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Schneeschmetterling

James ♥ Lily
von

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Man könnte fast glauben, hier draußen war niemand. Es war der Tag vor den Weihnachtsferien und die meisten Schüler hockten in ihren Schlafsälen und packten eifrig ihre Sachen. Nur James Potter nicht.

James Potter stapfte durch den knöchelhohen Schnee, ließ das Schloss hinter sich und achtete kaum auf den zugefrorenen See, der in der hellen Wintersonne glitzerte und das Licht von seiner eisbedeckten Oberfläche reflektierte.

Mit der Karte des Rumtreibers in der Hand bewegte er sich langsam auf einen Baum zu. Es war derselbe Baum, an dem er vor nicht ganz zwei Jahren Snape hatte kopfüber hängen lassen. Bei der Erinnerung daran musste er noch immer grinsen, obwohl er genau wusste, dass das nicht gerade eine glorreiche Tat gewesen war. Eine Person zumindest - Snape selbst ausgenommen - hatte das gar nicht lustig gefunden.

Und genau diese Person suchte er jetzt.

Er sah das rote Haar schon von weitem. Zuerst war es nur ein winziger, in der Sonne funkelnder Punkt, doch als er näher kam, fast direkt vor ihr stand, erkannte er die ganze Gestalt.

Lily Evans lag im Schnee, Beine und Arme von sich gestreckt, die Augen geschlossen. Rote Haarsträhnen lugten unter ihrer grünen Mütze hervor und mit ihren Gliedmaßen hatte sie den Schnee um sich herum weggescharrt. Es sah aus wie... ein Schmetterling.

James beugte sich über sie und runzelte die Stirn. Sie lebte noch, das konnte er daran sehen, dass sich ihr Brustkorb hob und senkte. Außerdem zeigte die Karte des Rumtreibers keine toten Menschen an.

"Lily."

Sie öffnete die Augen und starrte ihn an. Ein Hauch Rosa legte sich auf ihre Wangen und sie setzte sich hastig auf. "Potter. Ich, äh... Was machst du hier?"

James zog eine Augenbraue hoch und deutete mit dem Daumen über seine Schulter hinweg auf das Schloss. "Die Schülerversammlung tagt gerade." Es war höchst eigenartig, dass Lily, die sonst immer so pflichtbewusst war, das vergessen hatte.

Sie seufzte. "Ich weiß." Ihr Blick glitt zum See hinüber und sie schwieg eine Weile. "Ich schwänze."

Er hätte sie jetzt gerne damit aufgezogen. Die sonst so strebsame Lily Evans schwänzte? Da konnte etwas nicht mit rechten Dingen zugehen... Aber er ließ es sein. Irgendetwas in ihrem fernen, sehnsüchtigen Blick, ihrem traurigen Zug um den Mund ließ ihn seinen Mund halten.

Er schob sich die Brille auf der Nase zurecht, wie immer, wenn er nicht weiter wusste, und räusperte sich, als sie weiterhin gar nichts sagte. "Und...", probierte er es vorsichtig, "was genau machst du hier? Ist dir nicht kalt?" An der Spitze ihrer Mütze war Schnee kleben geblieben, als sie sich aufgesetzt hatte.

Sie lächelte zu ihm hoch, aber es war kein fröhliches Lächeln. "Ich mache Schneeengel."

"Schneeengel?"

Sie deutete auf den plattgelegenen Schnee unter ihr, stand auf und trat einen Schritt zurück. Trat neben ihn. "Schau." Dann streckte sie die behandschuhte Hand aus und zeigte auf eine Reihe solcher eigenartiger Schneeschmetterlinge.

James Augen weiteten sich. Er schaute die Gebilde im Schnee an, die alle identisch aussahen, ordentlich nebeneinander aufgereiht, dann Lily, dann wieder den Schnee. "Hast du die alle gemacht? Diese... Schneeschmetterlinge?"

Sie nickte und rieb ihre Hände aneinander, aber natürlich hatte das keinen wärmenden Effekt, denn sie hatte noch immer ihre schneeverkrusteten Handschuhe an. Sie musste unheimlich frieren, dachte James sich. Aber er konnte sich das alles nicht erklären.

"Was können die denn?", wollte er skeptisch wissen.

Lily lachte. "Gar nichts."

"Wozu sind sie dann gut?"

Sie ließ den Kopf hängen, drehte sich von ihm weg und ging ein paar Schritt. Langsam folgte er ihr, bis sie stehen blieb. Mit gesenktem Kopf seufzte sie. "Als ich klein war... haben meine Eltern und ich im Winter immer Armeen von Schneeengeln im Garten gemacht. Und überall, wo wir sonst noch hinkamen."

Zuerst verstand James nicht, aber dann fiel ihm ein, dass Lily's Eltern gestorben waren. Es war letztes Jahr gewesen, erinnerte er sich. Irgendwann im Winter, bei einem Autounfall auf glatter Fahrbahn waren sie ums Leben gekommen. Sie war die ganzen Winterferien über in Hogwarts geblieben, weil sie nicht mehr nach Hause konnte, und er wusste, dass sie die Sommerferien bei Jane, ihrer besten Freundin und ebenfalls einer Gryffindor, verbracht hatte. Er schluckte. Das war ein heikles Thema und er wollte sie nicht verärgern, indem er etwas Falsches sagte. In letzter Zeit lief es irgendwie... gut zwischen ihnen. Lily war nicht mehr so kratzbürstig und vielleicht, ganz vielleicht, würde sie ja schon bald ja sagen, wenn er sie fragte, ob sie mit ihm ausgehen wollte. Jedenfalls lächelte sie nun viel mehr, und sie unterhielt sich sogar mit ihm. Das erstaunlichste aber war, dass ihm die Arbeit als Schülersprecher sogar gefiel! Obwohl er sich ziemlich sicher war, dass es nur an Lily lag...

