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Wahre Gefühle

Wenn ungeahnte Gefühle das Leben durcheinander bringen
von

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Stöhnend, schlug er die Augen auf.

Was für eine Nacht.

Der letzte Gig der Tour, wurde am Vorabend ordentlich und würdig gefeiert. Kein Tropfen Alkohol war noch übrig, dafür hatte André schon gesorgt.

„Oh man, ich werd langsam wirklich zu alt dafür.“

Tobi schüttelte den Kopf. Bereute dies aber im gleichen Augenblick, denn ein stechender Schmerz durchfuhr seinen Kopf und eine leichte Übelkeit machte sich in seiner Magengegend bemerkbar. Er schaute sich im Zimmer um und bekam einen Schreck.

Wie, zur Hölle, sah dass denn hier in diesem Hotelzimmer aus? Leere Wodkaflaschen lagen auf dem Boden rum, ausgekipptes Bier hatte sich auf dem hellen Teppich verteilt und hinterließ hässliche gelbe Flecken.

Neben ihm lag Frank. Dieser schien noch tief und fest zu schlafen.

Eingehend mussterte Tobi, wie sich der Brustkorb von Frank hob und senkte. Friedlich sah er aus. Tobi musterte das Gesicht des Schlagzeugers. Er war fasziniert von den markanten Linien, die Frank zu etwas besonderem machten.

Sie kannten sich nun schon eine halbe Ewigkeit. Kurz nachdem Tobi die Geige bei Fiddler's Green übernommen hatte, stieß auch Frank dazu. Er übernahm das Schlagzeug. Das Beste, was der Band passieren konnte, wie Tobi fand.

Franks Schlagzeugspiel war einzigartig. Die Lockerheit, mit der er spielte als wäre es eine Nebensächlichkeit, und die Energie, die er mit seinem Spiel erzeugte, es war unglaublich.

Tobi erschrak. Neben ihm regte sich Frank, schnell löste er seinen Blick von Franks Brust.

… „Guten Morgen.“, kam es leicht krächzend aus Franks Richtung.

„Guten Morgen“, lächelnd blickte Tobi in Franks Gesicht und was er in dessen Augen sah, ließ sein Herz schneller klopfen. Es war eine Mischung aus Bewunderung und vielleicht sogar ein gewisser Hunger.

Frank blickte sich um, „was ist denn hier passiert?“

Schulterzuckend kam die Antwort „Tourabschluss!“

Ein Lachen erklang.

„Stimmt ja.“

„Hm ja.“

„Was für eine Nacht.“

Nickend blickte Tobi die leeren Flaschen an.

„Rainer wird nicht begeistert sein.“

„Oh je, der Arme.“

Tobi stellte sich das Gesicht des Bassisten vor, bei dem Telefonat, welches er am Montag sicherlich mit der Hotelleitung zu führen hatte.

Kopfschüttelnd schwang er seine Beine über den Rand des Bettes. Im Aufstehen hielt er plötzlich inne und schaute an sich herunter und erschrak abermals.

Was zur Hölle war in der Nacht passiert?

Ungläubig blickte er auf seinen nackten Körper, überall waren Spuren, die auf eine heiße Nacht hindeuteten. Seine Brust war übersäht mit Bissspuren. Seine Gliedmaßen taten weh und irgendwie hatte er total wackelige Beine als er sich aufrichtete.

Er wickelte sich das Bettlaken um die Hüfte und schaute hilfesuchend zu Frank.

„Frank, was zur Hölle ist hier passiert?“

Frank schaute nicht minder entsetzt auf Tobis Oberkörper.

„Tobi, ich weiß es nicht.“

Er blickte unter seine Decke und wurde blaß.

Der Ausdruck auf seinem Gesicht, als er dem Geiger wieder in die Augen schaute sprach eindeutig Bände.

Panisch fing Tobi an, im Zimmer hin und her zu laufen.

„Das darf nicht, sein.“

Er schüttelte den Kopf, dann blickte er sich, nach seiner Kleiung suchend, im Zimmer um.

Als er nach einer Weile alles zusammengefunden hatte verschwand er, ohne einen Ton zu sagen unter die Dusche.

