Zum Inhalt der Seite

Teru und Hinata <3

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Als ich über uns nachdachte

Terus Sicht~
 

„Verdammt!“ Ich schaltete auf die Schnellmenütaste, um ein Gesundheitstrank zu nehmen, sonst würde ich den Kampf nicht überleben. Diese Wachen mit ihren langen Speeren nervten mich aber auch brutal! Mit einem Kontermanöver schaffte ich es schließlich, einer der Wachen den Speer abzunehmen. „Haha!“, triumphierte ich.
 

Ich war so versunken in mein Konsolenspiel, dass ich überhaupt nicht mitbekam, wie die Haustüre aufgeschlossen wurde und eine weitere Person die Wohnung betrat. Erst beim Aufschrei: „Was zur Hölle?!“ und dem Klang von schnellen Schritten auf hohen Absätzen wurde ich aus meiner Spielwelt herausgerissen.
 

In dem Moment, als ich meinen Kopf über die Sofalehne in Richtung der hereinkommenden Person drehte, schnellte die Hand meiner Mutter vorwärts und packte mich am Ohr.

„Auuuaaaaa!“, rief ich erschrocken aus, aber sie dachte nicht daran, locker zu lassen.

„Was wird denn das hier?!“ Ich konnte das Entsetzen in ihrer Stimme hören.

Erst jetzt fiel mir der muffige Mischgeruch von gebackener Tiefkühlpizza und bestellten Chinafood auf. Eigentlich war das Wohnzimmer komplett vermüllt, unendlich viele Süßkrampackungen verteilten sich auf und neben dem halbrunden Sofa.

Zudem war es ziemlich dunkel. Mir fiel wieder ein, dass ich alle Rollläden hatte herunterfahren lassen, da die bodentiefen Fenster, die im Grunde einen schönen Blick über die Stadt boten, im Bildschirm gespiegelt hatten.

„Auuaaa, auaaa, mein Ohr!“ Es tat zu sehr weh, um irgendwas anderes sagen zu können. Schließlich ließ sie mein Ohr los, doch ihr Blick nagelte mich fest.

„Ich nehme jetzt ein beruhigendes Schaumbad, weil das geschäftliche Wochenende sehr anstrengend war. Und wenn ich wieder raus komme, sehe und rieche ich hier nichts mehr, was hier nicht hergehört!“

Ich nickte ergeben, aber mit einem Schmollmund, während ich mein schmerzendes Ohr rieb.

Mit einer geschmeidigen Wendung drehte sie sich um und stolzierte zum Bad. Ok, die Zeit lief.
 

Tatsächlich schaffte ich es gerade noch rechtzeitig, den Wohn- und Essbereich in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen, ehe meine Mutter wieder aus dem Bad trat. Ihr scannender Blick glitt durch die Wohnung. Dann, ohne eine Bemerkung zum Umfeld abzugeben oder zu fragen, was ich hier eigentlich machte, fragte sie: „Hast du auch Hunger? Ich bestell was beim Japanese Temple.“
 

Wenig später saßen wir an ihrem Esstisch, mit dem bestellen Essen vor uns. Die Wohnung meiner Mutter war sehr modern und puristisch eingerichtet. Die gesamte Einrichtung war entweder cremeweiß oder aus einem edlen, dunklen Holzton. Flur, Küche, Wohn- und Essbereich waren offen und wirkten sehr geräumig, was einerseits daran lag, dass es für eine japanische Wohnung sehr großflächig war, andererseits wurde die Wirkung durch die bodentiefen Fenster verstärkt. Sie konnte locker einem Werbeflyer für hochwertiges Wohnen entsprungen sein.
 

Während wir aßen - und auch später, als ich zum Aufräumen der Essensachen verdonnert worden war, stellte sie keine Fragen. Erst als sie zufrieden begutachtete, wie ihr Esstisch und die Küche wieder tiptop aussahen, meinte sie: „Teru, lass uns aufs Sofa setzen.“
 

Das Sofa war ein kleiner Traum. Es war halbrund und cremeweiß, zusammen mit Decken, Kissen und Süßkram hatte ich hier seit Samstag verbracht. Nur zum Klogang oder um das bestellte Essen entgegenzunehmen bzw. eine Tiefkühlpizza (ich hatte den Bestand meiner Mutter aufgebraucht und ich ahnte, wenn sie das im hungrigen Zustand bemerkte, würde mein Kopf rollen) aufzuwärmen, hatte ich das Sofa verlassen.
 

