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Federschwingen

von

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Kyrie hatte geübt. Sie war selbstständig und alleine in den Himmel geflogen und hatte dort ihrer Magie freien Lauf gelassen. Sie war an verschiedenen Orten aufgetaucht und wieder verschwunden – sie konnte wirklich allein durch Konzentration alles erreichen! Jeden erdenklichen Ort im Himmel! Sie war auch in der Nördlichen Hauptstadt an verschiedenen Hochhäusern wieder herunter gekommen. Es funktionierte. Es funktionierte wirklich! Durch den Himmel konnte sie einfach von der Universität nach Hause kommen! Eigentlich brauchte keiner sie mehr abholen, aber …

Sie schaute zu Ray, der neben ihr hockte und telefonierte. Zumindest wartete er darauf, dass jemand auf der anderen Leitung abhob. Er sagte, es würde ihm leid tun, dass er es während ihrer kurzen, gemeinsamen Zeit machte – aber Kylie hatte bloß zu dieser Stunde ihre Mittagspause. Scheinbar hatten sich weder Kylie noch seine Schwester in den letzten vier Tagen bei ihm gemeldet. Und das bereitete ihm Sorgen.

Kyrie verstand das. Sie würde vor Sorge vermutlich umkommen … vor allem, da sich eine der beiden sonst jeden Tag gemeldet hatte … Wenn man es aber als Engel betrachtete, dann waren sie wohl einfach zu beschäftigt - aber darauf wollte sie hier bei Gott nicht schwören!

„Geh ran, verdammt!“, knurrte er plötzlich ungehalten in sein Telefon, „Wenn du diese Nachricht hörst, sollst du auf ewig verdammt sein, Verdammte!“ Sichtlich genervt drückte er den Abbruchsknopf und steckte sein Handy wieder ein.

„Gehen beide nicht ran?“, überprüfte Kyrie noch einmal, woraufhin sie ein Kopfschütteln als Antwort erhielt.

„Ich verstehe es nicht“, murmelte er daraufhin, „Wieso können sie mir nicht einfach die Wahrheit sagen?“ Er schüttelte verbittert den Kopf. „Als könnte ich sie erreichen! Keiner würde extra für mich diesen langen Weg auf sich nehmen und … Geld?“ Er gab ein ablehnendes Geräusch von sich. „Als bekäme ich genug dafür.“ Er schloss die Augen. „Ich will doch nur die Wahrheit hören – die Wahrheit, wie es um meiner Mutter steht!“ Plötzlich erhob er sich. Kyrie legte aus Reaktion eine Hand auf seine Schulter.

Er schaute daraufhin kurz zu ihr. „Immerhin habe ich eine Teilschuld an ihrem Leid … Da habe ich doch das Recht und die Pflicht, mich nach ihr zu erkunden … mich … um sie zu kümmern …“

„Was ist … damals genau passiert?“, wollte Kyrie wissen, ehe sie über die Frage nachgedacht hatte. Wieso sollte er es ihr jetzt erzählen? Gerade jetzt und heute, wo er es doch sonst immer vermieden hatte?

Ray ging drei Schritte zurück und ließ sich an die Mauer sinken. Kyrie erhob sich und setzte sich neben ihnen. Und so saßen sie schweigend, an die Mauer gelehnt da, bis Ray plötzlich leise und mit zitternder Stimme anfing, seine Geschichte zu erzählen.
 

Ray war ein kleiner Junge von etwa fünf Jahren gewesen, als er eines Tages nicht zum Kindergarten gehen konnte, weil sein Bauch so fest schmerzte. Aufgrund dessen konnte auch seine Mutter nicht zur Arbeit gehen. Sie musste sich um ihren Sohn kümmern – immerhin arbeitete ihr Lebensgefährte sehr wohl und sein Vater … Sein Vater war nie da, wenn er ihn brauchte. Manchmal besuchten Rays Schwester Diane und er ihren Vater, wenn dieser Zeit für sie hatte. Doch Radiant Sonicson arbeitete sogar noch härter als seine geschiedene Frau Maria – und als Midas Kabelson, derjenige, der immer bei ihnen ein und aus ging und sich so darstellte, als wäre er wirklich Rays und Dianes Vater. Doch Ray mochte diesen Mann niemals leiden. Er war nicht sein Vater. Er würde nicht sein Vater sein. Niemals.

