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Hide and Seek

Pain x Konan
von

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Scherbenmeer

Es war nicht gerade leicht die Polizei davon zu überzeugen, das sie wirklich keinen Schutz brauchte. Die Blauhaarige war glücklicherweise sehr redegewand und nicht auf den Kopf gefallen. So schaffte sie es, die auf dem Tisch verstreuten Tabletten und den Einbruch glaubhaft miteinander zu verknüpfen. Nach einer guten Stunde zogen die Beamten dann endlich ab.
 

Mittlerweile war es nächster Morgen und Konan stand immer noch vor dem gleichen Problem. Alles, was sie brauchte um endlich einen Schlussstrich ziehen zu können befand sich in ihrem Küchenregel. Die Tabletten auf dem Tisch hatten die Polizisten gestern als Beweismaterial mitgenommen, doch im Regal befanden sich noch zwei Verpackungen und ein Fläschchen Tramal. Alles in allem also genug.

Dennoch, so einfach wie es klang, war die Sache nun doch nicht. Es hatte sie gestern einiges an Überwindung gekostet zu den Tabletten zu greifen. Über eine halbe Stunde hatte sie die Verpackungen angestarrt und überlegt, ob sie es wirklich tun sollte.

Doch was gab es für sie noch zu verlieren? Ihr Leben war ein einziges Scherbenmeer. Alles, wirklich alles was ihr lieb war, hatte sie verloren. Was für einen Grund gab es also noch hier zu bleiben, sich jeden Tag die gleichen Vorwürfe machen zu müssen und sich nichts sehnlicher zu wünschen, als endlich wieder bei ihren Freunden sein zu können?

Der Einbrecher, der gestern Nacht plötzlich in ihrer Wohnung stand, war ihr also gerade recht gekommen. Es wäre einfacher gewesen, hätte sie ihrem Leben nicht selbst ein Ende setzen müssen. Sie konnte sich zwar nicht erklären, warum ihr irgend jemand einen Auftragskiller auf den Hals hetzte, doch so verrückt es auch klang, diese Tatsache störte sie nicht wirklich. Viel eher störte es sie, das die Polizei ein wenig zu früh den Weg zum Haus gefunden hatte.

Doch wenn die junge Frau nun einen Blick zu den Tabletten in ihrem Schrank riskierte und danach greifen wollte, dann stoppte ihre Hand jedes Mal aufs Neue ein paar Zentimeter davor und sank entmutigt wieder nach unten. Was zur Hölle war denn so schwer daran?!

Die Blauhaarige seufzte leise und beschloss, es später noch einmal zu versuchen. Momentan fehlte ihr einfach der Mut dazu.

Sie schritt in den Flur, schlüpfte in Jacke und Schuhe und verließ das Haus dann.

Wie nicht anders zu erwarten war, waren Bostons Straßen um diese Uhrzeit wieder komplett überfüllt. Selbst die Nebenstraßen waren mit Autos verstopft, überall pilgerten Fußgänger die Bürgersteige entlang, hier und dort konnte man Fahrradfahrer dabei beobachten, wie sie die Straße überquerten und dabei fast umgenietet wurden. Die Ratten der Lüfte waren geschäftig dabei Brotkrümel und andere Essensreste vom Asphalt zu picken während hier und da die Musik einiger Straßenkünstler ertönte, die auf ein wenig Geld hofften.

Doch für das rege Großstadtleben hatte die junge Frau nun wirklich keinen Blick. Mit schlafwandlerischer Sicherheit trugen ihre Füße sie in Richtung der nächsten Haltestelle. Wie sie es schaffte, in diesem Gewusel nicht von einem Auto angefahren zu werden, war wahrlich ein Rätsel.

Mit den Gedanken war sie zumindest ganz woanders. Bei dem Tag, als das Unglück seinen Lauf nahm.

Als sie die Treppen der U-Bahnstation hinabgestiegen war, fuhr auch gleich schon die richtige U-Bahn ein. Sie stieg ein und fuhr exakt 4 Haltestellen mit. Von hier aus war es nicht mehr weit bis zum Public Garden.

Einige andere Fahrgäste waren wohl auf genau die gleiche Idee gekommen, denn es quoll ein wahrer Menschenstrom aus der überfüllten Bahn.

