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All Your Other Ways

von

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- Liz -

Liz war schon angezogen und gerade im Begriff, sich aus dem Zimmer zu stehlen, als Johnny aufwachte. Er murrte verschlafen etwas vor sich hin, setzte sich auf und blinzelte in das helle Tageslicht. Liz blieb stehen - nun musste sie sich doch von ihm verabschieden - und betrachtete ihn lächelnd. Sein unordentliches Haar, der nackte Oberkörper, das zerwühlte Bett, sein zerknautschter Gesichtsausdruck, als wäre er noch immer nicht richtig wach.

"Du gehst", stellte er dann fest und bewegte sich keinen Millimeter vom Fleck. "Wohin gehst du?"

Diese Frage hatte sie nicht erwartet. "Nach Hause."

In diesem aufgeräumten Zimmer sah der zerstrubbelte Johnny irgendwie fehl am Platz aus. Vielleicht war das gar nicht seine Wohnung... jedenfalls stellte sie sich so nicht die Wohnung eines Musikers vor. Normalerweise waren diese Zeitgenossen schlampig, überall lagen Notenblätter verstreut, Klamotten ebenso, und an den Wänden hingen oder lehnten diverse Musikinstrumente. Das Bett war nie gemacht - was gestern anders gewesen war. Aber sie hatte keine Zeit gefunden, sich darüber zu wundern. Sie hatten besseres zu tun gehabt.

Er hob die Hand und fuhr sich damit durch sein Haar. "Ich, ähm... möchtest du vielleicht einen Kaffee? Frühstück?"

Sie schüttelte milde den Kopf. "Nein... ich muss jetzt wirklich los. Aber danke." Sie wollte sich schon von ihm abwenden, aber dann zögerte sie. "Es war... sehr schön."

Er grinste verlegen. "Ich mach so etwas normalerweise eigentlich nicht..."

Liz musste lachen. "Sollte das nicht eigentlich das Mädchen sagen?"

Johnny zuckte ratlos mit den Schultern.

"Du weißt es nicht, weil du das normalerweise nicht machst, hab ich recht?" Sie glaubte ihm natürlich kein Wort. Ständig gaben Männer vor, etwas zu sein, was sie nicht waren, um Frauen zu beeindrucken oder auf sich aufmerksam zu machen. Nie im Leben würde sie glauben, dass ein attraktiver Mann, der sich des abends in Bars herumtrieb und wahrscheinlich eine Horde weiblicher Fans hatte, sich nicht ab und zu auch mit einer von ihnen vergnügte.

Aber Johnny nickte nur. "Werden wir uns wiedersehen?", wollte er ernst wissen.

Liz hielt inne und betrachtete ihn misstrauisch. "Sollte DAS nicht auch eher das Mädchen sagen?", hakte sie trocken nach.

"Na ja, da das Mädchen hier gerade versucht hat, sich sang- und klanglos davonzuschleichen, bleibt mir keine andere Wahl", konterte er ohne ein Anzeichen von einem Lächeln. Liz ging auf, dass sie ihn möglicherweise mit ihren Worten gekränkt haben könnte, ohne es zu wollen. "Oder siehst du das anders?" Leicht verärgert zog er eine Augenbraue hoch.

Liz seufzte. Eine Wiederholung der Ereignisse der letzten Nacht war mehr als verlockend... aber konnte sie wirklich davon ausgehen, dass Johnny nur das im Sinn hatte und nicht auf irgendeine abartige Beziehungskiste hinzielte? Das war wirklich das letzte, was sie wollte.

Aber andererseits, dachte sie, konnte sie es ja herausfinden, wenn sie ihn das nächste Mal wiedersah... Ihr wurde klar, dass sie sich schon längst entschieden hatte. Schon bevor er aufgewacht war.

