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Jumays Kinder

Part 1: Kinder der Erde - Land des Anfangs
von

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Zusammentreffen

„Sie wissen es genau... sie erwarten uns.“

Shiran blickte zu seinen Männern hinab, die sich in von Erdmagiern geschaffenen Erdkuhlen versteckt hielten. Das Lager war nicht weit entfernt... und mit ihm auch nicht die furchteinflößenden, breitschultrigen Jäger. Gegen deren Speere waren ihre Waffen Dreck. Und dennoch waren sie ihnen überlegen... sie waren mehr. Und sie beherrschten die Magie... die Götter standen auf ihrer Seite. An diesem Tage würden sie sich das nehmen, was ihnen rechtmäßig zustand.

Irlak schenkte seinem scheinbaren Anführer ein falsches Grinsen, worauf dieser zwar kurz mit den Brauen zuckte, jedoch nicht weiter reagierte. Oh ja, von wegen vertreiben, Mitleid zeigen... sie würden das sein dürfen, was diese primitiven Missgeburten in ihnen sahen: Bestien. Und er freute sich so sehr auf das Blut, dass es in seinem ganzen Körper kribbelte und heiß wurde... verdammt, warum hatte er keine Frau dabei? Er dachte unweigerlich zuerst an Iavenya, verdrängte diesen Gedanken beschämt jedoch rasch wieder. Nun war keine Zeit für solche Dinge...

„Ihr kennt den Plan...“, sprach Shiran scheinbar sinnlos weiter, „Jeder weiß, wem er zu folgen hat. Und was zu tun ist.“

Aber so etwas von. Der würde sich noch wundern, und wie...

Kurz blickte der Mann mit dem violetten Haar noch einmal prüfend zu dem Lager, dann brüllte er:

„LOS!“

Und sie folgten ihm... sie kamen aus allen erdenklichen Richtungen, was die Nähe der menschlichen Behausungen zum Gebirge zu dieser Jahreszeit ungemein begünstigte.
 

Sie wollten niemanden warnen – darin lag bereits der erste Verrat, der den Seher stutzen ließ, als er mit einer Gruppe dem Angriff folgte. Es war auch nicht nötig, denn in jenem Moment stürmten die Jäger der Menschen bereits hinter ihren Hütten hervor, bemalt, geschmückt und ihrerseits wild brüllend. Shiran erkannte sie... er hatte sie alle gesehen in seinen Träumen. Und Moconi trug tatsächlich seinen Federschmuck, wie erfreulich, dass er zumindest damit recht behalten hatte...

Er erschreckte sich über erste Verluste in den vorderen Gruppen, weil die flinken Menschen ihre Speere geworfen hatten, ehe die Magier hatten zaubern können.

„Was soll das?!“, schrie der Mann über die Menge hinweg, „Das war so nicht geplant!“

Und er merkte, dass er nicht als Schlachtführer geboren war. Eine Gänsehaut überkam ihn, als auch sein Gefolge endlich zum Angriff ansetzte... als die Menschen von Wassermassen davon gespült wurden, während ihre Brüder wenige Fuß entfernt bei lebendigem Leibe verbrannten, andere vom Wind zerrissen und von Erdbrocken erschlagen wurden... und die, die es nicht wurden, rächten sich, indem sie die Angreifer aufspießten, als seien es Beutetiere.

Ja, so war es geplant gewesen. Es waren wohl nur wenige Augenblicke vergangen, bis der karge Boden zerklüftet und blutgetränkt gewesen war... und dennoch erschien es dem Seher beinahe unspektakulär, mit welcher Selbstverständlichkeit diese beiden Völker sich gegenseitig abschlachteten, als sei es ein normales Ritual. Es war eine Schande... und diese Schande wäre ihm beinahe zum Verhängnis geworden.

„Ich sagte, ihr sollt es nicht wagen!“, schrie der Mann namens Karem ihm plötzlich voller Abscheu in seiner Sprache ins Gesicht, ihm einen gewaltigen Speer an die Kehle haltend. In seinen Augen stand blanker Hass... eine Platzwunde am Kopf machte ihn blutüberströmt. Sein beeindruckender Anblick hatte sich nicht verändert... Shiran unterbrach sich selbst, als ein brennender Spieß nur knapp surrend an seinem Kopf vorbei sauste und auf dem noch nassen Boden neben ihm zerbrach und erlosch.

