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Lost In The Sunlight

von

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Decision


 

you shoot me down but I won't fall
 

Zwei Wochen waren vergangen seit Gavin Dane angesprochen hatte.

Zwei Wochen in denen sie kein weiteres Wort miteinander gewechselt hatten. Eine Zeit in der Gavin klar geworden war, wie verletzt er doch eigentlich war. Doch er hatte Sally, die ihn keine Sekunde daran denken ließ.

Bis zu ihrem jetzigen Telefonat, denn da war das elendige Thema Dane wieder auf den Tisch gekommen.

Mr. Carlson hatte gesagt, dass morgen in ihrer nächsten Unterrichtsstunde er auslosen lassen würde, wer mit wem welchen Song singen würde… Und Gavin war jetzt schon übel.

Einerseits konnte er sich nichts Besseres vorstellen, gemeinsam mit Dane singen zu dürfen. Andererseits war ihm mehr als unwohl zumute, wenn er daran dachte, was er sich alles anhören lassen müsste, wie er sich behandeln lassen müsste und darauf hatte er keine Lust.

Er war kein kleiner Junge, den Dane hin und her schicken konnte, den Dane piesacken konnte, ohne dass er dem irgendwann einmal Einhalt gebieten würde.

„Sally, du weißt, dass unser Kurs nicht gerade groß ist und die Wahrscheinlichkeit, dass ich-“

„Dann hast du doch deinen Willen. Du würdest endlich mit Dane gemeinsam singen können und gut ist.“ Irgendwie klang seine Freundin ein wenig gereizt…

Vielleicht sollte er es einfach gut sein lassen.

Gavin seufzte. „Was das alles mit sich bringen würde… Aber schon okay, belassen wir es dabei und ich werde mich morgen einfach überraschen lassen, okay?“

„Nein, nicht okay, Gavin.“ Sallys Stimme hatte wieder eine sanftere Tonlage angenommen. „Also für mich ist das ganz klar, Gavin.“

Irgendetwas an diesen Worten ließen ihn stocken. Was war ihr klar? „Aha und was?“

„Na ja… Dane ist ja nicht gerade hässlich.“

Gavin wurde nicht schlau aus ihr. Versuchte sie jetzt der direkten Frage auszuweichen? Dass Dane mehr als attraktiv war, wusste er selbst ganz genau… „Ja, na und?“

„Viele fahren ja total auf dieses arrogante Macho-Gehabe ab.“

„Sally, sag mir endlich worauf du hinaus willst.“

„Du vielleicht auch.“

Oder vielleicht besser nicht… Gavin brauchte ein paar Sekunden um zu verstehen, was seine Freundin ihm da gerade versuchte klarzumachen. Irgendwie klang es so… offensichtlich, aber es war völliger Quatsch.

„Willst du etwa behaupten, ich hätte mich in Dane verknallt?“ Insbesondere, wenn er es aussprach.

„Genau.“ Und noch vielmehr, als Sally seine Vermutung bestätigte.

„Das wüsste ich ja wohl besser.“

„Weißt du’s?“

In manchen Situationen hasste er ihre Unnachgiebigkeit, ihre Sturheit. Er schwieg. So unglaublich es auch klingen mochte, diese einfache Frage zu beantworten viel ihm sichtlich schwer.

„Gavin? Ich mei-“

„Nein.“ Am anderen Ende der Leitung hörte er Sally scharf die Luft einziehen. „Ich weiß es auch nicht besser.“

Warum hatte er nicht einmal genauso stur sein können wie sie? Warum hatte er nun zugegeben, dass sie wohlmöglich Recht hatte? Oh, er könnte sich selbst ohrfeigen.

„Aber in Dane verlieben wirst du dich nicht, okay?“

Das klang verdammt nach einer Warnung. Gavin musste etwas wehleidig lächeln.

Der Nachdruck in Sallys Stimme war nicht zu überhören gewesen. Aber vielleicht konnte er sich auch getäuscht haben und es schwang eher Sorge mit. Gavin konnte es nicht mehr so genau zuordnen. Sein Gehirn versagte ihm den Dienst. Es war spät und er sollte vielleicht lieber schlafen gehen.

