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Trust me

(Zorrobin)
von

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Alabasta

Robin
 

Blaue und weiße Lichtreflexe wandern über den Boden, den Wänden und dem Mobiliar hinweg und verwandeln den leicht düsteren Raum in einen mystischen Ort, während das Licht der Morgensonne sich einen Weg durch das Wasser bahnt. Kurze Tentakel von roten, gelben und orangefarbigen Anemonen wiegen sich im selben sanften und langsamen Rhythmus wie das dunkelgrüne Seegras hin und her. Ein Schwarm silberfarbiger Heringe zieht seine morgendliche Runde. Mal durchbrechen sie flink das Wasser, um dann wieder gemächlich dahin zu treiben, bis sich ein dunkler Schatten über den Schwarm legt und sie geschwind in den unzähligen und namenlosen Wasserpflanzen Schutz suchen. Bei dem Schatten handelt es sich um eine Rotkopfschildkröte, die langsam und träge immer näher kommt. Ein paar Male umrundet sie ein Seegrasblatt, bevor sie dann ihr zahnloses Maul aufreißt und es – schneller als man es dem Tier zutrauen würde – in das satte Grün der Pflanze vergräbt.

Gedankenverloren betrachte ich die Szenerie dieser geheimnisvollen Welt, deren Erforschung mir für immer verwehrt bleiben wird. Beinahe zaghaft strecke ich meine Hand aus, bis meine Fingerspitzen das dicke, kalte Glas berühren, das mich von der traumhaften Unterwasserwelt mit seinen exotischen und farbenprächtigen Bewohnern trennt. Normalerweise könnte ich Stunden damit zubringen das Treiben der unzähligen Fische und Pflanzen zu beobachten, die im künstlich angelegten Aquarium rund um das Rainbase Casino leben. Aber heute vermögen es die Seepferdchen, Anemonen, Doktorenfische, Seesterne, Welse, Kugelfische, Schildkröten und all die anderen Arten es nicht mich in ihren sonst so faszinierenden Bann zu ziehen. Heute richten sich meine Augen und meine Gedanken nur auf meine Zukunft, die hinter einem tiefschwarzen Nichts verborgen liegt.

Seufzend wende ich mich von dem Panoramabild ab und trete langsam an den dunklen Eichenholzschreibtisch heran. Etliche Papiere, Zeichnungen und Notizen liegen verstreut auf der gesamten Schreibfläche herum – ein unordentlicher Haufen aus zwanzig Jahren Arbeit, in denen ich meine Beobachtungen und Erkenntnisse niedergeschrieben habe. Das durchbrechende Licht von Sonne und Wasser schwebt schimmernd über diese Zettelwirtschaft hinweg und lässt die Worte hell aufleuchten, als liege ein Zauberbann auf ihnen.

Die letzten zwei Tage habe ich damit zugebracht, sämtliche Unterlagen immer und immer wieder durchzugehen – Zettel für Zettel, Schriftstück für Schriftstück –, bis sich die Worte ausnahmslos in mein Gedächtnis eingeprägt haben. Und doch weiß ich nicht weiter.

Zwanzig Jahre habe ich nunmehr damit zugebracht nach dem Rio-Porneglyph zu suchen. Zwanzig Jahre, in denen ich Gelehrte nach den Porneglyphen und der Verlorenen Geschichte befragt habe. Zwanzig Jahre, in denen ich alte Pergamentrollen und Bücher – dicke Wälzer mit mehr als tausend Seiten – gelesen habe. Doch nichts und niemand konnte mir bei meiner Suche weiterhelfen, bis … ja, bis Sir Crocodile vor einigen Jahren in mein Leben trat und mich Schritt für Schritt, Jahr für Jahr nach Alabasta führte.

Ehrfurcht, Faszination, Ergriffenheit – bei dem Anblick des großen, schwarzen Steinquaders im Mausoleum hatte mir, im Wissen nun endlich das Ende meiner Reise erreicht zu haben, das Herz bis zum Halse geschlagen. Umso niederschmetternder war es, erkennen zu müssen, dass dem nicht so war … dass all die Jahre der Vorbereitungen, all die Arbeit und Mühen und Anstrengungen umsonst waren – und die Wahrheit weiterhin im Verborgenen liegt.