„Wir mussten es. Es war unsere Aufgabe.“, erwiderte er darauf ruhig, ohne sich zu rühren. Er wollte nicht unbedingt sofort einen Kopf kürzer gemacht werden...

„Und meine Aufgabe ist es jetzt, dich dafür zu zerfetzen!“, brüllte der Größere zurück und sein Gegenüber seufzte, scheinbar unbeeindruckt. Dann hob es eine Hand.

„Tut mir Leid, aber das glaube ich nicht.“

Im nächsten Moment wurde der Mann einige Meter rückwärts geschleudert. Er landete schreiend auf dem Hinterkopf und rührte sich kurzzeitig nicht, benommen von dem an sich nicht wirklich heftigen Telekineseschlag des Magiers; jedoch nicht benommen genug, um einer scharfen Windklinge im letzten Augenblick ausweichen zu können, die Shiran zielgenau auf seinen Hals angesetzt hatte. Er sprang taumelnd wieder auf die Beine, keuchte und brüllte dann vor Wut und Hass. Der Seher konnte es ihm nicht verübeln... aber er durfte auch keine Gnade kennen.

Erst recht nicht, als sein Feind sich grölend und in unnatürlicher Geschwindigkeit abermals auf ihn stürzte, den mächtigen Speer voran, wobei er ihn tatsächlich beinahe aufgespießt hätte. Und fast schon lustig erschien sein Aufschrei voller Zorn, als Shiran sich mit Teleport wieder hinter seinen Rücken flüchtete und ihn gerade ein weiteres Mal auf seine Art zerfetzen wollte, als der andere Mann dann auf weniger amüsante Art zu ihm herum fuhr und ihn an seinen erhobenen Armen packte.

„Na, was tust du jetzt, Zauberer?“

Karem entblößte sein unverschämt gut gewachsenen, fast weißes Gebiss in einem breiten, bösartigen Grinsen. Gar nicht so dumm... auf diese Weise war es tatsächlich schwer, Magie anzuwenden, zumindest sie zu lenken. Er versuchte kurz, sich zu befreien, machte sich damit aber eher lächerlich, als dass es viel brachte. Für Teleport brauchte er Konzentration... Der Jäger lachte schallend und übertönte damit kurzzeitig sogar das Schreien und Grölen der anderen um sie herum, ebenso das Donnern der Zauber.

Menschen waren körperlich viel stärker als Kalenao. Der Seher verengte seine Augen zu schmalen Schlitzen und zischte. Aber in seinem Volke war er weder klein, noch schwach! Obwohl sein Feind das annahm... und das war sein Fehler. Er rechnete nicht damit, dass der, den er nun besiegt glaubte, sich mit einem Mal abenteuerlich verrenkte und ihm mit aller Kraft, die ihm inne war, in den Bauch trat. Er krümmte sich Blut spuckend, ließ den Seher los und taumelte ein Stück rückwärts, ehe er stolperte und zu Boden ging. Durch den erneuten Aufprall auf dem Hinterkopf verlor er sein Bewusstsein.
 

An sich hatte er, wie viele seiner Brüder auch, Kajira befreien sollen. Aber Irlak achtete nicht mehr darauf... er hatte seine Zuneigung zu dem Jüngeren vergessen. Dabei war er der Einzige gewesen, von dem er mit Sicherheit gewusst hatte, dass er nicht nur sein Halbbruder war...

Sein Blutdurst war zu gewaltig, als dass er ihn hätte ignorieren können. Er kämpfte in erster Reihe... und es fiel ihm so leicht! Keiner dieser Primitivlinge schaffte es, sich ihm zu nähern, wenn er es denn nicht wünschte... wenn er ihnen nicht unbedingt die Kehle zerreißen wollte, was er nun aber auch schon bei einer Hand voll Männern getan hatte.

Seine Augen visierten das Lager mit den einfachen Hütten an... da waren sie. Da waren die Frauen und die Kinder... Kinder... frisches Fleisch. Er leckte sich irre kichernd über die Lippen, während er eine ganze Horde an Jägern mit einer einzigen Handbewegung von sich schleuderte – so schlecht war er mit der Wassermagie nicht. Ja, er würde sich die Kinder nehmen, damit auch keine dieser Parasiten jemals nachkommen und das Land möglicherweise wieder für sich beanspruchen konnte, genau... aber vielleicht musste er ja auch überhaupt nicht so weit gehen? Vielleicht gab es schon einen kleinen Vorgeschmack für ihn...

