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Wolfgang und Juli

Begegnung im Park
von

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NANU

Wäre mir der Wind nicht um die Nase geblasen, ich hätte vermutlich gedacht, ich sei im Tresorraum einer Bank vor dem Safe. Beide, Antoine und Murata hatten mich im Stich gelassen. Sie sagten, sie würden einen Parkplatz suchen, währenddessen sollte ich in den Gayclub gehen namens Nanu, und schon mal Plätze freihalten.

Obwohl ich wusste, dass einer allein nach einem Platz zum parken suchen kann, und es besser ist, wenn zwei an einem Tisch einen Platz für eine dritte Person freihalten, war ich ausgestiegen. Und jetzt stand ich hier mit wackeligen Knien, beobachtet von einer Kamera, und die Tür hatte nicht mal einen Knauf. Obendrein war sie aus Stahl und rot. Mit solchen Sicherheitsvorkehrungen hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Ich dachte, wenn ich da durchgehe, komme ich in eine andere Welt, mit Leuten, die ganz anders sind als ich. Außerirdische. Die Schwulen würden durch die Kamera sofort erkennen, das ich NICHT schwul war, sie würden denken, ich sei gekommen um sie zu verprügeln und mich erst gar nicht reinlassen. Umgekehrt würden die Passanten glauben, ich wäre schwul und mich verprügeln wollen. Und dazu meine schon erwähnte Vorstellung, ein Gefühl als ob ich in ein fremdes Land käme. Oder auf einen fremden Planeten, genau. Ich hatte Angst. Aber das war normal oder? Alles, was fremd ist, macht Angst. Was sollte ich nur sagen, wenn jemand durch die Sprechanlage fragte, was ich hier wolle?

Mit zitternden Fingern drückte ich auf die Klingel, immer noch am Überlegen was ich zu meiner Verteidigung sagen könnte, und wie ich den Einheimischen klarmachen konnte, das ich in friedlicher Absicht da sei.

Es fiel mir nichts ein, aber zu meiner Überraschung wurde die Tür, kaum das ich die Klingel berührt hatte auch schon geöffnet, ich hörte einen Summton und drückte mich rasch dagegen. Hinter mir fiel die schwere Tür wieder ins Schloss, vor mir lag eine Treppe. Es war abgedunkelt. Umso besser, vielleicht sah man mir dann mein Heterosein nicht so sehr an. Ich hatte eben mal zögerlich zwei Stufen genommen, als von oben einige männliche Personen freudig herunter geeilt kamen und mich begrüßten, wie einen alten Freund, auf den sie lange gewartet hatten. Das war nett. Seltsam, aber nett. Ich lächelte und grüßte freundlich zurück, und wurde nach oben begleitet, links und rechts Menschen, die sich wie gute Freunde verhielten, obwohl ich sie bestimmt noch nie gesehen hatte, und ich hatte tatsächlich das Gefühl nach Hause zu kommen. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Meine Angst verflog augenblicklich. Es war eine wirklich warmherzige und familiäre Atmosphäre. Zu meiner Überraschung gab es auch Frauen hier. Ich ging zur Bar, bestellte mir einen Drink und sah mich um. In diesem Raum waren die Theke, und eine Tanzfläche in der Mitte, dahinter Bänke und Tische. Ich nahm meinen Drink entgegen und machte mich neugierig auf Erkundungstour. Anscheinend hatten die Leute gar nicht bemerkt, das ich mir nichts aus Männern machte, na gut, es war schon recht dunkel. Von der Theke aus konnte ich sogar ein Kino sehen. Ein Raum, in dem es stockdunkel war. Ziemlich exklusiv, dachte ich. Noch während ich hinsah ging ein Mann mit Lederbekleidung hinein. Ob der Film gerade angefangen hatte? Ich vermutete, es war ein Porno und war am Überlegen, ob ich wohl hineingehen sollte. Nur kurz. Ein anderer kam heraus. Das mussten wohl Kurzfilmchen sein? Jemand ging hinein. Wiederholungen anscheinend. Na gut, ich würde mir später überlegen, ob ich mir einen ansehen sollte, wahrscheinlich waren es Gaypornos, das musste ich nicht unbedingt sehen, obwohl, etwas neugierig war ich schon. Vielleicht lag das an der Stimmung hier, dieser Atmosphäre. Ich machte mich auf den Weg in den Nebenraum, hier war auch eine Theke, aber es war viel heller, wie ein Restaurant, in der Mitte stand ein Billardtisch und einige Leute spielten, ich hatte Lust mitzuspielen. Oh Mann, es musste echt an der Atmosphäre liegen. Auch hier standen an der Seite Tische und Stühle, aber hier wurde gegessen. Okay, essen wollten wir nicht, es war ganz schön voll, ich sollte ja Plätze frei halten, aber ich konnte keinen freien Tisch entdecken. Ob ich mich einfach dazusetzen sollte? Erst mal weitersehen, ich ging in die andere Richtung, hier waren die Toiletten, es war immer gut, wenn man wusste, wo die Toiletten waren. Und zufällig musste ich. Ich stellte mein Glas ab und ging ins Herrenklo. Zu meiner nicht ganz so geringen Überraschung stand eine Frau am Waschbecken und puderte ihr Gesicht.