Er benahm sich nämlich nicht wie ein Vater. Er fragte Ray nie, ob es ihm gut ginge. Fragte Ray nie, was er so gemacht hatte und forderte ihn nie auf, mit ihm zu spielen. Ständig klagte er nur über Müdigkeit und darüber, wie hart er doch gearbeitet habe, um dieser Familie – um Marias Familie – Geld einzubringen.

Seine Mutter war zu dieser Zeit eine sehr schöne Frau gewesen. Sie hatte langes, dunkles Haar gehabt und Augen, die Smaragden glichen, mit einem Blick, der Mut und Fröhlichkeit ausstrahlte. Ein Gesicht, das Ray immer wieder aufmunterte.

Und egal wie lange sie gearbeitet hatte, egal wie müde sie war – sie nahm sich Zeit für ihre beiden Kinder. Spielte mit Diane und Ray und half ihnen bei Aufgaben. Oder blieb für sie zuhause, wenn sie krank waren.

Ray hatte sich schon immer gefragt, weshalb seine Mutter Midas so viel Vertrauen schenkte. Weshalb sie einen Mann wie ihn ins Haus ließ. Er war anders als seine Mutter – er hatte hellbraunes Haar, eiskalte, blaue Augen und ein hartes Gesicht, das einem einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Für Ray stellte er das Böse in Person dar. Er hatte seinen Vater vom Platz vertrieben. Plante, diesen Platz einzunehmen.

Doch Ray würde seinen Papa verteidigen. Ein Papa war ein Mann mit freundlichem Gesicht, mit warmen Augen und einem Lächeln, das Kindern das Gefühl gab, geliebt zu werden. Er opferte seine freie Zeit für die Kinder auf. Nicht so wie Midas, der immer da war, aber nie für sie.

„Man kann sich nicht aussuchen, in wen man sich verliebt“, hatte seine Mutter ihm einst erklärt, „Wo die Liebe hinfällt, entscheidet bloß dein Herz. Manchmal ist es ein Fehlschlag. Doch ein anderes Mal erlangst du so viel Glück, dass du vor Freude beinahe platzt.“ Sie lächelte. „Aber das wirst du noch früh genug erfahren. Letzten Endes waren alle Fehlschläge es wert, wenn du dafür auf den richtigen Weg gelangst.“ Danach hatte sie ihm durch die Haare gewuschelt und war mit ihm in den Garten gegangen, um eine Schneeballschlacht gegen ihn zu verlieren.

Seine Mutter kam überall hin mit, wohin er wollte. Seine Mutter war immer für ihn da – passte auf ihn und auf seine Schwester auf. Seine Mutter war ein Engel. Seine Mutter hatte ihnen von diesen Wesen erzählt - sie sagte, sie würden immer über einen wachen. Also musste seine Mutter ein Engel sein!

Doch am dritten Tag, an dem Ray krank im Bett gelegen hatte und seine Mutter bei ihm geblieben war, weil er sich alleine nicht zu helfen gewusst hatte, war Midas in sein Zimmer gekommen. Seine Mutter war gerade bei ihm gewesen, weil sie ihm Tee gemacht hatte.

Plötzlich stand Midas in der Tür. Ray hatte über Nacht leichtes Fieber bekommen, weshalb er die meiste Zeit über geschlafen hatte. Durch ein dumpfes Geräusch war er aufgewacht.

Midas hatte mitten im Raum gestanden. Seine kalten Augen auf seine Mutter gerichtet, welche schützend vor ihm stand.