Er blieb regungslos auf dem Schlachtfeld stehen, während alles um ihn herum weiter ging. Sein Augenmerk lag auf einem bekannten Gesicht... das war der Kerl, der die große Katze erlegt hatte! Zwölf Jahre war der alt... und kämpfte schon wie die Großen. Er zischte empört, als er erkannte, wie dieser Junge einen von seinen Brüdern verletzte. Oh ja, Rache.

Ohne die anderen zu beachten stapfte Irlak in seinem Rausch ohne weiteres durch die zertrampelte, matschige Wiese, ignorierte Feuerbälle, Erdbrocken und Speere, die dicht an ihm vorbei geschleudert wurden völlig. Er wollte Blut, das war alles... und wenn es ihn das Leben kostete.
 

Der Katzentöter bemerkte ihn zu spät. Er stand da und starrte mit weit aufgerissenen, blauen Augen auf den Magier herab, der gerade verletzt zu seinen Füßen zusammengebrochen war. Verkrampft klammerten sich seine vergleichsweise noch kleinen Hände an den Speer... er zögerte, ihn zu töten. Sein Körper zitterte angesichts der für ihn wohl vollkommen abstrusen Situation und er schrie gellend auf, als ein Wasserschwall ihn plötzlich ohne Vorwarnung von den Beinen warf. Als er aufsah, blickte er in Irlaks Gesicht.

Der hob kurz eine Braue. Der Kleine erkannte ihn nicht... und seine Tätowierung hatte die Gesichtshälfte gewechselt. Irritierend... aber bedeutungslos. Der Mann grinste dreckig und lachte schließlich schallend auf, als der Jüngere panisch nach seinem Speer griff, den er ebenfalls hatte fallen lassen, ihn aber dank seiner Nervosität nicht richtig zu fassen bekam und er letztendlich nur noch weiter wegrollte, so dass er außerhalb seiner Reichweite war. Als er es bemerkte, schrie er dem Magier in seiner Sprache irgendetwas grell entgegen und versuchte, sich aufzusetzen, wurde von einem weiteren Wasserschlag jedoch wieder zu Boden zurückgeworfen und war vor Schreck letztendlich zu überhaupt keinem Ton mehr fähig. Als Irlak sich über ihn beugte und seine unnatürlich spitzen Zähne fletschte, war er sich sicher, dass der Tod bald nach ihm greifen würde.
 

Auf einen dumpfen Schlag auf den Kopf verschwamm vor den Augen des Blauhaarigen kurz die Welt. Als sie sich kurz darauf wieder klarte und er sich aufrichtete, um zu sehen, wer es gewagt hatte, ihn zu stören, stand er einem anderen schwarzhaarigen Mann gegenüber, nicht größer als er, aber auch ein Mensch. Die Spitze war scheinbar von seinem Speer abgebrochen, er hatte ihm den Schaft übergezogen... wundervoll.

„Halt du mich nicht ab, du Witzfigur!“

Er musterte ihn kurz und bemerkte, dass der Kerl auf Shirans Beschreibung passte... ach, war doch egal, er gehorchte wenn überhaupt Mahrran. Und seinem Stolz. Und seinem gewaltigen Blutdurst...

Der Störenfried hob kurz irritiert die Brauen, als Irlak sich jedoch wieder dem verzweifelten Jungen am Boden zuwenden wollte, nahm er abermals aus und schlug ihm den hölzernen Schaft mit aller Macht gegen den Rücken, worauf der Magier schmerzerfüllt aufschrie und sich kurz krümmte. Diese Zeit nutzte sein Opfer um sich zu erheben und panisch die Flucht zu ergreifen. Sein Retter wollte es ihm im nächsten Moment auch schon gleich tun, da setzte der Verletzte ihm fauchend hinterher und packte ihn gewaltsam an den Schultern, selbst noch taumelnd.