War das vielleicht so üblich? Gingen hier die Männer auf die Frauentoilette und die Frauen auf die Männertoilette, aber sie lächelte mich nur an und war nicht böse. Außerdem gab es hier Pissoirs. Ich ging zu einem, dennoch war es komisch. Eine Frau auf der Männertoilette, ich meine, das sieht man eben nicht alle Tage nicht wahr? Und um ehrlich zu sein, ich hatte es noch nie gesehen, wahrscheinlich starrte ich sie deshalb die ganze Zeit an, was ihr aber nichts ausmachte. Hin und wieder schenkte sie mir ein freundliches Lächeln. Schöne Beine, sie sah überhaupt ziemlich gut aus, lange blonde Haare, ein ebenmäßiges Gesicht...lächelnd fragte sie: „Do you want this?“ und bot mir an, ihr Make-up zu benutzen. Etwas verwirrt lächelte ich und lehnte dankend ab.

Sie legte den Stift zurück in ihre Tasche, ging zur Tür drehte sich um und sagte: „I am a boy.“

„Oh.“ Mehr brachte ich nicht heraus. Ich lachte verlegen. Zum Teufel, das hatte ich wirklich nicht bemerkt. Hatte zwischenzeitlich überlegt, ob sie wohl hier war, weil es auf der Damentoilette zu voll war und ich war ja kein Chauvinist, von mir aus, konnte eine Frau ruhig hier reinkommen, wenn sie ihr Make-up auffrischen wollte. Aber es war ein Mann. Gut, ich hatte es wirklich nicht gemerkt, und sie war ein hübsches Mädchen, ungelogen. Und sehr nett. Etwas ärgerlich vielleicht, das sie gemerkt hatte, das ich NICHT gemerkt hatte, das sie ein boy ist. Was soll´s.

Mittlerweile sollten die anderen wohl auch da sein, oder? Ich wusch mir die Hände, noch ein wenig neben der Spur, in Gedanken bei ihr, und ging nach draußen. Vor meinem Glas stand eine Frau. Ich fragte höflich, ob sie wohl etwas beiseite gehen könne, damit ich an mein Glas kam. Sie sah mich fast schon empört an, als habe ich ihr ein unzüchtiges Angebot gemacht, und sie mir deswegen am liebsten sofort eine Ohrfeige gegeben hätte. Ah ja. Gerade als ich meine Frage in Englisch wiederholen wollte, ging sie zornig von dannen. Nun, das war auch verwirrend, immerhin hatte ich ja für meine Cola bezahlt.
 


 

Mittlerweile hatten sich die Barhocker und die Tanzfläche gefüllt und im Gegenzug waren die Tische leerer geworden. Es waren ohnehin nur Vierer – und Zweiertische, und ich entdeckte einen Tisch mit nur einer Person. Trotz der Dunkelheit kam mir der Goldglanz seines Haares irgendwie vertraut vor, und als er einen Gegenstand aus der Hose zog und auf den Tisch legte, war es ein Gegenstand den ich sofort erkannte, immerhin hatte ich diese Geldbörse den ganzen Tag mit mir herumgetragen. Wolfram. Was zum Teufel machte er denn hier? Ah, vermutlich das Gleiche wie wir. Es war eben nicht mehr sooo ungewöhnlich einen schwulen Freund zu haben. Ähm, oder sollte man besser sagen, einen Freund zu haben, der schwul war, ist? Egal, der Tisch war perfekt, ich freute mich sogar, Wolfram zu sehen, wenn sein Freund kam, konnte ich ja wieder aufstehen. Zielstrebig ging ich auf ihn zu, und grüßte „Hey Wolfram.“

Überrascht sah er mich an. Ich deutete auf die Stühle, „kann ich mich setzen.“

Zuerst zögerte er etwas, aber dann nickte er heftig. Immer noch überrascht sah er mich an. „Yuri? Also hierhin wolltest du ausgehen?“

„Ja.“ antwortete ich ihm gutgelaunt. „Es ist schön hier, gefällt mir. Ehrlich, ich hab das so nicht erwartet.“

Ein Mann in Frauenkleidern, dem man aber ansah dass er ein Mann war, kam an den Tisch und wickelte mir seine Boa um den Hals. Ich nickte dankend, während Wolfram ihn verärgert verscheuchte.

„Hm.“

„Was?“

„Ich glaub, es wär nicht so gut, die Leute hier zu verärgern, Wolfram. Bist du mit deinem Freund hier?“

Er verzog die Mundwinkel leicht zu einem angedeuteten Lächeln. „Interessiert dich das?“

Interessierte es mich? Eigentlich nicht. Aber irgendwie schon. Wer weiß mit wie vielen Leuten der hier war. Ob ich nicht gleich nach einem anderen Platz Ausschau halten sollte?! Ich nickte.

Er legte seinen hübschen Kopf zur Seite und lächelte jetzt wirklich. „Nein, und du?“

„Ich? Ja.“

Das Lächeln verschwand, machte Ärger Platz. Hatte ich was Falsches gesagt?



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