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Die Legende von Flora und Fauna

von

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Verwünscht nochmal!

Kapitel 2 – Verwünscht noch mal!
 

Als sie am Ziel ankamen, traute er seinen Augen kaum.

“Ich war hier schon einmal. Aber damals erstreckte sich hier nur das Moor.” Ein Lächeln huschte über Dymars Gesicht, war aber sogleich wieder verschwunden.

“Kinder sehen hier nichts anderes, genau wie Erwachsene, es sei denn, sie sind Hexer. Es handelt sich hierbei um einen einfachen Verschleierungszauber. Also siehst du den Eingang?”

“Den kann man ja nicht übersehen. Und davon lassen sich die Menschen täuschen?”

Genau zwischen zwei Trauerweiden, teilten sich die Äste und ließen einen Durchgang frei. Das, was man dahinter sah, unterschied sich derart von der Welt, die er kannte, dass Raphael erst einmal der Atem stockte. Die Vegetation war fremdartig und dennoch vertraut. Er hatte ein Gefühl in sich, als wäre er zu Hause angekommen. Alles war so farbig und prachtvoll. Es gab Blumen in Farben, die er noch nie zuvor gesehen hatte. So intensiv und wunderschön, dass es fast schon in den Augen wehtat. Sie hatten ungewöhnliche Formen und er konnte sich nicht daran satt sehen. Noch nie hatte ihn die Natur derart fasziniert oder er hatte sie sonst einfach nur mit anderen Augen wahrgenommen. Die Bäume erstreckten sich weit in den Himmel und er fühlte sich an einen Urwald erinnert. Urwald? Er kannte das Wort nicht und trotzdem hatte er es gedacht und wusste auch, was er sich darunter vorstellen musste. Das Einzige, was unklar war, war woher er dieses plötzliche Wissen hatte. Die Bäume hatten die unterschiedlichsten Formen, manche wuchsen so weit hinauf, dass man die Baumspitzen nicht sehen konnte, mit weiten ausladenden Blättern. Andere wiederum waren ineinander verschnörkelt und bildeten ulkige Muster und Tunnel. Alles schien miteinander zu harmonieren und sich zu ergänzen. Die Pflanzen waren unvergleichbar mit allem, was er kannte und wenn ihn schon die Flora dermaßen beeindruckte, was erwartete ihn dann noch? Tamor hatte es sich auf Dymars Schulter bequem gemacht und blickte interessiert zwischen ihm und dem Tor hin und her. Es sah aus, als wollte er ihn auffordern, hindurchzutreten.

“Das beweist aber immer noch nicht, dass ich zaubern kann.”, sagte er trotzdem. Vor allem, weil er mit der Situation gerade ein bisschen überfordert war. Was war, wenn sie doch Recht hatten?

“Wir werden sehen.”, war die einzige Antwort, die er erhielt. Doch kaum waren sie zwischen den Bäumen durchgegangen, da merkte Raphael, wie sich etwas in ihm veränderte. Er spürte jeden noch so kleinen Lufthauch und es war, als würde der Wind ihm zuflüstern.

“Tamor hat Recht gehabt. Du bist ein Windmagier.”

“Aha.” Der Kater also...

“Tamor, ich denke, er glaubt uns immer noch nicht.”

