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Unbekante Geschichte

ich weiß wirklich nicht, wie sie heißt...
von

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Travis war bereits einige Tage nach Süden unterwegs, bevor er wieder auf Anzeichen von Zivilisation stieß, und zwar in Form eines schulterhohen Bretterzauns. Dahinter war weit und breit nur Weideland zu sehen, also dachte er sich nichts dabei, einfach darüber zu klettern. Langsam aber sicher machten sich die Strapazen seiner Reise doch bemerkbar. Er wachte morgens schon erschöpft auf und ging abends noch erschöpfter schlafen. Aber er setzte tapfer immer einen Schritt vor den anderen.

Vorgestern war er das letzte mal auf Wasser gestoßen, und so leckte er sich bereits über die trockenen Lippen, als er die Viehtränke entdeckte. Darum herum war der Boden schlammig von zu vielen Hufen, aber das Wasser darin war klar und offenbar sauber. Er hielt seine Feldflasche vorsichtig unter die Leitung, aus der sich beständig ein schmales Rinnsal in die Tränke ergoss. Als die Flasche halb gefüllt war, konnte er es nicht mehr erwarten und begann vorsichtig zu trinken. Das Wasser war so kalt, dass sich ihm der Magen schmerzhaft zusammenzog, also setzte er kurz ab und stellte den Rucksack ab, bevor er wieder ein paar kleine Schlucke trank.

Als sein Durst endlich gestillt war, legte er sich in den schmalen Schatten, den die Tränke spendete und entspannte sich ein wenig.

In den letzten Tagen hatte er nur wenig gegessen, um seine Vorräte nicht aufzubrauchen, und das rächte sich jetzt. Er hatte leider auch kein Geld, also musste er sich bei Gelegenheit entweder etwas verdienen, jagen, oder, was ihm am wenigsten gefiel, stehlen.

Natürlich wusste er, wie man einen Einbruch beging, schließlich hatte er früher Möglichkeiten verkauft, um genau das zu verhindern, aber etwas in ihm sträubte sich vehement gegen diese Vorstellung.

Als er feststellte, dass er fast einschlief, stand er auf und setzte seinen Rucksack auf. Hier konnte er nicht bleiben. Er ging weiter, nachdem er noch einmal getrunken und seine Flasche aufgefüllt hatte, und erreichte kurze Zeit später die andere Seite der Weide. Hier war der Zaun an einigen Stellen vor kurzem erneuert worden, das Gatter hingegen sah reperaturbedürftig aus. Vielleicht konnte er hier ein paar Tage arbeiten (Oder du tötest sie einfach und nimmst dir was du brauchst) und die Zäune in Stand setzen? Zwar hatte er nie eine Handwerkliche Ausbildung genossen, aber ein paar Bretter austauschen sollte nicht allzu schwer sein.

Also folgte Travis dem Pfad, der auf das Bauernhaus zuführte. Hoffentlich spricht hier jemand Japanisch, dachte er, bevor er an die Tür klopfte.

Wenig später konnte er von drinnen Schritte hören, dann öffnete sich die Tür einen Spalt breit und ein hübsches Mädchen öffnete die Türe. Sie sah ihn aus zusammengekniffenen Augen misstrauisch an, dann rief sie etwas auf Chinesisch in das Haus hinein. „Ehm, Hallo. Sprechen Sie zufällig Japanisch?“ fragte er unsicher. Das Mädchen nickte. „Ein wenig. Was willst du? Aber sprich langsam.“

Travis seufzte erleichtert, bevor er antwortete. „Mein Name ist Travis. Ich bin seit einigen Tagen unterwegs und habe kaum noch zu essen. Ich wollte fragen, ob ich hier vielleicht arbeiten kann.“

