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かくり - タウン

kakuri-town
von

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Sorgsam strich er den Stoff seiner schwarzen Hotpants zurecht, warf einen kurzen Kontrollblick in den großen Wandspiegel, bevor er das kleine Hinterzimmer verließ und in den Clubraum trat. Die Luft war stickig und feucht, wie immer im Sommer und da der Raum kaum richtige Fenster hatte, gab es auch nichts, was das Innere von der Hitze draußen abschirmte. Langsam schlenderte der Blonde zu seinem Platz, dort wo er jeden Abend saß und auf Kunden wartete. Schon allein diese minimale Anstrengung legte einen kleinen Schweißfilm auf seine Haut und am liebsten wäre er direkt wieder gegangen. Aber es gab nun mal keinen Ort in dieser Stadt, an dem man der Hitze entkommen würde, keine klimatisierten Zimmer oder kühlen Kellerräume. Es war überall gleich unausstehlich. Zwar besaß der Blonde durchaus so etwas wie einen Ventilator in seiner Wohnung, aber er konnte es sich nicht leisten, seinen Arbeitsplatz einfach so zu verlassen, vor allem da er heute seinen besten Kunden erwartete und den wollte er nicht verprellen. Schließlich war er ja professionell.

Mit ausdruckslosem Gesicht ließ er sich auf dem alten Sofa nieder, schweifte mit seinem Blick durch den Club. Obwohl es streng genommen nur eine alte Lagerhalle war mit zum Teil eingeschlagenen Fenstern und Putz der von den Wänden und der Decke bröckelte. Überall verteilt standen Sitzgruppen, auf denen mehr oder weniger gut aussehende Frauen und Männer saßen, die ihre Körper zum Verkauf anboten. Die meisten von ihnen einfach nur billig, nicht so elegant und erotisch wie er.

Der Blonde schlug seine Beine übereinander und spielte gelangweilt an seinen Fingernägeln herum. Hoffentlich würde er nicht mehr zu lange hier sitzen müssen. Aber draußen war es noch nicht einmal richtig dämmrig, also würde es sicher noch dauern.

„Uruha?“, riss ihn eine bekannte Stimme aus seinen Gedanken und der Blonde hob mit einem leichten Lächeln sein Gesicht, blickte zu dem Rothaarigen, der ihn gerade angesprochen hatte. „Können wir uns zu dir setzen?“, fragte dieser sanft und zeigte auf sich und einen größeren braunhaarigen Jungen, der halbversteckt hinter ihm stand. Uruha hatte ihn schon öfter hier gesehen, zwar immer nur in Begleitung von Kazuki, aber seinem Äußeren nach arbeitete er auch hier.

„Klar.“, meinte der Ältere nur kurz und rückte ein Stück, war so wenigstens nicht alleine. „Stellst du mir deinen Bekannten vor?“, wandte sich Uruha an den Rothaarigen, drehte seinen Kopf ein wenig zur Seite, um die beiden anzusehen, die sich neben ihn gesetzt hatten.

„Oh sicher, das ist mein Freund Reno.“, meinte der Jüngere mit einem leichten Lächeln und griff nach der Hand des Braunhaarigen, verhakte ihre Finger. So meinte er Freund also. Uruha fand es ja schon süß, dass manche der Stricher sich immer mal wieder ineinander verliebten, aber er war auch realistisch genug zu wissen, dass solche Beziehungen niemals halten würde. Daher hatte er auch nie eine gehabt.

Mit interessiertem Blick musterte er den Braunhaarigen von oben bis unten, dieser sah dabei nur beschämt zu Boden. „Wenn du immer so schüchtern bist, dann ist das hier vielleicht der falsche Job für dich.“, meinte Uruha und konnte nicht anders als dabei leicht belustigt zu klingen, was Reno nur einen leichten rosa Schimmer auf die Wangen zauberte.

