicher ob das hier bereits beendet ist.“ Warf Walter ein. Sein Blick fiel auf die zerflederten Pergamente, die kreuz und quer umher lagen. Mit spitzen Fingern hob er eines vom Boden auf und reichte es dann Ronaldo „Sie sollten das hier mal ihren Spezialisten in Rom zeigen, vielleicht können die ja damit was anfangen“ dann wandte er sich wieder Anderson zu „Das Ganze war ein Ritual, das steht fest, aber das Ende kann so von den Verantwortlichen nicht gewollt gewesen sein. Da ging etwas gründlich schief.“ Maxwell sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Dann ließ er den Blick über die Leichen schweifen. An den Überresten eines kleinen Mannes blieben seine Augen hängen. Er trug im Gegensatz zu den andern keinen schnöden Umhang aus Wolle. Das was von seiner Kleidung noch übrig war, schien edler gewesen zu sein. So was war in der Regel Würdenträgern vorbehalten. Vielleicht war er ja bei diesem Spektakel der Zeremonienmeister gewesen? Eine Identifizierung hingegen schien unmöglich zu werden, dafür fehlte eindeutig zu viel von seinem Gesicht. Er wandte sich wieder Walter zu „Glauben sie wirklich, dass einige von diesen gottlosen Geschöpfen entkommen sind?“ „Da hinten ist ein weiterer Durchgang.“ Walter deutete auf ein schwarzes Loch, ein Viereck kaum größer als eine Durchreiche. Alle drehten die Köpfe in die angegebene Richtung. Der Bischof stieß einen unschönen Fluch aus „Wir müssen zu sehen das, dass hier keine großen Wellen schlägt. Ich werde alles in die Wege leiten. Die Überreste der angenagten Leichen müssen unverzüglich verbrannt werden, ich werde Leute dafür hierher schicken. Bis dahin bleibt das Museum geschlossen. Den Mitarbeitern wird erzählt hier gäbe es einen Wasserrohrbruch und sie schauen gefälligst nach ob es tatsächlich noch weitere Zombies gibt!“ Alucard zog in gespieltem Erstaunen die Augenbrauen hoch. “Mit Verlaub aber ich kann mich nicht daran erinnern das ich seit neusten von ihnen Befehle entgegen nehme.“

Maxwell öffnete schon den Mund für eine Erwiderung, doch in diesem Moment klingelt ein Handy. Walter griff in seine Hosentasche und nahm nach einem kurzen Blick auf das Display den Anruf entgegen. „Ja Lady Integra, wir..“ Doch er kam gar nicht erst zu Wort. Mit jeder Sekunde die er zuhörte klappte sein Mund ein Stück weiter. „O mein Gott!“ stieß er keuchend hervor. Alucards Blick wurde wachsam. „Wo wir sind? Ich befürchte da wo das Unheil seinen Ursprung nahm und wir sind nicht allein Enrico Maxwell und sein Sekretär nebst Pater Anderson stehen neben uns.“ Das wiederum schien Integra für einen Moment die Sprache verschlagen zu haben. Denn Walter lauschte kurz, bevor Integras aufgebrachte Stimme erkennen ließ, dass die Leitung noch stand. „Natürlich Lady Integra einen Moment.“ Er reichte Maxwell das Telefon, der es ihm mit gekräuselten Lippen abnahm. „Ja?“ presste er mit dünner Stimme in den Hörer. Die Stimme der Lady klang auch nicht viel herzlicher. „Maxwell? Ich habe keine Ahnung wo ihr genau steckt, aber anscheinend gibt es da kein Fenster. Sonst wäre euch das Chaos, das hier draußen tobt wohl nicht entgangen!“ Er musste den Hörer ein Stück weit vom Ohr halten um die Lautstärke ertragen zu können. „Die Menschen rennen hier panisch schreiend durch die Straßen und einige von ihnen sehen ziemlich übel mitgenommen aus!“ Es knackte auf einmal in der Leitung, dann war da nur noch ein Rauschen. Der Leiter Iscariots starrte fassungslos in auf das nutzlose Gerät in seiner Hand. „Was zum Teufel meint sie damit?“

Alucard grinste breit. „Finden wir es doch einfach raus, in dem wir mal einen Schritt vor die Tür gehen.“ Damit wandte er sich um. „Anscheinend ist die verdammte Sonne endlich untergegangen.“
 