Sie folgten einem verschlungenen Pfad und Raphael musste aufpassen, dass er nicht über herausragende Baumwurzeln stolperte. Nach einer gefühlten Ewigkeit spürte er Holzdielen unter den Füßen und war dankbar für den ebenen Untergrund. Doch die Erleichterung hielt nicht lange vor. Als er seinen Blick nach unten senkte, sah er, dass unter den Holzbrettern Wasser war. Sie liefen mitten durch einen Mangrovenwald. Das kannte er schon aus dem Moor, man musste genau aufpassen, wo man hintrat, damit man nicht versank. Neugierig blickte er sich um, der Wald schien sich bis in weite Ferne zu erstrecken. Als er kurz einen Blick nach hinten riskierte, sah er noch den dichten Dschungel, durch den sie gekommen waren. Die Farnblätter sahen so...lebendig aus...er hätte schwören können, dass sie gerade den Durchgang verschlossen und nichts und niemanden ohne Erlaubnis wieder hinaus lassen würden. In dem trüben Wasser sah er wieder Pflanzen, die so eigenartig aussahen, als seien sie von einem fremden Planeten. Naja, waren sie ja auch, zumindest sowas Ähnliches. Zwischendurch sah er kurz Lichter aufleuchten, doch im selben Moment waren sie gleich wieder verschwunden und er dachte, er würde sie sich nur einbilden. Jetzt fiel ihm auch auf, warum ihm das hier alles ein wenig unheimlich vorkam. Es gab keine Geräusche von Tieren, nur das stetige Plätschern des Wassers gegen die Bäume. Gespenstisch, als ob es in diesem Wald kein Leben gäbe. Er liebte die Geräusche der Natur, kleine Mäuse, die über den Waldboden huschten, Biber, die einen Stamm für ihren Damm zurecht knabberten, das Singen der Vögel und das Fiepen der Eichhörnchen, die wachsamen Schritte der Rehe und natürlich auch die schweren Schritte der Bären. Doch die einzigen Geräusche, die sonst noch zu hören waren, waren die klopfenden Schritte ihrer Füße auf den Holzbohlen.

Dymar lief immer noch schweigend vor ihm und Tamor hatte sich neugierig nach hinten gedreht. Fast sah es so aus, als wollte er seine Reaktionen beobachten. Plötzlich endete der Weg an einem Koloss von Baum. Was kam nun? Dymar legte seine Hände auf das Holz und ein schmaler Eingang öffnete sich. Raphael schüttelte ungläubig den Kopf. Das wurde ja immer kurioser. Im Baum befand sich eine Wendeltreppe, bei der ihm schon beim hinaufblicken schlechte wurde. Der Baum war mindestens hundert Meter hoch, wieviele Stufen mochten da auf ihn zukommen? Sie folgten der Treppe hinauf, aber anstatt bis nach oben zu gehen, öffnete sich nach etwa einem Drittel des Weges die Borke und gab eine Öffnung frei. Nur etwa eine Sekunde fragte er sich, wohin die Treppe noch führte, aber in diesem Moment war er eher froh, nicht bis ganz nach oben zu müssen. Als sie nach draußen traten, eröffnete sich ein Ausblick auf ein Gewirr aus Holzbrücken, Seilen und Lianen, die von einem Baum zum anderen führten. Noch nie in seinem ganzen Leben hatte er etwas Vergleichbares gesehen. Überall sah er etwas, das aussah, wie Häuser? Geflechte aus weichem biegsamen Ästen und Lianen, die das Ganze zusammenhielten. Jede hatte eine andere Form, manche sahen aus wie Kugeln, die nächsten waren dreieckförmig, ein paar eckige gab es auch. Am Seltsamsten waren die kegelförmigen und ovalen Häuser. Trotz der vielen Häuser war nicht eine Menschenseele zu sehen. Es wirkte wirklich wie ausgestorben. Sie liefen zu einer Baumwohnung, die hoch über den anderen lag. Dazu kletterten sie verschiedene Leitern hoch, die deutlich stabiler waren, als sie aussahen. Er hatte noch andere Gebilde entdeckt und war sich ziemlich sicher, dass es sich dabei um eine Art Schilfrohr handeln musste. Ein paar vertraute Pflanzen waren auch verbaut worden und er glaubte, dass Dymar sie aus seiner Welt als Baumaterial mitgebracht hatte. Seine Zweifel an der Stabilität der Konstruktion waren also nicht unbegründet.