„Mach dir mal keine Gedanken, er schafft das schon.“, mischte Kazuki sich ein, tätschelte seinem Freund dabei leicht den Handrücken, während dieser sich noch näher an den Kleineren schmiegte. Der Anblick hatte schon etwas herzerweichendes, aber in Uruhas Augen waren die beiden Jüngeren vor allem unheimlich naiv. Aber Uruha wollte jetzt lieber nichts mehr dazu sagen, er wollte den Kleinen ja nicht ihre Hoffnung nehmen. Mit leicht in den Nacken gelegtem Kopf lehnte er sich wieder auf der Couch zurück, zog die stickige Luft ein, die sie umgab. Hoffentlich kam sein Kunde bald, das würde ihn von der unausstehlichen Schwüle ablenken.
 

Nach einigen weiteren Minuten, die die Drei einfach nur still in dem Club saßen, erblickte Uruha endlich den Braunhaarigen auf den er gewartet hatte. Ohne ein Wort des Abschieds schwang er sich vom Sofa, setzte sein schönstes Lächeln auf und tänzelte auf den anderen zu.

„Ich hab auf dich gewartet Saga.“, hauchte er dem Älteren ins Ohr, schlang gleich einen Arm um dessen Taille und schmiegte sich mit unterwürfigem Blick an ihn, spürte wie eine Hand des anderen schon zu seinem Hintern wanderte. Uruha lachte neckisch und vergrub sein Gesicht kurz in dessen Halsbeuge, ließ sich bereitwillig von dem Kleineren betatschten. Immerhin zahlte der auch gut dafür.

„Wohin gehen wir?“, flötete der Stricher mit gespielt hoher Stimme und klimperte mit den Augen, hoffte nur, dass der Braunhaarige jetzt sein Auto vorschlagen würde, denn dort war es wenigstens klimatisiert.

„Zimmer.“, raunte der Ältere nur und zog Uruha schon etwas unsanft Richtung Ausgang. Der Blonde unterdrückte seine Enttäuschung gekonnt, bereitete sich innerlich schon einmal auf das kleine, stickige Zimmer vor, in dem er die nächsten paar Stunden verbringen würde. Aber letztendlich war der Ort egal, Sex war Sex und es würde dem Blonden überall gleich wenig gefallen. Auch wenn er Saga sicher noch zu seinen angenehmeren Kunden zählte, der Braunhaarige war wenigstens gutaussehend und wenn er gut gelaunt war, nahm er sogar ein wenig Rücksicht auf den Blonden unter ihm.

Gemeinsam verließen sie den Club, gingen in das angrenzende Gebäude. Es war sozusagen das Love-Hotel von K-Town, zumindest würde Uruha dieses Gebäude Fremden so beschreiben. Es gab auf vier Etagen mehrere kleine Zimmer, die nur mit einem Bett ausgestattet waren. Manche der Räume hatten ein zusätzliches Badezimmer mit einer kleinen Wanne. Außerdem gab es angeblich ein paar Kellerräume, aber obwohl Uruha schon seit über sechs Jahren hier arbeitete, war er dort noch nie gewesen.

Langsam öffnete der Blonde die Tür, trat in das Zimmer, wo ihm direkt die erdrückende, abgestandene Luft entgegenkam. Doch wirklich Zeit sich zu beschweren hatte der Jüngere nicht, da er im nächsten Moment schon bestimmt gegen die Wand gepresst wurde, spürte wie eine fremde Hand in seine Hose wanderte.

„Ich hab nicht viel Zeit.“, hauchte Saga ihm ins Ohr, ließ Uruha einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Ein tonloses Seufzen kam über die Lippen des Größeren. Schnell war gleichbedeutend mit schmerzhaft oder zumindest unangenehm, aber eine Wahl hatte er nicht und im Endeffekt brauchte er das Geld. Also würde er es über sich ergehen lassen. Vielleicht könnte Uruha dann heute noch ein paar Kunden abfertigen, wenn der Ältere ihn nicht zu lange und zu intensiv beanspruchte.
 