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Nicht weit von ihnen entfernt jenseits des Durchgangs in den verschlungenen Wegen der Abwasserkanäle versuchte eine weitere Person den Ort des Schreckens so schnell wie möglich zu entkommen. Julia stieß keuchend die Luft aus ihren brennenden Lungen, als sie stolpernd durch das stinkende Abwasser vorwärts taumelte. Die Schreie ihrer sterbenden Kammeraden dröhnten immer und immer wieder in ihren Ohren und diese grauenhaften Bilder! Dabei hatte alles am Anfang so gut ausgesehen. Die Zeremonie hatte reibungslos funktioniert und als dann Ihr Meister zur letzten Strophe der Beschwörung ansetzte hatte sie gewusst, dass es funktionieren würde, doch plötzlich war alles schief gelaufen. Die einbalsamierten Körper hatten sich erhoben, doch anstatt wie erhofft einfach zwischen ihnen zu erwachen, wie nach einem langen Schlaf, hatte sie angefangen zu knurren und zu jaulen. Julia glaubte tollwütige Hunde vor sich zu haben. Dann waren sie über die anderen hergefallen. Zähnefletschend und ohne Gnade. Sie konnte nur hilflos mit ansehen, wie sie einen nach dem anderen zerrissen. Fast hätte sie das Gleiche Schicksal ereilt, doch dann war ihr das Loch in der Wand ins Auge gesprungen. Von Angst und Adrenalin getrieben hatte sie es tatsächlich hindurch geschafft, bevor die Kreaturen der Hölle sie zu fassen bekommen hatten.

In ihren Ohren rauschte das Blut, sie musste kurz stehen bleiben und verschnaufen. Sie konnte einfach nicht mehr. Während das Seitenstechen langsam nach ließ, lauschte sie angespannt in die Dunkelheit, doch bis auf das Gurgeln und Plätschern das Wassers um die herum konnte sie nichts hören. Stöhnend presste sie die Hände vors Gesicht, bis sie merkte, dass sie anfing zu schluchzen. Es war alles umsonst gewesen! Tränen quollen zwischen ihren Fingern hervor. Alles umsonst, all die Mühen, all die Hoffnung. Ihr Traum hatte sich so eben in einen Alptraum verwandelt und sie hatte absolut keine Ahnung wie es nun weiter gehen sollte. Sie konnte doch nicht so einfach nach Hause zurück gehen. Bei der Vorstellung wieder in der leeren Wohnung zu stehen, nur dieses Mal mit der Gewissheit an diesem Zustand niemals etwas ändern zu können und dabei noch mehr Menschleben auf dem Gewissen zu haben, zerriss es ihr schier das Herz. Leise weinend sank sie auf die Knie. Dabei war es ihr egal, dass sich ihr Umhang mit stinkender Brühe vollzog. Sie spürte nur den Schmerz der bitteren Verzweiflung sonst nix mehr.
 

Der Alptraum hatte indessen mehrere Fuß hoch über ihr begonnen sich auszubreiten. Die wandelnden Toten hatten sich nicht damit aufgehalten ihr Opfer zu verfolgen sondern sich einfach die nächsten gestürzt, nach dem sie einfach dem Duft unzähliger Menschen gefolgt waren, die die Kanalschächte von oben zu ihnen herunter geweht hatten. Wie riesige Insekten waren sie aus den Kanalöffnungen gekrochen und über die armen Seelen hergefallen die verdutzt auf den Gehsteigen hin und her geilt waren.

Zunächst hatte man gedacht sich in irgendwelchen Filmszenen verirrt zu haben, doch es dauerte nicht lange bis klar war, dass kein Kunstblut auf die Straßen Roms spritzte und die verzweifelten Schreie vor Schmerz und Angst echt waren. Panik brach aus, während sich die Menschen in Sicherheit zu bringen versuchten. Doch die Zombies waren schnell und ihre Kiefer schnappten ohne Unterlass nach allem was sich bewegte.

Der Lärm war es schließlich der Integra aus ihrem Schlaf hatte erwachen lassen. Das erste was sie empfand war die wiedergewonnene Stärke. Ihr Körper fühlte sich an als hätte man eine zuvor leere Hülle mit frischer Energie gefüllt. Doch die Schreie die da an ihr jetzt wieder sensibles Gehör gedrungen waren, hatten ihr nicht lange gestatten diesen neuen Umstand zu begrüßen, genauso wenig wie sie Zeit hatte sich darüber zu wundern wo sie war. Dazu kam Seras Ausruf unmittelbar über ihr „Ach du Scheiße!“ Mit einem Ruck hatte sie den Deckel über ihren Kopf beiseite gefegt und hatte wie Seras aus der Frontscheibe des Transporters gestarrt. Rennende Menschen, das Heulen von Sirenen. Was zum Teufel war denn hier los? Und wo war Walter? Auch die kleine Vampirin hatte keine Ahnung, wo sie waren und wohin der Butler verschwunden war, doch so wie es aussah hatte er sein Handy dabei. Hektisch begann Integra auf das Display zu drücken. Mit dem folgenden Gespräch hatte sie allerdings nicht gerechnet.