Konan schaffte es irgendwie der Menge zu entkommen, verließ die U-Bahn Station und legte die letzte Wegstrecke bis zum Park zurück. In einer Großstadt wie dieser mal ein wenig Grün zu finden, war schon fast eine Kunst. Es gab nur wenige Parks in der Stadt, aber keiner war so schön wie der Public Garden. Besonders der große See in der Mitte des Parks war ein Hingucker.

Am Seeufer standen einige Bänke. Überall flogen bereits bunte Blätter herum. Einige trieben sogar auf dem Wasser. Den Herbst konnte man nur noch schwer leugnen.

Sie setzte sich auf eine der Bänke und sah auf den See hinaus. „Haruka-chan..“ Ihre Stimme war nicht mehr als ein verzweifeltes Flüstern.

Hier hatte sie ihre damals beste Freundin kennen gelernt. Sie konnte sich noch daran erinnern, als wäre es gestern gewesen. Damals war nur noch diese eine Bank frei gewesen und die beiden Frauen hatten die Sitzgelegenheit genau in der selben Sekunde erreicht. Irgendwie waren sie damals ins Gespräch gekommen und hatten sich von dort an öfters getroffen. Auch später war die Bank am See noch der Lieblingsplatz der beiden geblieben.

Sie strich sich eine der blauen Strähnen aus dem Gesicht. Kurz wandte sie den Blick nach rechts, doch der Platz neben ihr war leer. Und das würde er für immer bleiben.
 

Warum hatte sie Haruka bloß überredet zu der Wandertour mitzukommen?
 

Nach einem Weilchen stand sie auf und setzte ihren Weg fort. Es ging einmal quer durch den ganzen Park. Die Bürokauffrau liebte dieses Fleckchen Erde eigentlich abgöttisch, da sie hier normalerweise mal einen Moment ihre Arbeit vergessen und entspannen konnte. Doch heute rauschte die Umgebung nur so an ihr vorbei. Sie übersah die spielenden Kinder, die Jogger und die Hundebesitzer, welche ihre vierbeinigen Lieblinge gerade eine Runde durch den Park führten.

Sie fühlte sich wie hinter einer Milchglasscheibe. Gefangen in einem schlechten Alptraum. Während ihr Leben von Tag zu Tag mehr an einen Scherbenhaufen erinnerte, ging alles um sie herum ganz normal weiter. So als wäre nichts passiert.
 

Der nächste Punkt, den sie wie von selbst ansteuerte war eine Skaterbahn. Derzeit waren nur zwei Jugendliche anwesend die mit ihren Boards an ihrer Technik feilten.

„Ren-san.“ Sie hatte ihn seit der Highschool gekannt. Sie waren wirklich gut befreundet gewesen, obwohl sie gar nicht hätten unterschiedlicher sein können.

Er, der stets gut gelaunte, aufgekratzte Klassenclown und sie, sein komplettes Gegenteil – immer ruhig und um gute Noten bemüht.

In seiner Freizeit war Ren gern hier gewesen. Oft hatten Haruka und Konan hier gesessen und den Skater dabei beobachtet, wie er sich zum x-ten mal auf die Nase legte.
 

Warum hatte sie darauf bestanden selbst den Wagen zu fahren?
 

Mit einem letzten Blick auf die Skaterbahn setzte sie ihren Weg fort.

Ein kühler Wind kam auf, wehte die Blätter kreuz und quer über den Weg und zerwuschelte ihre Frisur. Erneut strich die zierliche Frau sich einige Strähnen aus dem Gesicht, überprüfte vorsichtshalber ob die Papierrose noch da war und ging dann weiter.

Als sie den Park hinter sich gelassen hatte, schlug das Großstadtleben über ihr zusammen wie eine große Welle. Schon wieder Tauben, Menschen, Wolkenkratzer und Asphalt wohin man auch blickte. Die Straßen waren noch überfüllter als eben, wenn dies überhaupt noch möglich war.

Mittlerweile war es Mittags. Die Luft roch tagsüber noch extremer nach Autoabgasen und Essen als nachts. Teils war dies wirklich eine ekelhafte Kombi.
 

Nach einer weiteren Viertelstunde erreichte sie schließlich eine Kneipe. Eigentlich hatte Konan weder Hunger noch Durst, doch sie betrat das Haus und ging zielstrebig zur Bar.