Ein Glück für ihn, dass seine gute Freundin ihn nun nicht sehen konnte. „Nein.”

Denn es war eiskalt gelogen…
 

. . .
 

„Es werden Sie sowohl klassische, als auch moderne Stücke erwarten. Seien Sie gespannt.“

Toll. Gavin sank das Herz in die Hose. Wenn er einen Song bekommen sollte mit dem er nichts anfangen konnte und dann auch noch einen Partner, der Zusammenarbeit unmöglich machte, war eine gute Note für ihn gelaufen.

Am liebsten würde er sich jetzt unter dem Tisch verstecken, sodass er Mr. Carlsons forschendem Blick entgehen konnte.

Nachdem er gestern Abend aufgelegt hatte, war es ihm nicht möglich gewesen einzuschlafen. Gavin hatte immer und immer wieder darüber nachgedacht, was Sally gesagt hatte…

Dass er sich in Dane verguckt hatte, leugnete er auch gar nicht, aber verlieben…? Der Blonde behandelte ihn wie ein Stück Dreck, da konnte er sich doch nicht in diesen Mann verlieben… Doch ehe sich Gavin versah, wurde er sich bewusst, dass er wieder länger über Dane nachgedacht hatte, als gut für ihn war – und, dass das mit dem Verlieben trotz allen Ärgernissen gar nicht einmal so abwegig war.

„So, einmal hineingreifen, Gavin.“ Mr. Carlson war zu ihm getreten. Er hielt einen kleinen Stoffbeutel. Darin würden sich wohl die Zettel mit ihren Namen befinden. „Wir losen erst das Stück aus.“ Oder eben so.

Er atmete einmal tief durch. Es war ja erst der Song… Gavin steckte die Hand in den Beutel und zog einen der Zettelchen hervor. Nachdem er ihn auseinander gefaltet hatte, traute er seinen Augen nicht. Firework

„Wunderbar. Das kann ich mir so lebhaft vorstellen. Ein ganz wunderbarer Song, der so wunderbar zu Ihnen passt, Gavin.“

Firework…

Wenn Mr. Carlson jetzt noch einmal ‚wunderbar’ sagte, würde er an die Decke gehen.

„Nun gut, jetzt Ihr Partner.“ Sein Lehrer hielt ihm nun einen anderen Beutel hin.

Gavin wurde schlecht. Gott, ihm schlotterten die Knie. Warum konnte er denn nicht alleine singen…?

Das gleiche Spiel. Hand hinein, Zettel hinaus. Er traute sich nicht das Papier zu entfalten.

„Nun machen Sie schon, Gavin.“

Auf das Drängen Mr. Carlsons hin, entfaltete er den kleinen Zettel und wäre am liebsten auf der Stelle im Erdboden versunken – oder vom Blitz erschlagen oder irgendwie anders hier verschwunden.

Gavins Blick suchte Dane.

Der verstand anscheinend sofort und wurde kreidebleich.

„Ohne mich!“ Dane stand auf. „Bestimmt nicht mit dem Typen da! Ganz bestimmt nicht.“

„Dane, setzen Sie sich. Sie kennen nicht einmal den Song.“

Gavin fühlte sich diffamiert. Öffentlich bloßgestellt, ob dieser Reaktion… Es tat weh. Der Song war gut… lag ihm, soweit er sagen konnte. Dane als Partner… wäre schön gewesen…

„Song?“, knurrte der Blonde nur.

„Firework von Katy Perry.” Mr. Carlson schien die Anspannung zu spüren, wollte sie aus der Welt schaffen.

Als Dane quasi die Kinnlade hinunterklappte, war für Gavin klar… das würde nichts werden.

„Endlich. Mein Traumpaar, ich hatte gehofft, dass Sie zusammen singen würdet. Ihre Stimmen harmonieren sicherlich wunderbar miteinander.“

Na toll…
 

. . .
 