Sie nickte zu seinem Kopfkissen herüber, dass die letzte Nacht ihr Kopfkissen gewesen war, und Johnny folgte ihrem Wink. Dort lag ein kleines, gelbes Post-It, auf dem sie ihre Nummer notiert hatte.

Er lächelte verlegen und streckte die Hand danach aus. "Ist es auch die richtige Nummer?", fragte er halb im Scherz.

Liz grinste. "Find's raus."

Dann kehrte sie ihm den Rücken zu, hob zum Abschiedsgruß die Hand und verschwand aus seiner Wohnung im West End.
 

Nachdem sie kurz bei sich zu Hause vorbeigeschaut hatte, um sich zu duschen und neue Kleidung anzuziehen, machte sie sich sogleich auf den Weg. Es war mühsam, aus London herauszukommen, denn der Verkehr war sehr dicht, aber nachdem sie erst mal aus der Stadt raus war, waren die Straßen größtenteils frei.

In den nächsten zweieinhalb Stunden schweiften ihre Gedanken immer wieder zu Johnny ab. Viel hatte sie ja gestern nicht über ihn herausgefunden. Es war alles sehr schnell gegangen - so hatte Liz das nicht geplant. Eigentlich hatte sie gar nichts geplant. Aber mein Gott - diese Nacht würde sie so schnell nicht vergessen. Es war selten, dass sie sich mit jemandem so gut ergänzte - und ich viel seltsamer war, dass sie vorher überhaupt nicht mit ihm gesprochen hatte. Er schien selbst zu wissen, was er tat und ihr war es genauso ergangen.

Liz drehte das Radio lauter auf und sang lautstark zur Musik mit. Sie freute sich schon auf das Wiedersehen mit ihm - was sie durchaus nicht von jedem Mann behaupten konnte, mit dem sie jemals etwas gehabt hatte. Und das nächste Mal würde sie sich auch mehr Zeit nehmen, um Johnny besser kennen zu lernen. Zumindest sein Alter würde sie gerne erfahren - nicht, dass es für sie irgendeinen Unterschied machte, ob er 20 oder 40 war, aber so was war immer gut zu wissen.
 

Liz's Eltern wohnten in Dyke's End. Einer Sackgassenstraße. Es war eine Wohngegend für die wohlhabenderen Leute und die Häuser standen hier nicht, wie in ganz England typisch war, dicht an dicht aneinander. Nein, Liz war aufgewachsen in dem Gebäude mit der Hausnummer neun, das eine typisch viktorianische Villa mit weiß-gelblicher Täfelung war. Einen hübschen Kontrast dazu stellte das Dach dar, das von dunkelgrauen Schiefertafeln bedeckt wurde. Die Fensterrahmen und das Geländer der überdachten Veranda waren in reinem Weiß gehalten. Ihre Eltern ließen es jedes Frühjahr neu streichen, damit es nicht vergilbte, was eine Menge über ihre Mum und ihren Dad aussagte, fand Liz.

Charakteristisch und ein besonderer Blickfang war das kleine Türmchen, das kaum höher reichte als der Schornstein. Es gehörte damals zu Judy's Zimmer, jedoch hatte sich Lizzie das Zimmer unter den Nagel gerissen, als Judy ausgezogen war. Es war heiß begehrt unter den Schwester und wurde nachher an Kate weitergegeben. Nur Danny, der jüngste der Winstons, hatte den Wettstreit um das schönste Zimmer des Hauses nicht mitgemacht. Ruhig und geduldig, wie er war, hatte er viel einstecken müssen und war zu einem ernsten, schweigsamen jungen Mann herangewachsen, der seine Nase niemals in die Angelegenheiten anderer steckte, denn er wusste, früher oder später würde er dafür bezahlen müssen. Das hatten seine Schwestern - allen voran Liz -, ihm schon in frühen Jahren beigebracht.