Als sie das Haus betraten, war das Zimmer, dass er für die Wohnstube hielt, von tausenden kleinen Lämpchen erhellt. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass es Nacht geworden war, aber hier schien die Zeit anders zu vergehen. Es war doch gerade erst später Nachmittag gewesen oder seine Sinne spielten ihm einen Streich. Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihm, dass es weder Mond noch Sterne gab. Es war stockfinster. Nur diese kleinen Lichter hüpften munter hin und her. Moment, hüpften? Stirn runzelnd sah er sich eine dieser “Lampen” genauer an. Seine Augen wurden groß, als er erkannte, dass in den Lampen Glühwürmchen aufgeregt im Kreis flatterten. Sie waren zu hunderten in diesen Gläsern eingesperrt und Raphael erschien es grausam, also versuchte er eines zu öffnen.

“Das würde ich an deiner Stelle nicht tun, die Glühwürmchen werden sonst sterben und das willst du doch nicht, oder?” Streng wurde er von Dymar angesehen.

“Wieso sterben sie, wenn ich sie freilasse? So sind sie gefangen, das ist doch kein Leben.”

“Ich habe sie aus deiner Welt hierhergebracht, aber sie vertragen die Luft nicht.” Bei diesen Worten verzog sich kurz sein Mundwinkel, so als ob er auch nicht genau wüsste, woran das lag.

“Dann müssen wir sie zurückbringen.” Raphael wollte sich schon ein Glas schnappen, als ihn die folgenden Worte aufhielten.

„Ich mochte ihr Leuchten und wollte einen Teil ihrer Schönheit hier für mich haben.“ Sehnsüchtig blickte er die kleinen Tierchen an und Raphael hatte den Impuls, dass er sich wünschte auch so angesehen zu werden. Verwirrt schüttelte er den Kopf. Woher kam denn dieser abwegige Gedanke? Seit wann interessierte er sich für Männer? Und überhaupt konnte man einem Hexer nicht trauen. Statt sich mit diesem unangenehmen Thema herumzuschlagen, murmelte er sich vor sich hin.

„Aber draußen sind so viele Lichter, hast du alle diese Glühwürmchen hierhergeholt? Wer kümmert sich um sie, wenn du nicht da bist?“

„Ach, die draußen, das sind Leuchtfeen. Du solltest sie nicht ärgern. Sie können ganz schön fies werden. Ich habe nur hier drinnen Glühwürmchen und dahinten eine Leuchtfee. Sie hat mich ein bisschen zu sehr geärgert und ist zur Strafe für sieben Tage eine Lampe.“ Raphael sah sich besagte Lampe genauer an und erkannte ein zierliches Wesen, das bockig zu ihm hinaufstarrte. Der Oberkörper war mit etwas bedeckt, das ein wenig an eine Tunika erinnerte. Sie war tiefschwarz und auch die Pumphosen dazu waren sehr dunkel. Darunter schimmerte gebräunte Haut und der Blick aus den rot orangen Augen verhieß nichts Gutes.

„Hallo Kleine, geht es dir gut? Er meint es bestimmt nicht so. Zu mir war er bisher zumindest ganz nett und deshalb glaube ich, er ist gar nicht so böse, wie er tut.“

„Ach ja? Und woher nimmst du diese Gewissheit? Meinst du nicht, es ist noch ein bisschen zu früh, um so ein positives Bild von mir zu haben? Ihr Windmagier seid echt zu vertrauensselig. Nicht wahr, Tamor?“ Der Kater sah Raphael aus wissenden Augen an und wieder hatte er das Gefühl, dass er gefährlicher war, als er aussah. Die Fee in dem Glas fuchtelte nun aufgeregt mit ihren Ärmchen.

