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Joanna das Märchen

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Joanna das Märchen

Es war einmal ein Mädchen, das hieß Joanna.

Joanna war ein gutes Mädchen, stets war sie lieb gegenüber ihren Eltern, sie machte ihre Hausaufgaben und manchmal verliebte sie sich auch. Doch sie hatte kein Glück dabei. Wenn sie sich in jemanden verliebte, dann mochte der Junge sie nicht so sehr wie umgekehrt und so blieb sie am Ende immer allein.

Außerdem war Joanna traurig.

Sie war viel traurig, weil sie ein hässliches Mädchen sah, wenn sie in den Spiegel schaute. Und das tat sie jede Nacht. Und nachdem sie in den Spiegel geschaut hatte, weinte sie oft bis in den tiefen Schlaf hinein.

Eines Nachts war Joanna wieder sehr traurig und weinte. Sie weinte so sehr und war ein so gutes Mädchen, dass eine Fee das hörte und zu ihr ins Zimmer schwebte.

„Du weinst, Joanna? Bist du traurig?“, fragte sie mit lieber Stimme, und Joanna hörte ein wenig auf zu weinen.

„Ja, sehr traurig, liebe Fee.“, sagte sie und schluckte ein paar Tränen herunter.

„Sei nicht mehr traurig. Ich werde dir drei Wünsche erfüllen, liebe Joanna, und dadurch dein Leben besser machen, so dass du nicht mehr weinen musst. Komm, wünsch dir was.“

Joanna wischte sich einige weitere Tränen vom Gesicht und sagte:

„Ich weiß, was ich mir wünsche, ich will, dass mich jemand liebt, dass mir jemand zuhört, so dass ich mit ihm über meinen Kummer reden kann – und ich möchte schön sein.“

Die Fee nickte lächelnd und schwang ihren Zauberstab. Einmal hin und einmal her.

„Ich habe dir nun deine ersten beiden Wünsche erfüllt, Joanna.“, erklärte sie. „Den dritten aber, musst du mir erklären. Überall auf der Welt finden die Menschen andere Dinge schön – deshalb musst du mir sagen, wie du schön sein willst.“

Joanna nickte und stellte sich vor ihren Spiegel, sich genau anschauend.

„Ich wäre gern so schön wie die Models aus den Zeitschriften.“, sagte sie. Und im Spiegel sah sie, wie ihr Abbild sich veränderte. Aus der Joanna im Spiegel wurde ein Model, schlank, nein eher dürr, mit langen Gliedmaßen und Lippen und Brüsten, die nicht ganz echt wirkten.

„Möchtest du so schön sein?“, fragte die Fee. Und Joanna sagte:

„Nein.“

„Wie wünschst du es dir dann?“, fragte die Fee, und Joanna dachte nach.

„Ich wäre gern so schön wie die Sängerinnen aus dem Fernsehen.“, sagte sie. Und im Spiegel sah sie, wie ihr Abbild sich veränderte. Aus dem Model im Spiegel wurde eine Frau im Trainingsanzug, die alt und abgespannt wirkte.

„So sieht doch keine Sängerin aus!“, protestierte Joanna.

„Oh doch.“, sprach die Fee. „Sobald sie nicht mehr ihr Make-Up tragen und von den Computern und Kameralinsen hübsch geschummelt werden schon. Aber in jeder Kamera, die dich aufnimmt, wirst du genauso aussehen wie sie in ihren Videos.