„Also, Teru. Erklär mir, warum du hier bist und meine Wohnung aussah, als sei eine Bombe eingeschlagen.“

Natürlich war mir klar, dass die Fragen kommen würde, nur hatte ich es die ganze Zeit über verdrängt. Weil ich nicht drüber reden wollte. Ich wollte nicht mal dran denken. Nein, ich wollte mich nur unter einer Decke verschanzen und meinen Geist irgendwie vom Geschehenen ablenken.

Ich senkte den Blick auf meine Hände, spürte weiterhin den bohrenden Blick meiner Mutter.

„Es ist wegen Hinata.“

„Was ist wegen Hinata?“

„Es ist was… passiert.“

„Muss ich dir jetzt alles aus der Nase ziehen? Wenn das so ist, hole ich mir passendes Werkzeug“, und ihre Stimme klang, als würde sie keine Scherze machen.

Verloren sah ich auf, weil ich mich selbst so schämte. So schämte, dass darüber reden die reinste Folter war.
 

„Ich habe Rio, eine Freundin, geküsst. Vor Hinatas Augen.“

Ich starrte weiterhin auf meine Hände, wartete auf eine Reaktion. Aber es kam keine. Wir saßen wahrscheinlich ein paar Minuten so da. Wollte sie nichts sagen? In mir bildete sich ein drängendes Gefühl, es zu erklären. Schließlich hatte ich das Schlimmste schon erzählt, da konnte der Rest ja hinterher. Und das ewige Schweigen konnte ich auch nicht länger ertragen. Die Worte wollten einfach raus.

„Es war schon die ganze Zeit so… Und dann gabs die Cocktails… und überhaupt, das war nicht geplant… und ich bin ihm nicht hinterhergerannt… und er meldet sich nicht auf meine Nachrichten, er nimmt meine Anrufe nicht entgegen.“ Ich fühlte mich so elend. Normalerweise war ich wütend, statt traurig zu sein. Doch in dieser Situation fühlte ich mich so elend, wie ich es mir noch nie eingestanden hatte. Mit dünner Stimme fügte ich hinzu: „Ich fürchte, er hasst mich jetzt.“ Ich spürte, wie Tränen aufsteigen wollten und biss mir hart auf die Zunge.
 

„Ach Schatz“, sagte meine Mutter in einem mir unvertraut freundlichen Tonfall und dann passierte etwas, mit dem ich mein Lebtag nicht gerechnet hätte. Sie streckte die Arme nach mir aus und drückte mich. Unter allen anderen Umständen wäre mir das peinlich und unangenehm gewesen. Sie war meine Mutter, die mich lange im Stich gelassen hatte. In mir hätte sich in jeder anderen Situation alles widerstrebt, die Umarmung zu erwidern. Doch nun ließ ich es zu. Ließ mich in ihrem Arm ziehen und es tat so gut, wie ich es nie für möglich gehalten hätte.
 

Es dauerte eine Weile, bis ich mir wieder gesammelt hatte. Meine Mutter machte uns einen Tee und dann saßen wir da und ich erzählte ihr einfach alles.

„Uni und eigene Wohnung, das war alles sehr schön. Aber dann haben sich Hinata und ich auf eine Weise auseinandergelebt, die ich bis dato gar nicht begriffen habe. Er hatte seine Unifreunde und ich hatte meine Unifreunde. Auch waren die Vorlesungszeiten unterschiedlich, er hatte Lerngruppen, ich war am Wochenende abends arbeiten. So kam es schließlich, dass wir uns immer nur flüchtig sahen und keine Zeit füreinander hatten. Ich dachte, alles wäre gut zwischen uns, aber jetzt ist mir das so klar. Ich kann nicht fassen, wie ultra dämlich ich war, um das nicht zu sehen.
 

Am Freitagabend war ich kellnern und zu Feierabend hatten Rio und ich schon ein paar Cocktails getrunken… und naja, auf einmal küssten wir uns. Es ist nicht so, dass Rio nicht hübsch ist oder nicht total sympathisch, aber im Grunde wollte ich das gar nicht. Das ist mir jedenfalls nun hinterher klar. Aber genau in dem Moment, als wir uns küssen, steht da Hinata und sieht uns. Er war richtig sauer und dann ist er abgehauen. Und ich bin ihm nicht hinterhergerannt.“
 

Ich atmete tief ein und stieß die Luft mit einem Seufzer wieder aus.
 

