Zum Inhalt der Seite

Die Legende von Flora und Fauna

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Eine heiße Angelegenheit

Kapitel 5 – Eine heiße Angelegenheit
 

„Ich sehe da hinten schwach Licht. Das heißt, es kann nicht mehr allzu weit sein.“ Dymar sah, wie Raphaels Gesicht aufleuchtete.

„Ja, endlich! Raus aus dieser Dunkelheit. Frische Luft!“ Und mit diesen Worten rannte er schon los. Der Kleine würde wohl nie lernen, dass Zurückhaltung erst einmal der beste Weg in dieser Welt war. Dymar sah zu, wie er durch den Tunnel flitzte und merkte, dass Tamor ihm einen strafenden Blick zuwarf.

„Was denn?“ Er zuckte mit den Schultern. So schlimm würde es wohl nicht werden, aber das sah der Kater anscheinend anders und sprang geschmeidig hinunter und lief hinter Raphael hinterher.
 

Es war wunderschön. Den Vorhang aus dichten verdorrten Ranken schob er zur Seite, um gleich darauf zurückzuweichen. Der Canyon dahinter war bevölkert von eigenartigen Ungetümen, die ihn anfauchten und ansahen, als ob er hier der Eindringling wäre. Tamor stürmte heran und stellte sich vor das dichte Rankengewirr, aber es war bereits zu spät. Eine der Kreaturen hatte sich den Kater geschnappt und zwischen den spitzen Zähnen und geifertriefendem Maul eingeklemmt. Raphael hätte wieder schwören können, dass Tamor die Augen verdrehte. Doch er war zu schockiert und dachte nicht nach. Nochmal trat er durch die Ranken, aber die Ungeheuer interessierten sich nicht mehr für ihn. Er konnte nicht sagen, was sie waren. Sie schienen aus mehreren Tierarten zu bestehen und er war sich zumindest sicher einen Schlangenkopf erkannt zu haben. Echt eigenartig.

Sie waren anmutig. Das musste er zugeben. Wie sie gazellengleich, die Canyonwand erklommen, war eine Augenweide. Wenn er nicht Tamor dazwischen erspäht hätte.

„Tamor!“ Ein lautes furchteinflößendes Fauchen wurde ihm entgegen geschleudert, aber sein Verstand hatte ausgesetzt. Der Zorn, der ihn erfasste war übermächtig. Der Kater war sein Freund. Er hatte ihn in der kurzen Zeit lieb gewonnen und er würde nicht zulassen, dass ein Rudel Was-auch-immer, ihn entführte. Der Wind frischte auf und die Windhexen trieben durch den gewaltigen Canyon auf ihn zu. Das waren prima Geschosse, die er nun mit einer Handbewegung auf die Viecher abfeuerte, damit sie den Kater freiließen.

„Gebt ihn zurück!“, schrie er sie an und wurde immer wütender. Der Sandsturm, den Dymar ihn gelehrt hatte, wäre jetzt von Vorteil gewesen, aber er beherrschte ihn noch nicht gut genug und er wollte seinen Freund nicht verletzten. Ein verzweifelter Laut drang aus seinem Mund. Er musste doch etwas tun können! Warum konnte er nicht fliegen? Es wäre ein Leichtes gewesen, ihnen auf diese Art zu folgen, aber so hatte er kaum eine Chance. Es sei denn...

Kaum hatte er es gedacht, setzte er seinen Plan auch schon in die Tat um. Er fegte den Windstoß mit beiden Händen Richtung Boden. Der Schub sorgte dafür, dass er regelrecht auf den Felsvorsprung katapultiert wurde, aber natürlich nicht hoch genug. Er musste vorsichtig sein. Ein falscher Schritt und er würde sich alle Knochen brechen. Die Felswand erschien von hier unglaublich hoch, aber er musste Tamor retten. So hüpfte er von Wand zu Wand, klammerte sich an winzige Vorsprünge, ohne daran zu denken, dass jeder Atemzug sein letzter sein könnte.
 