„… dieses Balg!“, beendete Midas gerade einen Satz. Seine Stimme klang wütend, völlig erzürnt. Und seine Augen … Als Ray in diese Augen geschaut hatte, hatte er Angst. Er war bewegungsunfähig. Wie versteinert. Er wusste, dass in diesen Augen mehr war, als nur Böses. Es war absolut Böses. So böse … so viel Wut … Wieso blieb seine Mama stehen? Warum konnte sie sich noch bewegen? Hatte sie keine Angst?

„Mama …“, brachte er heraus, „Ein Teufel …“, hauchte er schockiert. Denn Midas erinnerte ihn an die Dämonen, vor welchen er Angst hatte. Die bösen Wesen aus den Geschichten, die ungezogene Kinder fraßen.

„Ray!“, rief sie überrascht aus und drehte sich zu ihm, „Du bist wach … Hier, willst du einen Schluck …“

Mit zwei großen Schritten stand Midas hinter ihr, fuhr ihr ins Genick und hob sie hoch. Das war bei seiner Größe gar nicht so erstaunlich. Maria hing in der Luft und strampelte ein wenig mit den Füßen.

„Lass mich … lass mich los!“, forderte sie mit fester Stimme. Sie schien zu versuchen, ihn mit ihren Beinen zu treffen, welche wild umher stießen.

„Ignorier mich nicht für dieses Kind!“, erklang seine zornige Stimme, „Lass dieses Balg nicht zwischen uns stehen!“

„Er ist mein Sohn!“, rief sie – plötzlich wütend. Ihre ganze Sanftheit war verschwunden, „Und jetzt lass mich auf der Stelle los und verlasse dieses Haus! Ich möchte dich nie mehr wieder sehen!“

Die Miene des Mannes erschien Ray wie versteinert. Und er war auf seine Mutter fixiert. Wut zeichnete sich noch immer auf seinem Gesicht ab. Bloßer Zorn.

Er sollte seine Mama los lassen!

Ray erhob sich schnell aus dem Bett. Gut – Midas hatte ihn nicht bemerkt!

Er nahm Anlauf und rannte ohne lange nachzudenken gegen Midas. Er rempelte den großen Mann, was ihm selbst Schmerzen bereitete, aber den Mann kaum zu stören schien.

Er schenkte ihm lediglich einen Blick, der besagte, dass Ray nichts weiter als eine Kakerlake war. Plötzlich nahm er ihn am Kragen hoch und hielt ihn neben seine Mutter – deren Gesicht mittlerweile dem einer Furie glich.

„Lass auf der Stelle meinen Sohn los, Midas!“, befahl sie laut, während sie versuchte, nach Midas zu stoßen und nach Ray zu greifen.

„Lass meine Mama los!“, rief Ray kleinlaut. Er sollte seine Mutter gehen lassen! In Ruhe lassen! Abhauen! Aus Reflex versuchte Ray, auch sich selbst aus den Klauen dieses Monsters zu befreien. Er biss ihm schnell in die Hand, die ihn festhielt.

An den Händen schien er empfindlicher zu sein. Jedenfalls heulte er kurz auf und ließ Ray anschließend fallen. Der Junge kam am Boden auf und sein ganzer Körper zitterte vor Schmerz. Sein Kopf, sein Bauch, seine Beine, seine Zähne und seine Arme …

„Du kleiner …“, knurrte Midas, „Niemand beißt mich ohne Nachspiel!“

Er griff wieder nach Ray, doch dieser rollte sich davon und erhob sich.

„Lauf weg, Ray, lauf!“, rief Maria verzweifelt, „Lauf und hole Hilfe!“

„Sei still, Frau!“ Panik war aus Midas Stimme zu hören – und daraufhin ein Klatschen.

Ray hatte die Tür des Zimmers erreicht und drehte sich noch einmal um. Midas hatte seine Mutter geschlagen! Ins Gesicht.