Obwohl er nicht gerade bester Stimmung war, hatte sich Gavin dazu entschlossen Dane auf dessen Verhalten anzusprechen.

Doch es war ihm keine Möglichkeit geboten. Der Blonde hatte sofort nach dem Unterricht die Flucht ergriffen.

Sie hatten Mittagspause und wie üblich verbrachte Gavin diese mit Sally. Er hatte ihr erzählt, was in seinem Kurs passiert war.

Seine Freundin hatte versucht ihn aufzuheitern, allerdings erfolglos.

Gavin hatte feststellen müssen, dass sie sich selbst widersprach. Auf der einen Seite versuchte sie ihn daran zu hindern, dass er sich den aufkommenden Gefühlen gegenüber Dane hingab… auf der anderen Seite versuchte Sally ihn davon zu überzeugen, dass dieses gemeinsame Projekt seine Chance sein könnte.

Doch seine Chance worauf? Dane näher zu kommen? Niemals. Das war auf seine Träumereien beschränkt.

Gavin hob hilflos die Schultern. Seine Motivation verflüchtigte sich zusehends. War klar gewesen, dass ihm irgendetwas in der Art hier passieren würde…

Sally schlug mit einem Mal auf die Tischplatte, sodass Besteck und Geschirr klirrten. Erschrocken zuckte er zusammen und sah sich um, ob irgendjemand sie nun anstarrte, aber nein. Das Geräusch schien im allgemeinen Lärm untergegangen zu sein.

Als Gavin sich dann wieder seiner Freundin zuwandte, blickte er in ein erzürntes Gesicht.

„Man, ich versteh dich einfach nicht. Du stehst auf der Sonnenseite des Lebens und suchst dir selbst den auch noch so kleinsten Flecken Schatten. Gavin, wie kannst du nur? Du hast Freunde, du hast mich, die Lehrer lieben dich und du kriegst super Noten.“ Sally schaute enttäuscht aus. „Und dann machst du dir selbst so einen Kummer, der echt nicht sein muss.“

Er seufzte ergeben. Sie hatte ja Recht. Mit allem, was sie da sagte… „Bin vom richtigen Weg abgekommen, was…?“ Es war vielmehr ein Spaß, aber Sally nahm ihn anscheinend beim Wort.

„Ja, bist du. Komm. Wir suchen Dane und dann klärst du das wegen dem Auftritt. Immerhin geht es um euer beiden Noten.“ Die Braunhaarige packte Gavin am Handgelenk, zog ihn vom Stuhl auf.

Sie stürmte Richtung Ausgang, ließ alles stehen und liegen. Ihm selbst blieb keine andere Möglichkeit, als diese Prozedur über sich ergehen zu lassen. Wenn er ehrlich war, wollte Sally ja auch nur das Beste für ihn.
 

. . .
 

Gavin diskutierte gerade mit Sally, ob er es schon wieder wagen sollte und Dane aus heiterem Himmel ansprechen konnte. Sie war eindeutig dafür, er zeigte sich dagegen.

Es gab noch nichts, was mehr belästigen konnte… Aber vielleicht nutze Gavin diesen Umstand auch nur, um sich seiner Angst zu ergeben und um eine unangenehme Situation herumzukommen, ja, sich zu drücken.

Allem Anschein nach hatte er seinen buchstäblichen Tritt in den Hintern benötigt, den seine Freundin ihm so eben verpasst hatte.

Maulend, um auszuweichen, war Gavin wenige Schritte nach vorne gestolpert. In die Richtung, in der Dane mit einigen Freunden stand und sich unterhielt.

Spätestens jetzt durfte der Blonde ihn dann ja wohl bemerkt haben. War keine gute Idee von Sally gewesen, gar keine gute Idee, denn Danes Blick sprach Bände.

Doch Gavin wollte sich nun auch nicht weiter unterkriegen lassen und ging zielstrebig auf die kleine Gruppe zu.