*
 

Mittlerweile war es schon fast dunkel und es würde nicht mehr lange dauern, bis sie zu ihrem nächtlichen Raubzug aufbrechen würde. Heute mussten sie unbedingt Beute machen sonst würde sie die nächsten Tage schrecklich hungern. Nicht dass Ikuma dieses Gefühl wirklich stören würde. Solange man noch Hunger fühlte, war man zumindest am Leben, denn wenn der Blonde sein jämmerliches Dasein so betrachtete, gab es nicht viele Sachen, die ihm das Gefühl gaben ein Mensch zu sein, abgesehen von der Sache mit dem Hunger. Und Ko-ki vielleicht.

Sich vorsichtig nach allen Seiten umsehend, steckte er eine Hand in ein kleines Loch in der Wand des alten Bahnhofgebäudes, tastete bis er den Stein gefunden hatte unter dem er seinen ‚Schatz‘ versteckt hatte. Es war zwar nie jemand außer ihm und Ko-ki hier, aber man konnte nicht achtsam genug sein.

Mit einer schnellen Bewegung zog Ikuma das Bündel heraus, öffnete langsam den Knoten um den alten Lederlappen, in den er seine Wertsachen eingepackt hatte. Dabei sah er sich immer noch um, wie als erwartete er jeden Moment überfallen zu werden, aber es war niemand hier und eigentlich wusste er das auch. Der Straßenjunge entfaltete den Lappen und nahm fast ehrfürchtig die Geldscheine hinaus, fuhr sachte mit seinen Fingerspitzen darüber, wie als könnten sie bei zu starken Berührungen zerfallen. Wie fast jeden Tag begann er das Geld zu zählen, obwohl er genau wusste wie viel es war: 41.309 Yen. Für jemanden wie ihn fast unvorstellbar viel, aber dennoch viel zu wenig. Seit einem Jahr sparte er jetzt, aber wenn es so weiter gehen würde, würde er es nie schaffen die zehn Millionen aufzutreiben. Dabei brauchte er es doch so dringend und er würde fast alles dafür tun.

Ikuma wurde von einen Geräusch aus seinen Gedanken gerissen, packte die Scheine hastig wieder ein und schob sie zurück. Gerade rechtzeitig bevor er schon Ko-kis pinke Haare hinter einem der umgestürzten Pfeiler erblickte. Mit einem sanften Lächeln beobachtete er, wie der Jüngere mit einer Dose in der Hand umständlich über die Trümmer stieg und lachend auf ihn zu ging.

„Sieh was ich gefunden habe, Onii-chan.“, jubilierte er fast schon, man sah seinem Gesicht deutlich an, wie stolz er auf sich selber war und triumphierend hielt er dem Blonden die Dose vors Gesicht, als er bei ihm war.

„Ravioli?“ Ikuma zwang sich hart nicht angewidert das Gesicht zu verziehen. Schließlich wollte er dem anderen seine Entdeckung nicht mies machen und es war auch definitiv besser als kein Essen. „Naja, geb mal her.“, fügte er schnell hinzu, griff die Dose, zog sein Messer aus der Tasche und versuchte sie zu öffnen. Ko-ki hatte sich mittlerweile auf einen Mauerrest neben ihm gesetzt, immer noch ein fettes Grinsen im Gesicht. Es war für den Älteren schon ein bisschen unwirklich, dass der andere immer so fröhlich war und das, obwohl sein Leben einfach schrecklich war. Und das Schlimmste daran, im Gegensatz zu den meisten hier, Ikuma eingeschlossen, konnte der Jüngere noch nicht mal etwas dafür. Er war hier hineingeboren und das war nicht fair.

„Sag mal, wo hast du die eigentlich her?“, fragte er nur beiläufig, roch kurz an dem Inhalt, um festzustellen, ob die Nudeln noch essbar waren, aber sie schienen wirklich noch gut zu sein, zumindest wenn man nach Geruch und Aussehen ging.