„Rio war dann total verwirrt. Ich muss gestehen – ich habe den richtigen Moment verpasst, ihr zu sagen, dass ich mit einem Kerl gehe. Daher war sie total überrumpelt, was das gerade war. Ich weiß auch nicht, warum ichs ihr nicht erzählt habe. Wahrscheinlich hab ich mich am Anfang wirklich nicht getraut. Und dann kannten wir uns schon so gut und irgendwie wollte auch nicht auf einmal kommen und sagen: „Übrigens hab ich einen Freund, nur so zur Info“. Sie hat mir dann zugehört und ein paar Mal „oh Scheiße“ gesagt, weil ihr aufging, was gerade geschehen war.
 

Danach bin ich in die Wohnung gegangen, habe mir auf dem Weg schon überlegt, wie ich am besten alles erkläre, aber es war kein Hinata da. Also lag ich da alleine im Bett und wusste, wie sehr ich es vermasselt hatte. Ich bekam kein Auge zu. Schließlich hab ich ein paar Sachen eingepackt, deinen Zweitschlüssel, den du mir gegeben hast, genommen und bin in deine Wohnung. Tja und seitdem habe ich mich hier wohl vor der Realität gedrückt.“
 

Ich wendete die Teetasse in meinen Händen und ergänzte, nachdem meine Mutter keine Anstalten machte, etwas zu sagen: „Ich hab einige Male versucht, Hinata mit dem Handy zu erreichen, aber er ist nie ran gegangen. Ist ihm ja nicht zu verübeln. Heute Morgen hab ich noch Rio geschrieben, dass ich nicht zur Uni komme. Dass sie, falls sie Hinata sieht, ihm sagen kann, dass er in die Wohnung kann, dass ich weg bin.“
 

„Du hast WAS?!“, meine Mutter starrte mich entgeistert an und in der nächsten Sekunde fing ich mir einen heftigen Schlag auf den Hinterkopf.

„He!“ Ich hatte fast den Tee verschüttet.

„Ist mein Sohn ein verdammter Feigling oder was?! Du hast dieses Mädchen, dass du Hinata noch nie vorgestellt hast, vorgeschickt, um so eine feige Botschaft zu überbringen?!“
 

Ich verzog das Gesicht. Auf den schnellen Wechsel von ich-höre-dir-zu-und-bin-für-dich-da Mama zu Schimpftiraden Mutter war ich nicht vorbereitet.
 

„Ich hab doch geschrieben, nur wenn sie zufällig…“

Bevor ich zu Ende reden konnte, hatte ich mir den nächsten Schlag eingefangen.

„Aua!“, protestierte ich lauthals.

„Komm mal aus deinem Jammerlappental heraus und verhalte dich wie ein Mann!“, herrschte sie mich an. Sie saß kerzengerade und mit einem ausdrucksstarken Gesicht, dass wohl jeder vor ihr gekuscht hätte.
 

„Das ist alles sehr dumm gelaufen, aber das ist noch lange kein Grund den Kopf in den Sand zu stecken wie ein Strauß, der einen Arschtritt erwartet. Und hier kommt er!“ Im nächsten Moment zog meine Mutter mich vom Sofa hoch und ich konnte noch gerade so die Teetasse abstellen.

„Steh gerade! Nicht so gammelig! Guck nicht so bockig!“

Widerwillig tat ich wie geheißen.

„Wen liebst du?“, fragte sie mit fordernder Stimme.

„Was soll das jetzt“, maulte ich.

Ihr scharfer Blick duldete kein Widerwort.

„Hinata“, antworte ich also lahm. Im nächsten Moment verpasste sie mir wieder einen Schlag auf den Hinterkopf.

„Wird das jetzt zur Gewohnheit?!“, fauchte ich wütend.

„Wen liebst du?“, fragte sie stattdessen im selben herrschenden Ton und fügte hinzu: „Diesmal ein bisschen mehr Überzeugung. Du willst ihn doch zurückerobern, oder?“

„Hinata“, versuchte ich überzeugend zu sagen, aber es klang doch sehr lasch, als es über meine Lippen kam.
 

„Wen liebst du?!“, wiederholte meine Mutter beharrlich.
 