//Takeru-san// Der erste Hocker links, dort hatte er immer gesessen. Der Platz war leer. Wie konnte es auch anders? Sie setzte sich auf den Hocker daneben und bestellte sich einen Gin. Sie selbst hasste das Zeug eigentlich, doch ihr Arbeitskollege hatte es immer geliebt. Oft hatte die ganze Clique hier gesessen und den Tag ausklingen lassen.
 

Warum hatte sie nicht auf ihn gehört und hatte nicht auf die Abkürzung verzichtet?
 

Lange hielt die Blauhaarige es in der Kneipe nicht aus. Zu viele Erinnerungen prasselten auf einmal auf sie ein. Haruka, Ren und Takeru waren alles gewesen, was sie in Boston hielt. Sie hatten sich fast jeden Tag gesehen oder wenigstens telefoniert. Die plötzliche Stille zerriss sie fast.

Direkt neben der Kneipe befand sich ein kleiner Blumenladen, welchen sie als nächstes besuchte.

Mit einem Strauß Lilien bewaffnet verließ sie den Laden wieder, suchte die nächste U-Bahnstation und beschloss dem Friedhof noch einen Besuch abzustatten.

Mehr konnte sie für ihre Freunde nicht tun. Nicht mehr. Aber was war schon ein Strauß Blumen? Eine nette Geste vielleicht, mehr aber auch nicht. Ins Leben zurückholen konnte sie sie nicht mehr.
 

Es war bereits später Nachmittag als Konan endlich den Friedhof erreicht hatte. Langsam aber sicher begann es dunkel zu werden. Die Sommertage waren entgültig vorbei.

Vor dem anonymen Grabfeld blieb sie schließlich stehen, legte die Blumen nieder und zündete eine Kerze an. Das Feuer flackerte leicht im Wind, doch die Flamme erlosch nicht.
 

Warum hatte sie den Unfall als einzige überlebt?
 

Es kam ihr wie eine halbe Ewigkeit vor, die sie hier verweilte. Mehr als die Erinnerungen und dieses Grabfeld waren ihr nicht geblieben.

Zu ihren Eltern hatte sie nicht das beste Verhältnis. Außerdem lebten sie nicht hier in Boston sondern in St. Petersburg. Ihre Freunde waren in all den Jahren also zu einer Art Familie geworden.

Seinen Anfang genommen hatte das Unglück vor etwa fünf Wochen. Sie hatten einen Ausflug machen wollen. Einmal raus aus der Großstadt. Wandern gewollt hatten sie. Es einfach einmal genießen das Grau der Stadt gegen das Grün der Bäume einzutauschen.

Da ihr Wagen noch relativ neu gewesen war, hatte sie darauf bestanden selbst zu fahren. Alle hatten sich auf den Ausflug gefreut. Bloß die Strecke zwischen Boston und dem Waldgebiet zog sich schier ins Unendliche. Also hatte Konan kurzerhand beschlossen eine Abkürzung zu nutzen. Somit hätten sie über eine Stunde Zeit gespart.

Dann war es passiert – ein silberner und ein schwarzer Wagen kamen plötzlich um die Kurve der schmalen Straße geschossen. Die beiden Autos sahen nach Geld aus. Und ja, die Kennzeichen hatten sich in ihr Gedächtnis gebrannt. Da die Autos nicht langsamer wurden und genau auf den Wagen der kleinen Gruppe zuhielten, war es an der Blauhaarigen ein Ausweichmanöver zu starten.

Doch die Straße war nass und viel zu eng. Außerdem war es eh schon nicht ungefährlich in einer Kurve auszuweichen. So kam es also, das der Wagen von der Straße abkam, sich mehrfach überschlug und die Böschung herab rollte. Zu guter Letzt prallte die Karre noch gegen einen Baum.

Die Bürokauffrau hatte kurzzeitig das Bewustsein verloren, doch noch im Krankenwagen wachte sie wieder auf. Sie hatte sich keine nennenswerten Verletzungen zugezogen. Ein paar Prellungen, aber ansonsten war nichts passiert. Die anderen hatten den Unfall leider nicht so gut überstanden.

Die Fahrer der beiden unbekannten Fahrzeuge waren geflohen.
 

