Familienstress
Alles pendelte sich wieder ein. Alles war wieder gut und wir waren glücklich.
Wo Ric war? Keine Ahnung, das spielt keine Rolle. Wahrscheinlich war
er wieder in Spanien, wo er auch bleiben konnte. Natürlich wäre mein
Leben wie ein Märchen mit Happy End, aber so etwas ist ja nicht real.
Daher auch die Sache mit der Genehmigung für eine Tätowierung. Ich brauchte
eine Einverständniserklärung von einem Erziehungsberechtigten um mich
tätowieren lassen zu dürfen. Ich konnte nur hoffen, dass es keine Probleme
geben wird. Aber wieder mal Pech für mich.
Wir waren gerade bei mir zu Hause und eben erst wach geworden. Nach
dem Duschen schnappte ich mir gleich das Telefon. Ich ließ Said schon
viel zu lange warten, auf mein Tattoo. Er war übrigens noch immer
unter der Dusche im Bad während ich die Nummer meiner Mutter wählte.
Ich erzählte ihr in Kurzform was ich wollte, aber nicht dass es der Name
meines Partners sein soll. „Ich kenne da auch schon jemanden der sich
damit gut auskennt und mir alles erklären würde.“, meinte ich lächelnd
als Said nur im Handtuch auf mich zu kam. Er schmiegt sich an mich,
kraulte meinen Nacken und küsste zärtlich meinen Hals. Da ich immer
noch mit meiner Mum telefonierte bemühte ich mich nicht zu schnurren,
vergebens. „hmm.~“ Diese Laute hörte meine Mutter zum Glück nicht
und fragte mich nur wer das sein sollte. „Mein Freund.“, meinte ich
ehrlich und stolz, was aber nur ein Lächeln auf die Lippen meines Gegen-
übers zauberte. Warum? Meine Eltern waren davon überzeugt, ich seie
heterosexuell, was ja nicht stimmte. Unser Gespräch dauerte nicht lange,
denn ich lud sie zu mir ein, damit wir besser reden konnten. „Ja, bis heute
Abend.“, mit den Worten legte ich auf und kuschelte mich an Said. „Meine
Mutter wird heute Abend vorbei kommen, ich will dich ihr vorstellen und
in erster Linie die Genehmigung von ihr kriegen.“, sagte ich leise.Es dauerte
nicht lange bis meine Mutter kam, denn die Zeit schien wie im Fluge zu
vergehen. Ich merkte wie die Nervosität in Said stieg, ich konnte ihn verstehen.
Immerhin war er meine Mutter die gerade an meiner Wohnungstür klingelte.
Als ich die Tür öffnete fiel sie mir gleich um den Hals als hätte sie mich
Jahre lang nicht gesehen. „Hallo, mein Schatz. Ich freue mich schon einen deiner
Freunde kennen zu lernen.~“, trällerte sie fröhlich, denn meine Mutter war
die Freundlichkeit in Person – zumindest meistens. Ich kratzte mich am Kopf als
sie mich endlich los ließ. „Said, das ist meine Mutter.“ „Nett dich kennen zu
lernen.“, lächelte sie und schüttelte die Hand meines Freundes. Man merkte,
dass sie sich über Saids Alter wunderte. „Na gut, Mama. Du weißt was ich von
dir wollte. Lass uns gleich zur Sache kommen.“ „Ja. Bist du sicher? Dass du dich
tätowieren lassen willst? Hmm ... das geht doch gar nicht mehr weg.“, meinte
sie nachdenklich. „Das ist der Sinn, Mama. Außerdem hat Said auch eine Täto-
wierung.“, meinte ich und bot ihr höflich einen Kaffee an. „Ich kann ihnen meines
gerne zeigen.“, meldete sich Said zu Wort. Ich hörte nur zur Hälfte das Gespräch
der beiden, da ich selbst in Gedanken war. „Wie sie wohl reagieren wird ...?“,
fragte ich mich.Ich war etwas nervös, verständlich, meine Mutter begutachtete
gerade meinen Freund, auch wenn sie das nicht wusste. Said zog gerade sein
Shirt hoch als ich ein erleichtertes seufzten von mir gab, denn was ich anfangs
zu erwähnen vergaß, war, dass Said auch an der Brust einen Adler gestochen
hatte. Selbstverständlich zeigte er ihr dieses Tatoo. Meine Mutter staunte
etwas, wahrscheinlich nicht über den Adler den er über dem Herzen hatte
sondern über seinen tollen Oberkörper. „Sieht wirklich toll aus.“, meinte
sie dann. „Und? Darf ich??“, bohrte ich nach. „Was genau stellst du dir
eigentlich vor?“, erwiderte sie. „Naja, ... ich dachte an einen Schriftzug, wie
genau er aussehen soll weiß ich noch nicht.“ „Du wirst wohl keine Ruhe
geben, was?“, fragte sie und grinste mich freundlich an, „aber du wirst es
mir gleich zeigen, ja?“ Ich nickte und drückte ihr Zettel und Stift in die Hand.