„Dafür wirst du bluten, du dreckige Made!“

Er hatte ihm sein Frischfleisch verdorben... dafür würde er ihn zerfleischen, aufs Grausamste. Oh ja... er würde aus seinen Eingeweiden Spielzeug für seine Kinder herstellen, genau!

Der Mensch wand sich verblüfft aus seinem Griff, war aber zu perplex, um die Flucht auf der Stelle zu ergreifen, als sein Gegenüber zwischen seinen Händen einen bedrohlichen Wasserwirbel entstehen ließ.

Der Anblick faszinierte, wie auch lähmte sein Opfer. Es riss seine Augen erschreckt weit auf, war jedoch nicht in der Lage, sich zu rühren, als Irlak den tödlichen Zauber für seine Möglichkeiten perfektionierte und auf ihn schleudern wollte.
 

Shiran fuhr zusammen. Ohne einen Grund zu wissen, versetzte er einem Mann, der ihn wie viele andere zuvor auch hatte aufspießen wollen, einfach achtlos einen Telekineseschlag, der ihn einige Fuß weit zurückschleuderte. Der Seher fuhr herum, während sich in ihm etwas verkrampfte.

Irlak wandte einen Zauber an. Gegen Sanan – das durfte nicht wahr sein. Er schwankte kurz, als Bilder, die die Götter ihm aus irgendwelchen Gründen einfach vorenthalten hatten, flackernd vor seinem inneren Auge aufblitzten. Mahrran hatte ihn hintergangen... die Erkenntnis schnürte ihm kurzzeitig die Luft zum Atmen ab. Sein Plan... sein schöner Plan... seine Götter hatten ihn verraten! Er hatte sich rächen wollen, er hatte alles besser machen wollen, er... er hatte einfach nur die Gerechtigkeit gewollt! Bis zu diesem Augenblick war er der Meinung gewesen, beide Zwillinge in der Hand zu haben... er war sich sicher gewesen! Und nun musste er mit ansehen, wie der wahnsinnige Irlak einen monströsen Zauber auf den vor Angst gelähmten Sanan schleudern wollte, während einige andere derweil versuchten, in das Lager einzudringen, um die Frauen und Kinder zu zerfetzen. Und wo Moconi, der Häuptling, war, wusste er auch nicht...

Er schnappte heftig nach Luft. Wieder diese Ungerechtigkeit, dieser Betrug...

Irlak schleuderte seinen Wasserwirbel auf seinen weit unterlegenen Feind. Shiran schrie.

„Sanan stirbt nicht!“

Und mit einem Schlag war alles vorbei.
 

Es war kalt. All seine Glieder waren kalt und unbeweglich. Er war unendlich müde... er war so müde, dass es ihn beinahe umbrachte, so hatte er das Gefühl. Selbst das Denken war anstrengend. Oder das Interpretieren der Geräusche, die er um sich herum wahrnahm. Waren das... Stimmen? Oder nur der Wind? Seine Götter? Er wusste es nicht. Es verging eine halbe Ewigkeit, so kam es ihm vor, bis sich sein Verstand etwas klarte. Ja... Stimmen. Menschliche Stimmen. Die Götter flüsterten bloß leise...

Er schaffte es, seine Augen zu öffnen. Seine Lider waren so schwer, dass er nicht glauben konnte, dass sie nicht aus Stein bestanden, aber so dumm war er dann auch wieder nicht. Was er sah, war der Himmel.

Es war relativ düster, vermutlich ging die Sonne gerade unter... viele graue Regenwolken hingen tief und grollend über der Welt und vermittelten eine unheilvolle Stimmung. Eine passende Stimmung, wenn er an das Letzte dachte, woran er sich erinnern konnte... oh Himmel, was war geschehen?!

„Ist er wach?“

„Zumindest seine Augen sind offen...“

Schlagartig bewusst, wo er sich befand, wurde Shiran, als Moconi sich über ihn beugte. Er trug noch immer seinen Federschmuck, der dringend repariert werden musste, und musterte ihn mit zu schmalen Schlitzen verengten dunklen Augen. Der Seher befand sich im Lager der Menschen... irgendwo auf dem Boden, wo man ihn beinahe achtlos hingelegt hatte. Beinahe, sie hatten ihm seine Hände mit Sehnenschnüren gefesselt...