Seras hatte mit offenem Mund zugehört und tat es immer noch als sie jetzt fluchend das Telefon in die Innenseite ihrer Jacke verwinden ließ. „Na großartig jetzt haben wir nicht nur die ganze Bande am Hals sondern auch noch irgendwelche speziellen Ghoule!“ Die zwei Frauen wechselten einen Blick. „und was machen wir jetzt?“ fragte Seras heißer. Integra überlegte. „Zu erst mal verschaffen wir uns einen Überblick über die Lage da draußen und dann sehen wir weiter. Ich denke aber, daß du mir da zustimmst, wenn wir es tunlichst vermeiden Maxwell und seinem Priester dabei in die Arme zu Laufen.“ Sie seufzte „Ich hoffe nur Alucard und Walter kriegen es irgendwie hin sie abzuschütteln.“ Seras hätte gerne eine aufmunternde Erwiderung parat gehabt, doch wenn sie an den Zustand ihres Meisters bei ihrer letzten Begegnung dachte, tat sie sich schwer damit. Trotzdem brachte sie ein schiefes Lächeln zustande. „Wir schon gut gehen Lady Integra“ Damit ließen sie es gut sein und machten sich daran den Lieferwagen möglichst unauffällig zu verlassen, doch bei dem Chaos, das draußen herrschte, war das gar nicht nötig. Niemand nahm von ihnen Notiz, selbst als sie die Richtung gegen den Strom einschlugen um zu der Quelle der Panik zu gelangen.
 

Die Sonne war hinter dem Horizont verschwunden und nur ein blass rotes Band war noch über den Dächern zu erkennen, als Alucard auf den Stufen des Museums genießerisch die Luft einzog. „Ahhhhh gibt es was erquickender es als die Kühle der aufziehenden Nacht?“ Er wandte den Kopf „und dazu der Geruch warmen Blutes vermischt mit Angst und Schrecken.“ Walter runzelte die Stirn gab darauf aber keine Antwort. Anderson kam hinter ihnen ebenfalls ins Freie geeilt. „Und schon ein Idee wo wir hin müssen?“ Der Vampir streckte seine behandschuhte Hand aus. „Immer den Schreien nach und hinter den Leichenbergen dann rechts abbiegen.“ Er kicherte. „Walter räusperte sich. „Dürfte ich, bevor wir uns in das Vergnügen stürzen noch anmerken, dass wir vielleicht taktisch vorgehen sollten?“ Anderson der bereits seine Klingen gezückt hatte legte misstrauisch den Kopf schief. „Taktik?“ Walter nickte. „Ja, sie werden mir zustimmen müssen, dass wir uns in diesem besonderen Fall wohl oder übel zusammen tun müssen.“ Sowohl Anderson und Alucard verengten die Augen zu schmalen Schlitzen aus denen sie sich gegenseitig anfunkelten. Walter ließ sich davon nicht irritieren. Er hob mahnend den Finger. „Mit Verlaub wir haben keine Ahnung mit was genau wir es zu tun haben und wie gefährlich diese Wesen wirklich sind, außerdem könnten sie tatsächlich auf die Gleiche Art und Weise wie gewöhnliche Ghoule dafür Sorgen das Rom bald nur so von Untoten wimmelt…“ „die äußerst Widerstandsfähig sind“ vollendete Alucard mit ausdrucksloser Stimme den Satz. „Genau“

„Das wäre gar nicht gut.“ Anderson der noch nichts von der Zähigkeit des neuen Gegners wusste, sah fragend von einem zum anderen. „Was soll das heißen?“

Alucard wandte sich zum gehen „Am besten wir zeigen es dir Schweinepriester.“

Während sich die beiden Männer rasch entfernten, schrieb Walter noch eine SMS an Integra. Ihm war ebenfalls daran gelegen, dass sich ihre Wege nicht kreuzten, jedenfalls nicht so lange Anderson bei ihnen war.
 