Ein schmerzhaftes Ziehen breitet sich in meiner linken Schulter aus, als ich mich schwer in die weichen Polster des Stuhles hinter dem Schreibtisch niederlasse. Vorsichtig umfasse ich die noch frische Wunde, die unter meinem Hemd wild pulsiert und mich an die kürzlich vergangenen Ereignisse im königlichen Mausoleum von Alabasta erinnern lässt. An dem Tag, an dem ich mich eigentlich schon mit dem Tode abgefunden hatte, dessen dunkle Schwingen bereits angefangen hatten mich einzuhüllen. Das Gift hatte heiß in meinen Adern gebrannt, während das Mausoleum langsam Stein für Stein in sich zusammenbrach. Und mein Traum, mein sehnlichster Wunsch war wie ein Spiegel in tausend Einzelteile zersprungen.

„Es ist vorbei“, murmle ich leise, während meine Augen blicklos auf die Papiere vor mir gerichtet sind. Was kann ich jetzt noch tun, was ich nicht schon in der Vergangenheit getan oder versucht habe? Im Stillen verfluche ich mich dafür, dass ich Sir Crocodile nie danach gefragt habe, wie er von dem Porneglyph in Alabasta erfahren hat. Ein grober und nachlässiger Fehler, wie sich jetzt herausstellt. Denn wie auch immer die Informationsquelle ausgesehen hat, sie hätte mich vielleicht zu anderen Porneglyphen führen können. Doch jetzt ist es zu spät. Sir Crocodile befindet sich mittlerweile auf dem Weg nach Impel Down, wo ihm in einigen Wochen der Prozess gemacht wird. Und ich werde ihm schon bald folgen, wenn ich noch länger hier verweile, geht es mir durch den Kopf.

Bislang sind sämtliche Einheiten der Marine, die wegen der Rebellion nach Alabasta abkommandiert wurden, noch in der Stadt stationiert, wo sie beim Wiederaufbau helfen und den Soldaten des Königs bei ihren Pflichten unterstützen, damit wieder Recht und Ordnung in den Straßen herrschen kann. Aber es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis zumindest eine Einheit zum Rainbase Casino entsendet wird, um nach versprengten Agenten der Baroquefirma zu suchen und weitere Beweise für Sir Crocodiles Vergehen zu sammeln. Doch kann ich mich nicht dazu aufraffen mich zu bewegen oder auch nur einen Muskel zu rühren. Wie festgefroren sitze ich in der fahlen Dunkelheit einfach nur da und starre vor mir hin.

Von Anfang an schon war meine Suche zum Scheitern verurteilt. Und irgendwo in meinem tiefsten Inneren habe ich es bereits geahnt. Die Regierung hat alles dafür getan, dass die Verlorene Geschichte ein ungelöstes Geheimnis bleiben soll. Sämtliche Spuren, sämtliche Hinweise wurden anscheinend vernichtet. Jeder, der etwas über diese Zeit hätte berichten können, ist schon vor Jahrhunderten zu Staub und Knochen zerfallen. Und jedes Buch, jede Schriftrolle, jedes Fetzen Papier, das auch nur die leisesten Andeutungen hätte liefern können, wurde sicherlich verbrannt. Was bleibt mir jetzt also noch zu tun? Weitersuchen? Aber wo, und wie?

Frustriert und mit einem Anflug von Wut fege ich die Papiere mit einer einzigen Armbewegung vom Tisch, nur um meinen Ausbruch in der nächsten Sekunde zu bereuen. Ein Schmerz wie tausend Messerstiche durchfährt meinen ganzen Körper und lässt mich qualvoll aufkeuchen. Fest beiße ich die Zähne aufeinander und atme mit einem zischenden Laut tief ein, während meine Augen auf die vereinzelten Blätter gerichtet sind, die in der Luft langsam zu Boden schweben, bis der Schmerz in meiner Schulter zu einem dumpfen, anhaltenden Pochen abklingt.