„Verstehst du mich, Bestie?!“, erkundigte sich Moconi derweil grantig und eine andere, bekannte Stimme mischte sich ein.

„Der versteht uns. Mit dem habe ich schon öfters gesprochen...“

„Ja...“, bestätigte der Magier da leise, kaum wahrnehmbar, ohne sich ansonsten weiter zu rühren. Er war so unglaublich erschöpft, nie in seinem Leben hatte er sich so ausgelaugt gefühlt.

Die angespannten Gesichtszüge des Häuptlings entspannten sich etwas. Er sah nur sein Gesicht, alle anderen standen zu weit von ihm entfernt.

„Was genau ist da geschehen? Was hast du da gemacht?! Und wie habt ihr es überhaupt wagen können, ihr Monster?! Hatte nicht irgendeine Herrin von euch vor, irgendeinen komischen Zauber über uns kommen zu lassen... oder so?“

Shiran schloss die Augen kurzzeitig wieder. Er brauchte erst einen Moment, bis er sich im Klaren über die Fragen war... und noch einen, bis er wusste, was er antworten sollte.

„Ich weiß selbst nicht genau, was geschehen ist. Ich... habe einen Fehler gemacht. Dieser Angriff... er war ein großer Fehler.“

Er sparte es sich, sich nach Sanan zu erkundigen, denn in diesem Augenblick wurden seine Götter wieder deutlicher und berichteten ihm, dass er den jungen Mann (und viele weitere Menschen) gerettet hatte. Aber wie?

Moconi hob skeptisch die Brauen.

„Du hast geschrien, lauter als die Schlacht es gewesen ist, zumindest mir kam es so vor. Dann hast du die Hände gehoben... und dann wurde es hell. Und alles war vorbei, deine Männer waren weg, zumindest alle, die noch gelebt haben. Nur du nicht. Also haben wir dich eingesammelt, als du zusammengebrochen bist... ich dachte, vielleicht kannst du uns ja nützlich sein. Kannst du das? Ich rate es dir.“

Konnte er das? Oh Himmel. Wie sollte er so schnell über die Worte dieses vorschnellen Kerls nachdenken können, er wollte am liebsten einfach nur schlafen. Langsam...

Hell, hatte es gesagt, dann waren alle weg gewesen. Der Mann weitete die Augen kurz.

„Teleport?!“

Er keuchte. Dann ergab das alles einen Sinn! … zumindest halbwegs. Er hatte es niemals auch nur im Ansatz für machbar gehalten, dass es möglich war, eine solche Menge an Personen zeitgleich zu teleportieren – schon gar nicht außer Sichtweite, was er scheinbar geschafft hatte. Die Götter waren wahrlich an seiner Seite gewesen, als Wut und Hass ihn überwältigt hatten... kein Wunder, dass sämtliche Kraftreserven verbraucht waren. Verwunderlich, dass er überhaupt noch am Leben war...

„Wirst du wohl antworten?“

Jemand trat ihm in die Seite. Instinktiv wusste er, dass es Karem war, auch ohne ihn zu sehen. Immerhin schien er sich unverzüglich zu erholen...

Mahrran hatte ihn hintergangen. Was würde geschehen, wenn er nun wieder zurückkehrte? Man würde ihn lynchen. Nein, er hatte es verspielt. Dabei war das Ganze mit Nadeshda und ihrem Kind von ihm so wunderbar geplant gewesen... so vieles war geplant gewesen. Der Hass begann erneut in seinem Inneren zu brodeln und gab ihm weitere Kraft zum Sprechen.

„Ich kann euch nützen. Ich werde es auch. Ich...“

Seine Stimme versagte ihm, er brauchte Schlaf und das dringend.

„Aber lasst mich zuerst ruhen...“
 

Unglauben und Verwirrung lag über der Armee der Magier, als sie erschöpft und ausgelaugt wieder in Richtung Dorf trottete. Niemand wusste so genau, was passiert war, dass sie sich plötzlich wieder am Pass befunden hatten, aber nach kurzer Überlegung hatte man es für besser befunden, den Heimweg anzutreten, als noch einmal zurückzukehren... das war sicherlich nicht bedeutungslos gewesen. Und Shiran war auch weg...

