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All Your Other Ways

von

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- Liz -

Liz war froh, dass Kate da war. Durch den Besuch ihrer Schwester lenkte sie sich ein wenig ab und musste nicht mehr nur dauernd an John denken. Kate hatte sie noch nie in London besucht und Liz hatte schon alles mögliche an Plänen geschmiedet. In den fünf Tagen, die sie hier war, ließ sich eine Menge unternehmen und Liz hatte schon alle beliebten Touristenattraktionen - wie zum Beispiel das Madame Tussaud's - und viele verschiedene Museen über sich ergehen lassen, was ihr aber nicht viel ausgemacht hatte. Das National History Museum mochte sie sogar, denn es war riesig und interessant dazu. Schon allein das Foyer, in dem ein riesiges Dinosaurierskelett auf einen herunter starrte, wenn man eintrat, war beeindruckend. Ganz zu schweigen von dem Wal in Originalgröße in der Halle der Säugetiere. Und das beste war: der Eintritt war kostenlos.

Es gefiel ihr, wie fasziniert Kate auf alles reagierte, und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, hatte sie auch ein wenig Stolz verspürt, als Kate ihre Wohnung - vor allem ihr gläsernes "Büro" - bestaunt hatte.

Zu ihrem Ärger hätte John, der ihr Telefon ständig klingeln ließ und sie nicht in Ruhe lassen wollte, fast auf das Band gesprochen, doch zum Glück hatte sie ihn mittendrin abschneiden können, sodass Kate nicht seine ganze Nachricht zu hören bekam. Liz hatte so getan, als wäre nichts gewesen und ihrer Schwester somit signalisiert, dass sie nicht darüber reden wollte, und Kate, klug wie sie war, war zwar neugierig gewesen, hatte es aber so hingenommen. Wahrscheinlich wusste sie, dass Liz anfangen würde, auch in ihren Wunden herumzustochern, wenn sie näher nachhakte.

Liz konnte sich schon denken, warum Kate für ein paar Tage nach London geflohen war. Und das so kurzfristig. Das sah ihrer Schwester normalerweise gar nicht ähnlich, denn bei Kate musste alles penibel genau geplant werden. Ihre Anwesenheit hier erschien Liz wie eine Flucht, und wovor sollte Kate fliehen, wenn nicht vor Jake, diesem liebenswerten Trottel vom besten Freund? Liz konnte Jake gut leiden. Man merkte sofort, dass er ein gutes Herz hatte, aber ihrer Meinung nach war er einfach... blind. Unfähig, was Mädchen anging. Aber das konnte man ändern. Und er mochte Kate, das wusste Liz auch. Das hatte er schon immer. Sie wusste nicht, ob er dasselbe empfand wie Kate offensichtlich für ihn, aber Liz wusste, dass er ihrer Schwester niemals wehtun würde - zumindest nicht absichtlich. Aber genau das ist anscheinend eingetreten. Nur wollte Kate nicht darüber reden - warum auch immer. Liz konnte durchaus ernst sein, aber wenn ihre Schwester noch nicht dazu bereit war, dann musste sie es eben so akzeptieren. Kate war sowieso eine Geheimniskrämerin, die alles lieber mit sich selbst ausmachte, was ihr schon so manche Probleme bereitet hatte, denn nicht immer stimmte ihre Umwelt mit Kate überein.

Aber jedem das seine, dachte Liz und wurde bei diesem Gedanken schmerzlich an John erinnert. Momentan wollte sie auch mit niemandem über ihn reden. Nicht mit Kate, die ihre eigenen Probleme hatte, nicht mit Mel, die das wahrscheinlich sowieso nicht verstehen würde und auch nicht mit der verständnisvollen Judy, die wahrscheinlich Mitleid mir ihr haben würde. Das alles könnte Liz nicht ertragen. Und mit ihren Eltern schon mal gar nicht! Das wäre das schlimmste vom schlimmsten.

Also verbrachte sie ihre Tage lieber mit Kate, inmitten von London's Sehenswürdigkeiten. Hin und wieder konnte sie sogar eine Anekdote abliefern oder zur Abwechslung mal Kate belehren mit irgendwelchen geschichtlichen Hintergründen, die sie dann und wann aufgeschnappt hatte.
 