Und das war es auch schon. Der kurze Energieschub, der meinen Körper befallen hatte und nur wenige Sekunden andauerte, fällt von mir ab wie unnötiger Ballast, und ich sinke kraftlos tiefer in die Polster des Stuhles zurück. Müde massiere ich mir mit den Fingerspitzen die Schläfen, während ich das Gefühl habe mich im Kreis zu drehen. Unablässig stellt sich mir die Frage, was ich jetzt tun soll – und ich habe keine Antwort darauf. Wie soll man auch ein Ziel treffen, das man nicht sehen kann?

Als ich meine Augen langsam wieder öffne, fällt mein Blick auf die Tageszeitung neben mir auf dem Boden. Die Titelseite ist stark geprägt von den Ereignissen in Alabasta. In dicken, schwarzen Lettern sind Worte zu lesen wie Der Regen ist zurückgekehrt und Prinzessin Vivi bittet um Frieden. Jedoch ist meine Aufmerksamkeit auf ein großes Foto gerichtet, von dem mir ein breit grinsendes Gesicht eines jungen Burschen entgegenblickt. Die Überschrift darüber lautet Freund oder Feind?. Genauso wenig wie die Zeitung bin ich zu einer abschließenden Antwort auf diese Frage gekommen, obwohl wir beide Gegner waren. Und dennoch …

Mühsam beuge ich mich über die Armlehne und strecke meinen Arm nach der Zeitung aus. Das Ziehen und Stechen um der Wundnaht herum, das augenblicklich einsetzt, ignoriere ich dabei geflissentlich. Lange blicke ich anschließend auf das Foto in meiner Hand hinab, ohne herausfinden zu können, was dieses Etwas ist, das den Strohhutbengel umgibt. Er und seine Kameraden unterscheiden sich von den anderen Piraten wie Tag und Nacht, obwohl sie zu den wenigen gehören, die nicht rauben und plündern.

„Du hast nicht aufgegeben“, flüstere ich dem Bild halblaut in die Stille des Raumes zu.

Nein – aufgegeben hat er nicht … nicht einmal. Und das, obwohl er einen scheinbar aussichtslosen Kampf gegen Sir Crocodile geführt hatte. Immer und immer wieder hatte er sich dem Samurai der Meere in den Weg gestellt und dabei mehr als nur einmal fast sein Leben verloren. Trotzdem hat er nicht aufgegeben und den Kopf in den Sand gesteckt. Stattdessen ist er nach jeder Niederlage wieder mit neuer Kraft und voller Energie aufgestanden und hat unbeirrt weitergekämpft … entschlossen, willensstark und siegessicher.

„Aussichtslos“, sinniere ich leise, ohne meinen Blick von dem Jungen zu nehmen, während meine Gedanken sich langsam ordnen und sich vor mir allmählich ein Licht am Ende des Tunnels zeigt. Meine Annahme, dass es niemanden mehr gibt, der von den Porneglyphen berichten könnte, ist falsch, wie mir jetzt mit aller Deutlichkeit bewusst wird. König Kobra hat von dem Porneglyph im Mausoleum gewusst und davon gesprochen, dass er und seine Familie es beschützen und bewachen sollen. Was, wenn es noch andere wie ihn gibt?

Voller Tatendrang und neu erwachter Hoffnung, greife ich nach Papier und Federkiel, um meine Gedankengänge aufzuschreiben. Obwohl ich noch nicht genau weiß, wo ich meine Suche fortsetzen soll, bin ich mir mit einer absoluten Gewissheit sicher, dass irgendwo auf der Grandline noch weitere Porneglyphe existieren. Ich muss sie lediglich finden – und dann werde ich auch eines Tages vor dem Rio-Porneglyph stehen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Stoechbiene
2014-01-11T08:07:31+00:00 11.01.2014 09:07
Vielleicht ist der Unbekannte ja eher Ruffy gewesen, wenn ich jetzt so darüber nachdenke. Na ja, du wirst den Sachverhalt sicher aufklären :)

Auch bin ich gespannt darauf zu erfahren, wie Robin's Reise weitergeht und wie letztlich das nächste Zusammentreffen aussehen wird. Die Strohhüte und Robin werden sich sicherlich nicht gegenseitig um den Hals fallen ;)

LG
Stoechbiene


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