Allerdings wurde es ihm schwieriger gemacht, als gedacht. Dane verabschiedete sich kurzerhand von seinen Freunden und ging los, die nahe liegende Treppe hinauf. Gavin zögerte nicht, schritt entschlossen hinterher. Er hatte zwar keine Lust auf irgendwelche Spielchen, aber was sein musste, musste eben sein, wenn es zum erwünschten Erfolg führen würde.

„Dane, können wir reden?“

Die kurze Pause, die darauf folgte, ließ Gavin schon vermuten, dass Dane sich dazu entschlossen hatte ihn schlichtweg zu ignorieren.

„Nein“, kam es ihm dann jedoch als Antwort entgegen.

Langsam kam Gavin sich lächerlich vor. Sie hatten die Treppe mittlerweile hinter sich gelassen und Dane war keinen Schritt langsamer geworden und war stehen geblieben.

„Dane, bitte. Es geht um unseren Auftritt.“

Das war die Notbremse gewesen – die auch tatsächlich funktioniert hatte. Der Blonde war abrupt stehen geblieben und hätte Gavin nicht ausreichend genug Abstand gehalten, wäre er direkt mit Dane zusammengestoßen.

„Mach ihn alleine, verdammt! Mit dir werde ich bestimmt nicht singen.“ Man konnte die Wut in seinen Augen erkennen.

Doch Gavin würde jetzt keinen Schritt zurück machen. „Wieso nicht? Was hab ich dir getan?“

Dane war an ihn herangetreten, hatte sich zu ihm gebeugt und seine Hand in den Hemdkragen gekrallt. Gegen Nähe hatte Gavin nichts einzuwenden, aber so

„Du bist geboren worden, du elendiger Dreckskerl.“

Das war schlimmer als ein Schlag mit der Keule. Er schwieg. Was sollte er auch sagen? Sich zu entschuldigen kam nicht in Frage.

Gavin war eingeschüchtert, sagte immer noch nichts, auch nachdem Dane von ihm abgelassen hatte und wortlos gegangen war. Vielleicht sollte er doch wieder zurück in sein Schneckenhaus…
 


 

. . .
 

Gavin war gerade mit Sally auf dem Weg zum Unterricht, als er eine allzu bekannte Stimme hinter sich hörte, die nach ihm rief.

Er drehte sich um und vor ihm stand tatsächlich sein Gesangslehrer.

„Ich werde Sie nicht lange aufhalten, Gavin. Ich wollte mich nur erkundigen, ob Sie mit Dane auf einen Nenner gekommen sind, was Ihren Auftritt betrifft. Immerhin ist er kein leichter Partner.“

Ja, was sollte er denn darauf antworten? Sollte er lügen? Sollte er die bittere Wahrheit erzählen, dass Dane die Zusammenarbeit hingeschmissen hatte, ehe sie überhaupt begonnen hatte? So oder so war es eine miese Situation für Gavin…

Außerdem hatte er gegenüber seiner Freundin kein Wort über diese unangenehme Unterhaltung mit Dane verloren. Als Sally sich erkundigt hatte, war seine einzige Antwort eine wegwerfende Handbewegung gewesen. Vielleicht auch aus dem Grund, da er zu diesem Zeitpunkt zu Worten noch nicht wieder fähig gewesen war.

„Wir haben bislang noch keinen Termin an dem wir üben könnten.“ Das entsprach der Wahrheit und verschleierte die eigentlichen Gegebenheiten.

Gavin schätzte Mr. Carlson so ein, dass er ihnen wohlmöglich entgegenkommen würde und die Projektphase ein wenig verlängern würde, aber darauf verlassen tat Gavin sich nicht.

Sally stand schweigend neben ihm. Wenn sie sich nun noch einmischen würde, wäre er einem Nervenzusammenbruch nahe, so viel stand fest.

„Verstehe, nutzen Sie die Zeit. Aber wenn er Probleme macht, kann ich versuchen mit ihm zu reden. Doch seien Sie sich sicher… die Konkurrenz schläft nicht.“ Mit einem Zwinkern verabschiedete sich sein Lehrer und ließ Gavin mit seiner Freundin zurück.