Integra spürte das Summen in ihrer Brusttasche, rasch überflog sie die Nachricht. „ Ghoule also.“ Seras schnappte nach Luft „Ghoule? Wo kommen die denn her?“ „Anscheinend ein schiefgelaufenes Experiment. Walter hat nur in Stichworten geschrieben. Sie sind jetzt allerdings zu dritt dabei diesen Wesen den Gar aus zu machen.“ Vor ihnen wurde das Geschrei der Menschen plötzlich lauter. Plötzlich schoss zwischen einer Gruppe rennender Frauen eine dunkle Gestalt hervor, die sich mit tierartigem Gebrüll von hinten auf sie stürzte. Eine Frau wurde auf das Pflaster geschleudert wo sie hilflos auf dem Bauch liegen blieb, während ihr die Kreatur mit weit aufgerissenem Maul ins Genick sprang. Integra stürmte vor. Sie holte mit dem Fuß aus und trat dem Angreifer mit all ihrer Kraft in das, was einmal ein Gesicht war.

Die Wucht schleuderte ihn nach hinten, wo er mit einem dumpfen Gurgeln gegen eine Mauer prallte, doch es dauerte nur wenige Sekunden bis er wieder auf den Füßen stand. Die blauschimmernde Haut, die sich unter der blutdurchtränkten und zerfetzen Kleidung abzeichnete leuchtete grade zu und die gelben, unwirklichen Augen traten fiebrig glänzend aus ihren Höhlen. Integra biss knurrend die Zähne zusammen, als der Ghoul jetzt Anstalten machte auf sie los zu gehen. Klauenartige Hände versuchten sie zu packen, während sie ihre übermenschlichen Fähigkeiten einsetzte um auszuweichen. Seras kam ihr zu Hilfe und nutze aus dem Hinterhalt die Gelegenheit dem Ghoul einem Arm abzureißen, doch das schien diesem nicht allzu viel auszumachen. Er versuchte weiterhin Integra zu erwischen, dabei schnappten seine Kiefer unaufhörlich auf und zu. Erst als die kleine Vampirin noch einmal nach setzte und es ihnen gelang Kopf und Rumpf voneinander zu trennen, fielen die menschlichen Überreste leblos in sich zusammen. Keuchend beugte sich Integra zu den leeren Augen hinunter, die trotz der matten Pupillen immer noch einen furchterregenden Anblick boten. Seras brachte es auf den Punkt. „Da ist kein Funken menschliches mehr zu erkennen.“ Integra nicke „Walter hat nicht übertrieben, dieses Wesen sind aus einem anderen Stoff gestrickt, als das womit wir es sonst zu tun haben.“ Sie hob den Kopf und sah die nun menschenleere Straße hinunter. Zwar wurde der Lärm von unzähligen Sirenen immer lauter, aber die Menschen hatten nichts unversucht gelassen um zu fliehen, was in Anbetracht der Umstände mehr als verständlich war.

Dennoch konnte ihr Gehör erneut Schreie vernehmen, die zu ihnen hinüber drangen. Dazwischen konnte sie jedoch noch etwas anderes ausmachen. Ein leises Lachen, das sie nur allzu gut kannte. Alucard schien sich zu amüsieren. Dieses Massaker war ganz nach seinem Geschmack. Sie schloss für einen Moment die Augen und konnte ihn vor sich sehen. Wie er sich mit sichtbarer Freude in die untote Meute warf um einen nach dem anderen zu zerfetzen. Schon früher hatte sie bei der Vorstellung einen angenehmen Schauer verspürt für dessen Existenz sie sich zwar geschämt, den sie aber trotz aller Bemühungen nie hatte abschütteln können. Jetzt, wo es nix mehr gab für das sie sich rechtfertigen oder schämen musste, genoss sie die Bilder in ihrem Kopf in vollen Zügen. Seras riss sie jedoch schnell wieder aus ihren Gedanken. „Meister Alucard und Walter scheinen nicht weit vor uns zu sein.“ Integra nickte bemüht ihre Erregung zu verbergen. „Wir sollten die Gegenrichtung einschlagen und versuchen in dem Museum, von dem Walter geschrieben hat ein bisschen mehr zu erfahren, womit wir es hier zu tun haben.“ Sie dachte daran, dass dort eventuell Maxwell und seine Iscariotgesellen noch auf sie warten konnten, aber das Risiko musste sie eingehen.

Sterno

Alucard hatte jede Menge Spaß an seiner Arbeit. Das Blut der Opfer im Keller des Museums hatte seinen geschundenen Körper gut regeneriert und die Zähigkeit seiner neuen Gegner stellte ihn endlich mal wieder vor eine Herausforderung, die er dankbar annahm. Die blauen Gestalten hatten es wirklich in sich und nicht nur dass, diese Art von Untoten konnten sich in der Tat replizieren und das mit einer erschreckenden Geschwindigkeit.