Doch kurz bevor er endlich das Ziel erreicht hatte, lief ihm Geifer auf das Gesicht und er schaute in mehrfarbige Augen, die ihn misstrauisch anstarrten. Er wich zurück und hoffte, dass das Ungeheuer ihn nicht fressen würde. Aber er bekam unerwartet Hilfe von einem kleinen Prinzen, der sich beschützend davor stellte. Einen Minidegen in der Hand, der eher etwas von einem Zahnstocher hatte. Aber es schien zu wirken. Die durchsichtigen lila Flügel glühten und der Gesichtsausdruck besagte nichts Gutes für das Ungeheuer, wenn es sich weiter näherte. Anscheinend war der Prinz doch autoritärer, als er gedacht hatte. Ein hoher Pfiff erklang und das Ungetüm hob dem Geräusch die Köpfe entgegen. Das Tier drehte ab und Raphael konnte sich endlich auf die Spitze des Canyons hieven. Er war erschöpft. Magie anzuwenden, war anstrengender, als es den Anschein hatte.

„Danke für deine Hilfe Kleiner.“ Der Feenprinz schien sich darüber sehr zu freuen, denn er flog sogleich auf ihn zu und drückte ihm einen süßen Kuss auf den Mund. Es kitzelte und Raphael musste sich zusammenreißen, um nicht loszukichern. Das hätte den Kleinen sicherlich tödlich beleidigt und er wollte ihm nicht noch einmal die Gelegenheit geben, seine Brustwarzen zu malträtieren.

„He, das reicht. Genug.“ Der Feenprinz hörte gar nicht mehr auf, ihn mit winzigen Küssen zu übersähen, aber er musste dem ein Ende machen.

„Wir müssen Tamor suchen.“ Die Enttäuschung in den roten Augen war unübersehbar, aber er fügte sich.
 

Die Chimäre kreiste über einem herrschaftlichen Zelt. Das Dach war offen und diese Gelegenheit nutzte sie, um den Kater hineinfallen zu lassen. Er landete weich auf einem Berg von Kissen.

„Oh, wen haben wir denn da? Ein süßes Katerchen. Willst du mit Rochiel spielen?“ Die platinblonde hoch gewachsene Frau machte ihm Angst.

„Du armer kleiner Schatz. Hat dich die Chimäre vollgesabbert? Gut, dass ich sowieso gerade baden wollte.“ Wenn ein Kater entsetzt schauen konnte, dann tat Tamor das. Baden?!
 

„Hallo, mein Hübscher, wer bist du denn?", säuselte eine Stimme in Raphaels Ohr. Der Feenprinz auf seiner Brust hüpfte hektisch auf und ab und versuchte, die Vikare mit wütenden Gesten zu vertreiben. Keiner fasste seinen Raphael an!

Sie fasste ihn am Schopf und stopfte ihn in ihre Beuteltasche. Das Brummen in der Tasche wurde hektischer, aber er hatte keine Chance, nachdem sie den Beutel geschlossen hatte.
 

Raphael öffnete verschlafen die Augen. Warum lag er hier? War er so erschöpft von der Magieanwendung gewesen, dass er eingeschlafen war? Und vor allem, wo war er?