Der Eindruck, dass Mr. Carlson mehr Freund als Lehrer war, festigte sich von Tag zu Tag.

„Der ist lustig.“ Was eine Feststellung.

„Ja, Sally. Klar.“ Gavin war die Antriebslosigkeit in Person. Erst war er der festen Überzeugung gewesen, dass es machbar sein würde und nun… stand er hier mit hängenen Schultern, weil Dane ihm Dinge gegen den Kopf gepfeffert hatte, die dem Fass den Boden ausschlugen.

Das nannte man dann wohl Wechselbad der Gefühle.
 


 

. . .
 

Carlson hatte einen Knall. Das war Dane nun vollkommen klar geworden.

Der Typ hatte ihn aus seinem Geschichtsunterricht geholt mit der Begründung, dass sie dringend miteinander reden mussten.

Als hätte das nicht bis zur nächsten Stunde warten können! Seit Gavin an der Schule und in seinem Kurs war, lief doch alles drunter und drüber. Der Lehrer spielte verrückt, alles drehte sich um diesen Knirps und er- ja, was er?

Am Anfang war es Dane so leicht gefallen gegen Gavin zu hetzen. Doch irgendwann und aus einem Grund, den er nicht benennen konnte, hatte er begonnen nach einer Erklärung für seinen Hass zu suchen. Jede, die er sich geben konnte, war absurder als die andere. Auch, dass Gavin für ihn Konkurrenz darstellen könnte, war vollkommen aus der Luft gegriffen gewesen. Sie waren zwei gänzlich unterschiedliche Musiker. Welten lagen zwischen ihnen. Da konnte auch Gavins Stimme nichts wettmachen.

Hätte Mr. Carlsons ihn nicht bedrängt, ja, beinahe schon erpresst, hätte Dane niemals eingelenkt.

Die feinen Härchen in seinem Nacken stellten sich augenblicklich bei dem Gedanken daran, was er gleich tun würde, auf. Er sträubte sich regelrecht dagegen.

Noch konnte er einen Rückzieher machen, aber dann würde man ihm keine Ruhe lassen.

Gavin stand alleine vor dem Schwarzen Brett und schaute es sich bereits eine Weile an. Gut, Angriff. Dane würde die Gelegenheit nutzen, dann musste er dem Knirpsen wenigstens nicht hinterher rennen. „Hey.“

Der Kleinere drehte sich um und schaute ihm direkt ins Gesicht. Ein Anflug von Unglauben war in dessen Augen zu lesen. Für Dane irgendwie verständlich.

„Hallo Dane.“ Warum war diese atemberaubende Singstimme nun so tonlos?

„Komm ja nicht auf die Idee, dass ich hier bin um mich bei dir zu entschuldigen.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. Wer wusste schon, was in Gavins Kopf vor sich ging. Dane wurde nicht schlau aus ihm und das ging ihm ziemlich auf die Nerven.

Genauso wie dieses merkwürdige Lächeln, das Gavin ihm nun zeigte, er aber nicht deuten konnte.

„Nein, wie könnte ich denn auch darauf kommen?“ Den Sarkasmus konnte er sich allerdings sparen…

„Ich wollte dich nur fragen, ob du heute Abend Zeit hast. Bei mir daheim würden Dex und ich proben und wenn du dann vorbeikommen würdest, würde ich zwei Dinge auf einen Streich erledigen… Wenn du verstehst.“ Entweder er würde annehmen oder ablehnen, aber dann hätte es sich für Dane erledigt. Er war Gavin und Mr. Carlson, der selbsternannte Schutzpatron des Kleineren, nun entgegengekommen und damit reichte es auch. Eine zweite Chance würde er Gavin nicht geben.

Man konnte beinahe sehen, wie es in dem Kopf seines Gegenübers arbeitete. Dane wollte ihn gerade anweisen, gefälligst schneller zu denken, doch er kam nicht dazu.