„Ist vorhin von einem der Lieferwagen für die Fabrik gefallen.“, erklärte Ko-ki und zog eine kleine Kiste aus einem versteckten Hohlraum in der Wand, holte zwei verbeulte Löffel und zwei alte Schüsseln heraus. Ikuma teilte die Nudeln auf die beiden Schüsseln auf, begann dann gierig das kalte Essen runter zu schlingen. Einerseits weil er schon lange nichts mehr gegessen hatte und andererseits weil man den widerlichen Geschmack dann nicht so merkte. Ikuma hasste diese Art von Leben. Sein vorheriges war zwar kaum besser gewesen, aber wenigstens noch etwas, was man als Leben bezeichnen konnte.

Seufzend legte er sich zurück gegen die Mauer, ging im Kopf seinen Plan für heute Nacht durch. Sie würden es im Grenzbereich versuchen. Das war zwar riskanter als normale Einwohner von K-Town zu überfallen, aber es war auch erfolgsversprechender. Vielleicht hatten sie ja mal wieder Glück und eine der Yakuza-Nutten war so fertig, dass sie es vor Schmerzen nicht mehr bis nach Hause geschafft hatte. Solche Leute gaben leichte Opfer ab und hatten meistens sogar noch eine beachtliche Summe Geld dabei, zumindest für Straßenkinder-Verhältnisse. Es war nicht so, dass es Ikuma Spaß machte Leute zu überfallen, die genauso arm dran waren wie er. Natürlich würde er lieber die reichen Touristen ausrauben, aber das war deutlich gefährlicher und schwerer und im Laufe der Jahre hatte der Blonde verlernt was Mitleid war. Es gab niemanden hier, der Mitleid mit ihm hatte, warum sollte er sich also um irgendeine unbekannte Nutte kümmern, anstatt sie auszurauben, um von ihrem Geld die nächsten Tage Essen kaufen zu können? Der Blonde war kein schlechter Mensch, er war einfach nur kalt geworden, so wie alle hier es irgendwann wurden. Und vor diesem Schicksal wollte er Ko-ki bewahren.

„Gehen wir?“, holte ihn die Stimme des Pink-Haarigen zurück in die Realität. Der andere hatte unterdessen das Geschirr gewaschen. Es war schon ein kleines Wunder, dass es in diesem Bahnhof doch wirklich noch ein paar Wasserleitungen gab, die funktionierten.

„Klar gehen wir.“, antwortete der Ältere, packte sein Messer zurück, vielleicht würde er es noch brauchen und richtete sich auf. Draußen war es jetzt stockfinster, es war eine gute Zeit um auf Raubzug zu gehen. Niemand würde sie sehen und selbst wenn, es würde niemanden interessieren.
 

*
 

Gemächlich rollte die schwarze Limousine über die Straßen Tôkyôs die trotz der späten Stunde noch immer gut gefüllt waren. Der Schein der bunten Reklametafeln, der durch die getönten Scheiben fiel, malte ein buntes Muster auf die weißen Ledersitze des Wagens.

Rui rutschte etwas gelangweilt auf seinem Platz herum, starrte immer wieder auf sein Handy. Eigentlich wollte er in fünf Minuten an dem Club sein, in dem er sich mit seinen Freunden verabredet hatte, aber das würden sie wahrscheinlich nicht schaffen.

„Hey, wie lange dauert das noch bis wir da sind?“, rief er seinem Fahrer durch die Glasscheibe zu, versuchte dabei nicht genervt zu klingen, auch wenn ihm das schwer fiel. Dabei konnte der Fahrer sicher nichts dafür, dass sie zu spät waren, was Rui aber auch relativ egal war.

„ Noch eine Viertelstunde, Rui-san.“, kam es mit unterwürfigem Ton von vorne und der Braunhaarige seufzte nur leise, tippte schnell ein paar Zeilen für seine Freunde, bevor er sich wieder auf seinem Sitz zurücklehnte.

