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Voll erwischt

von

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Kapitel 12
 

Die Dusche hatte wirklich gut getan. Nicht nur, dass ich mich wieder sauber fühlte, mein Kopf war auch klar. Besonders, weil die Ablenkung nicht mehr direkt neben mir stand. Wie sollte ich es nur anstellen, dass Konstantin mir wieder näher kam? Ich hatte mit meiner Aktion ja grandios alles versaut, was hätte sein können, aber ich glaubte nicht das gänzlich Hopfen und Malz verloren war. Immerhin hatte er mich geküsst, die Anziehungskraft schien also auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Allerdings gab es da immer noch das Problem, da er nicht mit mir sprach. Außerdem schien zwischen Philipp und Domenik der Haussegen schief zu hängen. Das Gepolter am Morgen hatte zumindest nichts Gutes zu bedeuten gehabt. Deswegen griff ich in meinem Zimmer erst einmal zum Telefonhörer. Dom abzulenken hatte gleichzeitig den Vorteil, dass ich nicht grübeln konnte. Ich wollte die Sache mit Konstantin lieber langsam angehen lassen, sonst fühlte er sich bestimmt verarscht. Erst will ich nicht und dann schmeiße ich mich ihm an den Hals. Ich bezweifelte, dass das der Weg zum Erfolg war.

Das Fensterbrett knarrte, als ich mich mit einem Kissen darunter gemütlich hinsetzte. Es würde wahrscheinlich ein langes Gespräch werden. Das Freizeichen ertönte ziemlich lange und ich dachte schon, dass Domenik nicht da wäre, weil er sonst keine zwei Sekunden brauchte um abzuheben. Aber dann hörte ich ein verschnupftes „Amsinck. Hallo?“

„Hi Dom, ich bin's Jona.“

„Hi. gibt’s was Wichtiges? Sonst leg ich wieder auf. Mir ist nicht nach Reden.“ Das war ja mal was Neues. Es musste ihm wirklich schlecht gehen. Sonst durfte ich mir seinen Beziehungsstress auch immer anhören.

„Sag mal, bist du okay? Heute Morgen ist jemand gegen meine Tür geknallt. Philipp hat dich doch nicht verletzt?“ Das hatte sich wirklich böse angehört.

„Nein, nichts ist okay! Körperlich ja, aber bitte sprich den Namen nicht aus. So ein Idiot! Ich konnte überhaupt nichts dafür und es war definitiv gegen meinen Willen, aber der rafft das einfach nicht. Glaubt er denn, ich lasse das jeden dahergelaufenen Kerl mit mir machen? Was denkt er sich überhaupt! Immerhin sind wir keinerlei Verpflichtungen eingegangen. Und ich gehöre ihm nicht!“ Hä? Ich verstand nur Bahnhof.

„Du Dom. Kannst du ein bisschen weiter ausholen und mir überhaupt erst mal erklären, was passiert ist?“ Von wegen, er wollte mit niemandem reden. Diesen Redeschwall zu unterbrechen, war schon eine Kunst.

„Am Besten von vorn.“ Ich versuchte meine Stimme möglichst neutral klingen zu lassen, sonst hatte ich gleich ein heulendes Elend an der Strippe und das würde ich keine fünf Minuten ertragen.

„Nun ja... Gestern Abend waren wir noch aus und wir haben blöderweise Kevin getroffen. An Kevin erinnerst du dich?“ Und ob ich das tat. Es waren keine angenehmen Erinnerungen, die ich mit ihm verband. Er war ein arrogantes, selbstverliebtes Arschloch, dem es Spaß gemacht hatte, mit den Gefühlen von Dom zu spielen und gewissermaßen für sein verzerrtes Eigenbild verantwortlich war. Der 2 Meter große dunkelhaarige Schönling nahm im Prinzip alles, was nicht bei drei auf dem Baum war und Domenik war blind genug gewesen, auf sein Süßholzgeraspel hereinzufallen.

„Natürlich erinnere ich mich an ihn. Du kennst meine Meinung dazu.“ Mir fielen jede Menge beleidigender Worte für Kevin ein, die ich an dieser Stelle jedoch nicht äußern würde.