„Lass meine Mama in Ruhe!“, wiederholte Ray laut schreiend, „Lass meine Mama in Ruhe!“

„Mir geht es gut, Liebling!“, sagte diese nach einem kurz Moment. Sie hatte aufgehört zu strampeln. Midas hielt sie noch immer mit Leichtigkeit fest „Lauf jetzt …“

„Wenn du jetzt gehst, dann bringe ich deine Mutter um, Balg“, drohte Midas mit tonloser Stimme, „Dann hast du deine Mutter umgebracht, weil du eine ungezogene, kleine Ratte bist.“ Er klang so emotionslos. Kalt. Mörderisch. Ray glaubte ihm jedes Wort.

Er blieb stehen.

„Das würde er nicht wagen!“, schrie Maria und trat wieder nach ihm, "Bei Gott, das würde er nicht!"

„Schweig!“ Und noch ehe er die Worte fertig gesprochen hatte, warf er Maria gegen die Wand über Rays Bett. Sie krachte dagegen und landete am Bett. Ein Knacken war zu hören.

„Mama!“, entwich Ray ein panischer Schrei, „Mama!“ Er rannte reflexartig zu ihr zurück, er wollte an Midas vorbei, doch dieser packte ihn. „Mama!“

„Sei ruhig, Balg, oder du landest gleich neben ihr. Deiner Mama geht es gut“, sagte er jedoch erneut ausdruckslos. Dabei beobachtete Ray, wie sein Bett sich rot färbte, „Mama!“ Er musste ihr helfen! Musste Hilfe holen! „Mama!“

„Schau was du angerichtet hast, Ratte“, redete Midas weiter, „Du hast deiner Mutter das angetan. Wärst du nicht gewesen …“

„Mama!“ Er hielt es nicht mehr aus. Er wollte helfen! Helfen! Erneut versuchte Ray, Midas in die Hand zu beißen – doch dieser hatte dazugelernt und ließ es nicht zu. Ray spuckte ihn daraufhin an und wehrte sich mit Händen und Beinen, kratze an Midas herum.

„Balg!“, rief dieser wütend, nachdem Ray dreimal auf ihn gespuckt hatte, „Niemand benimmt sich so in meiner Gegenwart …“ Wütendes Schnauben entrang Midas.

Langsam, doch mit festen Schritten ging Midas auf die Treppe zu, die kurz nach Rays Zimmer kam. „Wenn du dich nicht sofort entschuldigst und wie ein braves Balg Ruhe gibst, dann fliegst du da runter und brichst dir alle Knochen, Ratte“, knurrte er.

„Mama!“, rief Ray ängstlich, „Mama!“ Er musste ihr helfen! Seiner Mama helfen! Er konnte jetzt nicht Ruhe geben! Midas musste ihn loslassen. Tränen der Hilflosigkeit stiegen in seine Augen, als er an seine Mutter dachte, die dort lag … Das war bestimmt Blut gewesen … Seine Mama war verletzt … blutete … Und er? Er war hier! Bewegungsunfähig … unfähig …

Er fing an zu schluchzen. Seine Mama … Sie würde bestimmt sterben … Seine Mama …

„Ich sagte …“, hörte er leise Worte, „… du sollst meinen Sohn in Ruhe lassen!“

Ray erkannte, dass seine Mama in der Zimmertür lehnte. Sie lebte! Seine Mama lebte! Sie würde ihm helfen. Da bemerkte er, dass aus ihrem Mundwinkel und ihrer Nase jede Menge Blut tropfte. Ein Arm hing schlaff an der Seite hinab … Nein … seine Mama …! So viel Blut … er musste …

Midas drehte sich zu ihr um und streckte Ray von sich über die Treppe. Eine Drohung.

„Wenn du das wagst, Midas …“, kreischte Maria, „Wenn du ihm irgendetwas tust!“ Sie hob eine Faust.