Manchmal taten Liz ihre früheren Attacken auf Danny leid. Nicht selten hatten sie und Judy ihn als Mädchen verkleidet oder ihm befohlen, für sie Modell zu stehen, damit sie an ihm verschiedene Schminktechniken oder Haarschnitte ausprobieren konnten. Damals waren sie natürlich selbst zu klein gewesen, um zu verstehen, dass so was eine reine Folter für den Jungen war, aber später war Danny stets der Sündenbock gewesen - einfach, weil er sich bestens dazu eignete mit seiner passiven, zurückhaltenden Art. Vieles hatte er schlucken müssen - und Liz hatte den Verdacht, dass er sie noch heute fürchtete. Zumindest kam es nicht selten vor, dass er sich zurückzog, wenn sie da war, und ihr aus dem Weg ging.

Sie wollte es wiedergutmachen, aber jedes Mal, wenn sie versuchte, sich ihm anzunähern, hielt er sie auf Distanz.

Als sie nun in der Auffahrt des Hauses parkte, vermutete sie, dass alle schon auf sie warteten.

Sie sprang aus dem Wagen und ging die Treppe zur Veranda hoch, doch noch bevor sie klopfen konnte, wurde die Tür von Innen aufgerissen. Ihre Mutter nahm Liz stürmisch in die Arme, bevor diese überhaupt verstanden hatte, was passierte. Dann lachte sie und umarmte ihre Mutter ebenfalls und danach waren Kate und Judy an der Reihe, die sie beide gleichzeitig in die Arme schloss. Sie hatte die zwei so vermisst! Es war etwas, woran sie sich nach all den Jahren immer noch nicht gewöhnt hatte - ihre Schwestern nicht mehr tagtäglich zur Verfügung zu haben.

Aber andererseits war die Wiedersehensfreude jedes Mal umso größer.

Was folgte, war der bekannte Trubel, der bei den Winstons herrschte, wenn alle aufeinander trafen. Liz erfuhr, dass ihr Dad und Alan in London auf Geschäftsreise waren - so gesehen hatte sie wohl mit ihnen getauscht - und musste mit einem Lachen feststellen, dass Danny, der davon auch noch nichts gewusst hatte, wenig begeistert von dieser Neuigkeit war. Sie fuhr ihm wild durch die Haare, woraufhin er stöhnte und sie mit einem bösen Blick bedachte. Aber er wagte es nicht, sich gegen sie zur Wehr zu setzen. Judy half ihrer Mutter beim Kochen und alle redeten durcheinander. Aus dem Wohnzimmer kamen Zeichentrickfilmgeräusche. Anscheinend wurde Micky, Judy's Sohn, damit für eine Weile ruhiggestellt, während die Frauen die Küche bevölkerten.

Liz lehnte sich an den Kühlschrank und betrachtete ihre Familie wohlwollend. Wie viel Zeit hatte sie damals in dieser Küche verbracht? Und wie oft hatten sie sich hier gestritten und wieder zusammengerauft? Nicht selten hatte sie ihren Blumenkohl auf Danny's Teller geschmuggelt, als gerade niemand hingesehen hatte. Sie hatte noch vor Augen, wie klein sie damals alle gewesen waren. Sie und Judy als die ältesten und dann Kate und Danny, die am Sonntagmorgen nach dem Frühstück in ihren Schlafanzügen am Küchentisch "Mensch ärgere dich nicht" spielten, während ihre Mutter das Mittagessen zubereitete und Judy, inmitten all des Lärmes, der Gerüche und Geräusche seelenruhig ihre Hausaufgaben machte, ohne sich an irgendetwas zu stören.

Liz wünschte manchmal, sie könnte diese Zeiten noch einmal heraufbeschwören, um sie noch einmal zu erleben. Aber das war leider nicht möglich, und so blieben ihr und ihren Geschwistern nur die Erinnerungen an damals, die süßer nicht sein konnten.

Es wurde still um sie herum und sie blickte auf. Die eingekehrte Ruhe war verstörend und unnatürlich, und deshalb fiel sie ihr sofort auf.