„Tja, er hat sich kein bisschen verändert. Scheiße, wie bin ich nur in diese Situation geraten? Gerade war es noch so schön, ich hab mit Philipp getanzt. Und wie er tanzen kann! Ich sag dir, das ist soooo sexy. Wir haben also gerade getanzt, da klopft jemand auf meine Schulter und ich habe mich umgedreht und im nächsten Moment habe ich fremde Lippen auf meinen. Naja nicht ganz fremd, aber … Hallo!? Was küsst der mich einfach? Vor allem vor Philipp?! Es war doch offensichtlich, dass wir zusammen da waren. Alles wegschubsen hat auch nicht geholfen, der hat einfach weitergemacht!“

Wenn Domenik einmal im Wutrausch war, konnte ihn nichts mehr aufhalten. Er beschrieb mir ein Szenario, dass dümmer nicht hätte ablaufen können. Immerhin hatte er versucht sich loszureißen, aber ein 1,70 großer Mann hatte gegen ein solchen Hünen natürlich kaum eine Chance. Philipp war wohl drauf und dran gewesen, Kevin eine reinzuhauen, konnte sich aber im letzten Moment zurückhalten. Zusammen hatten sie die Disco verlassen und Philipp hatte Dom mit Vorwürfen überhäuft. Aber Dom verteidigte sich nicht gerne und schon gar nicht, wenn er nichts gemacht hatte, also hatte er geschwiegen und Philipp dadurch nur noch mehr provoziert. Im Endeffekt hatte Dom Philipp zwar nach Hause begleitet, aber anscheinend herrschte seitdem Funkstille. Das war zumindest das, was ich Doms Redeschwall entnehmen konnte.

„Und nun? Du magst ihn doch? Willst du es so enden lassen?“, fragte ich vorsichtig.

„Ich werde mich nicht entschuldigen! Ich habe immerhin nichts gemacht. Verdammt, wenn Kevin nicht aufgetaucht wäre, dann wäre das der schönste Abend bisher geworden. Philipp sieht zwar nicht so aus, aber er scheint eher von der vorsichtigen Sorte zu sein. Immer heißt es: Lass es uns langsam angehen. Pah! Entweder er mag mich oder nicht. Alles dazwischen ist doch nur ein lausiger Versuch sich einzureden, dass er vielleicht doch nicht auf Männer steht. Und diesen Status können wir ja nicht ewig aufrecht erhalten.“ Das ging mir jetzt wieder zu schnell.

„Was für ein Status? Habt ihr eine Vereinbarung oder so was?“

„Nun ja...also...wir sind nicht so richtig zusammen... Ähm...ich hab ihn mehr oder weniger dazu gedrängt und er hat gesagt, wir können es mal probieren. Aber genau aus diesem Grund, darf er mich erst recht nicht verurteilen. So eine Heuchelei. Ist eifersüchtig, will aber nicht offiziell mein Freund sein.“ Daher wehte also der Wind. Da hatte Dom schon so einen Süßen wie Philipp am Haken und wollte ihn natürlich gleich für sich allein.

„Ich glaube, der beruhigt sich schon wieder. Sei doch froh, dass er eifersüchtig ist, das zeigt immerhin, dass ihm wirklich etwas an dir liegt und du nicht nur ein Versuchskaninchen für seine sexuelle Orientierung bist. Denk dran, dass das für ihn noch alles neu ist und lass ihm die Zeit, die er braucht.“

„Du musste gerade reden. Wie weit bist du eigentlich mit deinem Angebeteten?“ Der abrupte Themenwechsel überfuhr mich.

„Hm?“

„Konstantin! Hast du es ihm schon gesagt? Das letzte Mal hast du mir ja gedroht, wenn ich auch nur ein Sterbenswörtchen sage. Deshalb musste ich es ja dir emotionalem Krüppel überlassen, ihn dir zu schnappen.“

„Sag mal, hast du Lust einen schmerzhaften Tod zu erleiden? Was heißt hier emotionaler Krüppel? Ich komme mit der Sache mit Konstantin besser klar, als du mit Philipp.“

Diese kleine Notlüge sei mir verziehen.

„Irgendwie glaube ich dir nicht. Du klingst immer so komisch, wenn du mir eine Lüge erzählst.“ Ich verdrehte die Augen und setzte mich bequemer auf den Fenstersims.

„Wie kommst du nur darauf? Welchen Grund hätte ich denn, dich zu belügen? Wenn du am Wochenende kommst, dann kannst du es ja mit eigenen Augen sehen.“ Ich musste die Lüge nur zur Wahrheit machen. Kinderspiel. Fast hätte ich hysterisch aufgelacht. Ich hatte nicht mal ansatzweise einen Plan und hatte mich erfolgreich in diese Zwickmühle gebracht. Entweder ich raufte mich zusammen und ging auf Konstantin zu oder Domenik würde mich auffliegen lassen und das wäre mir viel zu peinlich.

„Abgemacht!“ Ich sah sein Grinsen direkt vor mir. Er glaubte mir kein Wort.

„Ich werde mal kurz nach unten gehen. Mir was zu trinken holen.“

„Okay. Ich muss noch mit meinen Eltern telephonieren, mein Vater hat nächste Woche Geburtstag. Danke, dass du mich aufgemuntert hast. Philipp soll sich nicht so haben, aber ich werde versuchen, deinen Rat zu beherzigen. Vielleicht hast du Recht und ich bin wirklich zu forsch gewesen.“ Oh Gott, ein Dom, der seine Fehler eingestand, war mir unheimlich.

„Gut, mach das. Also bis dann.“

„Ciao.“ Damit legten wir auf und ich watschelte in die Küche. Deutlich ruhiger als beim Frühstück bekam ich auch keinen Fast-Herzinfarkt, als Konstantin mit freiem Oberkörper an mir vorbei in den Kühlschrank griff, um sich ein gekühltes Wasser zu nehmen. Mit tiefen Schlucken hatte er die Flasche in Sekunden geleert und ich starrte ihn unverhohlen an. Alles an ihm erinnerte mich an eine elegante Raubkatze. Die fein definierten Muskeln spielten ihr verführerisches Spiel mit meinen Gedanken und ich riss mich arg zusammen, sie nicht zu berühren. Dass mein Unterkiefer sich nicht wieder schloss, war schon peinlich genug. Mensch, Jona! Konstantin war doch keine Süßigkeit, die du vernaschen darfst. Das Wetter draußen war so schön, dass ich beschloss, mich ein wenig an der frischen Luft abzukühlen und meinen Hormonhaushalt wieder in Ordnung zu bringen.

Ohne ein weiteres Wort zu meinem Ausrutscher ging ich mit meiner Tasse Kaffee auf die Terrasse und atmete erst einmal tief durch. Doch als ob er mich verfolgen würde, ging auch Konstantin nach draußen und ich hatte das Vergnügen, ihn im goldenen Sonnenlicht zu sehen. Die zart gebräunte Haut fachte gleich wieder Begierde in mir an und ich unterdrückte den Impuls, ihn einfach anzuspringen und mir zu nehmen, was ich wollte. Jona, jetzt kommt der Moment der Wahrheit, du musst dafür sorgen, dass er sich so wie vorher benahm und noch besser, dass er sich genauso in dich verliebte, wie du dich in ihn. Bei dem Gedanken runzelte ich die Stirn.

Das war erstaunlich leicht gewesen. Verliebt. Ich ließ das Wort noch einmal auf meiner Zunge rollen. Verliebt. Ja, es fühlte sich richtig an und strafte Doms Aussage von vorhin Lügen. Ich war also kein emotionaler Krüppel, ich brauchte nur etwas länger.

„Konstantin? Soll ich dir helfen?“ Angriff war die beste Verteidigung. Na okay. Hinterrücks anschleichen und den Feind von innen besiegen, traf es wohl eher.

„Wenn du willst.“, kam die brummige Antwort.

„Was soll ich machen?“ Er trug mir auf, die Bretter, die er zurecht sägen wollte, zu holen und gegebenenfalls festzuhalten. Kein schwere Aufgabe. Nur, dass ich bei der ganzen Schlepperei natürlich mächtig ins Schwitzen kam. Es dauerte nicht lange und ich wusste, warum Konstantin mit freiem Oberkörper hier draußen stand. Kurzerhand entledigte ich mich auch meines Shirts und sah nur aus dem Augenwinkel, wie Konstantin seine Arbeit unterbrach. Wenn ich irgendwann mal einen Zweifel gehabt hatte, dass er nicht auf mich stehen würde, dann war er in diesem Moment ausgeräumt. Dieses Verlangen in den Augen konnte man nicht spielen und mir lief unwillkürlich ein Schauer über den ganzen Körper. Dieses Feuer war so intensiv, dass ich befürchtete zu verbrennen, wenn ich ihm nicht nachgab. Langsam ging ich auf ihn zu und setzte ruhig meine Arbeit fort.

Ich hörte ihn hart schlucken, doch auch er widmete sich wieder seine Säge, wenn auch nicht mehr ganz so zielstrebig.

„Nächstes Wochenende kommt Domenik und übernachtet hier. Nur, damit du Bescheid weißt.“

„In Ordnung.“ Wortkarg wie immer.

„Was willst du eigentlich mit diesen ganzen Brettern machen?“ Smalltalk zweiter Versuch.

„Die einen sind für die morschen Dielenbretter. Die anderen möchte ich verwenden, um beim Weiler einen Steg zu bauen.“ Seine Augen zuckten kurz zu mir und sahen sofort wieder weg, als ob er es nicht ertragen würde, mich anzusehen. Fein. Dann ärgern wir dich mal ein bisschen

„Gehört der Weiler noch zu dem Grundstück? Dann brauche ich ja keine Scheu zu haben und kann nach Lust und Laune baden gehen.“ Ich grinste ihn an und zögerlich erwiderte er mein Lächeln. Ob er merkte, dass etwas anders war?

„Dank Sammy bin ich total verspannt. Sie nimmt immer das gesamte Bett ein, wenn sie bei mir übernachtet.“ Oh, oh. Das war wohl das falsche Thema, denn seine Augenbrauen hatten sich wieder bedrohlich zusammengezogen. Stimmt ja, er war eifersüchtig auf meine Beziehung zu Sammy. Dabei konnte sie nicht harmloser sein.

„Mach nicht so ein Gesicht! Wir sind nur befreundet, alles platonisch und geschwisterlich. Ich würde erstens nie etwas mit meiner besten Freundin anfangen und noch dazu sind Mädchen eh nicht so mein Ding. Das müsste doch langsam mal klar sein.“ Für meine Verhältnisse war das schon sehr ausführlich gewesen und Konstantin schien es auch die Sprache verschlagen zu haben, denn er schaute mich nur entgeistert an. War es doch zu viel auf einmal gewesen?

Ich rollte meine Schulter, denn mit der Verspannung hatte ich nicht gelogen. Sammy war ein elender Deckendieb und Platzmopser.

„Au.“ Ich jammerte leise vor mich hin und streckte meine Arme über den Kopf. Ein Stückchen links, ein Stückchen rechts und ich hatte Konstantin volle Aufmerksamkeit. Das war genau der richtige Moment, um wegzugehen und ihn im Ungewissen zu lassen.

„Ich werde die Bretter dann schon mal zum Wasser tragen, die du schon fertig hast.“ Ein stummes Nicken und eine Deutung in Richtung Pfeiler waren die einzige Antwort, die ich darauf bekam. Er ließ sich absolut nicht in die Karten schauen. Hatte er mein Spiel durchschaut? Bis auf seine Augen verriet ihn nichts. Als ich mich umdrehte und zum Wasser ging, fuhr sich der dunkelhaarige Mann über die Lippen und entließ langsam die angehaltene Luft. Sanften Schrittes folgte er mir, mit mehreren Brettern beladen.

Als ich an dem Weiler ankam, war ich ganz schön außer Atem. Die Dinger waren deutlich schwerer, als sie aussahen und ich keuchte vor Anstrengung. An diesem Ort schien die Zeit still zu stehen und ich fand es ein bisschen schade, die Natur nicht so zu belassen, wie sie war.

„Es ist schön hier, nicht wahr? Es hat so etwas Beruhigendes.“ Vor Schreck hätte ich beinahe die Pfeiler auf meine Füße fallen gelassen. Er hatte sich angeschlichen und mich mit Absicht erschreckt, soviel stand fest.

„Ja, es ist schön. Wozu brauchen wir einen Steg? Ist der nicht überflüssig?“ Ich versuchte ganz normal zu atmen und mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr er mich aus der Fassung gebracht hatte.

„Ich möchte ein Ruderboot vertäuen und das geht mit einem Steg einfach besser. Dann können wir in der Mitte des Sees entspannen. Hilfst du mir mal kurz. Die langen Pfeiler müssen zuerst rein.“ Er entledigte sich seiner Hose und ich drehte mich blitzschnell weg. Er würde doch nicht etwa?

„Kommst du?“ Verstohlen sah ich auf seine Klamotten. Gut, die Unterhose hatte er anbehalten. Das hätte ich nicht überlebt. Die Situation war auch so schon verfänglich genug.

„Ich hab meine Badeshorts nicht mitgebracht.“ Selbst in meinen Ohren klang dieser Satz dämlich.

„Egal. Komm einfach rein. Der Pfeiler ist wirklich schwer.“ Wenn er wüsste, was er mit mir anstellt, dann würde er mich nicht so leichtfertig einladen, zu ihm ins Wasser zu kommen. Das Wasser perlte über seinen schönen Körper und ich konnte mich gar nicht satt sehen. Schnell zog ich meine Hose aus und hastete zum Ufer.

Langsam watete ich zu ihm in das eiskalte Wasser. Seit meinem letzten Besuch hier, war es vielleicht zwei Grad wärmer geworden, aber das reichte noch nicht, um als angenehme Badetemperatur zu gelten. Das Froschgequake im Hintergrund zeigte deutlich in welch abgelegener Ecke wir uns befanden. In der Stadt war dieses Geräusch äußerst selten, aber hier schien sich ein ganzer Froschchor zu befinden.

„Du hältst hier fest, ich muss noch den Akkubohrer holen.“ Na toll, immer lass mich mit dem schweren Pfeiler im Schlamm allein. Frustriert genoss ich seine Rückansicht und vor allem die sehr nasse Hose, die hauteng an seinem Hinterteil klebte. Ja, eine wirklich schöne Aussicht. Abwesend wurde ich immer weiter nach hinten gezogen, bis der Pfeiler drohte umzukippen. Ich musste meine ganze Kraft aufwenden, um das Ding zu halten und schluckte einiges an Seewasser. Igitt.

Er kam mit dem Bohrer und zwei Handtüchern zurück, die ich dankbar anstarrte.

„Es kann weitergehen.“

Der Steg nahm langsam Gestalt an und ich unterhielt mich mit ihm über unsere Studiengänge. Als er erzählte, dass seine Eltern demnächst zu Besuch kommen würden, wurde mein Gesicht eine starre Maske. Mit meinen Erzeugern würde ich so schnell kein Wort mehr wechseln.

„Meine Mutter ist eine liebe Frau, aber leider versucht sie mich immer wieder zu verkuppeln. Dummerweise kann ich ihr nichts abschlagen, aber in diesem Punkt werde ich standhaft bleiben. Sie kann mir noch so viele Frauen vorstellen, sie interessieren mich nicht.“ Dabei warf er mir einen verschmitzten Blick zu. Wann hatte er den Spieß umgedreht? Anstatt mich weiterhin mit Schweigen zu strafen, öffnete er sich mir, als ob es die Szene in der Küche nie gegeben hätte. Die Stimmung war regelrecht ausgelassen und ich fühlte mich so wohl in seiner Nähe, dass ich es genoss. Ich würde es so lange in mich aufsaugen, bis er wieder seiner Sinne gewahr wurde und sich daran erinnerte, dass ich ihn abgewiesen hatte. Oder tat er jetzt wieder so, als ob wir Freunde wären? Das war mir aber nicht mehr genug! Ich wollte ihn, mit Haut und Haar und dass er erzählte, dass seine Mutter ihn verkuppeln wollte, ließ dieses Gefühl nicht weniger werden.

„Mein Vater hält sich aus der ganzen Sache raus. Ich glaube, er hat verstanden, warum ich nie auf die Avancen der Frauen eingegangen bin, ohne dass ich ihm etwas hätte erklären müssen. Da kann ich wirklich nur von Glück reden. Meine Mutter, keine Ahnung, wie sie es aufnehmen würde.“

Mir wurde ganz mulmig, als ich an die Reaktion meiner Mutter dachte. Nein, da war wohl Hopfen und Malz verloren. Konstantins braune Augen beobachteten mich und wie ich auf seine Aussage reagierte. Sollte es mich jetzt schockieren, dass er sich mir gegenüber geoutet hatte? Das war schon seit längerem klar. Aber nun hatte ich die Gewissheit, dass es nicht nur ein Versehen gewesen war.

„Seit wann weißt du es? Wann ist...es hm...dir zum ersten Mal klar geworden?“ Wenn er schon so offen zu mir war, musste ich diese sentimentale Phase ausnutzen. Noch nie hatte er soviel am Stück mit mir gesprochen. Ich hatte zwar immer noch das Gefühl, dass er den Spieß umgedreht hatte, aber das sollte mir nur recht sein.

„Mit 14? So in dem Alter. Ich konnte irgendwann beim Sportunterricht die Augen nicht mehr von den anderen Jungs lassen. Aber es hat lange gedauert, bis ich mich mit meiner Neigung angefreundet hatte. Seitdem ich es jedoch akzeptiere, komme ich viel besser mit mir klar. Und du?“ Verdammt, warum hatte ich gefragt?

„Ähm, noch nicht so lange...erst seit ich 17 war. Aber ich hatte...habe... immer noch Probleme damit. Also bitte erzähl es keinem.“ Das ließ ihn das Gesicht verziehen, aber in diesem Punkt würde ich hart bleiben. Ich wollte es nicht in die Welt hinausposaunen, würde es aber auch nicht mehr verstecken. Aber er schien das anders aufgefasst zu haben.

„Meine Mutter ist leider überhaupt nicht verständnisvoll damit umgegangen. Deshalb wollte ich es auch niemandem sagen. Und ehrlich gesagt, habe ich es viele Jahre für unnatürlich und eklig gehalten, dass ich so bin, aber ich kann eh nichts daran ändern.“ Ein schiefes Lächeln schlich sich auf meine Lippen und Konstantin hatte soeben das letzte Brett befestigt.

„Das ist nicht unnatürlich und eklig, erst recht nicht.“ Ich hatte gar nicht gemerkt, dass er mittlerweile dicht hinter mir stand und drehte mich langsam zu der sanften Stimme um. Das war so ganz anders, als das letzte Mal. Er raunte mir ins Ohr.

„Ich finde dich genau richtig.“ Ehe ich es richtig begriffen hatte, senkten sich seine weichen Lippen auf meine. Es war als ob in mir ein Feuer entzündet wurde, dass nun hell aufloderte. Alle Gefühle, die ich das letzte Mal vermisst hatte, überrollten mich mit einer Intensität, dass ich hilflos die Augen schloss und mich ihnen ergab. Der Kuss war zärtlich und enthielt mehr eine Frage, denn Aufforderung und ich begriff, dass ich derjenige war, der diesmal auf ihn zukommen musste. Mehr als das würde er mir nicht entgegenkommen. Ich konnte seine Angst noch einmal abgewiesen zu werden auch sehr gut nachvollziehen. Doch dieses Mal brauchte er keine Furcht zu haben und das zeigte ich ihm mit aller Leidenschaft, derer ich fähig war. Fest erwiderte ich die Bewegung seiner Lippen und er unterdrückte ein Keuchen. Er war alles, was ich je ersehnt hatte und soviel mehr. Meine Zunge drängte sich zwischen seine Lippen, aber daraufhin übernahm er das Ruder. Hart presste er mich im Wasser an sich. Unsere durch das Wasser kalten Körper waren innen umso mehr erhitzt, je länger der Kuss andauerte. Seine Hand fuhr in meinen Nacken und spielte mit den feinen Härchen, sodass sich Gänsehaut auf meinen Armen bildete.

Immer drängender forderte seine Zunge meine heraus und ich hatte Mühe mich nicht völlig zu vergessen. Das war besser als alles, was ich je erlebt hatte. Seine Hände umklammerten meine Oberarme, als ob er sie nie mehr loslassen wollte. Oder für den Fall, dass ich wieder flüchtete. Doch das lag mir fern Ich hätte ewig so stehen können. Seine weichen Lippen genießen, ihn erforschen, so wie er es mit mir machte. Seine rechte Hand war auf Wanderschaft gegangen, ohne den Kuss auch nur ein einziges Mal zu unterbrechen. Nur seine beschleunigte Atmung verriet, dass ihn das Ganze hier nicht kalt ließ. Ansonsten war ich der Einzige, der komische atemlose Geräusche von sich gab. Seine Finger machten mich irre, denn sie fuhren über meinen Rücken, über mein Schlüsselbein. Ertasteten jeden Zentimeter Haut, derer sie habhaft werden konnten.

Zaghaft berührte ich die Haut an seinem Hals und bot ihm erregt meinen Hals dar.

Nachdem er meine Lippen halb wund geküsst hatte, wandte er sich diesem zu. Fuhr mein Schlüsselbein nach, knabberte zärtlich an meinem Ohr und jagte mir einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Das war kein Feuerwerk, keine Explosion, sondern eine Supernova. Genau so hatte ich es mir vorgestellt. Mein Kopf war wie leergefegt und erst mein Zähneklappern riss uns beide zurück in die Wirklichkeit. Dabei wäre es mir egal gewesen in seinen Armen zu erfrieren. Ich schüttelte meinen Kopf um wieder ein bisschen klarer zu sehen. Wenn das so weiter ging, würde ich ihm hier und jetzt alles geben, was er wollte. Aber so war das eigentlich nicht gedacht gewesen. Hatte mein Plan nicht eigentlich ganz anders ausgesehen? Warum hatte ich das Gefühl, ich wäre soeben nach Strich und Faden verführt worden? Nur das Leuchten in Konstantins Augen hielt mich davon ab, ihm ein Komplott zu unterstellen.

„Wir sollten aus dem Wasser. Ich habe vorhin Handtücher mitgebracht.“ Seine Stimme klang rau und zeigte, dass er unseren Kuss nicht unbeschadet überstanden hatte. Zum Glück war das Wasser so kalt, dass jegliche verdorbene Gedanken sofort wieder erfroren. Deshalb konnten wir uns aus dem Wasser begeben ohne die Peinlichkeit einer gespannten Hose. Bibbernd ließ ich mich ins Gras fallen und schlang das Handtuch um mich. Die Sonnenstrahlen waren glücklicherweise warm genug, um die Kälte schnell aus unseren Knochen zu vertreiben.
 


 

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So, ich hoffe, es hat euch gefallen. Endlich kommen sich die beiden näher. Habt ihr das genauso mit Spannung verfolgt, wie ich? Aber ganz haben sie es natürlich noch nicht überstanden. Die nächsten zwei Wochen werde ich nichts hochladen. Ich bin nämlich im Urlaub. Ihr dürft trotzdem fleißig kommentieren ^w^ ich bin wirklich gespannt, wie euch das kapi gefallen hat.
 

byebye eure
 

Papierkriegerin ^w^/



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  tenshi_90
2012-08-08T19:44:23+00:00 08.08.2012 21:44
Das ist so süß :)

Man hat die Luft regelrecht knistern hören :) Ich finde die Szene im Wasser einfach nur total genial :) Die beiden sind so süß zusammen, dass man glatt mehr davon haben will ^^

LG
Von:  Ling_LingChan
2012-08-08T19:11:05+00:00 08.08.2012 21:11
Endlich kommen sich die beiden näher. Der arme Jona hat ja lange genug gewartet ^^.
Tolles Kapi *ganz doll knuddel*
Ich würde mich ganz doll über ein Lemonkapitel freuen. Du schreibst doch noch eins, oder? *ganz lieb anguck*

So. Ich lass mal Grüße da und immer weiter so
LingLing
Von:  FrauGeneral
2012-08-08T18:22:25+00:00 08.08.2012 20:22
Das ist mehr als nur unfair ausgerechnet da auf zu hören!!!!!!!
MEEEEEEEEEERRRRRRRRR davon bitte :)


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