„Ich werde da sein. Wie viel Uhr?“

Irgendwie hatte er doch gehofft, Gavin würde ablehnen…

„Um acht. Komm nicht zu spät, das mag ich nicht.“

„Alles klar. Danke dir, Dane.“
 

. . .
 

Gavin hatte bis kurz vor acht Uhr nicht gewusst, wie er das hatte einschätzen sollen. Aber nun war es ihm egal. Er war hier, stand vor Danes Haustür und wartete, dass man ihm öffnete.

War vielleicht keine gute Idee gewesen sofort zuzustimmen, aber er hatte das ungute Gefühl gehabt, dass es auf Ewigkeiten die einzige Chance sein würde.

Er hörte Stimmen von innen, die näher kamen, bis die Tür geöffnet wurde. Dane stand vor ihm.

Der Blonde wirkte hier in seiner vertrauten Umgebung viel entspannter… „Hey, komm rein.“

„Dane! Sturmfrei ist das Beste, was man haben kann und weißt du auch wie-“

Dexter war gerade mit einer Bierflasche in der Hand aus einem anderen Raum gekommen und hielt in der Bewegung inne, als er Gavin entdeckte. „Hey Gavin.“

„Hi Dexter.“ Ein Lächeln legte sich unweigerlich auf sein Gesicht.

„Alles klar?“

„Muss ja.“ Ihm war nicht großartig danach zu reden. Es hatte ihn schon einiges an Überwindung gekostet, sich doch aufzuraffen um hierher zu kommen. Diese Aktion war ihm einfach zu suspekt gewesen – und war sie immer noch.

Dexters Blick daraufhin war etwas irritiert, aber Gavin ließ sich nichts anmerken.

„Gut, wenn du nun hier bist, würde ich vorschlagen, dass wir uns erst an die Probe für unseren Kurs machen. Wenn wir damit fertig sind, kannst du ja wieder gehen.“

Danke… „Einverstanden.“ Dane war entspannter, aber genau der gleiche gefühlskalte Typ wie in der Schule auch.

Der Blonde führte sie durch einige Räume, bis sie letzten Endes an ihrem Ziel angekommen zu sein schienen. Dexter ließ sich samt Flasche sofort hinter sein Schlagzeug fallen.

Beeindruckendes Teil, wie Gavin fand.

Dex entging dieser Blick wohl nicht, er grinste ihn nur freudestrahlend an. „Ansehnlich das gute Stück, was?“

Gavin wollte gerade antworten, doch Dane kam ihm zuvor. „Können wir uns jetzt endlich mal konzentrieren?“ Das zum Thema entspannt… Er war wohl der Grund, warum Dane immer so eine schlechte Laune an den Tag legte…

„Ich konzentrier mich die ganze Zeit, Dane.“

„Halt die Klappe, Dex.“

Mit seinen Freunden ging er anscheinend nicht viel besser um, als mit ihm. Gavin fragte sich in diesem Augenblick ernsthaft, wie Dexter das mitmachen konnte.

Der Angesprochene zuckte nur mit den Schultern und wandte sich ab. Ihm schien das wohl zu nervenaufreibend zu werden.

„Wir sollten zuerst schauen, wie wir die Lyrics aufteilen und wo deine Stärken liegen.“ Dane kramte nach irgendwelchen Zettel, die auf dem Klavier im Raum lagen.

Doch Gavins Gedankengang war an etwas anderem hängen geblieben… Seine Stärken?

Seit wann war der gute Dane denn so bemüht? Oder war es einfach wieder nur die Arroganz, dass er so oder so eine perfekte Leistung abliefern würde?

Gavin sagte nichts dazu, nahm nur den Zettel entgegen, der ihm gereicht wurde.

Dexter war in der Zwischenzeit mit seinem Bier beschäftigt. Dane und er gingen den Text durch.

Es war ein kleines Wunder, dass sie diese erste Hürde ohne weitere Streitigkeiten bewältigen konnten. Der Blonde zeigte ihm sogar ein Lächeln, bei dem sich Gavin abwenden musste, sonst wäre er augenblicklich rot geworden.