In was für eine Situation hatte er sich da nur wieder gebracht.

Er legte das Laken zur Seite und stellte dann das Wasser auf heiß. Er musste sich das offensichtlich Geschehene vom Körper waschen.

Wie konnte das nur passieren, fragte er sich zum wiederholten Male.

Ja klar, er fand Frank gutaussehend für einen Mann, aber verdammt er war doch nicht schwul. Er hatte seiner langjährigen Freundin gerade erst einen Heiratsantrag gemacht und ihr versprochen, dass er nicht mehr fremdgehen würde. Und nun? Nun stand er hier mit Bissspuren auf seinem gesamten Oberkörper, wie sollte er das Nicole erklären?

Er stellte sich unter den heißen Wasserstrahl und versuchte das Geschehene von seinem Körper zu waschen. Natürlich ohne Erfolg. Die eindeutigen Spuren blieben.

Nach ungefähr zehn Minuten stellte er das Wasser ab. Er putzte sich die Zähne und wickelte sich das Handtuch, nachdem er sich abgetrocknet und angezogen hatte, um den Kopf.

So verließ er das Bad, um einem völlig nakten Frank, der seinerseits gerad im Begriff war, sich ein Laken um die Hüften zu binden, in die Arme zu laufen.

Frank, völlig überrascht, verlor das Gleichgewicht. Hilfesuchend griff er nach Tobis Arm, um sich festzuhalten und gemeinsam fielen sie auf das Bett und Tobi lag nun auf Frank. Ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.

Und da traf ihn ein Blick, aus warmen braunen Augen und mit einem Mal bekam er kaum noch Luft.

Sein Herz begann wie wild zu rasen und er konnte Frank ansehen, dass es diesem auch nicht besser erging.

Nach einer gefühlten Ewigkeit versuchte sich Tobi wieder aufzurichten, gab diesen Versuch aber auf, denn er hatte jegliche Kraft verloren. Hilflos lag er auf Frank, unfähig auch nur einen Finger zu bewegen. Und da passierte es wieder. Braune Augen, schauten ihm direkt entgegen.

Es war um Tobi geschehen. Langsam senkte er sein Gesicht, immer weiter auf Frank hinab. Bis sich ihre Lippen berührten. Ganz sanft, zögerlich. Ein Kribbeln durchfuhr Tobi als er spürte, wie Frank versuchte sich mit seiner Zunge einen Weg zu bahnen.

Unfähig auch nur einen Gedanken zu verschwenden, öffneten sich seine Lippen, wie von allein und ein forschender Tanz zweier Zungen begann. Erst langsam und zögernd, und dann immer schneller und wilder. Sie konnten nicht von einanander lassen, es war wie ein Rausch. Irgendwann genügten ihnen die Lippen nicht mehr, Tobi wollte Franks Körper mit seinen Händen fühlen. Er richtete sich auf und begann Franks Körper zu erforschen. Er streichelte Franks Brust und fuhr dann quälend langsam den Bauch entlang. Bis er an die empfindsamste Stelle kam. Er beugte sich zu Frank und gab ihm einen weiteren Kuss auf den Mund.

Er spührte, wie Frank unter seinen Fingern immer härter wurde und es machte ihn unglaublich an, zu wissen, welche Macht er über dessen Körper hatte.

So hatte Tobi noch nie gefühlt. Mit seiner Verlobten war es auch immer schön, aber dieses intensensive Gefühl hatte er mit ihr nie erlebt.

Seine Verlobte.

Plötzlich, als wenn jemand einen eiskalten Eimer voll Wasser über ihn ausgeschüttet hätte, war er wieder vollkommen in der Realität. Was zur Hölle taten sie da?

Frank, überrumpelt von Tobis plötzlichem Stimmungsumschwung, blickte Tobi an und plötzlich wurde auch ihm bewusst, was sie da gerade getan hatten.

„Oh, mein Gott, Frank. Was machen wir hier?“

„Ich weiß es nicht.“, kam die verwirrte Antwort.

