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Deutschland. Nichts geht mehr.

Aus glücklichen Familien besteht das Wohl des Staates.
von

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Wenn die Deiche brechen

Frische Seeluft. Möwen kreischten laut und flogen über die Köpfe der beiden hinweg, während Brandenburg Berlin nicht ganz sicher über die Richtigkeit dieser Mission zu ihrem Hauptquartier geleitete.

Es war ein kleines Appartement mitten in der Innenstadt, direkt über einer N*rdsee gelegen, sodass immer der Geruch von angebranntem Fett im Hauptquartier verblieb. Brandenburg scheuchte Berlin die Treppen hinauf, der sich neugierig umsah – hier war er noch nie gewesen, so enge Kontakte er auch zu der Mafiafamilie hatte. Den Großteil der Wohnung nahm ein riesiger Tisch ein, der den gesamten Raum dominierte. Brandenburg wusste, dass rechts vom Gang eine Toilette war und links davon der Schlafraum von Schleswig-Holstein. Eine Küche gab es nicht, denn der Besitzer der Wohnung ging meistens im Fast Food-Restaurant unter ihm essen.
 

„Chef?“ fragte Brandenburg leise. Aus dem Schlafzimmer kommend konnte man laute Geräusche hören, die in etwa klangen, als wäre jemand ganz überraschend erwacht und hätte sich den Fuß an einem Bettpfosten angeschlagen. „Brandenburg??“ kam die Frage aus dem Raum. Berlin streckte schon die Hand aus nach der Türklinke, aber Brandenburg konnte ihn im letzten Moment daran hindern.
 

„Ja.“ Wenige Momente später erschien ein sehr derangiert wirkender Otto im Türrahmen und sah die beiden verschlafen an. „Was gibt’s? Gibt’s Probleme? Muss ich dich beschützen?“ Brandenburg schüttelte abwehrend und deutete auf Berlin. „Das ist Berlin. Er ist mein- also, unser Informant. Sie werden sicherlich-“

Schleswig-Holstein unterbrach ihn. „Natürlich, natürlich, Berlin, hallo, Berlin!“ Ein kleines Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht, dann runzelte er uncharakteristisch die Stirn. „Und, äh, warum ist er hier? Ist er nicht unabhängig? Er sollte sich lieber nicht bei uns blicken lassen!“

Albrecht atmete tief ein. Er machte sich bereit dazu, seinem Chef alles zu erklären und eine Abfuhr zu erhalten und Paul... Paul zu verlieren an die kalten Klauen des Todes. Aber mal wieder wurde er von Pauls Aktionismus überrumpelt. „Ich hab' mich entschieden, dass ich bei euch mitmache.“ Seine Zigarette erfüllte den Raum mit Rauchgestank, und er vermischte sich mit dem Fischgestank zu einer völlig neuen, atemberaubenden (im wahrsten Sinne des Wortes) Melange. Schleswig-Holstein sah ihn lange an. Brandenburg guckte nervös auf seine Füße. Oh Gott, ohjemine, das konnte niemals gut gehen.

„Warum denn?“ Ottos Augen waren groß und neugierig. Er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand seiner Organisation beitreten wollte – andererseits schmeichelte es ihm auch. Das hieß schließlich, dass er seine Arbeit als Chef gut machte! Er war stolz auf sich. All die harte Arbeit hatte sich ausgezahlt. Das war der erste Mensch, der sich freiwillig in den letzten Jahren den Schwertfischen angeschlossen hatte, und das nur dank Ottos exzellenter Arbeit als Chef. Erwollte sich auf die Schulter klopfen.

„Na, ich will bei Brandenburg sein!“ Damit legte er nonchalant einen Arm um den anderen und Albrecht blickte weiterhin seine Schuhe an, als würde sich die gesamte Welt um die Existenz dieser beiden Schuhe drehen. Daher merkte er nicht, wie sein Chef beleidigt den Mund zu einem Schmollmund verzog. Berlin wollte also nicht Teil seiner Gang werden, weil er so gute Arbeit geleistet hatte, sondern weil er einfach nur ganz simpel Brandenburg mochte? Das verletzte Otto. Er sprach, ohne sich selbst zu hören.

„Nö. Wir haben genug. Werd' wieder Informant.“ Berlin runzelte die Stirn, und auch Albrecht sah hoch – vielleicht, um zu widersprechen – aber Otto drehte sich mit vor der Brust verschränkten Armen um und stolzierte zurück in sein Zimmer. „Bis dann, Berlin!!“ rief er ihm zu, bevor die Tür mit einem Knall zufiel.
 