„Jungs, ihr habt mich ja nicht vergessen, oder?“ Dex klang belustigt, warum auch immer.

„Mach deinen eigenen Kram, man.“

„Eine dritte Meinung wäre allerdings nicht verkehrt.“ Gavin bereute es in der Sekunde darauf, diesen Gedanken ausgesprochen zu haben. Er wusste auch ganz genau warum, denn die angenehme Stimmung war mit einem Schlag beendet. Da hatte er sich anscheinend zu weit vorgewagt, wie er an Danes Blick erkennen konnte.

Wie sagte man so schön? Angriff war die beste Verteidigung. Ehe der Ältere irgendetwas erwidern konnte, setzte Gavin nach. „Mir ist egal, wie sehr du mich jetzt anmaulen willst, Dane. Ich mag dich, daran wird sich nichts ändern.“

Ein Schockmoment trat ein. Doch dann ließ Dane alles stehen und liegen, was er gerade in den Händen gehabt hatte und war schneller von Gavin weg, als dieser gucken konnte.

„Alter, hör zu! Ich hab dir hiermit eine Chance gegeben, dich mal in bisschen bessere Kreise aufzuschwingen, als mit deiner kleinen, durchgedrehten Freundin, ja? Und du schmeißt das wegen so einem Scheiß und so einer dummen Bemerkung weg?! Ey, bist du noch ganz dicht im Kopf?!“

Warum schrie er ihn denn nun an? „Ich schmeiß gar nichts weg.“ Moment. Bessere Kreise? Was fiel Dane eigentlich ein? Er konnte ihn nach Lust und Laune beleidigen, aber nicht Sally. „Nur-“

„Nichts nur. Hau schon ab.“

Das ließ er sich nicht zweimal sagen. „Gut, wir sehen uns in der Schule – wenn es zu spät sein wird. Aber lass dir gesagt sein, dass ich es auch alleine durchziehen werde.“

Für ihn war das Maß der Dinge erreicht. Dieser Ausraster war vollkommen überzogen und unnütz gewesen.

„Is’ mir scheißegal!“

Doch Gavin wusste ganz genau, dass es Dane alles andere als scheißegal war.
 


 

. . .
 

„Dane… warum hast du denn jetzt so übertrieben?“

Diese Ruhe, die Dexter zeigte, brachte ihn in Situationen wie diesen noch zusätzlich um den Verstand. „Hab ich nicht, du Bastard!“

„Ey, komm runter… Außerdem find ich seine Freundin eigentlich ganz süß…”

„Hast du jetzt auch noch ‘nen Knall? Mein Gott, nur noch Idioten.” Er tigerte unruhig durch den Raum. Irgendwohin mit seiner überschüssigen Energie. Da kam ihm Dexter gerade gelegen, auch wenn es ziemlich unfair war.

„Du bist hier der Idiot, Dane. Du ganz allein.”

Dane schnaubte verächtlich. Was wusste Dexter schon…

„Ich habe seit längerem dieses Gefühl… Keine Ahnung, woher es kommt. Vielleicht liegt es einfach daran, dass ich mit dir befreundet bin und irgendwie anders sensibilisiert bin. Aber der Junge steht echt auf dich und-“

„Und was?!“

Dexter war unruhig, das sah man ihm an. Anscheinend war er sich nicht genau sicher, wie er es sagen sollte…

Dane kochte innerlich vor Wut. Ein falsches Wort und er würde explodieren… Gavin stand auf ihn? Natürlich und er würde sich morgen zum Kaiser von China krönen lassen. Das war lächerlich. Absurd.

„Hey, ich bin immer noch der einzige, der es weiß, oder?“

Der Blonde knirschte mit den Zähnen. Ungeliebtes Thema… „Ja.“

Sein Kumpel spielte nervös mit seinen Sticks. Klimperte hier, wirbelte da. Das machte Dane nur noch aggressiver. „Und hör endlich auf wie verrückt herumzufuchteln!“

„Okay, okay… Schon okay.“ Dexter ließ die Sticks sinken. Allem Anschein nach zu urteilen, war ihm nicht unbedingt nach einem Streit zumute…

„Warum fragst du?“ Er war ein wenig ruhiger geworden, war er doch eigentlich recht froh um die Anwesenheit seines Freundes.