Es war kaum zu glauben, doch er und auch Walter und Anderson hatten es sehen können. Wurden die Menschen nicht vollkommen von diesen fleischfressenden Ungeheuern zerfetzt, dauerte es nicht lange bis die Metamorphose einsetzte. Eine dunkle Vorahnung entstand in ihren Köpfen, die letzten Endes von Anderson in Worte gefasst wurde. „Wenn wir es nicht schaffen sie so schnell es geht zu vernichten, wird sich das hier wie eine Seuche ausbreiten!“ Walter nickte mit sorgenvoller Miene. „Mir ist im Moment nur schleierhaft wie wir das machen sollen. Es sind einfach zu viele.“ Sie hatten eine kleine Verschnaufpause auf einem der umliegenden Dächer eingelegt, von wo aus sie die umher wandelnden Ghoule beobachten konnten. Der Vampir lachte nur schallend. „Jetzt malt doch nicht gleich alles so schwarz. Lasst uns doch erst einmal ein bisschen die Schlacht hier genießen.“ Der Priester machte ein missmutiges Gesicht während er auf seinem Handy herumdrückte. „Für dich ist das hier alles nur ein großer Spaß oder? Gibt es überhaupt irgendetwas was du ernst nimmst?“ Alucard zuckte nur mit den Schultern „Ach weißt du. Es gibt nicht viel in meinem Dasein was dazu fähig ist mich zu amüsieren.“ Damit stieß er sich vom Rand des Daches ab und sprang mit einem formvollendeten Salto wieder in die Menge von Untoten unter ihm. Anderson wandte sich zu Walter um. „Jetzt mal ehrlich der Kerl ist doch vollkommen verrückt.“ Der alte Butler lächelte nur müde „aber sehr unterhaltsam.“
 

Integra und Seras waren zunächst noch einmal zum Lieferwagen zurück gekehrt um Alucards Waffen mitzunehmen. Je besser sie sich auf eine unliebsame Konfrontation mit den Mitgliedern Iscariots vorbereiteten umso besser. Mit je einer der überdimensionalen Pistolen im Anschlag machten sich die beiden Damen anschließend auf dem Museum einen Besuch abzustatten, doch sie kamen nicht weit. Laute Hilferufe ließen sie in eine der Seitenstraße laufen, in der ein junges Mädchen verzweifelt versuchte, sich gegen die Angriffe einer der Monster zur Wehr zu setzen. Integra machte den Ghoul auf die gleiche Art und Weise unschädlich, wie Seras es zuvor geschafft hatte. Das Mädchen starrte sie darauf hin aus weit aufgerissenen Augen an. Integra wurde klar das ihre weit ausgefahrenden Fangzähne einen nicht minder furchteinflößenden Anblick boten mussten und beeilte sich so schnell wie möglich wieder menschlich auszusehen. Beschwichtigend hob sie die Hände. „Alles Gut wir tun dir nichts, wir sind hier um zu helfen.“ Doch noch immer zitterte die kleine Gestalt vor ihr am ganzen Leib.“ „Nosferati“ stieß sie plötzlich leise hervor. Seras musterte die ungewöhnliche altmodisch anmutende Kleidung. Das Mädchen sah aus als käme sie von einem Folklorefest. Der wollende Umhang, den sie schützend um sich geschlungen hatte, war allerdings am Saum blutdurchtränkt, ob wohl sie selbst vollkommen unverletzt schien. Integra war indessen immer noch bemüht sie zu beruhigen. „Wir sind vollkommen ungefährlich.“ Naja dachte Seras, das würde ich so nicht unbedingt sagen und genau das dachte wohl auch ihr Gegenüber, denn sie begann nun hektisch an ihrem Hals herum zu ziehen, dann streckte sie keuchend den Arm aus. In ihrer Hand ein kleines silbernes Kreuz, dass sie wie ein Schutzschild hoch hielt. Die beiden Vampire mussten sich trotz der ernsten Lage das Lachen verbeißen. In diesem Land glaubte man noch fest an die guten alten Symbole, doch die alleine waren wenig hilfreich, wenn es dem Träger am nötigen Glauben und Fähigkeiten fehlte.