Berlin und Brandenburg standen alleingelassen im Gang. Dann wandte Berlin den Kopf zu Brandenburg. „Das hat jetzt nicht so gut geklappt, oder?“

Ja. Das konnte man so ausdrücken. Brandenburg klopfte an die Tür. „Schlesw-“ Er wurde von einer lauten, uncharakteristisch herrischen Stimme unterbrochen. „Lass mich!!“ Unsicher zog Brandenburg die Hand wieder zurück und sah wieder zu Berlin, dessen Augen sich einen Moment lang panisch weiteten. Dann beschloss er scheinbar, dass die Situaiton doch nicht gefährlich war, und teilte Albrecht mit, dass er jetzt erst einmal Kohldampf hatte und was Essen gehen wollte, und dass Albrecht ihn einladen würde. Mit einem Schulterzucken bejahte Albrecht und kurz darauf saßen die beiden in einem kleinen Straßencafé. Albrecht hatte sich einen starken schwarzen Kaffee bestellt, während Paul vor einem Stück Erdbeerkuchen mit Schlagsahne und einem Milkshake saß und die beiden Speisen nur einen kurzen Moment lang gierig ansah, ehe er anfing, sie unordentlich zu essen, dass sein warmer Winterpullover an mehreren Stellen befleckt wurde. Albrecht nahm ein paar vorsichtige Schlücke des heißen Getränks und versuchte, seine Nerven zu beruhigen und seine Gedanken zu ordnen. Wenn er Berlin nicht in Schwertfisch hinein bekäme, dann würde er höchstwahrscheinlich bald sterben. Tief atmete er durch. „Was waren die Falschinformationen, die du überliefert hast? Also... irgendwie haben sie mir das Leben geretttet, ja?“

„Och,...“ setzte Berlin an, „die wollten dich umbringen, also hab' ich ihnen die falsche Hausnummer gesagt und jetzt ist da irgend so ein armer Typ tot.“ Albrecht spuckte den Kaffee geradewegs zurück in die Tasse. Bitte?! Er verschluckte sich dennoch an dem Restkaffee, der noch in seiner Kehle war, und als er sprach, hörte er sich eher wie ein röchelnder Verdurstender an. „T-tot?!“

Berlin zuckte mit den Schultern. „Ja, ich wollte halt nicht, dass sie dich erwischen. Und sie haben ganz schön Knete gegeben.“ Er zwinkerte und aß einen weiteren Bissen. Brandenburg blickte in ein paar Herzschläge lang an. Dann hüstelte er. Als harter Mafiahund war er natürlich daran gewohnt, dass Menschen starben. „Achso. Ja. Danke.“ Der Blick, den er von Berlin erhielt, war seltsam, fast ein wenig enttäuscht.
 

Synchron räusperten sie sich sich. Sofort winkte Albrecht ab, um Paul zu verstehen zu geben, dass er reden sollte, was dieser sich nicht zwei Mal sagen ließ. „Ja. Das war's eigentlich. Ich hoff' nur, die erwischen jetzt nicht mich deswegen.“ Albrecht schüttelte den Kopf. Niemand würde ihm Paul wegnehmen, als seinen einzigen, besten Freund, der so viel mehr sein sollte.

„Wir schaffen das.“ Seine Stimme war leise und er starrte in seinen trüben Kaffee ohne Milch und ohne Zucker. „Die kriegen dich nicht. Keiner von denen wird dich kriegen.“ Als er aufsah, war Berlins Mund von einem breiten Lächeln überzogen, das kleine Explosionen in Albrechts Innerem zu verursachen schien. Erneut räusperte er sich. „Solange ich da bin, stirbst du nicht. Eher sterben alle anderen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  moi_seize_ans
2010-06-07T20:24:34+00:00 07.06.2010 22:24
Im Vergleich zum Süden sieht der Norden ja richtig freundlich aus. oha, und die Beziehung zwischen berlin und Brandenburg ist herrlich. Erdbeerkuchen, muss man da mehr sagen?! ;P
ich finds klasse. Nur, dass alle sterben, man du fachst das feuer ja regelrecht an. Wer wird wann wie wo sterben? und vor allem durch welche Hand? Ich bin gespannt! Man kann ja nie wirklich wissen.


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