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Harvest Moon

The origins
von

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Unwillkommen

„Du hast die geballte Mittagssonne abbekommen, ich hab mir schon Sorgen gemacht, nachdem du nicht aufgewacht bist – ein paar Mal hab ich dich gerufen und geschüttelt, aber umsonst“

Meine Augen öffneten sich und betrachteten die junge Frau, die diese Worte zu mir gesagt haben musste. Ihr Haar war braun und lang, ihr Lachen ehrlich und ihre Augen freundlich – Attribute, die die abgenutzte Bauernkluft übertönten und das Gesamtbild aufwerteten. Ich hatte sie noch nie in meinem Leben gesehen, doch ihr unbekümmertes Lächeln machte sie mir auf Anhieb sympathisch.

„Wer..?“, formulierte ich meine Frage, während ich eine Hand gegen die grelle Sonne hob. Sie hatte ihren Kopf zur Seite geneigt, sodass die Strahlen direkt in meine Augen trafen, aber ich nahm an, dass das keine Absicht war, denn sofort nachdem sie es bemerkte, hielt sie den Kopf wieder gerade.

„..Cecilia! Kennst du mich nicht mehr? Wir haben früher hin und wieder zusammen gespielt, wenn du zu deinem Opa zu Besuch warst.“, sie wartete einige Sekunden, bis sie ein bedrücktes Gesicht machte und leise hinzufügte: „Mein Beileid, dass er nicht mehr ist.“

„Danke.“, antwortete ich und stand wacklig auf. Die Hitze kroch mir in die Glieder und die Müdigkeit machte mich fertig. Ich hoffte, dass ich mehr Energie bekam, je wacher ich wurde.

Cecilia legte eine Hand vertraut auf meine Schulter. Ich überlegte lange, doch ich hatte nur schwache Erinnerungen, wie wir früher miteinander gespielt hatten.

„Ich kann nicht glauben, dass du mich vergessen hast!“, sie klang entsetzt, aber war immernoch munter, „Aber an Muffy kannst du dich erinnern, oder? Und an Nami? Rock, an den kannst du dich noch erinnern, oder?“

„Leider nein.“, antwortete ich und leckte mit meiner Zunge über die trockenen Lippen, ich war fast vorm Verdursten.

„Ach du!“, schimpfte Celia weiter ohne viel Ernsthaftigkeit und führte mich vom Farmgelände, „Lass uns was trinken gehen, du bist doch sicher am Austrockenen..Und Muffy treffen wir in der Bar mit Sicherheit! ...Ach, ich freu mich so sehr, dass du doch endlich mal wieder da bist.“ Sie erötete leicht darüber, wie forsch sie war, doch ich machte mir nichts draus. Auf dem Land waren sie alle sehr prüde, dachte ich bei mir und fragte mich gleich darauf, wer Muffy war, und wieso wir sie in der Bar auf jeden Fall antreffen würden. Ob sie eine Trinkerin war?

Der Fußweg zur Bar ging nur wenige Minuten und Celia sprach zwischendurch ein paar Sachen an, wie lange ich bleiben würde, an wen ich mich noch erinnern konnte, ein wenig von meinem Opa, und was er getan hatte.

„Er hat oft von dir geredet, und wie schade er es findet, dass du so groß geworden bist. Er meinte, wenn du jünger wärst, hättest du mehr Zeit, ihn besuchen zu kommen.“

Ich schluckte geräuschvoll – ausgerechnet das wollte ich am wenigsten hören. Celia bemerkte ihren „Fehler“ und wandte schnell ein: „Aber du brauchst dir keine Gedanken zu machen, er wusste, dass du viel zu tun hast und hat es dir nie nachgetragen!“

Mein Gewissen wurde dadurch wenig beruhigt und ich nickte nur unamüsiert. Wir betraten schweigend die Bar, Cecilia lief vor und setzte sich direkt an den Tresen. Ich folgte ihr eher unwillig, auch wenn ich froh war, bald etwas trinken zu können. Daheim gingen die Leitungen nicht und aus dem Bach wollte ich kein Wasser trinken – auch wenn man mir versicherte, dass das Wasser rein war. Ich traute dem Braten einfach nicht.