"Das Essen ist fertig", sagte ihre Mutter und klatschte in die Hände, um alle zusammenzurufen. "Geht schon mal ins Wohnzimmer, Judy hat bereits den Tisch gedeckt. Ich hole noch das Hühnchen aus dem Backofen. Oh und - nehmt den Salat und das Püree schon mit." Sie kommandierte alle herum, wie immer, und scheuchte ihre Kinder aus der Küche, jedes davon mit einer Schüssel, Tellern oder Besteck beladen.

"Kind", sagte Mrs. Winston zu Liz, als sie sich gesetzt hatten. "Du siehst müde aus."

Die Erinnerungen an die vergangene Nacht kamen wieder zurück und sie versteckte ihr Grinsen hinter dem Glas Orangensaft, das sie sich schnell an die Lippen führte. Doch Judy konnte sie nichts vormachen. Als sie zu ihr rüber spinkste, trafen sich ihre Blicke für den Bruchteil einer Sekunde und Liz war sofort klar, dass beide wussten, was die jeweils andere dachte. So war es schon immer gewesen. Unmerklich zog Judy eine Augenbraue hoch und wandte sich dann an Beth.

"Mum, glaubst du, Micky und ich können über Nacht hier bleiben?", fragte sie. "Ich hasse es, wenn Alan nicht zu Hause ist."

Beth strahlte. "Aber ja, Schatz. Natürlich, dazu musst du doch nicht extra um Erlaubnis bitten!"

Mrs. Winston liebte es, wenn Micky bei ihnen übernachtete. Sie und George hatten extra das Gästezimmer in ein Kinderzimmer umfunktioniert, damit er öfter bei ihnen schlafen konnte und sich wie zu Hause fühlte. Judy schlief dann für gewöhnlich in einem der anderen Zimmer, zusammen mit ihren Schwestern.

Liz lachte in sich hinein. Das würde wieder eine tolle Pyjamaparty werden mit Jude und Kate und sie konnte mit ihnen endlich über Johnny quatschen und - wie jede Frau, die etwas auf sich hielt -, den Typen ein bisschen analysieren. Es gab da einige Sachen, die kamen ihr mehr als nur spanisch vor...
 

Kate saß schon im Schlafanzug auf ihrem Bett und las ein Buch - ein Bild, das Liz immer vor Augen hatte, wenn sie an ihre Schwester dachte. Oft hatte sie sie in dieser Pose angetroffen, wenn sie ihr in Zimmer kam, und es beruhigte sie zu wissen, dass einige Dinge sich niemals ändern würden.

Sie lachte über Kate's überraschten Gesichtsausdruck und winkte Judy hinein, die ihr auf dem Fuße folgte. Beide - Liz auch bereits im Schlafanzug, Judy noch in ihrem Alltagsdress - machten es sich bequem und Kate legte das Buch beiseite und sah ihre Schwestern neugierig an.

"Ganz wie in alten Zeichen", sagte Judy seufzend und sah sich in dem alten Kinderzimmer um, das einmal ihr, dann Liz und nun Kate gehörte.

"Stimmt", pflichtete Liz ihr bei und ließ noch einmal die Erinnerungen auf sich wirken.

"Wir hatten eine sehr glückliche Kindheit", meldete sich dann wieder Judy zu Wort und lächelte versonnen. Als alle nickten und zustimmten, fügte sie hinzu: "Ich hoffe, meine Kinder werden auch so glücklich sein"

Bei Liz schrillten sofort die Alarmglocken und sie erwachte urplötzlich aus ihrer Lethargie. "Kinder?", hakte sie misstrauisch nach. "Plural?"

Judy lächelte verlegen und nickte. Liz und Kate tauschten einen überraschten Blick und beiden war sofort klar, was das bedeutete. Sofort stürzten sich die beiden Schwestern auf die älteste.