Inzwischen war es wirklich schon recht dunkel geworden. Mit gesenktem Haupt riss Konan sich vom Anblick des anonymen Grabfelds los und suchte den Weg zurück zur Hauptstraße.

Im Dunkeln war dies gar nicht so einfach, doch die Wege des Friedhofs kannte sie inzwischen schon wie ihre eigene Westentasche.

Die Temperatur war gegen Abend schon wieder merklich gesunken. Als sie heute das Haus verlassen hatte, hatte sie sich nur eine recht dünne Jacke angezogen und fröstelte nun leicht. Das Friedhofstor rückte in Sichtweite. Täuschte sie sich, oder hatte sie da eben einen Regentropfen abbekommen? Keine fünf Schritte weiter wusste sie, das sie sich nicht getäuscht hatte. Ein Platzregen durchweichte die Erdwege des Friedhofs in Sekundenschnelle und hinterließ Pfützen auf dem Asphalt.

Der Wind wehte eine Spur heftiger und fegte Blätter und kleine Zweige von den Bäumen. Wirklich stören ließ die Blauhaarige sich von dem Dreckwetter allerdings nicht.

Gedankenverloren passierte sie das Friedhofstor und ging durch die Seitenstraße nur um sich gleich wieder auf einer, der besser befahrenen Straßen wieder zu finden.

Wie durch ein Wunder war die kleine Straße, welche zum Friedhof führte, gerade wie ausgestorben. Weder Autos noch Fußgänger waren in Sichtweite. Konan schob diesen Zufall auf den plötzlichen Regen und die Uhrzeit.

Aus den Gedanken gerissen wurde die junge Frau, als sie plötzlich von einem hellen Licht angeleuchtet wurde. Die Straße schillerte vom Regen nass vor ihr, der Lichtkegel wurde größer.

Für einen Moment fühlte sie sich stark an den Unfall neulich erinnert, nur das sie gerade nicht in einem Auto saß und es ein schwarzes Motorrad war, welches da genau auf sie zuraste.

Ihre Augen weiteten sich ein Stück. Die Bilder des Unfalls erschienen sofort wieder vor ihrem inneren Auge. Die zierliche Frau war im wahrsten Sinne des Wortes erstarrt.

Der Motorradfahrer trat stark auf die Bremse, riss den Lenker herum sodass das Motorrad sich um 90° drehte und kam dann vor ihr zum Stehen. Der Abstand zwischen ihr und der Maschine betrug knappe 1, 30 Meter.

Kurzzeitig herrschte Schweigen. Langsam aber sicher kehrte Leben in den Körper der Blauhaarigen zurück. Sie konnte sich wieder bewegen.

Ihr Blick haftete auf dem Motorradfahrer, welcher sich nun den Helm vom Kopf pflückte.

Oranges Haar und ein Gesicht voller Piercings kamen zum Vorschein. Konan glaubte ganz dringend eine Brille zu brauchen. Das war doch..!

„Hallo. So sieht man sich also wieder.“, ergriff der Orangehaarige das Wort. Auf seinen Lippen lag ein ironisches Lächeln.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Levisto
2011-05-01T20:47:22+00:00 01.05.2011 22:47
Ok mein Verdacht hat sich nicht bestätigt^^ Na egal, so wird es nur noch spannender. Zu mal die Zwei sich jetzt wieder treffen, mal gucken was diesmal dabei heraus kommt bzw. worum sich das Gespräch dreht.
Ich bin zumindest so langsam gespannt wie es weiter geht. Ein Lob auch dafür, dass du so viel schreibst und das 2. Kappi kam ja jetzt richtig zackig.

Freudige Grüße
Levisto
Von:  Al
2011-05-01T20:07:03+00:00 01.05.2011 22:07
Ich finde den Anfang bis jetzt mal gar nicht schlecht...
OK, ich find es sogar super ^^
Deswegen hab ich diese FF gleich mal zu den Favos gepackt.
Mir gefällt es, wie du die jeweiligen Situationen immer beschreibst.
Ausführlich genug, dass man sich alles gut vorstellen kann, aber auch doch nicht zu lang, dass es zuviel wird. Also gerade richtig (für mich).

Freu mich auf jeden Fall, wenn es weiter geht!


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