Weitere Schritte waren aus dem inneren zu hören, dann öffnete sich die Türe vollständig, und ein Chinese mittleren Alters stand in der Türe. Das Mädchen richtete das Wort jetzt an den Neuankömmling, der daraufhin nickte und ein wenig grinste. „Mein Vater sagt, du kannst morgen arbeiten, aber erst musst du Bad nehmen. Du stinkst. Dann essen, dann schlafen. Morgen arbeiten. Ich bin Seiran, das ist mein Vater Kinai.“ Travis verbeugte sich unsicher. „Wie gesagt, ich bin Travis. Und sag deinem Vater bitte, dass ich ihm sehr dankbar bin.“
 

Seiran führte Travis in ein erstaunlich modernes Badezimmer in der ersten Etage, gab ihm ein Handtuch und Seife. Während sie die Sachen aus den Schränken zusammensuchte, betrachtete er das Mädchen. Ihre schwarzen Haare waren mit zwei hölzernen Nadeln zurück gesteckt und ließen so einen ungehinderten blick auf ihr zartes Gesicht zu. Sie wirkte offen und freundlich, offenbar ohne Angst vor dem abgerissenen Fremden.

Sicherlich ist sie auch eine Kampfsportlerin. Passen würde es ja zu der Geschichte, dachte er bei sich. Seirans schlanker Körper verbarg sich unter einem weißen, chinesischen Hemd, die braune Stoffhose war röhrenförmig geschnitten und fiel bis über ihre Knöchel. Wie Travis eigene Füße waren die ihren Nackt, denn er hatte sich rechtzeitig erinnert, seine Schuhe am Eingang zurück zu lassen.

Glücklicher weise ließ sie ihm heißes Wasser in die Badewanne laufen. Gedankenverloren zog Travis sein Hemd über den Kopf, dann bemerkte er seinen Fehler.

Er hätte anstandshalber warten sollen, aber Seiran warf ihm nur einen kurzen Blick zu, bevor sie sich mit einem leichten Lächeln verabschiedete. Dann erst streifte Travis auch die restlichen Kleider vom Leib. Wieder betrachtete er fasziniert seinen neuen Körper, der trotz der schlechten Ernährung und der Strapazen seiner Wanderung immer noch in hervorragender Form war. Die wohlige Hitze des Bades wusch nicht nur den Schmutz, sondern auch die Verspannung aus seinem Körper, so dass er sich nach kurzer Zeit erstaunlich Frisch fühlte, als es an der Tür klopfte und Seiran ihn zum Essen abholte. Im Erdgeschoss saßen bereits Kinai und zwei weitere Männer, einer etwas jünger als dieser, der andere aber deutlich älter. Than stellte sich als Seirans Großvater mütterlicher seits heraus, der Knecht, mit dem Travis morgen, wie er bereits vermutet hatte die Zäune ausbessern sollte, hieß Lian Hoa. Scheinbar sprach keiner der Männer Japanisch, so wurde die Unterhaltung etwas schwierig. Aber immerhin erfuhr Travis, dass er noch immer in der Quinghai Provinz in der westlichen Hälfte Chinas befand. Auf die Frage, was er denn als offensichtlicher Japaner hier in China mache, gab er lediglich an, Kampfsportler zu sein und sich auf einer Trainingsreise ohne festes Ziel zu befinden, was die anderen am Tisch scheinbar ohne weitere Fragen akzeptierten. Allerdings schienen die Worte Krav Maga den Anwesenden nichts zu sagen, also musste Travis, immer wieder durch die Übersetzungen Seirans unterbrochen, die Eigenheiten seines „Stils“, wie sie es nannte, in allen Einzelheiten erklären.

