Zum Inhalt der Seite

Die traurige Prinzessin

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die traurige Prinzessin

Es war einmal vor langer, langer Zeit in einem fernen Königreich eine Prinzessin, die war so wunderschön, dass ein jeder, der sie nur einen Augenblick lang ansah von ihrer Schönheit so geblendet war, dass er nie wieder sehen konnte. Viele Prinzen kamen und hielten um die Hand der wunderschönen Prinzessin an, doch keiner hielt es länger als ein paar Sekunden an ihrer Seite aus, sondern floh, noch bevor der König sein Ja-Wort geben konnte.

Nach und nach kamen immer weniger Freier und mit jedem Tag wurde der Vater verzweifelter, denn auch wenn er die schönste Tochter auf Erden hatte, so konnte er sie doch nicht vermählen. Und auch das junge Mädchen wurde mit jedem Tag trauriger, bis sie sich eines Tages gänzlich von ihrem Vater und allen am Hof lebenden zurückzog, um nicht noch mehr Menschen das Augenlicht zu nehmen.

Die Zeit verging und trotz der Versuche des Königs seine Tochter zur Rückkehr zu bewegen bekam er doch nur immer wieder die gleiche Antwort.

„Lasst mich allein, mein Vater. Hier wo ich bin, bin ich zu Recht.“ Die junge Prinzessin wurde zunehmend blasser, bis ihre Haut der feinstem Alabasters glich. Ihre Augen verloren ihren Glanz und aus den funkelnden saphirblauen Sternen wurden trübe, unergründliche Seen. Die aufwendigen, mit Spitzen und Perlen verzierten Kleider wichen tiefschwarzen und der einzige Sonnenschein, der das Gemach der Prinzessin noch erhellte, war der eines kleinen Singvogels, welcher jeden Tag um die gleiche Zeit mit wunderbar melodischer Stimme ein Lied für die traurige Prinzessin sang. So melancholisch und traurig, dass sie nicht anders konnte als zu weinen und mit ihren Tränen das Zimmer in ein gleißendes Licht zu tauchen, strahlten diese doch wie der hellste Sonnenschein.

Überall im Königreich erzählte man sich vom Verschwinden der jungen Prinzessin Eleonora, webte sich eigene Geschichten über sie zurecht, begonnen von der Schönheit und der Anmut, über ihr Lächeln und ihre Freundlichkeit bis hin zu ihrer Liebe zur Malerei, die die junge Prinzessin schon immer beflügelt und ihr Gemüt hatte vor Fröhlichkeit nur so strahlen lassen. Doch kamen mit der Zeit auch jene Geschichten über sie an die Ohren der Neugierigen, die von der bodenlosen Traurigkeit des Mädchens erzählten, denn ein jeder im Königreich wusste wie sehr sich das junge Mädchen einen Prinzen an ihrer Seite wünschte. Der König versprach die Hälfte seines Königreichs und die Hand seiner Tochter demjenigen, der Eleonora zum Lächeln brachte und abermals wurde das Schloss von Prinzen aus aller Herren Länder besucht. Doch dieses Mal liefen sie nicht weg, geblendet von der Schönheit der Prinzessin, sondern verließen das Schloss voller Furcht und Entsetzen, sobald sie auch nur für eine Minute das Gemach des Mädchens betreten hatten. Im Königreich erzählte man sich daraufhin, dass die Prinzessin wohl verhext worden sei, denn die Prinzen flohen vor Schrecken vor ihrem grausigen Antlitz und ließen sich auch nie wieder im Königreich sehen.

Nach wenigen Monaten verebbten die Besuche der Interessierten und auch die Geschichten um Eleonora wurden weniger, bis sie nach einiger Zeit ganz verstarben. Der König verbitterte mit den Jahren immer mehr, hatte er seine Tochter doch schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, und das obwohl sie in seinem Schloss lebte. Mit ihm unter einem Dach wohnte. Und doch traute sich niemand in das Schlafgemach der Prinzessin, aus Angst vor dem was ihn darin erwartete. Nur einmal hatte der Vater den Frevel begangen, war aber rückwärts wieder in den Gang gestolpert und hatte seitdem keinen Fuß auch nur in die Nähe des Zimmers gesetzt. Gesprochen hatte er nie über das was er im Gemach seiner Tochter gesehen hatte, doch wirkte er danach um Jahre gealtert.
 

Jahre vergingen, Sagen wurden gewoben und das kleine Königreich verfiel immer mehr. Die Bauern siedelten in andere Königreiche um und die, die blieben waren nur zu alt oder zu arm um aus dem Land zu fliehen. Der Verfall schien unabwendbar, doch wollte dies niemand der Bleibenden wahrhaben.

Als eines Tages ein junger Prinz, hoch auf einem weißen Ross, mit goldenem Zaumzeug und einem Diamanten besetzten Sattel in das Land einritt beachtete man ihn gar nicht, schließlich konnte er nur auf der Durchreise sein, so wie die meisten, die sich hierher verirrten. Als er dann jedoch die Ausschreibung des Königs hervorzog, die dieser vor Jahren verfasst hatte und auf welcher ein Bild seiner Tochter zu sehen war, als sie noch als strahlende Schönheit galt, da scharrten sich die wenigen Menschen des Landes um diesen Jüngling und halfen ihm vom Pferd. Geleiteten ihn in eine Gaststube und taten ihm das Beste auf, was sie noch hervorbringen konnten. Ein wenig Wein und etwas Braten; genug um den Mann zufrieden zu stellen.