"Wie lange schon?", japste Kate und war anscheinend genauso aufgeregt wie Liz selber.

"Dritter Monat", antwortete Judy strahlend.

"Ich hoffe, es wird ein Mädchen", stellte Lizzie klar. Dasselbe hatte sie damals bei Micky auch gesagt, aber sie war ganz und gar nicht enttäuscht gewesen, als es doch ein Junge geworden war. Sie liebte ihn über alles! "Wir müssen die Winston-Weiber-Tradition doch fortführen!"

"Hoffentlich wird sie nicht wie Liz", lachte Kate und warf Liz einen feixenden Blick zu. "Sonst werden wohl auch für dich ein paar Flaschen Scotch aus Mum's Geheimbestand angebracht sein", sagte sie dann zu Judy.

"Sie sollte etwas von uns allen haben", entschied Liz und ignorierte ihre freche, kluge, kleine Schwester. "Judy's Warmherzigkeit, Kate's Intelligenz und meine-" Lebenslust, wollte sie sagen, doch Kate kam ihr zuvor.

"Lieber nichts von dir", unterbrach Kate sie. "Sonst wird sie wirklich allzu verkorkst."

"Was soll das denn heißen?" Liz sprang auf und funkelte Kate herausfordernd an. Natürlich war sie nicht wirklich wütend, aber es machte immer Spaß, sich mit Kate zu triezen. Judy und Kate waren sich vom Wesen her sehr ähnlich, aber Judy was ausgeglichener, während Kate ihre Empfindlichkeit durch ihre schlagfertigen Antworten kompensierte.

Judy hob lächelnd die Hände und versuchte, die beiden Mädchen zu besänftigen. "Hey, hey. Wir wissen noch nicht einmal, ob es überhaupt ein Mädchen wird."

"Das werde ich ihm dann aber übel nehmen!", drohte Liz mit erhobenem Zeigefinger streng.

"Hör auf, das ungeborene Kind einzuschüchtern."

Sogleich wurde Kate von einem Kissen ins Gesicht getroffen und schaute ziemlich verdattert aus der Wäsche.

"Hey!", rief sie empört und plötzlich entbrannte eine heftige Kissenschlacht, in deren Verlauf Danny in der Tür erschien, um die drei zurechtzuweisen. Irgendjemand schleuderte auch ein Kissen nach ihm und er verzog sich wieder, wohl wissend, dass man Mädchen sowieso nicht bändigen konnte, wenn sie sich gerade wie Wilde aufführten.

Liz lachte leise und ließ sich rücklings auf das Bett fallen, Judy und Kate taten es ihr nach. Alle drei schauten an die Decke, auf der noch Judy's alte Leuchtsterne klebten, die sie sich von ihrem Taschengeld gekauft hatte, als sie dreizehn gewesen war. Zwölf Jahre war das schon her. Und die Sterne leuchteten immer noch. Liz fand das eine sehr schöne Metapher.

"Also", kam Judy nun zu des Pudels Kern. "Erzähl uns von ihm."

"Von wem?", fragte Kate verwundert.

"Von dem Kerl, mit dem sie die Nacht verbracht hat", erklärte Judy, als hätte sie hellseherische Fähigkeiten.

Mit großen Augen richtete sich Kate auf und starrte Liz an. "Du hast... ich meine...?“

Liz lachte. Kate war ein behütetes Kind gewesen - wie sie alle eigentlich, aber bei Kate hatte sich das wirklich gut ausgeprägt - in ihrer Welt gab es keine spontanen Aktionen wie "mit einem Mann nachts mitgehen". Sie musste immer alles planen. Nur, wenn sie sich einer Sache sicher war, zog sie sie auch wirklich durch. Alles andere wurde ad acta gelegt.

Liz winkte ab. "Keine große Sache. Ich war in dieser neun Bar, Flyfisher's. Mel hat mich hingeschleppt, wegen dieser neuen Band, die da auftreten sollte. Es hat sich alles ewig lang hingezogen, aber dann haben sie gespielt und sie waren echt gut."