„Ich glaube, dass dich das, was du da mit dir herumschleppst, in letzter Zeit besonders bedrückt… richtig?“

„Wieso… sollte es?“ Worauf wollte er hinaus…?

„Gott, Dane. Du bist genauso in Gavin verknallt, wie er in dich!“

Kurze Zeit war sein Gehirn einfach blank. War er das? Nein. Das war vollkommen absurd. Er konnte den Bengel nicht ausstehen. Egal, wo er ihn antraf, drängte er sich in den Vordergrund. Selbst wenn er nicht anwesend war, hieß es in seinem Kopf immer Gavin, Gavin, Gavin. Wie er Gavin wieder ausstechen konnte, wie er Gavin klarmachen konnte, dass- Gavin.

„Du hast ’nen Knall, Dex.“

„Glaub ich zwar eher weniger, aber musst du ja besser wissen. Ich verzieh mich. Mit dir ist heute nichts mehr anzufangen.“

Dane biss die Zähne zusammen. Scheiße…
 


 

. . .
 

„Gavin! Warte eine Sekunde!“

Er war gerade über die Straße, als er den Ruf hörte und sich umdrehte. In der Dämmerung erkannte er Dexter, der direkt auf ihn zukam. „Dexter? Was machst du denn jetzt hier?“

„Wollte mit dir reden.“

Gavin seufzte. Bestimmt nicht im Auftrag von Dane, aber er konnte sich ja einmal anhören, was Dex zu sagen hatte. „Worüber? Wenn du das meinst, was da gerade abgelaufen ist… das ist doch schon alltäglich geworden.“ Er versuchte selbst die Situation ein wenig auszugleichen, es sich nicht allzu sehr zu Herzen zu nehmen.

„Ja, genau.“

„Ich verstehe nicht ganz…“

„Tut mir Leid, dass Dane dich so angefahren hat. Aber… das macht er immer, wenn er durchtickt.“ Der Dunkelhaarige klang wirklich etwas mitgenommen.

Durchticken war das richtige Wort. Völlig zusammenhangslos… Gavin lächelte matt. „Dachte ich mir. Halb so wild, Dexter. Du brauchst dich jedenfalls nicht für deinen Freund entschuldigen.“

„Darum geht es nicht, Gavin. Hör zu. Ich soll es eigentlich nicht herumerzählen, doch Dane ist nicht ganz so einfach…“

„Ach, sag bloß.“ Vielleicht sollte er diese Ironie einfach mal seinlassen…

„Du hast gesagt, du magst ihn. Halt durch, ja? Irgendwann wird er es einsehen.“ Dexter drehte sich um und hob zum Abschied die Hand. „Gute Nacht.“

Was zur Hölle war das denn jetzt gewesen? Durchhalten? Toller Rat… „Nacht…“ Doch Dexter dürfte ihn schon längst nicht mehr hören können.

Gavin war versucht gewesen, aufzugeben. Immerhin hatte es keinen Sinn.

Dane würde ihm niemals die Beachtung schenken, die er wollte…

Oder etwa doch?

Nein. Er würde das elende Thema ein für alle Mal ruhen lassen… unter solchen Umständen überlegte er es sich doch zweimal, ob er sie überhaupt wollte. Irgendwie würde er darüber hinweg kommen.

Er musste nur stark sein und alles, was mit Dane in dieser Beziehung zu tun hatte, ausblenden – sämtliche Gefühle ausblenden.
 


 

I am titanium
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  shiory
2012-05-22T21:42:18+00:00 22.05.2012 23:42
Dane ist ein arroganter Sack, doch ich mag ihn
ich bin zuversichtlich, dass die beiden zueinander finden =)
Und dex und Sally werden als Kuppler arbeiten XD
ich bin gespannt was für ein Chaos und Dramen auf die beiden zukommen =)


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