Nach weiteren zwanzig Minuten kamen sie dann auch wirklich an dem Club an und Rui sprang elegant aus dem Wagen, signalisierte dem Fahrer, dass er anrufen würde, wenn er geholt werden wollte und stolzierte dann einfach an der wartenden Schlange vorbei. Kurz begrüßte er die Türsteher, betrat dann auch schon das Gebäude. Draußen war es ziemlich warm gewesen, aber hier drinnen war es im Moment noch relativ angenehm, zwar warm aber nicht stickig. Sich nach allen Seiten umblickend schritt er durch den Club, erblickte dann seine Freunde in einer Ecke. Langsam schlenderte der Braunhaarige auf sie zu, hatte im nächsten Moment auch schon seine Freundin am Hals hängen, die ihn abwechselnd küsste und Vorwürfe machte, er sei zu spät.
 

Es war schon fast drei Uhr morgens, als Rui ziemlich betrunken den Club verließ und zu seinem Fahrer in den Wagen stieg. Eigentlich musste er morgen zur Uni, aber das war ihm relativ egal. Am liebsten hätte er noch ein wenig weiter gefeiert, aber die meisten seiner Freunde waren schon gegangen und auf seine nervige Freundin hatte er gerade so etwas von gar keine Lust mehr. Sie war zwar süß und hübsch und reich, aber dafür die meiste Zeit auch nervig und eine Zicke.

Leicht torkelnd lief er zu der Tür seines Apartmentkomplexes, brauchte fast fünf Minuten um den Schlüssel ins Schloss zu kriegen und nahm dann besser den Aufzug, bevor er sich beim Treppensteigen noch was brechen würde.

Als er den Aufzug verließ, erblickte er schon den Mann, der vor seiner Wohnungstür stand, an die Wand gelehnt auf irgendwen zu warten schien. Rui war sich etwas unschlüssig, was er tun sollte, aber gerade auch zu betrunken, als dass er wirklich darüber nachdenken konnte, was ein vollkommen unbekannter Mann mitten in der Nacht vor seiner Tür machte. Sicheren Schrittes ging er zu seiner Wohnung, ignorierte den Mann einfach und suchte wieder mit dem Schlüssel das Türloch.

„Hey, bist du Rui?“, fragte ihn dann eine fremde Stimme. Der Mann hatte sich von der Wand abgestoßen und stand nun direkt hinter ihm, sodass der Student dessen warmen Atem in seinem Nacken spüren konnte. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken und er drehte sich mit weit aufgerissen Augen um, blickte genau in das kalte Lächeln des Älteren. Mittlerweile machte sich doch ein Gefühl der Angst in Rui breit, wenn er den anderen so ansah, er wirkte nicht sonderlich freundlich. Unsicher versuchte er ein paar Schritte zurückzugehen, wurde daran aber von der Tür gehindert, gegen die er leicht schmerzhaft stieß.

Der andere fuhr sich mit einer Hand durch die braunen Haare, besah Rui immer noch mit diesem fiesen Grinsen und zog dann einen Brief aus der Jackentasche, hielt diesen vor die Nase des Jüngeren. „Gib das deinem Vater.“, raunte er nur, drückte Rui den Umschlag in die Hand und verschwand dann auch schon in Richtung Treppenhaus.

Der Student war gerade noch zu verwirrt, um irgendwie zu reagieren, hielt nur den Brief fest in der Hand und starrte auf die noch nachschwingende Flurtür. Was war das denn gerade gewesen? Rui konnte sich keinen Reim darauf machen, war aufgrund des Alkohols aber auch nicht wirklich in der Lage nachzudenken. Er würde seinen Vater einfach morgen besuchen und fragen, vielleicht würde der ihm ja etwas sagen. Denn gruselig fand der Braunhaarige die Situation immer noch.
 