„Ich glaube, der ist daran Schuld.“, brummte Irlak leise vor sich hin, während er Rato, der offensichtlich irgendein Problem mit seinem rechten Fuß hatte, stützte. Es war so ärgerlich... er hatte sich gerade dafür rächen wollen, dass dieser menschliche Idiot ihm seine Beute streitig gemacht hatte, da war es plötzlich hell geworden und im nächsten Augenblick waren sie wieder allesamt im Gebirge gewesen.

„Das war doch Teleport, ich bin doch nicht dumm.“

Rato hob seine Brauen. Ja, an sich hatte er recht, aber...

„Meinst du, dazu ist Shiran in der Lage? Und warum bitte?!“

„Weil er gemerkt hat, dass wir ihn hintergehen, vielleicht?“

Die beiden blickten neben sich, wo Sundris Vater mit gesenktem Haupt aufgetaucht war. Er war erschöpft, jedoch nicht weiter verletzt, im Gegensatz zu vielen anderen, die an diesem Tage tatsächlich den Tod gefunden hatten. Diese Menschen waren alles andere als dämliche Tiere... sie vermochten es, zu kämpfen und sich auch erfolgreich zu wehren. Sie waren gefährlich... Irlak hasste sie. Umso stolzer war er noch immer auf seinen Schal... oh ja, er trug ihn mit recht.

„Mir ist das alles unbegreiflich.“, seufzte Rato da und überblickte missmutig die angeschlagene Gruppe, „Warum arbeiten die Zwillinge und Shiran gegeneinander? Arbeiten die beiden Tankanas eigentlich überhaupt noch zusammen? Ehrlich gesagt weiß ich überhaupt nicht mehr, auf wen oder was ich da hören soll...“

Im Prinzip ging es Irlak nicht besser. Aber an sich hörte er ohnehin bloß auf sich selbst, auf seinen eigenen, angenehmen Blutdurst, und da war es ihm letztendlich relativ egal, wer ihm was befahl, er würde sich ohnehin einfach das für ihn Angenehmste aussuchen. Vielleicht war es schlecht, aber er war neuerdings irgendwie süchtig nach menschlichem Blut...
 

Mahrran war tief erzürnt, als sie wenige Tage später in das Dorf zurückgekehrt waren. Der Morgen war kühl und noch immer hingen dunkle Wolken tief am Himmel, als der halbblinde Mann vor Wut schnaubend auf dem großen Platz auf und ab rannte. Rato war sich unterdessen ziemlich sicher, dass er nicht mehr mit Nadeshda zusammenarbeitete, die ihrerseits unbemerkt von der Anhöhe ihres Hauses amüsiert zusah.

„Warum habt ihr das zugelassen?! Shiran ist nicht der Einzige, der die Telepathie beherrscht, warum hat sich keiner dagegen gewehrt?! Warum steht dieses verdammte Lager noch, warum? Könnt ihr mir das sagen?! Habt ihr vergessen, was von dieser Mission abhängt, ihr feigen Ratten? Wie habt ihr nur so leicht aufgeben können? Ich schäme mich für euch!“

Aber in erster Linie für sich selbst. Er hatte sich so sehr darauf konzentriert, dass Shiran so lange wie möglich nichts von seinem Betrug mitbekam, denn daran hatte er den Erfolg der Mission festgemacht. Dass es an der fehlenden Ausdauer und dem offenbar nicht vorhandenen Kampfgeist seiner Männer scheitern konnte, hatte er nicht bedacht. Ein schwerer Fehler... seine Schwester würde sich köstlich amüsieren. Immerhin wagte sie es nicht, ihn öffentlich lächerlich zu machen, denn ihr Bauch wurde immer rundlicher... man sah es dank ihrer sehr zierlichen Statur für ihren Schwangerschaftszeitpunkt schon sehr deutlich. Was nun wohl aus dem Seher wurde? Mahrran brauchte ihn an sich nicht mehr, er würde ihn mit den widerlichen Missgeburten von Menschen einfach beim nächsten Mal ausradieren – irgendwie hatte er nämlich das Gefühl, dass er sich nun bei diesen befand. Er seufzte.

Man musste dem ganzen irgendetwas Positives abgewinnen. Nur was? Vielleicht Kilis gute Laune, wenn sie hörte, wie viele ihrer Stammesgenossen noch am Leben waren. Oh ja, seine Kili... er musste sie sofort wieder aus seinen Gedanken verdrängen, sonst wäre er womöglich aus Sehnsucht auf der Stelle wieder zu ihr gerannt. Er liebte sie so... es war ihm peinlich.