„Ich glaube, du hast ihn beleidigt, als du ihn Kleine genannt hast. Der Feenprinz wird dir das sehr lange übel nehmen. Da hast du dir ja schon was eingebrockt. Aber das müsst ihr unter euch ausmachen.“ Damit öffnete er das Glas und Raphael fragte sich, was so eine kleine Fee ihm schon Schlimmes antun könnte. Noch ein wenig orientierungslos flatterte der Feenprinz hin und her, bis ihm bewusst wurde, dass er wieder frei war. Er war nicht viel größer als Raphaels Handflächen, aber als er vor seiner Nase herumflog, überkamen ihn doch leichte Zweifel, ob es gut gewesen war, ihn zu beleidigen. Auch wenn er es nicht mit Absicht getan hatte, würde dieses Detail nicht zählen, wenn man das Funkeln in den Augen sah und mit welchem Blick er Raphael bedachte. In Windeseile war er unter sein Hemd geschlüpft und er zuckte überrascht zusammen. Dieses kleine Biest hatte sich an seiner Brustwarze festgesaugt und ließ nicht mehr los. Als er darunter griff, um ihn zu lösen, biss er ihn.

„Au! Was soll das?! Lass das!“ Für zwei Sekunden wurde seinem Wunsch nachgegeben, aber nur dafür, dass er nun die andere Seite attackierte. Das Problem dabei war, dass Raphael sehr empfindliche Haut hatte, seine Brustwarzen richteten sich steif auf und der freche Feenprinz konnte nun noch besser daran saugen.

„Mach doch was!“ flehte er Dymar an, doch dieser schaute ihn nur amüsiert an.

„Hm, ich glaube, da lag ich wohl falsch. Er scheint dich zu mögen. Jetzt hast du wirklich ein Problem.“

„Ich kann doch nicht so herumlaufen, während er an mir“, keuchte er „an mir rumsaugt. Hörst du wohl auf damit!“ wisperte er in Richtung Hemd.

„Ich denke, fürs Erste musst du wohl damit leben, Feen sind nicht für ihre Gnade bekannt.“

„Seit wann das denn? Feen sollten liebevolle verspielte Wesen sein.“ empörte sich Raphael.

„Aber das ist er doch. Er hat sich in dich verknallt und ist nun liebevoll zu dir.“ Am liebsten hätte Raphael ihm das fiese Grinsen mit der Faust weggewischt, wenn diese freche Fee nicht genau in diesem Moment wieder zugezwickt hätte.

„Verdammt! Wirst du das wohl lassen! Kann er reden?“ wechselte er abrupt das Thema.

„Eigentlich schon, aber ich denke momentan ist er dafür zu beschäftigt.“ Für dieses Augenzwinkern würde er ihn zusätzlich erwürgen, nachdem er ihn geschlagen hatte. Drohend ging er ein paar Schritte auf ihn zu, aber sogleich war es, als ob er gegen eine Wand gelaufen wäre.

„Du solltest erst einmal lernen, deine Kräfte zu kontrollieren, bevor du auf mich losgehst.“

Wütend schlug Raphael auf die unsichtbare Wand ein. Solche Tricks waren unfair.

„Ok, bring mir bei, wie du das machst.“

„Ist der Schüler endlich bereit mir zu folgen?“

„Ja, ich werde dir folgen.“ antwortete Raphael schnell.

„Wirst du alles tun, was ich sage, ohne Widerstand zu leisten?“

„Ganz bestimmt nicht!“ knirschte er zwischen den Zähnen hervor. War ja klar gewesen, dass an der Sache ein Haken war. Gereizt sah er den anderen an, der ihn nur abwartend anschaute. So ein Blick war auch entschieden unfair! Na gut, na gut, dachte er bei sich, wie schlimm konnte es schon werden?

„Also?“

„Ja! Aber...“

„Kein aber! Ja oder nein?“ Streng wurde er fixiert und ergeben senkte er den Kopf.