„Ich bin auf der Suche nach der Prinzessin“, erklärte der Prinz ohne Umschweife und sah die Bauern neugierig an, und obwohl sie sich erst sträubten begann dann doch einer von ihnen zu erzählen. Der Alte begann mit den wunderbaren Geschichten über die schöne Eleonora, erzählte von den vielen Brautwerbern und auch von der grenzenlosen Schönheit der Prinzessin. Dann leckte er sich die spröden Lippen und senkte den Blick, stützte sich ein wenig mehr auf den hölzernen Krückstock und führte seine Erzählungen fort. Vom Verschwinden der schönen Eleonora und ihrer Verwandlung. Davon, wie all die Prinzen vor Schreck und Entsetzen geflohen waren. Angeekelt und vergrault von der unglaublichen Abartigkeit, die der Prinzessin nun innewohnte.

Ruhig lauschte der Prinz den Worten, warf hier und da eine kurze Frage ein oder nippte stumm an seinem Wein. Als der Alte zu Sprechen aufgehört hatte schien er eine Entscheidung gefällt zu haben, stand nun auf und bestieg erneut sein weißes Ross. Doch entgegen dem Drängen der Dorfbewohner steuerte er sein Pferd nicht zurück und auf einen anderen Weg sondern hielt genau auf das Schloss zu, denn so unglaublich die Geschichten auch geklungen hatten, so hatten sie seine Neugierde auf die Prinzessin doch nur noch mehr geschürt.
 

Blass und ausgemergelt hatte der König den jungen Adligen begrüßt und ihn in das dunkle und hie und da von Verfall bedrohte Schloss eingelassen. Stumm und unter höchster Anstrengung war er auf seinen Thron gestiegen und hatte sich dort das Anliegen des Prinzen angehört, welches ihn nur leicht nicken ließ, auch wenn er den Ausgang dieses Besuches nur schon allzu gut kannte.

„Ihr sollt eure Chance bekommen, mein Junge.“ Das waren die einzigen Worte die der König an den jungen Mann gerichtet hatte. Seine Hoffnungen waren schon längst begraben und er selbst würde ihnen wohl bald nachfolgen, war es doch um seine Gesundheit mehr als nur schlecht bestellt. In verzweifeltes Wehklagen ausbrechend wies er dem Prinzen den Weg zu den Gemächern, den dieser fand ohne auch nur einer weiteren Seele außer dem König zu begegnen. Niemand schien mehr das Schloss zu bewohnen außer dem Alten und seiner Tochter, wovon auch der Staub und die Spinnweben zeugten die die Gänge des Schlosses beherbergten.

Mit einem kurzen Klopfen machte der junge Mann auf sich aufmerksam, öffnete dann auch schon die Tür zum Gemach der Prinzessin und trat ein. Nur um sofort einen kurzen Schritt zurück zu treten, denn der beißende Geruch der ihm in die Nase stieg war grauenvoller als alles was er bisher gerochen hatte. Und dann sah er den Grund dafür und er verstand warum so viele Männer vor ihm die Flucht ergriffen hatten. Hoch oben an der Decke, über einem umgekippten Stuhl hing sie, die wohl traurigste Prinzessin die er je gesehen hatte. Sie war wunderschön und es schien als ob sie schliefe, und nichts und niemand würde ihm sagen können, wie lang sie wohl schon so an dem dicken Strang aufgeknüpft war, denn ihre Haut schien noch immer von Leben durchdrungen, auch wenn die Geschichten des Alten aus dem Dorf ihn etwas anderes vermuten ließen.

Der Gesang des Vogels, der plötzlich einsetzte, war so schön und so unpassend, dass es dem Prinzen einen Schauer über den Rücken jagte. Die Melodie war die gleiche, mit welcher der Singvogel schon seit Jahren das Gemach der Prinzessin erfüllte; traurig, melancholisch und doch von einer Wärme, dass einem nach Weinen Zumute war. Doch als er sich nach dem Tier umsah fand er nichts als einen leeren Vogelbauer. Daneben aber stand ein Bild, gemalt in feinstem Öl und darauf der Singvogel der Prinzessin, wie er sein Lied unaufhörlich zum Besten gab. Und als der junge Adlige abermals hoch zur Prinzessin blickte traute er seinen Augen kaum. Da hing sie und weinte, Träne um Träne, so klar und rein und so strahlend wie der hellste Sonnenschein.

Eine der Tränen fing er auf, floh dann aber doch aus diesem Gruselzimmer und rannte so schnell ihn seine Beine trugen hinunter in den Saal wo der König ihn bereits mit bekümmerter Miene erwartete.

„Die Prinzessin könnt ihr behalten, mein König!“, erklärte der Prinz mit zittriger Stimme und legte dem alten Herrscher nun die Träne in die Hand, die wie eine Perle wirkte, so fest und rund und doch nur salzige Traurigkeit war. Dann verließ er das Schloss, ritt wie der Wind und betrat nie wieder dieses Königreich.

Und so sang der Vogel weiterhin und wer weiß, vielleicht singt er noch heute und bringt die Prinzessin zum Weinen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Thuja
2012-01-08T23:26:32+00:00 09.01.2012 00:26
Huch
Das war ja wirklich traurig
Wunderbar geschrieben. Deine Vergleiche sind so toll.
Dein Ausdruck märchenhaft.
Wirklich.
Ich klatsche gerade Beifall in die Hände, weil das so toll geschrieben ist
Aber die Story war sooooo traurig. Ich hatte gehofft, er kann ihr helfen, kann sie von ihrem Leid erlösen.
Aber er war genauso ein Feigling, der es nicht einmal wirklich versucht hat Ich hatte so auf ein Happy End gehofft *snief*



Zurück