"Oh", sagte er deshalb nur, und kam sich schon im selben Augenblick total dumm vor.

"Heute ist ihr Todestag, weißt du", vertraute sie sich ihm an, drehte sich wieder weg und fuhr sich mit ihrem Jackenärmel über das Gesicht.

Für den Bruchteil einer Sekunde haderte James mit sich, doch dann trat er an sich heran und zog sie fest an sich. Ohne zu protestieren lehnte sie den Kopf an seine Schulter.

"Also, weißt du...", murmelte er, "wenn du noch nichts vor hast..." Und er wusste, dass sie die Ferien über in Hogwarts bleiben würde, "dann komm doch mit zu mir. Ich verspreche auch, dir nicht auf die Nerven zu gehen. Sirius wird auch da sein, und - ich kann aber nicht versprechen, dass er dir nicht auf die Nerven gehen wird."

Lily's Schultern zuckten, und er brauchte einen Moment, bis er begriff, dass sie lachte. Dann sah sie zu ihm auf. "Das ist nett von dir, aber..."

"Meine Eltern haben nichts dagegen", beteuerte James, nun selbst begeistert von seiner Idee, "du kriegst dein eigenes Zimmer. Du kannst auch abschließen, wenn du willst."

Eine zarte Röte überzog Lily's Wangen, und seine vermutlich auch. "Du meinst das ernst?", fragte sie zweifelnd.

Er nickte eifrig. "Sirius kann auch nicht nach Hause, wie du weißt. Und das ist doch besser, als Weihnachten alleine hier zu feiern, oder?" Und viel besser als eine Verabredung, aber das sagte er ihr natürlich nicht.

Lily überlegte kurz, dann nickte sie langsam, aber noch immer nicht ganz überzeugt. "Und deine Eltern...?"

"Haben schon viel von dir gehört." Er grinste und fügte schnell hinzu: "Nur Gutes natürlich."

Lily schaute verlegen weg. "Hoffentlich sind sie dann nicht enttäuscht."

Er wertete das als eine Zusage und jubelte innerlich, drückte Lily fester an sich, solange sie noch nichts dagegen hatte.

Sie löste sich zu seinem Leidwesen von ihm, zog einen Handschuh aus und nahm seine Hand. Ihre Finger fühlten sich eiskalt auf seiner warmen Haut an. Sie lächelte. "Komm mit. Wir machen noch ein paar Schneeen..." Sie unterbrach sich. "Schneeschmetterlinge."



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2015-09-27T18:53:08+00:00 27.09.2015 20:53
Jetzt habe ich gleich mal bei deinen Fanfictions vorbeigeschaut. Werde mir auf jeden Fall die Sachen zu HP durchlesen. Diese Geschichte hier hat mir gut gefallen. Und immer wenn ich überlege, wann James und Lily sich näher kommen, dann denke ich sofort an die Winterzeit. Woran liegt das eigentlich? Wurde das mal in den Büchern erwähnt oder passen Schneeflocken einfach so gut zu den beiden? :D Wie die Ferien verlaufen, hätte ich nur zu gern noch gelesen!
Von: abgemeldet
2011-09-11T17:11:54+00:00 11.09.2011 19:11
Hallo! ♥

Ich fand diesen OS einfach nur Puderzuckersüß. Wirklich, er war sehr leicht, bitter und dennoch herzerwärmend.
Ein schönes Stückchen Glück.

Ich liebe die beiden - immer noch. ♥

Allerliebste Grüße,
deine abgemeldet.
Von:  Foresight
2011-02-12T22:21:32+00:00 12.02.2011 23:21
Hachja... ich verspüre gerade das Bedürfnis ncah draußen zu flitzen und Schneeschmetterlinge zu machen.
Aber da liegt kein Schnee. Jedenfalls nicht genug. Ich fasel schon wieder Unsinn. XD'

Eigentlich müsste hier folgendes stehen:

*~*
Die Geschichte ist toll! So schön melancholisch und trotzdem total süß. Du hast die beiden total super getroffen und auch das ganze Drumherum stimmt! :3 Und ja, das hier artet gleich zu einem reinen Fangorly-Kommi aus. XDDD
Von:  Omama63
2011-01-24T09:33:28+00:00 24.01.2011 10:33
Ein schöner OS.
Hat mir sehr gut gefallen.
Kann ich mir gut vorstellen, dass James das besser findet, als eine Verabredung.
Ich hätte gerne noch gelesen, wie die Ferien sind. Vielleicht schreibst du ja eine Fortsetzung, dann würde ich mich über eine ENS sehr freuen.
Von:  Caellon
2011-01-23T23:27:05+00:00 24.01.2011 00:27
Hm... das ist... schön.

Mehr gibt es da eigentlich nicht zu sagen. Fehler seh ich keine. Und selbst wenn, die dienen eh nur der Indiwiduälitäht.


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