*
 

Erschöpft schob er die Haustür zu dem Wohnblock in dem er lebte auf. Es war immer noch unerträglich warm und das obwohl es sicher schon drei Uhr morgens war. Aber es war nun auch deutlich schwüler als noch am frühen Abend und so hatte der Blonde doch wenigstens die kleine Hoffnung, dass es demnächst ein Gewitter gab. Das würde diese dreckige Stadt abkühlen. Aber vielleicht war es auch schon viel früher am Morgen. Uruha konnte nicht sagen, wie lange er gebraucht hatte, um nach Hause zu laufen, denn besonders schnell gehen konnte er gerade nicht. Sein Unterleib pochte schmerzhaft, Saga war wirklich schnell und grob gewesen und die Tatsache, dass der Blonde dann noch drei andere Kunden bedient hatte, hatte den leichten Schmerz nicht unbedingt besser gemacht. Auch wenn es ihm nicht annähernd so dreckig ging, wie als er mit diesem Job angefangen hatte. Man gewöhnte sich an alles und eigentlich war das Gefühl auch mehr unangenehm als wirklich schmerzhaft.

Mit einen leisen Klimpern zog er seine Schlüssel aus der Tasche, wollte gerade seine Wohnungstür aufschließen, als er ein Wimmern hörte, welches seine Aufmerksamkeit unwillentlich auf sich zog. Einen Moment überlegte Uruha es einfach zu ignorieren, die Tür aufzumachen und in seiner Wohnung zu verschwinden. Aber irgendwas in ihm hinderte ihn daran, was nicht zuletzt daran lag, dass er die weinende Stimme schon erkannt hatte. Leise seufzend steckte er den Schlüssel zurück in die Tasche, folgte dem Weinen bis zur Treppe. Es war zwar ziemlich dunkel im Treppenhaus, aber das bisschen Mondlicht welches durch die kleinen Gucklöcher schien, reichte, dass er die Person erkannte, die dort zusammengekauert auf der Mitte der Treppe saß, leicht an die Wand gelehnt und sich versuchte am Geländer weiter nach oben zu ziehen. Uruha hatte die Stimme vorhin richtig zugeordnet, wie er jetzt feststellte, beobachtete noch kurz die Szene und entschloss sich dann, dem anderen zu helfen. Alleine würde er es niemals noch zwei Stockwerke in seine Wohnung schaffen.

„Shh, San.“, versuchte er den anderen zu beruhigen, aber mehr aus Eigennutz, weil er dessen schreckliche Geräusche einfach nicht ertragen konnte. „Ich helfe dir.“, meinte er knapp und war schon bei dem anderen angekommen, hatte ihm unter die Arme gegriffen und ihn hochgezogen. Es war etwas kompliziert den anderen durch die Gegend zu tragen, da San größer war als er selber, also zog er ihn mehr hinter sich her, die Treppen nach unten und zu seiner Wohnung. Zu Sans Wohnung würde der Blonde es mit dem anderen auch nicht schaffen.

So rücksichtsvoll es ging hievte er den Blauhaarigen in seine Wohnung und auf sein Sofa, wäre im Dunkeln fast über seine eigenen Sachen gefallen und machte erst dann das Licht an, erntete dafür ein erschrockenes Quieken von San. Eigentlich hasste Uruha sich gerade noch selber für seine Hilfsbereitschaft dem Größeren gegenüber, aber als er den geschundenen Körper des Blauhaarigen im gleißenden Licht seiner Zimmerlampe sah, musste er augenblicklich schlucken.