Es war mollig warm und dämmrig. Er war mit einem Fell bedeckt, dass bei dieser Hitze absolut nicht nötig gewesen wäre. Es war schwer in der dämmrigen Hütte oder Höhle etwas auszumachen. Die Konturen waren verschwommen und er hörte viele Stimmen, die wie ein Bienenstock summten. Er fühlte sich unglaublich entspannt. Die Anstrengungen der Trainingstage waren kaum noch zu spüren, aber das erklärte nicht, warum sich sein Kopf anfühlte, als ob er in Zuckerwatte gepackt wäre. Er richtete sich auf und stellte fest, dass er sich allein in der Behausung befand. Die Stimmen schienen von überall auf ihn einzudringen. Befand er sich irgendwo im Canyon? Vielleicht in einer Höhle, die er vorher nicht gesehen hatte, als er den Kater retten wollte? Tamor! Er musste nach ihm suchen. Wer wusste, was ihm diese Biester angetan hatten. Er biss sich schmerzhaft auf die Unterlippe. Alles nur, weil er so voreilig gewesen und vorausgelaufen war. Hastig strampelte er die Decke von sich, nur um festzustellen, dass seine Hose ordentlich gefaltet auf einer Truhe lag, zusammen mit seinem Hemd. Sie hatten ihn bis auf die Unterwäsche entkleidet. Empört zog er sich eilig an. Irgendwas war anders. Der Stoff fühlte sich weicher, nicht mehr so rau an und die Löcher schienen gestopft. Er war zwar dankbar, aber was erdreisteten sich diese Vikaren, seine Sachen anzurühren?! Es konnte nur dieser Stamm gewesen sein, denn er war sich ganz sicher, dass er sich noch in der Nähe des Canyons befand. Er hoffte nur, dass sie nicht eines dieser Ungetüme vor seiner Tür postiert hatten, um ihn zu bewachen. Er wollte weder dem Löwen-, noch dem Schlangenkopf zu nahe kommen. Er ahnte, dass das tödlich für ihn enden würde. Aber er würde Tamor aus ihren Klauen befreien. Er tapste in der Dunkelheit und suchte nach einem Ausgang. Als es endlich ein wenig heller um ihn herum wurde, stellte er fest, dass er sich in einem ausgeklügelten Höhlensystem befand, dass anscheinend mehrere Bereiche miteinander verband. Er nahm sich eine Fackel, die ihm sowohl den Weg leuchtete, als auch als Waffe dienlich wäre. Schließlich mochten die meisten Tiere Feuer nicht. Gegen die Vikaren würde es nicht viel ausrichten, aber er glaubte auch nicht, dass sie seine Feinde waren. Sonst hätten sie ihn nicht unbeaufsichtigt gelassen und seine Sachen nicht erneuert. Er hoffte nur, dass sie Tamor kein Haar gekrümmt hatten. Der Feenprinz konnte gut auf sich selbst aufpassen, aber der Kater war wehrlos.

Er kam in ein großes Zelt und versteckte sich hinter einem Vorhang. Diese Viecher lagen zu den Füßen einer wunderschönen Frau. Sie hatte langes platinblondes Haar und strahlte Kraft aus. Sie war eindeutig eine Herrscherin, also musste er die Anführerin der Vikaren vor sich haben. Auf ihrem Schoß lag Tamor und ließ sich schnurrend das weiche Fell kraulen. Raphael kam sich ein wenig dumm vor, weil er sich solche Sorgen um den Kater gemacht hatte. Da lag er seelenruhig und selbst die Ungeheuer schienen sich in ihrer Nähe wohl zu fühlen. Dumm für ihn, dass sie anscheinend auch sehr gute Nasen hatten, denn sie fingen an zu knurren, als ob sie seine Anwesenheit wittern würden.

„Oh, haben wir etwa einen Gast? Komm doch her. Die Chimären beißen nicht. Zumindest nicht, solange ich es ihnen verbiete. So Schätzchen, Ruhe. Ihr seht doch, dass ihr ihm Angst macht.“ Ihr glockenhelles Lachen klang nett und furchteinflößend zugleich. Ein kleiner Sinneswandel und die Ungeheuer würden Schaschlik aus ihm machen.

„Ich möchte nur Tamor zurückhaben. Dann verschwinde ich auch gleich wieder. Mein Begleiter müsste auch jeden Moment kommen.“ Er trat aus seinem Versteck und mutig zwei Schritte auf die Amazone zu. Tamor hatte sich gestreckt, sobald er Raphaels Stimme gehört hatte und kam geschmeidig zu ihm.

„Hi, hast du mich vermisst.“ Das zufriedene Maunzen des Katers war Antwort genug und er legte sich wie eine Stola um Raphaels Hals.

„Na, du bist aber ein Süßer. Hast du auch einen Namen? Und dein Begleiter, von dem du gesprochen hast, kenne ich ihn vielleicht? Sei doch nicht so schüchtern. Setz dich zu mir.“ Sie klopfte einladend auf die Kissen und er war sich immer noch nicht sicher, ob er ihr trauen konnte. Schließlich hatte sie den Kater entführen lassen.

„Ich heiße…“ sollte er es ihr wirklich verraten? Hatten in dieser Welt Namen Macht, so wie in seiner?

„Ja, Süßer?“ Alles, war besser als Süßer genannt zu werden.