„Du hast wirklich Glück, dass du heute gekommen bist,“sagte Seiran. „Morgen wäre Vater ins Dorf gefahren, um jemanden für die Zäune einzustellen. So spart er Zeit und Geld, wenn du wirklich nur Essen als Lohn willst.“

„Nun ja. Essen und vielleicht einen Satz Kleidung, wenn ihr den entbehren könnt. Meine ist schon ein wenig rissig und ich habe keine Kleidung zum wechseln.“ zögernd blickte er an sich hinab. Bis vorhin hatten ihn die kleinen Löcher und Risse nicht gestört, aber jetzt schämte er sich ein bisschen dafür

„Natürlich, du kannst ein paar Sachen von meinem Bruder anziehen, aus denen ist er eh herausgewachsen, und morgen flicke ich deine Kleider, wenn du möchtest.“

„Das wäre sehr nett von dir, aber ich möchte keine Umstände machen.“

„Ach, das geht schon in Ordnung,“ sagte sie mit Nachdruck. „Ich flicke auch die Sachen von den anderen Männern, die zerreißen dauernd bei der Arbeit. Das macht mir nichts aus.“
 

Nach dem ausgiebigen Essen, das aus gebratenem Rindfleisch, Gemüse und Reis bestand, zeigte Lian Hoa Travis seinen Schlafplatz in einer kleinen Kammer über der Scheune. Es roch ein wenig muffig nach altem Stroh, sonst schien der Platz Trocken und sauber. Das Bett bestand zwar nur aus einer alten Matratze, aber die Laken und die Decke waren sauber und frisch gewaschen, und er hatte schon wesentlich schlechter geschlafen. In der Nordwand der Kammer befand sich noch ein kleines Dachfenster in der schrägen Decke, von dem aus Travis einen guten Überblick über einen Teil des Hofs und die Rückseite des Haupthauses hatte, in dem nach und nach die Lichter eingeschaltet wurden. In einem der Zimmer entdeckte er Seiran, die sich offenbar gerade über ein Buch neigte und sich dazu an dem Schreibtisch, an dem sie saß, Notizen machte. Plötzlich hob sie den Kopf und wandte den Blick in seine Richtung, so als hätte sie seinen Blick gespürt, aber offenbar konnte sie ihn nicht entdecken, denn wenige Sekunden später beschäftigte sie sich weiter mit ihren Papieren.

Travis sah ihr noch einen Augenblick versonnen zu, dann begann er damit, seinen Rucksack aus zu packen und Teile des Inhaltes in das leerstehende Regal zu räumen. Bisher hatte er zwar öfters daran Gedacht, abends zu lesen, aber ohne Licht hatte er sich das ganze geschenkt und die beiden Schriftrollen, die er jetzt an stelle seiner Bücher besaß, waren in seinem Rucksack immer weiter nach unten gewandert. Jetzt setzte er sich auf das Bett, überkreuzte die Beine und öffnete eine der Rollen. Diese entpuppte sich schnell als eine Art Kochbuch mit relativ merkwürdigen Rezepten, so dass er schnell das Interesse verlor. Die andere hingegen beschäftigte sich mit verschiedenen Meditationsmethoden und dem „Do“ eines Kämpfers. Eine der Passagen lautete: „Ein Kämpfer hat die Pflicht, schwächere zu schützen wo es nötig ist und mit allen Mitteln, die er für angemessen hält. Er muss stets die Wahrheit sagen und darf nur lügen, um das Leben anderer zu schützen.“

Scheinbar durchzog sich der gesamte Abschnitt des Textes mit solchen ungenauen Aussagen, die sich ständig widersprachen, und im Prinzip sagte er nur aus, was jeder selbst wusste.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Shizana
2017-09-08T11:57:52+00:00 08.09.2017 13:57
Hi.
Ich habe deine Fanfiction aufgrund der Sortierung zwar nur überflogen, aber was ich aufgeschnappt habe, fand ich gut. Du hast hier damals eine sehr interessante Geschichte begonnen, die zudem gut geschrieben ist. Es ist schade, dass sie nie fortgesetzt wurde. Ich hätte gern gewusst, wohin Travis' Reise noch führt.
Ich dachte mir, ich lasse dich wissen, dass deine Geschichte nicht vergessen ist. Und dass es jemanden da draußen gibt, der sie gern weiter verfolgt hätte. Es war mir ein Vergnügen.

Liebe Grüße
Shizana


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