„Es ist zu schnell gegangen, wir hatten keine Chance, zu reagieren. Wir wissen auch nicht so genau, was da nun geschehen ist... es ergab nicht wirklich einen Sinn.“, antwortete ihm da ein Mann und er schenkte ihm einen grimmigen Blick aus dem einen funktionierenden Auge.

„Euch ist klar, dass ihr so schnell wie möglich wieder dorthin zurückkehren werdet.“, brummte er darauf nur – ändern konnte man es nun sowieso nicht mehr, „Nur dieses Mal besser vorbereitet, ihr kennt eure Feinde nun schließlich. Und niemand wagt es in nächster Zeit, den Teleport einzusetzen.“
 

Nadeshda gackerte wie ein Huhn, als ihr Bruder den Pfad zu ihrem Haus grimmig zurückgestapft kam. Er sah sie weder an, noch wollte er ihr eine Gelegenheit lassen, ihn zu verspotten.

„Na, wirst du deinen Liebsten nun vernichten?“, erkundigte er sich so sinnlos und sie kicherte weiter, ihm in das Gebäude folgend. Draußen war der Seewind wahrlich frisch und unangenehm...

„Oh, nein, ich bin froh, dass ich ihn los bin, diesen aufdringlichen Idioten!“

Sie tapste an ihm vorbei, um ihm den Weg zu versperren. Mahrran schenkte ihr einen bösen Blick.

„Hör auf.“, warnte er sie düster, „Wage es nicht.“

Vielleicht war es ein Glück, als sie im nächsten Moment von Kili unterbrochen wurden, die sich leicht lächelnd in seine Arme warf, worauf er sie sehnsüchtig an sich presste. Nadeshda rümpfte nur die Nase. Dass ihr Zwilling vollkommen behindert war, war ihr ja inzwischen bewusst, aber warum war diese Menschenfrau so unglaublich gewissenlos? Sie wusste doch, was der Mann, der sie im übrigen schon seit über einem Mond gefangen hielt, mit ihrer Familie, ihren Bekannten und ihren Freunden vorhatte! Warum hing sie dann an ihm? Die Frau konnte diese Gefühle kaum nachvollziehen. Liebe... sie war sowohl nutzlos als auch keinen Sinn ergebend, in jeglichem Sinne. Man brauchte sie nicht einmal zur Zeugung von Kindern, wie sie sehr deutlich erfahren hatte. Sie sah an sich herab, während ihr Bruder und sein Spielzeug sich innig küssten.

Ja, langsam sah man es... man sah, was Shiran, dieser widerliche Mistkerl, mit ihr getan hatte. An sich kam es ihr sehr recht, wenn er weg war und sie ihn nicht mehr sehen musste. Es war schlimm genug, Tag für Tag etwas in sich zu spüren, wofür dieser Mann letztendlich verantwortlich war. Sie sehnte sich den Zeitpunkt der Geburt so sehr herbei... dann hatte sie es endlich hinter sich. Aber das würde noch dauern.

„Wir versuchen es noch einmal.“, unterrichtete Mahrran sie da, so seriös es ihm im Moment möglich war, ehe er Kili auf die Arme hob, um sie in ihr nunmehr gemeinsames Zimmer zu tragen. Sie war schwerer geworden, stellte er zufrieden fest. Jetzt war sie viel schöner... oh ja, Entspannung, das war etwas, was er nach dem, was er heute hatte erfahren müssen, wirklich gut brauchen konnte.
 

Irlak war entsetzt. Er hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit.

„Wo ist Siwali?!“, hörte er sich selbst entgeistert fragen, während er die hölzerne Haustür hinter sich schloss, mit den Augen weiter dem abstrusesten Anblick folgend, der sich ihm jemals geboten hatte. Da saß die Natter an dem Küchentisch seiner Familie und fütterte die Kinder mit irgendeinem Brei!

Als jene Kinder ihn bemerkten, erstrahlten sie.

„Papa!“, riefen sie ihm Chor, doch der hatte im Moment wenig Gehör für sie.