„San, was…“, begann er leicht stotternd, wusste die Antwort jedoch schon. Es war ja nicht das erste Mal, dass der Jüngere so fertig war, aber so schlimm wie heute war es auch noch nie gewesen. San lag seltsam verkrampft auf dem Sofa, hielt sich mit einer Hand die Augen zu, da das Licht ihn zu blenden schien. Mit der anderen Hand hielt er krampfhaft den Stoff seines Kleides zusammen, welches komplett zerrissen war, sodass der Größere fast nackt vor Uruha lag, nur sein Rücken und sein Unterkörper waren noch durch Stoff mehr oder weniger gut bedeckt. Sein Oberkörper war voller roter Striemen und teilweise zeichneten sich schon blaue Flecke zwischen dem Rot ab. Am Hals waren deutlich die Spuren eines Gürtels oder eines dicken Seils zu erkennen. An seinen Oberschenkel klebte getrocknetes Blut und der Blonde konnte sich gut vorstellen, woher dieses kam.

Langsam ging Uruha auf die Couch zu, kniete sich vor dem anderen nieder und strich ihm sanft die Haare aus dem Gesicht, sodass er San wenigstens ansehen konnte. Der Blonde musste wieder schlucken, als er sah wie schlimm das eigentlich hübsche Gesicht des Größeren zugerichtet war. Seine Lippen waren aufgeplatzt und geschwollen, er hatte einen Cut über dem rechten Auge und seine Wange war dick und blau.

„San, ganz ruhig, du bist hier sicher.“, nuschelte der Ältere und hauchte San einen sanften Kuss auf die Stirn. Die beiden lebten schon ziemlich lange zusammen in diesem Haus und Uruha mochte den Blauhaarigen, sie waren sogar sowas wie Freunde und es tat dem Blonden in der Seele weh, den anderen immer so sehen zu müssen. „Es wird alles wieder gut, mein Kleiner.“ Das Schlimmste an der Sache war, dass Uruha wusste, wie gelogen diese Worte waren. San würde wieder und wieder so zugerichtet hier auftauchen, zumindest bis dieser sadistische Yakuza sich ein anderes Opfer suchte. Und der Ältere hoffte nur, dass das bald passieren würde. Aber erst mal würde er den Blauhaarigen jetzt wieder herrichten müssen, schließlich konnte es sich keiner von ihnen leisten mehrere Tage nicht zu arbeiten.
 

tbc

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So, das war das erste Kapitel. Wenn jemand bis hier gekommen ist, würde ich mich über Kommentare freuen. Ansonsten hab ich nicht viel zu dem Kapitel zu sagen...

Updates gibt es jeden Monat, obwohl ich immer noch am Überlegen bin, ob ich am 12.12, 1.1, 2.2 und so mache oder einfach wirklich jeden Monat am 11., entscheide ich spontan^-^...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Mizuki_Matsumoto
2011-11-18T18:55:56+00:00 18.11.2011 19:55
Oh Gott...
zu viel Drama auf einmal... xD
nee, aber San und Ko-ki und Ikuma tun mir so leid :( es geht ihnen so schlecht...
aber wenigstens ein niedliches, süßes Paar :D Reno und Kazuki *____* Ich wünsch den beiden so, dass sie da raus kommen...

Naja, eigentlich würde ich sagen ich freu mich auf das nächste Kapitel, aber ich weiß ja das das hier die totale Belastung für meine Nerven wird... aber trotzdem, schreib weiter :D

Von:  Gabriella-Raynie
2011-11-11T12:51:00+00:00 11.11.2011 13:51
Waah, ich könnte ausrasten, wieso ist diese ff bei fanfiktion gesperrt? ><
Ich glaub's einfach nicht o.ô
Jetzt muss ich eben auf animexx zurück greifen, auch wenn ich animexx iwie voll kompliziert und so finde, aber für die ff mache ich es xD

Also,
dass erste Kapitel war echt super gewesen.
Ich kam mit allem klar und war nicht einmal verwirrt oder so, was ich ja zuerst befürchtet hatte, weil die Geschichte so viele Personen beinhaltet, aber du hast das toll gemeistert (im ersten Kap :p Aber ich denke in den anderen wird es genauso laufen ^-^)
Und ich freu mich schon tierisch darauf, etwas von Aoi zu lesen <33 Und sei bitte nett zu ihm >< Er hat nichts böses verdient.


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