Ein Klopfen an der Tür riss sie aus der Situation. Frank, der sich als erstes im Griff hatte, machte schnell einen Schritt ins Badezimmer. Dort stellte er die Dusche an und überließ es Tobi, den anderen die Tür zu öffnen.

Dieser ließ widerwillig Stefan und Rainer ins Zimmer. Ungläubig blickten sie die trockenen Flecken auf dem Teppich an.

Rainer schüttelte den Kopf und verließ das Zimmer.

Man, konnte ihm im Gesicht ansehen, was ihm für Gedanken durch den Kopf schossen. Er würde sich nun am nächsten Tag wieder mit der Hoteldirktion rumschlagen müssen. Diese Erklärungen, was da passiert war, hingen ihm schon zum Hals raus. Jedes mal musste er ausbaden, was einer der Bandmitglieder angestellt hatte.

Stefans fragender Blick veranlasste Tobi, rot anzulaufen, etwas das ihm schon seit Jahren nicht mehr passiert war.

„Tobi, sag mal was ist hier passiert? Und warum seid ihr noch nicht fertig? Wir wollen gleich los.“, nach eine kurzen Pause „... und ihr habt noch nicht mal Koffer gepackt.“

„Äh ...“, noch röter als zuvor antwortete Tobi kleinlaut „... wir haben verschlafen!“

„Ja, das seh ich. Und was ist hier passiert?“

„Du Stefan, daran kann ich mich ehrlich gesagt nicht erinnern.“

„Oh man, ihr habt es also mal wieder maßlos übertrieben.“

„So könnte man es wohl auch nennen. Ich habe keine Ahnung, wann wir ins Bett sind oder wann die Letzten aus unserem Zimmer verschwunden sind.“

Kopfschüttelnd ging Stefan zur Badezimmertür und klopfte. „Frank, mach hin wir wollen in fünf Minuten los.“

Als Antwort konnte man nur ein fluchendes Murmeln hören.

Tobi blickte sich hilflos um, er wusste nicht, wo er zuerst anfangen sollte aufzuräumen. Nach kurzem zögern ging er zu seinem Koffer und zog eine Plastiktüte hervor und fing an den Müll, der im Zimmer verstreut lag aufzusammeln.

Als er am Bett ankam stockte er. Unter seinem Bett lagen zwei benutze Kondome. Er atmete tief ein und schaute ob Stefan guckte, bevor er diese blitzschnell in der Tüte verschwinden ließ.

Wenigstens hatten sie sich geschützt, soweit hatten sie dann anscheinend doch noch mitgedacht. In was für eine Situation hatten sie sich da bloß wieder gebracht.

Kopfschüttelnd sammelte er weiter den Müll auf.

Nach und nach wurde das Zimmer wieder betretbar.

Als der ganze Müll aufgesammelt war begann Tobi seinen Koffer zu packen.

Stefan hatte sich, verabschiedet mit den Worten, dass sie in spätestens zwanzig Minuten losfahren wollten und sie sich doch bitte beeilen sollten.

Er packte gerad seine Schuhe in den Koffer als er eine Hand auf seiner Schulter spürte. Erschrocken blickte er sich um und sah Frank über sich stehen.

Tobi hatte nicht bemerkt, wie sich die Tür von Bad öffnete und Frank, nun auch frisch und voll bekleidet das Bad verließ. In seiner Hand hielt er die Waschutensilien von Tobi.

„Hier bitte.“

„Oh, danke.“, bedankte sich Tobi mit einem leicht verschobenen Grinsen. „Frank, beeil dich, die warten schon da unten auf uns.“

„Ja, ich habe es gehört. Zum Glück hab ich meinen Koffer nicht weiter ausgepackt.“

„Ja, im Gegensatz zu mir.“

Leicht lächelnd dreht sich Frank um und verstaute seine restlichen Sachen in seinem Koffer. Da stand Tobi auch schon neben ihm, bereit das Zimmer zu verlassen.

Mit einem kurzen Blick, ob alles eingepackt war, verließen sie das Hotel und liefen nebeneinder zum Tourbus, als ob nichts passiert wäre. In stillschweigender Übereinkunft, dass das was da passiert war nie wieder angesprochen werden würde.



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