Möchtest du so schön sein?“, fragte die Fee. Und Joanna sagte:

„Nein.“

„Wie wünschst du es dir dann?“, fragte die Fee, und Joanna wurde kurz still, denn sie wollte ihre nächste Antwort gut überdenken. Ihr wurde klar, dass sie gar nicht für sich selbst schön sein wollte. Sie wollte, dass ihre Schönheit es anderen leichter machen würde, sie gern zu haben. Aber wollte sie von jedem gerngehabt werden? Am liebsten wollte sie, dass ihre Freunde sie gern hatten, und diese hatten ja auch keinen schlechten Geschmack – damit war Joanna klar, was sie sagen musste. Sie sagte:

„Ich wäre gern so schön, dass meine Freunde und meine Familie mich wunder-, wunderschön finden. Und der Mann, für den ich bestimmt bin.“, sagte sie. Und im Spiegel sah sie, wie ihr Abbild sich veränderte. Aus der Sängerin im Spiegel wurde – Joanna. Ganz wie sie vorher gewesen war, ohne jegliche Veränderung.

„Was soll das?“, fragte Joanna. „Das ist doch nicht schön!“

„Deine Freunde finden, dass du wunder-, wunderschön bist. Und zwar genau so, wie du bist. Sie finden dich schöner als die Models in den Zeitschriften und die Sängerinnen im Fernsehen. Deshalb muss ich dich so lassen, wie du bist, um dir deinen Wunsch zu erfüllen.“

„Und mein Traummann?“, fragte Joanna verzweifelt. Sie konnte nicht glauben, dass das hässliche Spiegelbild nun wirklich für immer ihres bleiben sollte.

„Dem wird es so gehen wie deinen Freunden. Er wird alles an dir lieben und genau so schön finden, wie es ist.“

Joanna fragte:

„Was ist mit meinen anderen Wünschen? Hast du die wenigstens erfüllt?“

Die Fee nickte und sprach:

„Das habe ich und brauchte keine Zauberkraft dazu. Denn es liebt dich schon jemand: Deine Freunde und deine Familie. Und sie hören dir auch zu – geh einfach zu ihnen und beginne, etwas zu sagen, das sie hören können.“

Joanna ließ den Kopf sinken. Keiner ihrer Wünsche hatte sich so erfüllt, wie sie es wollte.

„Keiner meiner Wünsche hat sich so erfüllt, wie ich es wollte, Fee.“, sagte sie betrübt.

„Oh doch Joanna.“, antwortete die Fee und strich Johanna über das Haar.

„Sie sind genau so wahr geworden, wie du es wolltest. Du musst es nur endlich glauben lernen. Aller Feenzauber der Welt ist nämlich wirkungslos, wo einer nicht einmal an die Wirklichkeit glauben kann. Mach die Augen auf, Joanna, und sei nicht mehr traurig...

Alle deine Wünsche haben sich erfüllt.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  -Broeckchen-
2011-03-13T19:40:52+00:00 13.03.2011 20:40
Ja, ich habe absichtlich viel Wiederholung eingesetzt. Es ist ein beliebtes Mittel in Märchen und kommt in vielen Büchern die ich liebe als verbales Augenzwinkern vor. Irgendwie gibt es mir wann immer ich es lese so ein kurzes Gefühl, als wenn der Autor mich anlächelte. Das wollte ich beim Leser auch erreichen.
Von:  Voidwalker
2011-03-13T09:58:17+00:00 13.03.2011 10:58
Da hat mich nach über zwei oder inzwischen sogar bereits drei Jahren doch tatsächlich die Neugier mal wieder in die FF-Sektion getrieben. ^^

Ein sehr schönes Werk, ich schätze Texte mit einem derartig starken moralischen Ton. Mir sind beim Lesen auch keinerlei Fehler untergekommen, weder in Sachen Rechtschreibung, noch das ich Probleme mit der Textaufteilung gehabt hätte - kann man wirklich nichts benörgeln.
Ein Punkt habe ich lediglich des Verständnisses halber:

> Joanna ließ den Kopf sinken. Keiner ihrer Wünsche hatte sich so erfüllt, wie sie es wollte.
> „Keiner meiner Wünsche hat sich so erfüllt, wie ich es wollte, Fee.“, sagte sie betrübt.

Handelt es sich um eine Wiederholung im Sinne eines stilistischen Mittels?


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