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Born in the Dark

Im Schatten geboren
von

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Schatten

Nachdenklich hatte sich Gaara an die Mauer gelehnt. Die Sonne stand hoch am Himmel und brannte unerbittlich auf den heißen Sand, der Sunagakure beherrschte. Sie kam kurz darauf und gesellte sich zu ihm. Er hatte es geahnt und sein Blick verfinsterte sich. Doch davon ließ sie sich nicht abschrecken. Mit einem fröhlichen Lächeln auf den Lippen sprach sie ihn an. Er antwortete kurz angebunden. Noch ein paar Mal versuchte sie, ein Gespräch aufzubauen. Vergeblich. Schließlich schwieg auch sie, lächelte aber demonstrativ leicht weiter.

Gaara war nahe daran, zu verzweifeln. Er konnte ihre Naivität und Leichtigkeit nicht nachvollziehen. Er mochte keine oberflächlichen Menschen. Aber immerhin war sie endlich ruhig.

Er ließ seinen Blick schweifen. Beim Knirschen des Sandes horchte er auf. Ein kleines Mädchen war zu ihnen getreten und stellte sich vor der jungen Frau auf, den Blick neugierig nach oben gerichtet. Wie immer lächelte sie ein strahlendes Lächeln.

„Na Kleine, wo kommst denn du her?“

Das Mädchen zog die Augenbrauen zusammen, schien einen Moment angestrengt nachzudenken, dann sagte es mit ernster Stimme: „Warum bist du so traurig?“

Gaara sah, wie sie für einen Moment erstarrte und die Luft anhielt. Für den Bruchteil einer Sekunde entglitten ihr ihre Gesichtszüge und sie sah fast gequält aus, doch das reichte, damit er es bemerkte.

Verwundert runzelte er die Stirn und wartete auf ihre Reaktion.

„Traurig? Wie kommst du denn darauf? Sieh mal, traurige Menschen weinen, aber ich lache. Ich bin fröhlich.“

Und wieder war da dieses strahlende Lächeln, das selbst die Sonne neidisch machte. Doch das Mädchen ließ nicht locker. „Du bist nicht fröhlich. Fröhliche Menschen sind hübsch. Du bist sehr schön, wenn du fröhlich bist, aber du bist es nicht. Du bist ganz ganz traurig.“ Zur Bekräftigung nickte das Kind.

Im Gesicht der Schwarzhaarigen war während dieser Worte eine Änderung vorgegangen.

Sie lächelte unentwegt weiter, doch es erreichte nicht mehr ihre Augen. Und als Gaara diese Augen sah, war es, als durchbohrte ihm ein eiskalter Speer das Herz.

Sie waren so voller Trauer und Leid, voller unendlichem Schmerz, dass er sich fragte, ob er die Dimension der Qual, die diese Frau durchlebte, überhaupt nachvollziehen konnte, obgleich er doch selbst unermessliches Leid kennengelernt hatte.

Nun sah er sie zum ersten Mal wirklich. Nun konnte er zum ersten Mal einen Blick auf den Menschen werfen, der sich hinter der Maske der Fröhlichkeit verbarg. Und er erschrak, als er die Wahrheit für diesen kurzen Moment erkannte.

Das Mädchen hatte sie noch einen Moment lang schweigend und mitleidig angesehen, dann war es gegangen.

Einen Augenblick war es still, doch dann wandte sich Mineko mit ihrem fröhlichen Gesicht wieder an Gaara und meinte unbekümmert „Sie scheint eine blühende Fantasie zu haben. Kinder!“

Dann blickte sie einmal auf den Stand der Sonne und verabschiedete sich mit den Worten, sie müsse noch etwas erledigen.

Gaara lauschte auf ihre sich entfernenden Schritte; dann, als er sie nicht mehr hörte, sprang er auf das nächstgelegene Dach und lief in die Richtung davon, in die sie gegangen war.
 

Nachdem sie außer Hörweite des Kazekage gekommen war, fing die junge Frau an zu rennen. Sie versuchte vor dem zu fliehen, das ihr solche Angst machte.

Zuerst dachte sie, es wäre das Mädchen, doch dann erkannte sie, dass sie die Angst eigentlich vor dem hatte, was es beinahe aufgedeckt hätte. Dieses Geheimnis musste um jeden Preis gewahrt werden. Sie hatte einen Augenblick Schwäche gezeigt und hoffte, dass es Gaara entgangen war. Jede Ahnung war gefährlich.

Das Zittern, das ihren Körper erfasst hatte, als die Kleine gegangen war, wurde immer stärker. Sie spürte, wie ihre Augen feucht wurde. Ihr Atem drohte zu einem Schluchzen zu werden. Eine Panikattacke war das Letzte, das sie jetzt gebrauchen konnte.

Mit allergrößter Anstrengung drängte Mineko die Tränen zurück und zwang sich, ruhig zu bleiben. Es war alles in Ordnung. Sie war sich sicher, dass der Kage nichts bemerkt hatte. Falls doch, wäre es möglich, dass er ihr folgte, um herauszufinden, ob er Grund zur Beunruhigung hat.

Und ob er den hatte! Aber das durfte er nicht erfahren, niemals.

Nur eine Ahnung und sie würden – sie würden ...

Das Zittern begann wieder, stärker diesmal. Sie konnte es nicht mehr kontrollieren.

Blind vor Tränen ließ sie sich gegen die Häuserwand fallen und sackte auf dem Boden zusammen. Ihr Schluchzen musste meilenweit zu hören sein, doch nun war es zu spät, sie konnte einfach nicht mehr, hatte keine Kraft mehr, ihre Maske noch länger aufrecht zu erhalten.

Sie würden sie töten. Sie würde sterben, wenn es jemand erfuhr. Und es würde ein sehr langer und qualvoller Tod werden, daran hatten sie keinen Zweifel gelassen.

Und nicht nur sie würde leiden. Auch alle anderen Bewohner ihres Dorfes waren, ohne es zu wissen, von ihrem Erfolg abhängig. Wenn sie versagte, würden sie ihre ganze grausame Willkür an ihnen auslassen.

Mineko wollte sich nicht ausmalen, welche Gräuel die Dorfbewohner erwarteten. Sie durfte es nicht so weit kommen lassen. Jetzt galt es, den Kage mit allen Mitteln davon zu überzeugen, dass alles in Ordnung war. Sollte er Zweifel gehabt haben, musste die Schwarzhaarige sie im Keim ersticken, bevor sie zu unbändigen Schlingpflanzen wurden, die sie gefangen hielten.

Mit letzter Kraft stemmte sie sich hoch, wischte sich die Tränen notdürftig mit dem Ärmel ab, atmete tief durch und zwang ihre Glieder wieder einigermaßen unter ihre Kontrolle. Dann ging sie langsam die kleine Gasse weiter, in der sie Zuflucht gesucht hatte.

Am Hintereingang eines Hauses blieb sie schließlich stehen, streckte zögernd eine Hand aus, ließ sie einen Wimpernschlag auf dem alten Holz ruhen, drückte die Tür dann auf, sah sich noch ein letztes Mal um und verschwand schließlich in der Finsternis des Gebäudes, ohne das von Sand umspielte Auge zu bemerken, das schwerelos in den Schatten schwebte.



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