Ja, liebte ich dich noch? Oder war es zur Gewohnheit geworden, dass wir einander hatten? Die letzten Wochen hatten wir kaum Zeit füreinander. Hattest du mir überhaupt gefehlt?
 

„Du zweifelst“, stellte meine Mutter fest und ein verständnisvoller Unterton schwang in ihrer Stimme mit.
 

Ich setzte mich wieder aufs Sofa, meine Mutter wollte mir einen Augenblick geben und räumte die leergetrunkene Teekanne auf, während ich zurück dachte.

Wie wir uns damals richtig kennen gelernt hatten, am Hasenstall. Es war unglaublich, wie lange wir schon Freunde waren. Du warst mir immer wichtig gewesen. Und ich spürte es in meinem Herzen, du warst mir immer noch wichtig. Du warst immer da gewesen, wenn ich dich gebraucht hatte, besonders als meine Eltern sich ununterbrochen stritten. Damals, als die Welt so düster für mich war. Und danach, als aus unserer Freundschaft mehr wurde, Liebe wurde. Es waren immer du und ich. Sollte das vorbei sein? Wollte ich das zu lassen?
 

Nein. Ich spürte mein Herz pochen, mein Herz für dich schlagen.
 

Nein!
 

Ich hatte vielleicht zugelassen, dass wir voneinander weggedriftet waren, dass unsere Beziehung gerade am seidenen Faden hing, aber ich würde das wieder in Ordnung bringen. Weil du der wunderbarste Mensch bist, den ich kenne. Du warst schon immer so rücksichtsvoll und verständnisvoll, du schafftest immer einen glücklich zu machen, aber vor allem hattest du dass liebevollste Herz, das ein Mensch haben konnte.
 

„Ich liebe dich, Hinata“, flüsterte ich leise. Und dann, noch einmal, mit fester Stimme wiederholte ich: „Ich liebe dich, Hinata.“
 

Meine Mutter setzte sich wieder zu mir, stolz in den Augen. „Das ist schön, Teru. Erkenntnis ist der erste Schritt.“ Und ihre Hand griff nach meiner. „Was wirst du als nächstes machen?“
 

„Ich muss mit ihm reden. Ich muss mich entschuldigen!“, wurde mir klar.
 

„Das ist eine sehr gute Idee. Überleg dir genau, was du sagen willst und wie du es sagen willst. Sonst stehst du am Ende ihm gegenüber und bringst keinen klaren Gedanken zustande.“
 

Ich nickte. „Ich weiß nicht, ob er in der Wohnung ist oder wo er sonst sein konnte. Also passe ich ihn Morgen an der Uni ab. Am besten so, dass nicht gleich alle Welt es mitbekommt.“
 

„Und selbst wenn es dann doch wer mitbekommt“, fügte meine Mutter mit fester Stimme hinzu und legte ihre Hände an meine Wangen, „du ziehst das durch. Okay? Du schaffst das.“
 

Ich nickte. Ja, ich schaffe das. Denn ich tat es für uns. Damit es ein wir gab.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, meine lieben Leser :)
Wir kommen dem Ende entgegen!
Ich freue mich über Rückmeldungen und was ihr so denkt...
Liebe Grüße, Tema Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Mickimaus8
2014-11-20T07:44:38+00:00 20.11.2014 08:44
Schön das Teru endlich Einsicht zeigt! Ich liebe seine Mama!! Sie ist einfach toll!! 😂 es war ein beruhigendes Kapitelchen und lässt mich auf ein glückliches Ende hoffen! Auch wenn ich finde das es ruhig noch weiter gehen kann ;D naja ich freu mich aufs nächste! Schreib schnell weiter

LG.
Antwort von:  _t_e_m_a_
20.11.2014 09:16
Ja, seine Mama hat sich zu meinem heimlichen Favorit entwickelt, dass war gar nicht geplant :D Ich fiebere schon dem Ende entgegen, weil ich mich echt freue, sagen zu können, dass ich eine Fanfiktion (zuende) geschrieben hab :D Aber jetzt erstmal schauen, wie Terus Gespräch mit Hinata verläuft... Wieder vielen lieben Dank für dein Kommentar :3
Antwort von:  Mickimaus8
20.11.2014 17:32
Das kann ich verstehen! 😄 ich hab schon ganz viele Geschichten angefangen aber eigentlich auch nie zu Ende gebracht


Zurück