„Ja.“ Im Stillen fragte er sich, wozu er da eigentlich sein Einverständnis gegeben hatte, als er das Leuchten in seinen Augen sah. Tamor sah auch mehr als zufrieden aus und der freche Feenprinz schien es sich an seiner Brust gemütlich gemacht zu haben. Ihm war wirklich nicht wohl bei der Sache. Schweigend folgte Raphael dem schwarzen Zopf, der wie ein Pendel vor ihm hin und her schwenkte. Tamor hatte sich auf Dymars Schulter niedergelassen. Und sein Schwanz zuckte erregt von einer Seite zur anderen. Raphael hatte keine Vorstellung von dem, was ihn nun erwartete. Sie liefen durch ein Gewirr aus Holzbrücken und dichten Laubwänden. Am Ziel erreichten sie – wieder einmal – einen Baum mit Wendeltreppe. Raphael hoffte nur, dass es nicht wieder nach oben ging. Diesmal jedoch ging es abwärts. Immer tiefer führte er in die Dunkelheit und Raphael wurde das beklemmende Gefühl nicht los, dass sie sich unter der Erde befanden. Die Luft wurde stickiger und heißer. Dymar schien sich hingegen sehr wohl zu fühlen. Mit energiegeladenen Schritten ging er voraus. Er folgte einem Wirrwarr von Tunneln und Gängen, so dass Raphael das Gefühl hatte, sich tief in einem Labyrinth zu befinden. Endlich schienen sie ihrem Ziel näherzukommen. Raphael war froh, dass der Prinz anscheinend eingeschlafen war, da ihn schon seit einer Weile niemand mehr piesackte. Er merkte das Fliegengewicht auf seiner Schulter und sah ab und zu mal nach ihm, damit er nicht hinunterfiel. Irgendwie hatte er den Kleinen lieb gewonnen, auch wenn er nicht gut für seinen Seelenfrieden war.

„Wo sind wir hier?“

„Das gehört auch zu meinem Reich. Die Stadt in den Bäumen ebenso, aber hier fühle ich mich am wohlsten. Du bestimmt eher nicht, hm? Wind muss frei und ungebunden sein und das kann er nicht unter der Erde. Das ist der große Unterschied zwischen uns beiden. Ich bin ein Erdmagier, aber ich kann dir genug beibringen, dass du dein Element soweit beherrschst, um einigermaßen zaubern zu können.“

Skeptisch schaute er ihn an. Und der wollte sein Lehrmeister sein? Nun ja, er würde ja sehen, was da auf ihn zukam.

Immer weiter eilte Dymar voraus und Raphael hätte ihm beinahe nicht mehr folgen können.

„Wann sind wir denn endlich da? Da ist ja schon eine halbe Weltreise.“

„Hör auf zu maulen, wir sind gleich angekommen. Mal sehen, ob du dann immer noch so großspurig bist.“ Sie kamen in einen anderen Raum, der an eine Arena erinnerte.

„Hier soll ich also trainieren?“ Neugierig schaute er sich um. Der Boden bestand aus festem rot gefärbten Gestein und rundherum erhoben sich die Steine und formten einen natürlichen Kreis. Hier und da konnte er an der Decke Stalaktiten erkennen. Er fragte sich woher das Licht kam und erkannte voller Staunen, dass die Höhlendecke von allein zu leuchten schien. Die blauen Lichter waren türkis, hellblau oder hellgrün und es schien sich dabei um ein Mineral zu handeln, wenn er seinem beschränkten Wissen auf diesem Gebiet trauen konnte.

„Stell dir das mal nicht so einfach vor.“, wurden seine Gedanken unterbrochen.

„Fangen wir mit etwas Leichtem an. Erschaffe mit Hilfe deiner Konzentrationskraft einen kleinen Wirbelsturm.“

„Konzentration? Einfach dran denken? Ok, klingt einfach.“

Raphael schloss die Augen und versuchte sich zu sammeln und einen Ball aus Energie zu formen. In seinem Inneren konnte er eine Energie fühlen, die er vorher noch nie wahrgenommen hatte, aber er bekam sie nicht zu fassen.

„Geh mehr in dich hinein, nur daran denken, reicht nicht aus. Du musst die Kraft fühlen, die dein Innerstes durchfließt.“

„Das soll helfen?“ Raphael verstand nicht so genau, worauf der andere hinauswollte.