Lady Hellsing tat dennoch so als wäre ihr damit der Weg versperrt. Sie blickte zu Seras hinüber. „Komm wir verschwinden. Vielleicht haben wir ja Glück und in der Zwischenzeit hat sich Maxwell vielleicht schon aus dem Staub gemacht und wir können uns im Museum ungestört umsehen.“ Sie wollten sich gerade abwenden, als das Mädchen an fing zu sprechen. „Das Museo Galileo? Von dort kommen sie.“
 

Maxwell und Pater Ronaldo hatten zwar versucht den Ort des Schreckens zu verlassen, doch das Verkehrschaos auf den Straßen Florenz und die Nachricht von Anderson per Handy hatte sie schnell dazu gezwungen ihre Pläne aufzugeben. Sie waren stattdessen in das leere Büro des Direktors marschiert, von wo aus Maxwell Kontakt mit Rom aufnahm. Der Vatikan versprach sofort per Hubschrauber Unterstützung zu schicken, nach dem ihr Oberhaupt den Ernst der momentanen Lage erklärt hatte. „Beeilen sie sich! Es geht um jede Sekunde!“ bellte er in den Hörer, bevor er das Gespräch beendete. Ronaldo nickte zustimmend. „Alleine wird Pater Anderson das nicht bewerkstelligen können fürchte ich, auch nicht mit diesem Hellsingvampir.“ „In der Tat, das sehe ich auch so, zumal wir nicht wissen wie viele dieser Monster da draußen überhaupt rum laufen und bzw. wie viele Menschen schon infiziert sind.“

Er wollte grade noch etwas sagen, als plötzlich die Tür des Büros aufflog. Bevor einer der Männer überhaupt reagieren konnte, starrten sie bereits in die Läufe der Jackal und der Casal die Seras auf sie gerichtet hielt. „Keiner Bewegt sich!“ fauchte die kleine Vampirin und tat dann einen Schritt zur Seite. Hinter ihr erschien Lady Integra und das junge Mädchen. „Hallo Maxwell wie ich sehe bist du gerade mal wieder dabei das zu tun, was du in brenzligen Situationen immer zu tun pflegst – nämlich nichts.“ Der Bischof und sein Sekretär rührten sich nicht. Noch immer schien ihn der überraschende Auftritt die Sprache verschlagen zu haben. Integra, die eine blaugetönte Brille trug, lächelte ohne ihre Zähne zu zeigen. Sie wies mit einem kurzen Kopfnicken auf ihre Begleitung. „Wir hingegen haben jemanden gefunden, der vielleicht ein wenig Licht ins Dunkle bringen könnte, was hier überhaupt passiert ist und mit was wir es genau zu tun haben.“

Endlich hatte Maxwell seine Stimme wieder gefunden, auch wenn die vor Ironie nur so tropfte. „Integra welch eine Freude dich zu sehen.“ Die Lady schnitt ihm mit einer barschen Handbewegung das Wort ab. „Spar dir die falschen Höflichkeitsfloskeln wir haben wichtigeres zu besprechen. Auch wenn ich dir und deinem Handlanger nur zu gerne ein paar Kugeln verpassen lassen würde. Da draußen sterben gerade duzende von unschuldigen Menschen oder verwandeln sich in Ghoule mit gespenstigen Fähigkeiten.“ „Soweit waren wir auch schon Gnädigste.“ Knurrte Enrico, doch Integra beachtete ihn nicht weiter. „Julia hier ist eine Augenzeugin. Sie war selbst bei der Zeremonie dabei, die wohl ein wenig über das eigentliche Ziel hinausgeschossen ist.“ Die beiden Männer sahen sich ungläubig an. „Sie ist die Nekromantin?“

„Nein nicht sie hat die Zeremonie durchgeführt sondern ein Mann namens Leonardo de Val.

Er und eine Gruppe von fleißigen Helfern haben die Erweckung der Toten auf der Grundlage einer Übersetzung alter Hieroglyphen durchgeführt, die vor ein paar Jahren bei Ausgrabungen in der Nähe des Nildeltas entdeckt wurden. Eine Abschrift dieser „Anleitung zur Totenerweckung“ hatte sich dieser de Val ohne Probleme besorgen können, denn dreimal darfst du raten wo der Mann gearbeitet hat.“ Ihr Finger rotierte im Kreis. „Du sitzt gerade auf seinem Stuhl.“

Maxwell und Ronaldo schnappten nach Luft. „Der Direktor dieses Museums ist der Urheber all diesen Übels?“ „Aber warum hat er das getan?“.