„Wenn du dich bewegst, Maria, dann fällt der Junge“, sagte der Mann gelassen, „Gib mir einfach mein ganzes Geld zurück und komm mit mir. Wir verschwinden von hier. Übergib die Nervensägen dem Vater!“

„Niemals! Nicht mehr mit dir! Ich hasse dich, Midas!“, rief Maria aus. Zornesröte bedeckte ihr ansonsten blasses Gesicht. „Und jetzt lass meinen Jungen los!“

„Dann gib mir einfach das Geld und ich verschwinde. Ich lasse euch am sozialen Abgrund liegen.“ Er lächelte sie an. „Alleine verdienst du für diese Geldfresser nicht genug. Ihr werdet einer nach dem anderen verhungern. Und ich werde lachen. Über deine Dummheit.“ Er schüttelte den Kopf. „Deine Kinder könnten noch leben, wenn du mit mir gegangen wärst und sie bei ihrem reichen Vater gelassen hättest, du dumme Mistkuh.“

Ray biss ihm daraufhin in die Hand.

Und danach ging alles ganz schnell. Midas ließ ihn los.

Seine Mutter rief seinen Namen.

Und als Ray das nächste Mal erwachte, schmerzte sein ganzer Körper. Sein Arm war verrenkt. Seine Mutter lag neben ihm.

Sie bewegte sich nicht.

Auf der anderen Seite neben ihm lag Midas. Blut trat aus seinem Kopf … neben ihm lag ein Revolver …

Ray verlor das Bewusstsein. Die Schmerzen übermannten ihn.


 


 

„Nachdem ich gefallen war, hat meine Mutter versucht, mich aufzufangen. Dafür hat sie an Midas, der ebenfalls überrascht von meinem Sturz war, vorbeimüssen. Sie muss unglücklich gestolpert sein. Jedenfalls ist sie genauso wie ich die Treppen nach unten gestürzt. Midas hat vermutlich nach uns geschaut und uns beide für tot gehalten …“ Ray hatte den Kopf geschüttelt. „Er war betrunken. Glaubte, sein Leben sei nun vorbei. Er hat sich selbst erschossen.“

Kyrie wischte sich die Tränen fort. „Deine Mutter und du …?“ Ihr Herz verkrampfte sich. Es tat weh, von so viel Leid zu hören. So weh ... Aber sie musste sich zusammen reißen. Stark sein. Für ihn.

„Ich bin gut davon gekommen. Ich lag auf der Intensivstation, da ich unzählige Knochenbrüche erlitten hatte … Alles ist gut verheilt, außer mein linker Arm … Er … mein linker Arm … Er erinnert mich jeden Tag an Midas und meine Mutter …“ Tränen standen in Rays Augen. Kyrie legte ihren Arm um ihn, drückte ihn fest an sich. Ray ...

„Meine Mutter ist vermutlich mit Wirbelsäule und Genick auf den Treppen aufgekommen. Es stand einige Wochen lang nicht fest, ob sie überleben würde. Ob sie aufwachen würde … Wie die Zukunft nun aussehen würde … Doch sie hatte … Glück. Sie kann sich nicht mehr bewegen. Nicht ein Körperteil bis auf den Kopf. Ihr Gesicht ist entstellt … und doch lächelt sie noch immer, wenn sie jemanden von uns sieht … Es ist dasselbe Lächeln …“ Tränen waren seine Wange hinab geflossen. Sie wischte seine Tränen fort und ließ ihn nicht los.

"Ich bin bei dir", flüsterte sie ihn leise zu.

Er hatte sich beruhigt gehabt, bevor ihre Eltern gekommen waren. Sie hatte sich entschuldigt. Sie hatte diese schrecklichen Erinnerungen nicht wecken wollen. Schreckliche Erinnerungen waren die lebhaftesten.

„Dieses Schwein hat Selbstmord begannen. Er floh vor dem Gesetz. Er floh vor seiner gerechten Strafe“, hatte Ray leise hinzugefügt, bevor Kyrie gehen wollte, „Flieht zu einem Gott, der ihm sowieso alles verzeiht …“

„Studierst du … deshalb Medizin und Jura?“, fragte sich Kyrie leise, als sie sich auf den Weg in den Himmel machte, „Möchtest du deine Mutter heilen und Leute wie ihn nicht so einfach davonkommen lassen? Politik, um Gesetze zu ändern?“, fragte sie sich. Ray … Wie konnte er das nur aushalten …? Er wollte seiner Mutter helfen … und jetzt verhinderten Diane und Kylie, dass er etwas über den Zustand seiner Mutter erfuhr, aber … Wenn Kyrie so darüber nachdachte … traute sie es ihm auch zu. Sie traute ihm zu, dass er, wenn es seiner Mutter schlecht ging, sich einfach in ein Auto setzte, um ins Rote Dorf zu fahren. Immerhin … immerhin war er kein Engel … Zumindest keiner im eigentlichen Sinne.