„Nenn mich Raphael.“

„Freut mich dich kennen zu lernen. Ich bin Rochiel. Du hast sicherlich schon erraten, welchen Rang ich unter den Vikaren bekleide.“ Er nickte. Er würde ihr noch nicht verraten, dass Dymar sein Begleiter war. Er bezweifelte, dass es von Vorteil war, seine Bekanntschaft mit dem mürrischen Einsiedler bekannt zu machen.

„Ich war in Begleitung einer männlichen Fee. Wo ist er? Er ist etwas so groß.“ Er zeigte auf seine Handfläche und maß circa zehn Zentimeter ab.

„Er ist jähzornig, aber ich hänge an ihm. Also wo ist er?“ Sein drohender Unterton war angesichts seiner Unterlegenheit vielleicht unangebracht, aber er würde sich nicht von einem Haufen Frauen seinen Freund wegnehmen lassen.

„Hm, ich werde Nachforschungen anstellen. Samara, die Vikare, die dich gefunden hat, könnte wissen, wo er ist.“

„Bitte, tut das. Es wäre nicht gut, wenn ihm etwas passieren würde. Er ist mein Freund und ich hänge an meinen Freunden.“

„Sicher, Süßer.“ Er zog die Augenbrauen zusammen. Sie sollte mit diesem schrecklichen Kosenamen aufhören. Er war doch keine Süßigkeit.

„Raphael. Ganz leicht. R.A.P.H.A.E.L.“

„Nun gut, Sü…ähm…Raphael-Schätzchen.“ Er verdrehte die Augen und gab auf.

„Wie wäre es, wenn wir zur Besiegelung unserer neuen Freundschaft etwas trinken?“ Er verzog missmutig das Gesicht. Alkohol in dieser Gesellschaft zu trinken, wäre sicherlich keine gute Idee.

„Nein, danke.“

„Aber es ist wirklich sehr unhöflich, das abzulehnen. Außerdem hast du nichts zu befürchten, solange du unter meinem Schutz stehst, wird niemand es wagen, dich anzurühren.“ Sie schenkte ihm einen Becher ein und ihr Blick sagte, dass sie keine Widerworte dulden würde. Also nahm er ihn in die Hand. Der einzige Vorteil war, dass Getränk kalt war.

„Daisy. Lily. Sucht nach der Fee.“ Die Chimären erhoben sich anmutig und trotteten hinaus.

„Warum ist es hier eigentlich so heiß? Überall prasseln Feuer, obwohl wir uns bereits in der Wüste befinden.“ Rochiel lachte auf und warf das lange Haar elegant über die Schulter nach hinten, sodass sie ihren eigentümlichen Duft verteilten. Es war nicht unangenehm, aber es erinnerte ihn an Rauch und den Duft nach Bienenwachskerzen.

„Das wird ja immer besser. So wie es aussieht, hast du wirklich keine Ahnung, wo du dich befindest. Moment ich zeige es dir.“ Auf einmal wurde es noch heißer um ihn herum. Rochiels Körper strahlte sengende Hitze aus und es war, als würde die Raumtemperatur schlagartig um mehrere Grad erhöht. Ihre Konturen verschwammen wie Straßen in der sengenden Sonne, wenn sie gnadenlos den Staub zum flirren brachte.

„Ich bin eine Feuer-Magierin. Eine der besten, um genau zu sein. Selbst Vulkane erzittern vor meiner Macht.“ Raphael wurde es zu heiß, es war, als ob er sich in einer Sauna befinden würde und er konnte nicht behaupten, dass er das mochte. Er sah in der Ecke einen Fächer liegen und ließ ihn kraftvoll vor und zurück schwingen.

Unbewusst fächelte er sich Luft zu und die Temperatur nahm wieder ein normales Ausmaß an.

„Interessant, wirklich interessant. Sag, wer ist dein Lehrmeister? Denn du scheinst noch nicht alles zu beherrschen. Aber für den Anfang nicht schlecht. Nicht jeder hätte es geschafft, meine Magie mit einem Fächer zu neutralisieren. Das müssen wir feiern und dann erzählst du mir, warum du hier bist. Los, trink!“



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück