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Salazar Slytherin

Ein Leben im Schatten
von

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Epilog

Salazar hatte nie Besuch. Niemals. Die Schlangengrube war sein Heim, sein geheimes Nest. Niemand außer seiner engsten Familie hatte hier Zutritt. Niemand sollte überhaupt wissen, dass es diesen Ort gab, geschweige denn wo er sich befand.

Und doch stand Godric Gryffindor vor der Tür und klingelte.

Salazar hatte natürlich weder Tür noch Klingel. Der Turm war nur über das Flohnetzwerk zugänglich. Wenn Salazar also sagte, Godric stünde vor der Tür und klingelte, dann bedeutete das, dass er seit einer halben Stunde verzweifelt versuchte, durch die Schutzbanne des Turmes zu brechen. Was eine laute Alarmsirene durch das ganze Haus schallen ließ.

Salazar war versucht, ihn einfach zu ignorieren und eine Weile lang tat er das auch. Gerade gab er seinem Sohn eine Lektion in Sachen Zaubertränke, aber bald wurde klar, dass Salviero sich bei dem Lärm nicht konzentrieren konnte.
 

Seufzend machte sich Salazar also auf den Weg zur Plattform. Er ließ sich bis auf das Dach hinaufheben, von dem aus er die Gestalt des Ritters unten auf dem Boden erkennen konnte. Mit einem Flick seines Zauberstabes aktivierte er einen der tausend Sicherheitsmechanismen um den Turm herum. Prompt ging das Land in Flammen auf.

Ein gut vier Meter breiter Ring aus Feuer zerstörte alles Leben um den Turm herum und erwischte Godric kalt. Fluchend und Schimpfend wollte er aus der Gefahrenzone springen, doch Salazar schwang seinen Zauberstab noch einmal: Auf der Stelle färbten sich die tödlichen Flammen grün und Godric verschwand mit einem hohen Zischen.

Salazar löschte die Flammen ohne einen zweiten Blick, bevor er hinunter in den ersten Stock trat. Gerade als er in das Wohnzimmer kam, stolperte Godric fluchend und stöhnend und über und über mit Ruß beschmiert aus dem Kamin; der so etwas wie einen Notausgang des Flohnetzes darstellte neben dem Haupteingang weiter unten.
 

„Mann, Sal! War das nötig?!“, rief der Ritter aus, als er wieder einigermaßen Luft bekam.

„Überfällig“, bestätigte dieser nonchalant. Dann musterte er den Gryffindor demonstrativ von oben bis unten. „Du siehst bezaubernd aus.“

Godric rollte mit den Augen und säuberte sich mit einem Wink seines Zauberstabes. Aber das machte es auch nicht viel besser. Der Ritter hatte tiefe Ringe unter den Augen, sein Haar war zerzaust und angekokelt und seine Haut kränklich blass.

„Darf ich den Grund deines Besuches erfahren?“, fragte Salazar neutral.

„Du weißt sehr gut, warum ich hier bin“, grummelte der Ritter und ließ sich ungefragt in einen der Sessel fallen, wobei er einen Fuß hinter sich her zog. „Es ist jetzt fast zwei Monate her, dass das Schuljahr wieder begonnen hat. Ich habe dir deine Zeit gelassen, aber jetzt musst du wirklich langsam wieder zurückkommen.“
 

Salazar unterdrückte ein Seufzen. Das war so typisch Gryffindor.

„Godric, du beleidigst mich. Wenn du keine ernsthaften Angelegenheiten mit mir zu besprechen hast, kannst du sofort wieder gehen.“

„Aber ich meine es ernst! Du hast doch-“

„Ich habe mehr als klar gemacht, dass ich nicht zurückkehren werde“, unterbrach ihn Salazar mit leiser, aber fester Stimme. „Und dennoch kommst du hier an, übergehst meine Wünsche vollkommen und willst mich zurück. Mehr noch, obwohl ich ebenso ein Gründer dieser Schule bin wie du und dir in keiner Weise unterlegen, wagst du es mir zu sagen, was ich tun muss. Du hast mir meine Zeit gelassen? Wie gnädig von dir! Du hast überhaupt nichts verstanden.“

Godric sah für einen Augenblick betroffen aus. Kurz huschte sogar etwas über seine Augen, das Schuld hätte sein können.
 

„Echulschung“, murmelte er dann unverständlich.

„Wie bitte?“

„Entschuldigung!“, rief er, diesmal deutlich. „Es tut mir Leid!“

Salazar bemerkte überrascht, dass er es ernst zu meinen schien. Godric war in seinem Sessel zusammen gesunken und als er diese Worte aussprach, sah er regelrecht elendig aus.

„Es tut mir Leid, dass ich diese Dinge zu dir gesagt habe. Es tut mir Leid, dass ich dich angegriffen habe. Das hätte ich nicht tun dürfen. Es war dumm von mir. Ich konnte nur nicht... Ich konnte den Gedanken einfach nicht ertragen, dass du gehen würdest. Wir waren doch immer zusammen. Wir haben alles zusammen gemacht. So kann das doch nicht enden!“ Jetzt senkte er wieder traurig den Kopf. „Und ich... ich wusste nicht, was deiner Frau passiert ist. Ich meine, du hättest es mir ruhig sagen können! Ich hab's durch die Klatschbasen am Hof erfahren, mein Gott! Natürlich kann ich trotzdem nicht gutheißen, was du getan hast... Aber ich versteh's jetzt wenigstens. Und es tut mir Leid, dass ich mich über deine Familie lustig gemacht habe.“
 

Salazar sah seinen ehemaligen Freund lange an. Er hatte sich mit den Rücken gegen den Türrahmen gelehnt und die Arme verschränkt, während er auf den Ritter herabsah. Das Schweigen breitete sich aus wie ein Insektenschwarm, als der Schwarzmagier über die Worte nachdachte.

„Nun... Nun sag doch was“, murmelte Godric nach vier unendlich langen Minuten und rutschte unruhig auf seinem Sitz herum.

Salazar öffnete den Mund, zögerte eine Sekunde und sagte schließlich: „Entschuldigung angenommen.“

„Ja!“, rief Gryffindor aus und stieß siegessicher seine Faust in die Luft.

„Ich meine, das freut mich“, beeilte er sich dann rasch zu sagen, als Salazar amüsiert eine Augenbraue hob.

„Dann kommst du jetzt gleich mit mir zurück?“

„Das habe ich nicht gesagt.“

Godric erstarrte. „Was – aber – was willst du denn noch?“
 

Salazar schüttelte den Kopf. „Ich möchte gar nichts, 'Ric. Das ist nichts, über das ich verhandele. Ich kehre nicht nach Hogwarts zurück.“

„Aber... Aber die Ladys haben gesagt, wenn ich mich entschuldige kommst du zurück!“

„So einfach ist das nicht.“

„Aber-“

„Ich bin nicht einfach nur beleidigt, Godric. Ich bin nicht einmal wütend. Ich bin nur...“, ein Schulterzucken, „...müde. Das ist alles.“

„Warum hab ich mich dann überhaupt entschuldigt!?“, fragte Godric aufbrausend.

Bei diesen Worten spürte Salazar einen Stich im Herz. „Nun, ich hatte gedacht, das hättest du getan, um unsere Freundschaft zu retten.“

Godrics Wut verflog so schnell, wie sie gekommen war.

„Also... Also ist das ernst, ja?“, sagte er leise. „Du kommst wirklich nicht mehr wieder.“

Salazar nickte stumm.

Godric erwiderte die Geste mit zusammengebissenen Zähnen.

An solch komplette Stimmungswechsel gewohnt war Salazar nicht überrascht von der erneuten, diesmal aber entspannteren Stille.

„Ich schätze mal, ich hab das die ganze Zeit über schon irgendwie geahnt“, meinte der Ritter schließlich. „Ich wollte es nur nicht wahrhaben.“ Er machte eine nichtssagende, nervöse Geste. „Du weißt, ich musste es wenigstens versuchen.“

Wieder nickte Salazar, ohne etwas zu erwidern.
 

„Tja, also... Dann geh ich mal. Wir werden uns bestimmt noch mal wieder sehen, irgendwann mal. Du weißt schon, in den Ferien oder so.“

Salazar sah ihn irritiert an. „Du willst schon gehen? … Jetzt?“

„Äh, ja? Du willst mich ja offensichtlich nicht hier haben“, erwiderte Godric verwirrt.

„Da hast du vollkommen Recht, aber... Bist du nicht noch aus einem anderen Grund hier her gekommen?“

Der Ritter bedachte ihn mit einem vorsichtigen Blick. „Gibt es noch irgendetwas, für das ich mich entschuldigen muss?“

Salazar blinzelte. Konnte es sein, dass Godric gar nicht wusste...?
 

Der Schwarzmagier seufzte. „Zieh deine Schuhe aus, Ric.“

„Was!? Wieso das denn?“, fragte Godric ungewöhnlich heftig.

„Und die Hose“, fügte Salazar ungerührt hinzu. „Sofort.“

Gryffindor lachte nervös. „Das ist ein Scherz, oder? Warum zum Teufel sollte ich-“

„Godric!“, unterbrach ihn Salazar und hob seinen Zauberstab. „Ich kann auch anders!“

„Jaja, ist ja schon gut...“

Godric begann sich auszuziehen und als seine Schuhe und die Hose am Boden lagen, war sein Gesicht fast so rot wie sein Haar.

Salazar betrachtete ihn eingehend und nickte. Das hatte er sich gedacht.

Godrics einer Fuß war schwarz verfärbt. Dunkle, angeschwollene Adern verliefen von dort sein gesamtes Bein hinauf, sich in alle Richtungen feiner verästelnd. Das krankhafte Muster zog sich bis über seine Hüfte. Mit zwei langen Schritten war Salazar bei ihm und zog ihm auch das Oberteil ein Stück höher (Godric fauchte und schlug seine Hände weg); die Linien reichten bereits bis zu seinem Bauchnabel.
 

Der Ritter wich vor ihm zurück und beeilte sich, seine Kleidung rasch wieder anzuziehen.

„Woher wusstest du davon?“, knurrte er. „Ich hab's niemandem gesagt.“

Salazar schnaubte verächtlich. „Was glaubst du, woher das kommt?“

„Keine Ahnung. Irgendwas muss mich gebissen haben. Sicher irgend ein Viech aus dem Wald.“

„Symptome?“

Godric stieß zischend die Luft zwischen den Zähnen aus. „Hör mal, ich will wirklich nicht, dass jemand-“

„Was sind die Symptome?“

„Alles mögliche“, gab Godric schließlich zu. „Fieber Übelkeit, Kopfschmerzen... Am Anfang hat der Fuß nur weh getan. Inzwischen spüre ich ihn überhaupt nicht mehr.“

„Und du hast keine Sekunde lang daran gedacht, dir Hilfe zu besorgen?“, fuhr Salazar ihn an. „Wenn diese Linien dein Herz erreichen, bist du tot, du Idiot!“

Godric wurde blass.

„U-Und hast du... Ich meine, hast du ein Gegenmit-“ Plötzlich stockte der Rothaarige. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Moment mal. Woher weißt du das? Woher wusstest du überhaupt, dass ich verletzt war?“

„Idiot. Natürlich weil ich es war, der dieser Schlange befohlen hat, dich zu beißen“, gab Salazar ohne Umschweife zurück.

„Du!? Du wolltest mich umbringen!? Aber – wann -“

„Während unseres Duells, als du abgelenkt warst.“ Salazar schnaubte verächtlich. „Ich dachte, das wäre offensichtlich. Ich habe dich schon vor Wochen auf meiner Türschwelle erwartet und als du endlich vorbei kamst, dachte ich, es wäre einzig und allein um dich selbst zu retten. Dass du tatsächlich so beschränkt bist, das nicht zu erkennen-“

„Du wolltest mich umbringen!“ , keuchte Godric, der scheinbar nur diesen Teil mitgekriegt hatte.

Salazars Miene verfinsterte sich. „Wenn ich das jemals vor hätte, würde ich es durch ein langsam wirkendes, sehr schmerzhaftes Gift tun, dessen Symptome einer einfachen Krankheit entsprechen. Das habe ich dir schon einmal gesagt. Wenn du deinen dummen Stolz nicht überwinden und zu mir hättest kommen können, um dich zu entschuldigen, hättest du den Tod mehr als verdient.“

Godric starrte ihn mit offenem Mund an.

Salazar rollte die Augen. „Jetzt fang nicht an zu heulen. Schließlich hast du dich entschuldigt, sogar ohne die Notwendigkeit dahinter. Ich werde dir ein Gegengift geben und innerhalb von zwei Wochen bist du wieder so gut wie neu.“
 

Salazar schnippte einmal mit den Fingern und ein kleines gläsernes Fläschchen erschien auf seiner Handfläche.

„Hier. Das stand seit drei Wochen für dich bereit.“

Wütend schnappte sich Godric das Fläschchen aus seiner Hand.

„Das werde ich dir nie verzeihen, Sal!“

„Oh, du hast mir schon verziehen, Godric“, sagte Salazar, während der Ritter das Mittel in einem Zug herunter schluckte. „Das tust du immer. Es dauert nur hin und wieder ein wenig, bis du es bemerkst.“

Godric verzog säuerlich das Gesicht. „Das Zeug schmeckt wie Scheiße.“

„Extra für dich. Und jetzt mach, dass du wieder in die Schule kommst.“
 

Godric stand auf und Salazar führte ihn zu der Plattform, die sie beide langsam hinunter fuhr. Godric zuckte immer wieder vor den zischelnden Stimmen der neugierigen Schlangen zurück.

„Was... Was hast du jetzt vor?“, fragte Godric, um die unangenehme Stille zu durchbrechen. „Ich meine, mit deiner ganzen neuen Freizeit.“

Salazar zuckte mit den Schultern. „Ich werde mich den Forschungen widmen, die ich vor Jahren einmal angefangen aber nie zu ende geführt habe.“

„Was für Forschungen?“, fragte Godric neugierig.

„Forschungen über Magie. Über ihren Ursprung und ob es vielleicht verschiedene Arten gibt. Forschungen über magische Kreaturen und wie ihre Magie mit denen der Zauberer reagiert.“ Forschungen über die Magie des Blutes und über das Geheimnis des Todes.

„Klingt ja interessant“, meinte Godric halbherzig.

Oh, das war es. Jetzt wo er nicht mehr an Hogwarts gebunden war, hatte er Zeit ein paar alten Feinden hinterher zu jagen. Sie würden seine ersten Laborratten sein. Wenn ihm mal die Muggel ausgingen.
 

Schließlich waren sie unten angekommen und Salazar entflammte das grüne Feuer.

„Also... mach's gut....“, sagte Godric mit merkwürdig belegter Stimme.

Er wollte sich schon abwenden, da hielt ihn Salazar noch einmal am Arm zurück.

„Eins noch, Gryffindor. Halt dich von meinen persönlichen Räumen fern. Dort lagern immer noch ein paar Dinge, denen du lieber nicht begegnen willst.“

Godric zwang sich zu einem Lachen. „Keine Sorge, ich werd' nicht in deiner Unterwäsche wühlen. Was hast du da versteckt, ein schuppiges Monster?“

Salazar erwiderte das Lachen nicht. Seine Augen waren todernst.

„Oh“, machte Godric, als er den Mangel an Humor erkannte. „Also, du meinst, du hast... Und da ist... Und wenn du sagst, ich will dem nicht begegnen, dann meinst du...“

„Pass einfach auf dich auf“, beendete Salazar das peinliche Gespräch.

„Werd ich“, sagte Godric und schluckte, offenbar genauso erleichtert wie Salazar, das Thema fallen lassen zu können. Dann zuckten seine Mundwinkel noch einmal zu einem Lächeln: „Darauf kannst du Gift nehmen.“
 

Godric Gryffindor trat in die lodernden Flammen.

„Hogwarts“, sagte er laut und deutlich, bevor er in einem Wirbel aus Farben verschwand.

Die einsetzende Stille fühlte sich hohl für Salazar an. Er seufzte leise, dann tippte er mit seinem Zauberstab gegen die Wand. Die Plattform brachte ihn hinunter ins Zaubertranklabor, wo Salviero schon auf ihn wartete. Nach all den Jahren lärmender Kleinkinder war es fast eine Erleichterung, nur noch einen Lehrling zu haben. Aber eben nur fast.

Denn Salazar wusste, er würde Hogwarts immer vermissen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Corabora
2012-07-17T15:55:31+00:00 17.07.2012 17:55
Ein wunderschönes aber auch trauriges Ende. Schön das sich Godric am Ende doch entschuldigt hat.
Am Ende ist also alles geklärt und jeder geht seinen weg weiter.

Vielen Dank für diese tolle FF.

Hat mir sehr viel Spaß gemacht sie zu lesen.

lg Corabora


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