Eines Abend saßen sie nach einem langen Tag am Trafalgar Square auf dem Brunnenrand, die Nelsonsäule in ihrem Rücken, ruhten sich aus und fütterten die Tauben, die sich zu Hunderten auf dem Platz befanden. Ein ganzes Rudel von Vögeln, die alle dieselbe, graue Färbung hatten, drängten sich zusammen, um etwas von den Brotkrumen abzubekommen, die Liz und Kate wohlwollend auf den Asphalt warfen. Viele, sehr viele Passanten, schüttelten missbilligend die Köpfe oder warfen ihnen böse Blicke zu, aber die zwei störten sich nicht daran. In stillem Einverständnis brauchten sie einen ganzen Laib Toastbrot auf, den sie extra für die Tauben gekauft hatten, was viel zu schnell ging, und machten sich dann zusammen auf den Heimweg. Es begann langsam zu dämmern und Liz's Magen knurrte. Nach dem eher kargen Sandwich vom Mittagessen waren beide ziemlich hungrig.

"Ich mach uns was Leckeres zum Abendessen", informierte Liz ihre Schwester, als sie wieder in ihrer Wohnung ankamen. "Irgendwelche Wünsche?"

Kate schüttelte den Kopf, wusch sich die Hände und wollte ihr helfen, doch Liz winkte ab.

"Nein, du setzt dich hin. Ich mach das selbst." Es war endlich mal eine Gelegenheit, wieder etwas zu kochen. Liz wusste schon gar nicht mehr, wann sie das letzte Mal etwas gekocht hatte - richtig gekocht, meinte sie, nicht dieses "Pizza in den Ofen schieben", oder "Nudeln mit Tomatensoße" oder sonstiges, das schnell ging. Dabei hatte sie früher richtig gerne gekocht, mittlerweile aber konnte sie mit der Zeit besseres anfangen.

Während sie in der Küche hantierte, machte Kate das, was sie am liebsten machte: Sie durchstöberte Liz's Bücherregal und man hörte hin und wieder überraschte Ausrufe.

Schließlich kam Kate mit einem alten Reiseführer zurück in die Küche, den sie irgendwo ausgegraben hatte. Liz erinnerte sich noch daran, dass sie ihn vor vier Jahren auf dem Campus-Flohmarkt gekauft hatte. Und selbst damals war er schon so antik gewesen.

Kate setzte sich an den Tisch und blätterte ihn interessiert durch. Dann und wann grinste sie und las Liz zuweilen auch eine Passage daraus vor, über die sie beide kichern mussten.

"Das Ding ist wirklich alt. Ich glaube, den könnte ich in einem Antiquitätenladen für viel Geld verscherbeln", vermutete Liz amüsiert, während sie das Hackfleisch in der Pfanne anbriet, um später das Gemüse dazuzugeben.

"Aber es stehen erstaunlich viele historische Daten drin." Kate übersprang ein paar Seiten und Liz rollte mit den Augen.

"Du kannst es haben, wenn du willst. Ich brauche es sowieso nicht mehr."

Wie sie vermutete hatte, strahlte ihre Schwester. "Ehrlich? Danke. Hier kann man sogar noch was lernen."

Liz lachte. "Kaum zu glauben, dass man dir noch etwas beibringen kann. Wie läuft es eigentlich mit dem Studium?"

"Gut."

"Ich hab nichts Anderes erwartet. Wahrscheinlich lebst du in der Bibliothek, hm? Vermisst Claire dich nicht zu Hause?"

Kate grinste ertappt. "Sie weiß ja, wo sie mich finden kann..."

"Ich hab die Bibliothek gehasst." Auf den Blick mit den hochgehobenen Augenbrauen seitens ihrer Schwester fügte Liz hinzu: "Nicht wegen den Büchern. Es war immer so leise da drin. So ruhig. Furchtbar." Sie schüttelte sich bei dem Gedanken daran und stellte mal wieder fest, wie verschieden sie und ihre Schwester doch waren.

Kate musste darüber lachen. Wahrscheinlich, ging Liz durch den Kopf, hatte sie nichts anderes von ihr erwartet.



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