Judy verzog das Gesicht und verdrehte die Augen. "Du hast wirklich ein ausgesprochen festgefahrenes Beuteschema", sagte sie dünn lächelnd. "Was findest du nur an diesen Musikern?"

Liz gebot ihr mit einer Handbewegung zu schweigen. "Er ist in Anzug und Krawatte aufgetreten. Ich kann euch sagen, alle waren ziemlich baff, mich eingeschlossen. Danach habe ich mich mit ihm unterhalten. Viel hat er nicht gesagt, ich glaub’, er fand mich irgendwie seltsam." Dann grinste sie. "Aber ich sag euch was, küssen kann er! Mein Gott."

"Also bist du mit ihm nach Hause gegangen?", schlussfolgerte Judy sachlich.

Liz nickte. "Aber das seltsame ist, dass seine Wohnung total aufgeräumt ist. Und er verhält sich auch so... ich weiß nicht... unnormal?"

Kate schnappte nach Luft. "Hoffentlich hast du dir keine Psychopathen eingefangen", quiekte sie ängstlich.

Liz rollte die Augen. "So meine ich das nicht. Normalerweise sind diese Typen so... 'Hey, Baby, wie wär's mit uns beiden? Du bist mein größter Fan, du weißt schon... zwinker zwinker...'" Sie grinste kurz ob dieser wirklich passenden Charakterisierung, die ihr so kurzfristig eingefallen war.

Kate verzog angewidert das Gesicht. "Was? Und mit so welchen gehst du tatsächlich mit?"

"Das hab ich nicht gesagt!", verteidigte Liz sich. "Aber ich hatte auch mal meine wilde Rumprobierphase!"

"Wohl eher Rummachphase...", murmelte Kate trocken.

Judy unterbrach das Geplänkel. "Und er? Wie heißt er überhaupt?"

"Johnny. Er war so... zurückhaltend. Als wüsste er gar nicht, worauf das alles hinausläuft. Kurzzeitig hat er sogar versucht, mich abzuwimmeln, glaube ich. Das passt überhaupt nicht."

Judy runzelte die Stirn. "Findest du nicht, dass du da ein wenig Vorurteile gegen solche Leute hegst? Nicht jeder, der Musik macht, ist ein unhygienischer Schlamperich und nicht jeder, der einen festen Job hat, hält seine Wohnung rein... Außerdem hat doch jeder ein Recht auf den ihm eigenen Charakter. Kann es nicht einfach sein, dass der Typ gerne Musik macht UND ordentlich ist?"

Liz dachte eine Weile darüber nach. "In seiner Wohnung sind überhaupt keine Instrumente", warf sie dann ein.

"Vielleicht hat er ein Musikzimmer dafür", erklärte Kate. "Viele haben das. Diese Hobbyzimmer sind jetzt ziemlich im Trend. Bei Schriftstellern ist das sogar Gang und Gebe..."

"Jaja", schnitt Liz Kate ungeduldig das Wort ab. "Das könnte natürlich eine mögliche Erklärung sein. Ihr habt ja recht." Sie seufzte. Sie wollte auf keine Fall so sein - Leute in Schubladen stecken - dabei tat sie es die ganze Zeit. Und das schlimmste war, dass es ihr noch nicht einmal auffiel. Natürlich konnte Johnny ein guter Musiker sein und dazu noch jemand, der seine Wohnung gerne sauber hielt. Vielleicht hatte er auch eine Putzfrau... Und vielleicht war er ein Womanizer, oder auch schüchtern. Was machte es schon. Er war ein netter Kerl, und wenn sie ihn das nächste Mal sah, würde sie es schon herausfinden.

"Und nun?", hakte Kate nach, nach einem Happy End gierend. "Seid ihr zusammen?"