Integra nickte der kleinen Julia aufmuntern zu. „Erzähl den Herren was du uns eben erzählt hast.“ Diese begann unruhig ihre Finger zu kneten. Ihr flackender Blick huschte dabei zwischen den beiden Frauen, den riesigen Waffen und den Männern in Kirchenkleidung hin und her. Es war ihr im Gesicht abzulesen das sie nicht so recht wusste vor wem sie mehr Angst haben sollte. Dennoch begann sie mit zittriger Stimme an zu sprechen. „Ich kenn Senior de Val durch meinen Vater. Sie haben hier zusammen gearbeitet. Das heißt mein Vater war Archäologen, er hat Ausgrabungen gemacht.“ „Er war es der diese blasphemischen Inschriften gefunden hat?“ Fuhr Maxwell dazwischen. Julia zog eingeschüchtert die Schult nach oben. „Ja aber das habe ich erst nach seinem Tod erfahren. Meine Eltern sind vor einem Jahr bei einem Autounfall ums Leben gekommen und Leonardo, ich meine Senior de Val war es, der sich danach um mich gekümmert hatte. Er und meine Vater waren gute Freunde, nicht nur durch ihre gemeinsame Arbeit miteinander verbunden.“ Maxwell hob die Augenbrauen, sagte aber dieses mal nichts. „Der Tod meiner Eltern traf mich wie ein Schlag, ich war verzweifelt und dann hat mir Leonardo eines Abends von diesen Inschriften erzählt. Er und mein Vater hatten wohl zu Anfang selbst keine Ahnung, was sie da eigentlich gefunden hatten. Erst nach dem sich Leonardo mit den Hintergründen dieser Zeichen beschäftigte, wurde im klar was er da in den Händen hielt.“ Sie hob den Blick vom Boden, den sie seit Beginn ihrer Erzählung angestarrt hatte und sah flehend zu Maxwell hinüber. „Es ist eine Chance Julia hatte er gesagt. Wenn wir es schaffen als diese Schritte zu gehen, dann können wir den Tod besiegen. Dann können wir sie zurück holen.“ Seras die nur zu gut wusste, wie es sich anfühlte die eigene Familie zu verlieren verstand sofort, welche Verzweiflung hinter Julias Worten steckte und hätte sich solch eine Chance vor ihr aufgetan, sie hätte wohl nicht anders gehandelt, doch das Oberhaupt Iscariot sah das ganz anders. Zornes Röte stieg ihm ins Gesicht. „Niemand anderes als Gott allein bestimmt über Leben und Tod und der Mensch, als sein ehrfürchtiges Geschöpf hat dies zu respektieren.“ Integra konnte bei diesem Ausspruch einfach nicht ihre Zunge im Zaum halten. „Ach was? Für die 13 Abteilung scheint diese Regel aber wohl nicht zu gelten was?“ Der Priester funkelte sie wütend an. „Wir sind dazu da solche gotteslästerliche Handlungen zu unterbinden. Dazu zählt übrigens auch das erschaffen und abrichten von Vampiren zu Haustieren Aua!“ Um seinen letzten Worten Nachdruck zu verleihen, hatte er mit der flachen Hand auf die Schreibtischplatte gehauen, an der er saß. Dummerweise war ihm eine Reiszwecke dabei entgangen. Einen Fluch unterdrücken zog er sich das kleine spitze Ding aus dem Handballen. Sofort quoll ein dunkelroter Tropfen Blut daraus hervor.

Integra biss sich reflexartig auf die Unterlippe. Das Knurren das ihrer Kehle hinaufkroch konnte sie gerade noch in einen gespieltes Husten umwandeln.

Ihren anfänglich über aus starken Blutdurst hatte sie im Laufe der vergangenen Monate gut in den Griff bekommen, doch die letzte Mahlzeit war nicht üppig gewesen und Maxwells Lebenssaft roch verführerisch rein. Sie dachte an die letzte Begegnung mit ihm, die Lage war ähnlich. Schon wieder wollte sie ihm an die Kehle und schon wieder musste sie all ihre Willenskraft aufbringen, es nicht auf der Stelle zu tun. Dabei war es so einfach, diesen zerbrechlichen Menschen einfach zwischen den Fingern zu zerquetschen. Ihm mit einem Biss den Hals bis zum Rückrad aufzubeißen und all das hervorquellende Blut zu trinken. Dann wäre sie ihn ein für allemal los. Wie von selbst ballten sich ihre Finger zu Fäusten.