„Cecilia!“, sprach eine hohe, feminine Stimme, sobald wir uns gesetzt hatten. Ich wühlte in meinen Hosentaschen nach ein wenig Geld und machte mir nicht die Mühe, aufzusehen.

„Hey!“, antwortete Celia, „Kannst du uns einen großen Krug Wasser bringen und für jeden ein Bier?“

„Kommt sofort! Aber Celia, was sehe ich da? Du gehst aus? Ist das überhaupt möglich mit deinem Gehalt?“

Diesen offensichtlichen Seitenhieb steckte Celia weg, und ich war mir nicht sicher, ob sie ihn überhaupt bemerkte, denn sie antwortete ganz frei und unbekümmert, dass heute eine Ausnahme wäre, weswegen sie sich etwas gönnte.

Mein Blick hob sich endlich und ich sah einer etwa gleichaltrigen Dame mit langen, blonden Locken in ihr fein geschminktes Gesicht. Die Augenbrauen waren gezupft, viel Wimperntusche aufgetragen. Für einen Stadtmensch war das Gesicht wohl ein wenig zu geschminkt und vor allem die Farben nicht sehr passend, aber hier auf dem Land musste sie eine Schönheit sein, allein schon, weil ihre Haare frisch gewaschen waren.

„Muffy“, wie der Name der Blondine war, hatte ein keckes Lächeln, das, obwohl es ebenso breit wie Cecilias schien, doch irgendwie durchtrieben war.

Sie hatte ein Bier gezapft und stellte es vor mir ab, das zweite vor Cecilia. Sie selbst nahm sich auch eins und stieß mit uns an. „Prost“, sagten sie und Cecilia, ich bediente mich ganz unabsichtlich einem „Cheers“ woraufhin die gesamte Bargesellschaft ihre Blicke in meinen Rücken zu stechen schien.

„Hier ist man Außenseiter nicht gewöhnt“, flüsterte Muffy hämisch und nippte an ihrem Bier. Im Gegensatz zu ihrem doch angenehmen Aussehen, schien sie charakterlich ein kleines Biest zu sein, aber ich erkannte nicht, ob sie es absichtlich oder unabsichtlich war.

„Mag gut sein“, stimmte Cecilia bedrückt mit ein und nahm einen großen Schluck, seufzte tief auf, lachte wieder. Dieses Lachen schien wirklich nie lange verschwinden zu wollen.

Muffy hatte ihre Ellenbogen auf den Tresen aufgesetzt und ihren Kopf in ihre Hände gestürzt – so war sie mir sehr nah gekommen. Abwartend musterten ihre grünen Augen mich, bis sie den Kopf schief legte und ein langezogenes „Naaaa?“, von sich gab. Ich hob die Augenbrauen, da ich nicht verstand, was sie wollte und die Blonde wechselte mit der Braunhaarigen einen kurzen Blick.

„Celia war überzeugt, du könntest dich an jeden erinnern“, grinste sie breit und durchtrieben, „doch ich hab dagegen gehalten. Ich bin überzeugt, du würdest nicht ein Gesicht hier erkennen.“

Da hatte sie wohl recht. Wie sollte ich mich auch an die Menschen aus meiner Kindheit erinnern können, wenn ich sie nur für einen Sommer im Jahr gesehen hatte?

„Dann hast du wohl die Wette gewonnen. Ich erkenne keinen mehr.“, auch ich nippte an meinem Krug und fuhr mit meiner Hand über mein Gesicht, rieb meine Augen. Die Müdigkeit wich nach und nach und im Kopf wurde ich um einiges fitter.

„Siehst du Celia? Hab ich's nicht gesagt? Er vergisst uns richtig schnell!“

Cecilia lächelte als Antwort darauf freundlich und schwieg. Muffy wurde von ein paar Gästen gerufen, weswegen sie keine Zeit mehr hatte, mit uns zu reden – oder letzten Endes kein Interesse daran.

Der Abend schleppte sich voran, bis ich schließlich ungeduldig austrank und mich verabschiedete. Jedes denkbare Augenpaar folgte mir bis ich raus aus der Bar war und meinen Heimweg antrat. Es wurde mir ganz einfach so bewusst: Zwar war ich nicht gerade freiwillig hier, aber willkommen geheißen hatte mich auch nicht gerade jemand.

Und so brach die Nacht an, in der mich ein neues Grauen erwartete.



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