Während meine Mutter die Genehmigung schrieb sah ich hinüber zu Said,
der etwas aufgeregt schien. Kaum hatte sie fertig geschrieben legte ich den
Zettel weg. Ich zögerte eine Weile. Es war still. „Ist es gut, wenn ich jetzt
schon damit komme, oder sollte ich lieber noch warten?“, fragte ich mich.
Saids Nervosität stieg, das spürte ich. Ich konnte nicht anders als jetzt damit
raus zu rücken. „Mama, ich muss dich da noch über etwas aufklären.“, brachte
ich schließlich über die Lippen. Sie schien ganz froh gestimmt zu sein. „Also,
ich bin nicht hetero. Sondern schwul“, meinte ich bevor ich fort fuhr, „und
... .“ Plötzlich konnte ich einen geschockten Ausdruck in ihrem Gesicht er-
kennen. Aber es musste raus, jetzt hatte ich schon angefangen. „und ... ähm
naja, also ...“, stammelte ich, „Said ist MEIN Freund.“ Endlich hatte ich es
gesagt. Ich betonte sogar das Wort MEIN. „Ich liebe Samu wirklich.“ So
meldete sich mal wieder Said zu Wort und nahm mich in den Arm um zu
demonstrieren, dass es stimmte. Meine Mutter fächerte sich mit den Händen
etwas Luft zu. „Oh mein Gott....“, murmelte sie. Sie war wohl wirklich über-
rascht. Dennoch wurde meine Miene ernster bei ihren Worten und meine
Stimme ziemlich klar. „Da ist nichts Oh mein Gott!“, meinte ich bitter ernst
und zog Said bestimmend noch enger an mich. Irgendwann nach langer und
drückender Stille stand sie auf und ging ein paar Schritte hin und her, worauf
ich mich immer mehr an Said drückte, der die meiste Zeit ja kaum was sagte.
Ich war auch wieder nervöser. „So wie es aussieht werde ich wohl doch keine
Enkelkinder haben, hm?“, meinte meine Mutter dann schließlich. Ich gab ein
leises Murren von mir. „Soll das heißen, du wolltest nur ein Kind, damit dieses
dann auch wieder welche bekommt?“ „Nein, nein, so habe ich das doch gar
nicht gemeint! Ich wäre nur gerne Oma geworden.“, gestand sie bevor sie
mich und Said mal gründlich zusammen musterte. Komischerweise lächelte
sie dabei etwas, was mich nun doch verwirrte. „Nagut, wie wäre es, wenn
du einmal zum Essen kommen würdest?“, fragte sie Said. Dieser lächelte
höflich und stimmte zu bevor ich überhaupt noch über die Folgen nach-
dachte. Denn ... mein Vater hasste Schwule. Als mit das durch den Kopf
ging verabschiedete sich meine Mutter mit einer Umarmung von mir und
einem Händeschütteln von Said. Er fragte mich sofort ob es falsch war an-
zunehmen. Wahrscheinlich hat er meinen Gesichtsausdruck gesehen als sie
ihn einlud. „Au weia .... . Mein Vater kann schwule Männer nicht ausstehen.“,
murmelte ich. Zuvor hatte ich noch nie darüber nachgedacht. Ich hielt es
immer Geheim. Nun wurde es aber Zeit meinen Schatz zu küssen. „Danke
das du so TAPFER warst.~“, hauchte ich. Ich wusste, dass beide nicht be-
sonders begeistert reagieren würden bei einem schwulen Sohn, aber egal ... .
Wir haben das hier!“, meinte ich und schnappte mir die Genehmigung der
Tätowierung, „das wäre für heute das wichtigste. Ich will mir gleich morgen
deinen Namen stechen lassen!“ Ich war im Moment einfach nur froh, vor
allem als wir den Abend mit einer Schmusestunde ausklingen ließen.