Auch Seras war das nicht entgangen. Der kleinen Vampirin gefiel das gar nicht. Das war nicht der Richtige Zeitpunkt um das Tier in sich von der Leine zu lassen. Hastig wandte sie sich an den Kommandeur von Iscariot „ Ich finde, nun da das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, sollten wir uns wohl erst mal mit der Katastrophe beschäftigen, die da draußen grade abläuft und wie wir sie stoppen können oder?“ Maxwell ging auf ihren Einwand ein und richtete seine kalten Augen auf Julia. „Also wenn diese Schriften beinhaltet haben wie man diese Zombies erschafft, dann wird doch da wohl auch drin stehen wie man sie wieder zerstören kann oder?“ Julia zuckte nur hilflos mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Niemand von uns hat diese Schriften gesehen oder gelesen, wir haben stets nur die Anweisungen befolgt, die Leonardo uns gegeben hat.“ Lady Integra hatte sich mittlerweile wieder einigermaßen im Griff. „Wo sind diese Aufzeichnungen jetzt?“ Pater Ronaldo räusperte sich „Nun, wenn mich nicht alles täuscht, liegen sie immer noch verstreut im Keller herum.“

„Also dann,“ Integra wandte sich zur Tür „worauf warten wir dann noch.“
 

Anderson und Walter hatten angefangen ein Art Team zu bilden. Walters Drähte wickelten die Ghoule ein, wobei sie bereits die ein oder andere Gliedmaße einbüßten, wären Anderson ihnen so schnell wie möglich die Köpfe von den Schultern schlug. „Sehr effektiv.“ Urteilte Alucard anerkennend. „Ich wünschte das wäre auch in deinem Fall so.“ Brummte der Priester trocken, bevor er sich einem besonders zähen Exemplar zu wandte. Der Vampir grinste frech. „Ach komm schon. Wie langweilig wäre dein Leben denn dann? Sein Kopf formte sich zu dem eines schwarzen Wolfs dem eine riesige rosa Zunge aus dem Maul hing. „Du kannst doch gar nicht ohne mich.“ Mit lautem Geheul warf er sich anschließend gegen einen Ghoul dessen verformtes Gesicht unter dem zuschnappenden Zähnen in alle Richtungen verteilt wurde.

Walter besah sich das Szenario für eine Weile. „Was für eine Schweinerei dachte er noch, dann ließ ein dunkles Dröhnen über ihnen, seinen Blick zum Himmel schnellen. Auch Anderson und Alucard hatten es gehört. „Ah die Kavallerie des Vatikans!“ „Wird aber auch Zeit“ Anderson schwenkte seine Schwerter wie ein Fluglotse. Walter hingegen schien dieser Umstand skeptischer zu sehen. Stirnrunzelnd beobachtete wie eine Anzahl Helikopter zur Landung ansetzte. „Hoffentlich haben wir nicht gleich mehr Gegner als vorher.“ Alucards Miene war immer noch heiter. „Keine Sorge die werden gleich genug damit beschäftigt sein sich die fleischgierigen Missgeburten vom Hals zu halten.“ Walter nickte, wenn auch nicht restlos überzeugt. „Was die Damen wohl grade machen?“ „O ich schätze sie räumen auf.“



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Kommentare zu dieser Fanfic (9)

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Von:  RoteRose
2017-06-20T11:05:28+00:00 20.06.2017 13:05
Tolle Fanfic bisher :)
Antwort von:  Daedun
27.06.2017 10:23
Vielen, vielen lieben Dank : ) : ) : )das bedeutet mir sehr viel
Von:  fahnm
2016-03-09T22:53:02+00:00 09.03.2016 23:53
Hammer Kapitel
Antwort von:  Daedun
10.03.2016 08:24
Vielen Danke : )
Von:  Hidan_1975
2015-12-13T22:54:51+00:00 13.12.2015 23:54
Klasse geschrieben u mit viel Spannung.
Freu mich auf das nächste Kapi.

Schönen Abend


Lg ♥♥♥♥
Von:  fahnm
2015-12-13T15:30:59+00:00 13.12.2015 16:30
Hammer Kapitel
Mach weiter so
Von:  BlauerDrachen
2015-09-22T04:30:55+00:00 22.09.2015 06:30
Super Kapitel mache Bitte weiter so 👍
Von:  fahnm
2015-09-21T23:30:19+00:00 22.09.2015 01:30
Spitzen Kapitel
Von:  fahnm
2015-06-03T23:59:43+00:00 04.06.2015 01:59
Spitzen Kapitel
Mach weiter so^^
Von:  fahnm
2014-12-20T00:58:22+00:00 20.12.2014 01:58
Klasse Kapitel
Von: abgemeldet
2013-10-18T18:17:46+00:00 18.10.2013 20:17
Interessanter Anfang.
Freue mich schon darauf, wie es weitergeht:)

LG
EnricoMAxwell



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