Kyrie materialisierte sich in den Himmel. Sie stand an ihrem Treffpunkt, den Nathan und sie für ihre Trainingsstunden verwendet hatten.

Doch sie würde nicht hier bleiben.

Sie konzentrierte sich. Sie wollte es unbedingt. Sie wollte es für Ray tun. Sie würde nach seiner Mutter schauen und ihm morgen sagen, wie es ihr ging. Sie … sie fühlte sich verpflichtet. Er traf sich immer mit ihr. Und sie hatte diese schlimmen Erinnerungen wieder geweckt. Sie hatte ihn zum Weinen gebracht … Sie hatte … Sie hatte außerdem die Möglichkeit in weniger als zwei Minuten zu seiner Mutter zu gelangen! Sie musste es tun.

Es war ihre Pflicht.

Ihre Pflicht als Freundin.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  MarySae
2014-09-03T06:19:58+00:00 03.09.2014 08:19
Uhhh, Rays Geschichte! Die interessiert mich natürlich auch brennend! O_O
Vorallem, weil er immer so ein großes Geheimnis draus gemacht hatte!
Aber schon seltsam, dass sich keine von den beiden meldet und sie ihm einfach nicht sagen wollen, was los ist. Er kann nun Mal nicht da sein, aber das heißt noch lange nicht, dass alles vor ihm verschwiegen werden muss! D:
Das nervt mich ein wenig, weil es mir gerade ganz ähnlich geht... Seufz...

Oh. Ich bin ein wenig... sprachlos. Ich hatte zwar schon vermutet, dass bei Ray einiges schief gelaufen war, aber so eine Horrorstory... hatte ich nicht erwartet.
Kein Wunder, dass der Kyries Vorstellung von Gott nur belächelt. Kann mir vorstellen, dass er nichts dafür übrig hat. Wenn es einen Gott gäbe, hätte er ihm auch helfen können. :(
Seine arme Mutter... Wird sich wohl nie wieder bewegen können... Immer bettlägerig bleiben und nie wieder ihre geliebten Kinder umarmen können. Traurig ;_;

Aber auch, wenn ich Kyries Idee echt gut finde, zweifle ich ein wenig daran O.o
Wie will sie (als fremde Person) etwas über den Zustand seiner Mutter erfahren? Die lassen ja wohl nicht jeden rein! Und wenn sie sagt, wer sie ist, wieso sollte sie plötzlich da im Dorf erscheinen? Und wie will sie Ray erklären, woher sie die Informationen über seine Mutter hat? O.o
Alles sehr heikel. Bin gespannt, wie du das lösen willst :)

Jedenfalls ein sehr schönes, aber bewegendes Kapitel!
Hat mir wirklich gut gefallen! :D

Viele Grüße, Mary :3
Antwort von:  RhapsodosGenesis
03.09.2014 10:21
Danke auch für dieses Kapitel! Ich bin echt überglücklich, dass die Emotionen rübergekommen sind TwT
Und dass du das traurig findest! Vor dieser Geschichte hatte ich vor allem Angst, weil ich nicht wusste, ob sie zu übertrieben ist oder ob es doch nachvollziehbar ist oder was-auch-immer D:
Aber jetz!!! >w< DANKE!!! *_*

Das kommt im nächsten Kapitel ;) Falls man das als ... Lösung betrachten kann xD

Und ja, endlich ist das Geheimnis um Ray gelüftet.
Oh, das ist aber schade :( Ich hoffe, man wird sich bei dir melden >o<

Danke noch einmal für den tollen Kommentar!! *_*


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