„Davon bekomme ich Kopfschmerzen.“

„Sei nicht so eine Memme, auf die Art und Weise wirst du es nie schaffen.“ Raphael spürte, dass Dymar sich ihm von hinten näherte. „Augen zu lassen und einfach locker bleiben.“ Er wartete stumm und bemühte sich, nicht zusammenzuzucken, als er eine warme Hand auf seinem Bauch spürte. Selbst durch sein Hemd konnte er die Hitze fühlen, die davon ausging und seinen Körper überzog eine leichte Gänsehaut. Raphael betete, dass Dymar diese nicht bemerkte. Stattdessen versuchte er seine Gedanken wieder auf das zu lenken, was der andere sagte.

„Spürst du es hier pulsieren? Das ist deine Energiequelle. Du musst deine ganze Kraft an diesem Punkt sammeln und dann kontrollieren. Atme gleichmäßig. Geh tief in dich hinein. Stell dir den Windhauch vor, wie er durch die Blätter der Bäume weht. Die Böe, die die Gischt des Meeres aufschäumt, die kleinen Wirbel, die den Sand der Wüste rotieren lassen.“ Raphael hatte mittlerweile am ganzen Körper Gänsehaut, aber das Zittern, das ihn durchlief war durchaus angenehm. Als er die Augen öffnete, sah er, dass sich auf seiner Handfläche ein Miniwirbelsturm befand.

„Der Wahnsinn! Das ist so ziemlich das Unbeschreiblichste, was ich je gesehen habe.“

„Und du kannst noch viel mehr.“ hauchte es in sein Ohr und Raphael zuckte erschrocken zurück. Der Miniwirbelsturm löste sich ins Nichts auf, als seine Konzentration unterbrochen wurde.

„Rück mir nicht so auf die Pelle!“

„Nun, aber das lässt sich nicht vermeiden. Wir beide müssen uns noch viel besser kennen lernen. Du musst alles lernen, was ich weiß und darüber hinaus, um in dieser Welt überleben zu können. In deiner Welt magst dich ja gut schlagen, aber hier bist du ein Nichts. Lass uns zurückgehen.“

Raphael zerbrach sich immer noch den Kopf, wie genau Dymar das gemeint hatte, dass sie sich besser kennen lernen mussten. Der Unterton hatte etwas völlig anderes ausgedrückt und ihm war nicht wohl bei dem Gedanken.

„Warum hören wir eigentlich schon auf? Ich glaube, ich habe verstanden, was ich machen muss. Sieh her.“

„Lass das. Du hast deine Kräfte noch nicht unter Kontrolle.“

„Alter Spielverderber.“ grummelte Raphael vor sich hin. Im Stillen erschuf er den ganzen Heimweg lang auf seiner Fingerspitze kleine Wirbelwinde und jonglierte sie zwischen seinen Fingern. Der Feenprinz auf seiner Schulter war auch wieder aufgewacht. Müde schaute er Raphael aus leicht verhangenen Augen an.

„Na, hast du gut geschlafen? Ich bin Raphael, wie heißt du? Hey, Dymar sagtest du nicht, Feen können sprechen?“ fragte er, als der Feenprinz ihn nur stumm ansah.

„Natürlich. Sie sind meistens nur zu schüchtern“

„Magst du mir nicht verraten, wie du heißt?“ Augen in der Farbe des Sonnenuntergangs fixierten ihn. Er überlegte anscheinend noch, ob er Raphael vertrauen konnte. Dabei hatte eher er einen Grund sich vor der Fee in Acht zu nehmen.

„Vielleicht nachher, wenn wir etwas gegessen haben. Ich glaube, er mag mich nicht.“

„Wie ich schon sagte, ich denke, das Gegenteil ist der Fall. Es ist sicher nicht schlimm, in dieser Welt den Feenprinzen zum Freund zu haben. Aber pass auf, was du sagst. Er könnte das wörtlicher nehmen, als dir lieb ist.“ Verschwörerisch zwinkerte er dem Feenprinzen zu und Raphael verstand gar nichts mehr.



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