Nu'FACES
Es war ein regnerischer Tag in Seoul und ich stand orientierungslos, einen Zettel in der Hand an einer Bushaltestelle. Ich schaute auf die Adresse und seufzte. Links und Rechts eilten Menschen an mir vorbei. Jeder schien es furchtbar eilig zu haben.
„Entschuldigung?“, fragte ich dann zurückhaltend einen jungen Mann, der sich genau wie ich unter der Überdachung vor dem Regen versteckte. Ich zeigte ihm meinen Zettel: „Ich muss da hin! Können Sie mir sagen wo ich lang muss?“
„Pledis Entertainment? Bist du ein Idol?“, antwortete er nur, ohne auf meine Frage zu antworten. Meine Wangen erröteten: „Nein, nicht wirklich! Aber können sie mir trotzdem sagen wo ich hin muss?“
Er erklärte mir, dass es keine 10 Minuten zu laufen waren und wünschte mir viel Glück. Dankend verbeugte ich mich und rannte blindlings in den Regen.
Ich war sowieso schon zu spät und wollte nicht noch mehr zeit verplempern.
Als ich vor der Tür stand war ich komplett durchnässt.
Ich legte meine Hand auf die Klinke und merkte wie mein Herz wie wild zu klopfen anfing. Endlich würde mein Traum war werden. Ich würde ein Idol sein. Ich würde Fans haben die zu mir aufsehen und die mich lieben. Ich konnte es gar nicht abwarten.
Wie aus dem nichts rempelte mich plötzlich jemand an: „Steh nicht so doof im Weg rum, Mädel.“, keifte mich ein blonder Junge an und verschwand im Gebäude. Zugleich folgten ihm drei weitere Jungs. Der Letzte im Bunde blieb kurz stehen und lächelte: „Er meinte es nicht so… er hat heute nur einen schlechten Tag.“
Etwas überrumpelt stand ich da und hielt meine Schulter.
Hatte der Blonde mich eben Mädel genannt?
Bevor ich noch weiter darüber nachdenken konnte kam mir ein Mann entgegen: „Du musst Choi Minki sein, komm bitte mit!“
Ich folgte ihm in sein Büro. Er stellte sich als der Manager der Gruppe vor, zu der ich dazukommen sollte. Ich setzte mich und er gab mir eine kleine Einleitung in den Tagesablauf und erklärte mir außerdem kurz einige wichtige Gewohnheiten meiner Mitmember, die ich, beim leben im Dorm beachten sollte. Zu guter letzt sagte er: „Wir haben außerdem noch eine bitte an dich, …“, er beugte sich mit beiden Armen über den Tisch, faltete seine Hände und senkte die Stimme: „Ich denke dir ist klar unter welchen Bedingungen wir dich gecastet haben, also halte dich auch bitte daran. Benimm dich wie es im Vertrag von dir verlangt wird, aber lass es die Jungs nicht mitbekommen, sonst bist du raus aus dem Geschäft.“
Ich schluckte. Ja, das war mir von Anfang an bewusst gewesen. Jetzt wurde es ernst.
„Wir werden dich ab heute Ren nennen. Das hört sich um einiges weiblicher an.“, er stand auf und lächelte: „Also? Darf ich dich jetzt deinen neuen Membern vorstellen? Sie sind schon ganz neugierig.“ Ich tat es ihm nach und nickte: „Ja, sehr gerne sogar.“
„Die?!“, stieß der blonde Junge aus, als ich den Raum betrat und zeigte mit dem Finger auf mich: „Na das kann ja was werden, die stand eben schon mitten im Weg rum…“
‚Ich bin doch gar kein Mädchen!’, wollte ich ihn anschreien, erinnerte mich aber sofort wieder an den Vertrag.
„Mein Name ist Ch-…Ren, freut mich euch kennen zu lernen!“, ignorierte ich den Kommentar des Blonden und lächelte schüchtern. Der Blonde verschränkte die Arme und ließ sich schwungvoll in den Sessel zurückfallen während die anderen mir lächelnd zunickten.
„Ich lasse euch jetzt mal alleine, damit ihr euch besser kennen lernen könnt.“, verabschiedete sich unser Manager und ging.
Nach einer kurzen Stille ergriff einer der Jungs das Wort und stellte sich vor: „Ich bin JR und das sind Minhyun, Aron und Baekho.“, dabei zeigte er jeweils auf die anderen.
Wir unterhielten uns eine weile lang und es schien so als verstünde ich mich sehr gut mit ihnen. Aron hatte einen lustigen amerikanischen Akzent, da er in den USA aufgewachsen ist, erzählte er mir. Auch über JR und Minhyun fand ich so einiges heraus.
Sie schienen nicht zu merken, dass ich eigentlich gar kein Mädchen war. Nur Baekho musterte mich durchgehend und redete kein Wort mit mir, was mich ein wenig nervös auf dem Stuhl hin und her rutschen ließ.
Plötzlich stand er auf: „Ich hab kein Bock mehr. Ich geh nachhause!“
Verdutzt schauten wir ihm nach. Weg war er.
„Nun, vielleicht sollten wir auch langsam zum Dorm fahren und dir alles zeigen.“, bemerkte Aron und wir machten uns auf den Weg.
„Woooow, das gehört alles uns?“, ich schaute mich im geräumigen Dorm um. Es war sehr harmonisch eingerichtet mit großen Fenstern und hellen Farben. Es gab eine offene Wohnküche und ein Schlafzimmer für jeden. Auch das Bad war geräumig mit einer großen Badewanne, die sehr einladend für lange Schaumbäder aussah.
Ich war mir sicher, dass ich mich hier wohlfühlen würde, denn es war wie im Paradies.
Mein Zimmer lag im zweiten Stock direkt neben dem von Baekho erfuhr ich. Ich hob meine Tasche an und wollte sie die Treppe hoch tragen, doch schon nach zwei Metern setzte ich sie wieder ab. Gewitzt grinste ich in mich hinein.
„Uff! Die Tasche ist so schwer!“, seufzte ich gespielt angestrengt und legte meine Hand auf meine Stirn: „Wäre einer von euch so lieb und würde mir tragen helfen?“
JR war sofort zur stelle: „Ich mach das schon.“
Er ging mit der Tasche voran in mein Zimmer und ich hüpfte hinterher.
Es hatte schon vorteile sich als Mädchen auszugeben, dachte ich.
In meinem Zimmer angekommen setzte er sie auf dem Bett ab.
„Wenn du noch was brauchst sag einfach bescheid!“, lächelte er und gingt zur Tür.
„Danke, ich werde dir bescheid geben, aber jetzt möchte ich erstmal auspacken.“, erwiderte ich und JR machte die Tür hinter sich zu.
Ich ließ mich auf mein Bett fallen. Es war ein anstrengender Tag gewesen. So viele neue Gesichter und Namen.
Ich schloss die Augen und ließ mir den Tag noch mal durch den Kopf gehen, verlor mich in meinen Gedanken und schlief schließlich ein.
