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Eine blaue Holztür

von

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Die Glocken der Kapelle verstummten, als auch der letzte Besucher eilig hineinhastete und die blaue, frisch gestrichene Holztür mit einem leisen Knarzen ins Schloss fiel. Die hohen, wenig bunten Fenster der Kapelle waren hell erleuchtet und es bot sich ein malerischer Anblick, den das Mädchen sichtlich genoss. Jeden Abend kam Abby um diese Uhrzeit hierher, doch nicht, um am Gottesdienst teilzunehmen, wie der Rest der Dorfbewohner - in der Zeit der Messe saß sie auf der anderen Seite des Sees im Schatten einer grün-blühenden, großen Trauerweide und genoss die Idylle, den die lauen Sommerabende mit sich brachten.

Sie rutschte nah an das Ufer heran, entledigte sich ihrer Schuhe und ließ die Füße in das kalte Wasser des Sees gleiten, wackelte mit den Zehen, denn das kühle Nass kitzelte auf ihrer warmen Haut. Das Wasser stand still, war grau und klar, sodass sie ihr Spiegelbild auf der Oberfläche betrachten konnte. Glühender Abendhimmel und hohe Berge mit schneebedeckten Spitzen spiegelten sich darin, Grillen surrten nah und fern - das einzige Geräusch, das Abby hören konnte, bis der Chor einsetzte, den man auch außerhalb der Kapelle singen hörte.

Sie summte leise mit, denn sie kannte die Lieder schon auswendig. Gerne wäre sie einmal ins Innere der Kapelle vorgedrungen, zusammen mit den anderen Menschen, aber es wusste, dass sie dort nicht geduldet werden würde - so wie auch der Rest ihrer Familie.

Sie mochte es aber auch, nur hier zu sitzen und die Stille zu genießen. Die Luft roch nach Tannenbäumen und ein bisschen nach feuchter Erde und Abby betrachtete die hohen Nadelbäume, die sich hinter der Kapelle auftürmten. Ein kleiner Pfad führte tiefer in den Wald hinein, dort, wo sie noch nie gewesen war, denn ihre Mutter erlaubte es nicht.

Irgendwann, sagte sie sich, würde sie sich trauen und dem Weg folgen. Sie würde entdecken, ob der kleine Holzzaun, der entlang des Weges führte, irgendwann aufhörte. Und sie würde den kleinen Friedhof sehen, der sich hinter der Kapelle befinden sollte. Sie würde Abenteuer erleben!

Nebel stieg auf, als eine kühle Brise ihre Haarsträhne erfasste, und sie merkte, wie es langsam dämmerte. Abby strich sich das Haar zurück. Der Himmel leuchtete in einem trüben Gelb, als die am Horizont untergehende Sonne ihre letzten Strahlen über das Land schickte.

Sie hörte Schritte hinter sich, einen knackenden Ast.

"Schon wieder sitzt du hier herum!" Eine empörte Stimme. Ihre ältere Schwester, die Hände in die Hüften gestützt. "Mom hat doch gesagt, du sollst nicht mehr hierher kommen. Komm schon."

Abby seufzte und stand auf, und während sie wieder mit ihren kalten, nassen Füßen, deren Zehen sie kaum noch spürte, in ihre Schuhe schlüpfte, warf sie einen letzten, sehnsüchtigen Blick auf die Kapelle, den geheimen Pfad, die hohen Fichten dahinter. Ihre Reflektion im grauen Wasser sah sie erwartungsvoll an.

Sie kehrte dem Anblick den Rücken zu, als die blaue Holztür der Kapelle wieder aufschwang.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  _-THE_JOKER-_
2011-05-18T13:51:01+00:00 18.05.2011 15:51
Auch ich würde mich über eine Fortsetzung freuen. Soviel kann ich hier jetzt auch nciht zusagen. Es ist ja prinzipiell nur eine ganz kurze Szene und es werden sehr viel Fragen aufgeworfen. Ich mag es natürlich, wenn man sich seinen Teil selbst denken kann, hätte aber auch kein Problem mit etwas mehr Erklärung. Mir gefällt die Geschichte trotzdem und ich mag es auch sehr, dass du sie nach der Holztür benannt hast. Das hat was. Abschließend kann ich nur sagen, ich würde mcih auf mehr freuen udn wenn es das nciht gibt ist die Story trotzdem gut. Nicht zu kurz und nciht zu lang und spannend finde ich sie auch.


lg joker
Von: abgemeldet
2011-02-07T18:24:36+00:00 07.02.2011 19:24
Kann mich trollfrau nur anschliessen!
Es grenzt an seelische Grausamkeit, die Leser so neugierig zu machen!
Ich hoffe, du schreibst irgendwann ma weiter an dieser Geschichte, auch wenn für den WB alles wichtige drin ist, machen Abby und die wunderschön beschriebene Landschaft Lust auf mehr.

Würde jetzt auch gern im Sonnenschein, die Füße ins Wasser halten *ggg*
Von:  Trollfrau
2011-02-06T15:20:30+00:00 06.02.2011 16:20
Wer ist dieses Mädchen? Warum darf sie nicht in diese Kirche? Dir ist hoffentlich klar, dass es fast schon unverschämt ist, dass man nicht mehr erfährt. ^^
Aber das war ja auch nicht auf Aufgabe.
Wirklich schön geschrieben. Du bringst die dort herrschende Idylle in deinen Worten wunderbar herüber.

[FCY]
Von:  jumjum
2011-01-29T12:19:39+00:00 29.01.2011 13:19
Ich Finde du beschreibst sehr schön! Ich mag die stelle am liebsten wo sie ihre füße ins wasser taucht! Das kitzelen, die farben bracht, ja man kann fast den gesang der chores hören!
Von:  CanisMinor
2011-01-14T20:37:48+00:00 14.01.2011 21:37
Abby ist ein sehr Interessantes Mädchen. Die Story hat gleich zwei Wendungen und das hebt auch gleich zwei Mal die Spannung. Selbst jetzt hab ich noch ein bisschen Aufregung in mir. Am besten hat mir die Wendung gefallen, als Abbys Schwester aufgetaucht ist. Ich dachte zuerst die ganze Zeit, ihre Familie währe ausgeschlossen worden, aber es scheint fast so, als wolle die Familie gar nicht dorthin. Jetzt bleibt natürlich die Frage offen, was dahinter steckt. Ich hab da echt nichts zu meckern, gefällt mir sehr gut.

LG
Flash_Leopard

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