Liz lachte laut los und erntete genervte Blicke ihrer Schwestern, die das schon kannten.

"Ich kenne ihn doch gar nicht. Aber nein - wir sind nicht zusammen", erklärte sie dann geduldiger. "Man muss nicht immer gleich zusammenziehen, sich einen Hund kaufen und fünf Kinder bekommen, wisst ihr."

Judy, deren Meinung zu diesem Thema Liz schon kannte, betrachtete sie mitleidig, und Kate runzelte die Stirn.

"Man kann eine Beziehung auch führen, wenn man keine Kinder und einen Hund hat. Oder verheiratet ist", sagte sie. "Man muss sich nur gern haben."

"Und genau da liegt das Problem", fügte Judy seufzend hinzu. "Bis Liz mal einen Kerl wirklich gern hat - na ja. Keine Ahnung, was dafür erst passieren muss. Apokalypse oder so was.“

"Ach, hört doch auf", winkte Liz ab. "Ich hab viele Männer gern. Aber trotzdem muss mich nicht gleich in Ketten legen lassen."

Judy schnaubte. "Ich will dich mal erleben, wenn du verliebt bist. So richtig. Mal sehen, ob du dann noch immer so hochnäsig tust."

Liz grinste, lehnte sich zu Judy herüber und lehnte ihre Stirn an die ihrer Schwester. Ihre Augen glitzerten angriffslustig. "Versprochen", sagte sie zu ihr.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  MrsTime
2011-06-19T15:58:22+00:00 19.06.2011 17:58
Zuallerst muss ich sagen, dass ich dieses Kapitel total süß finde, mir fällt kein anderes Wort dafür ein.
Ich finde es toll, wie der Familienzusammenhalt in Lizs Familie beschrieben wird, dass stellt noch einmal den Kontrast zu ihrem Leben dar. Auch wie sie das Gespräch mit ihren Schwestern führt, ist echt gut gelungen und wie sich Liz darüber wundert, warum er so ordentlich ist und ihn als seltsam beschreibt.

[FCY]
Von:  Monsterseifenblase
2011-05-26T17:32:04+00:00 26.05.2011 19:32
So,
dieser eine noch, dann bin ich wieder voll auf dabei:) Ein wunderschönes und vorallem längeres Kapitel hast du hier geschrieben. Den Anfang fand ich am besten, dieses Gespräch zwischen Liz und John war wirklich sehr nett und auch etwas amüsant zu lesen. Nur eine Formulierung fand ich ein bisschen unglücklich:
Sie nickte zu seinem Kopfkissen herüber, dass die letzte Nacht ihr Kopfkissen gewesen war...
Ich finde, da springt einen diese Kopfkissenwiederholung ein bisschen an, hätte ich vielleicht etwas anders gemacht, mit einem Pronomen oder so gearbeitet. Ansonsten fand ich den Anfang wirklich super...
zum Ende hin ließ es sich auch noch sehr schön lesen, allerdings fand ich da denn Inhalt nicht so gut wie am Anfang...die Familie und dieses rundherum glückliche, was du da zeichnest...ich weiß nicht, das ist nicht unbedingt klischehaft, aber auch nichts wirklich Neues. Vielleicht wirkt es einfach ein bisschen zu positiv und das ist es, was mich ein bisschen stört, ich weiß auch nicht genau.
Aber ansonsten habe ich nichts weiter zu sagen ;D
Ich quassel mich in Kommis ja ohnehin immer nur tot.

Allerliebste Grüße,
Monsterseifenblase
FCY
Von:  -Nami
2011-05-23T17:36:21+00:00 23.05.2011 19:36
wuhuu es geht weiter! :D
& diesmal länger als die anderen Kaps!! :]
bin gespannt, wann sie herausfindet, dass er gar nicht so ein wilder musiker ist xD
Den Morgen fand ich genial, obwohl er ruhig etwas länger sein könnte :))


lg -Nami


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