„Oh, du bist schon wieder da.“

Iavenya erhob sich fröhlich lächelnd und wischte sich die Finger an einem Tuch ab, das auf dem Tisch gelegen hatte.

„Wie schön!“

Ohne ihm zu antworten umarmte sie den Mann liebevoll und presste ihren hübschen Körper auffordernd gegen seinen, sodass er unwillkürlich leise keuchen musste. Er konnte sie einfach nicht von sich schieben, so sehr er es auch wollte... seine Arme legten sich um ihre Taille und pressten sie dichter an sich. Verdammt, das fühlte sich so gut an...

„Wo ist meine Frau?“, erkundigte er sich abermals, dieses Mal jedoch ruhiger. Sein Gegenüber lächelte bezaubernd, während die Kinder fröhlich weiter aßen, so gut es ihnen möglich war.

„Ich bin jetzt deine Frau, Irlak. Es wird gut mit uns sein.“

Er bezweifelte es nicht, gestand er sich beschämt ein, als sie sich etwas streckte und ihn sanft auf die Lippen küsste. Und dennoch...

„Wie kommst du darauf? Wo ist Siwali, Schlange?“

Sie senkte ihren Blick, sich weiter an ihn kuschelnd. Er ließ sie nicht los... oh, er schämte sich so. Wie hatte er dieses Weib immer verachtet! Aber ihr Körper und seiner, sie passten einfach perfekt zueinander, er verfluchte die Götter dafür.

„Siwali war krank.“, entgegnete die Frau da ernst, ohne ihm in die Augen zu blicken, „Sie ist kurz nach deiner Abreise morgens nicht mehr aufgewacht. Also habe ich mich um die Kinder gekümmert, wo ich doch bald selbst eines von dir gebären werde... sag, Irlak, jetzt bin ich doch deine Frau, nicht wahr?“

Beinahe flehend blickte sie in sein erbleichtes Gesicht. Siwali... seine Siwali! Wie konnte das nur sein? Als er gegangen war, hatte sie doch noch völlig gesund gewirkt! Oder nicht? Hatte er etwa nicht genügend auf sie geachtet?!

„Oh, meine arme Siwali...!“, keuchte er mit einem Mal am Boden zerstört und Iavenya musste ihn festhalten, damit er nicht das Gleichgewicht verlor. Seine gute Frau! Sie war nicht besonders hübsch gewesen, aber nie hätte er sie freiwillig hergegeben! Für nichts auf der Welt! Und nun war sie einfach weg! Jetzt musste er endgültig die Natter in sein Lager nehmen... oh nein. Wie hatte Siwali ihn so im Stich lassen können? Er spürte, wie sehr er sie vermissen würde...

„Ich bleibe bei dir.“, versprach die Frau unterdessen, durch seine wirren blauen Locken streichelnd. Die Kinder blickten besorgt auf. Das mit Mama war doch nicht so schlimm, verstand er das denn nicht?
 

Shiran fand sich umringt von missmutigen Gesichtern. Er hatte ewig geschlafen, war bloß zwischendurch erwacht, wenn ein dringendes Bedürfnis ihn geplagt hatte, und gleich darauf wieder eingeschlafen. Nun hatte er sich endlich erholt und Moconi war allem Anschein nach froh, ihn endlich aus seiner Hütte werfen zu können. Irgendjemand anderes sollte sich darum kümmern, vielleicht Karem, der kannte sich doch inzwischen sicher mit der Haltung von solchen Bestien aus.

„Nun.“, begann der Häuptling da höhnisch, „Wir freuen uns, dass es dir – endlich – wieder besser zu gehen scheint. Du sagtest, du könntest brauchbar für uns sein... hoffentlich kein Trick, damit wir dich nicht umbringen. Also?“

Der Seher bemühte sich um eine ausdruckslose Miene. Er konnte das Misstrauen dieser Leute durchaus nachvollziehen... und dennoch, er war nicht ihr Feind. Er war es niemals gewesen, wenn er es genau nahm. Dieses Land war riesig, es war genügend Platz für fünf Dutzend Stämme dieser Größe. Aber Mahrran ging es um das kindische Prinzip.

„Mein Name ist Shiran Fassar.“, stellte er sich zunächst höflich vor, „Ich lebe im Moment in meinem einundzwanzigsten Jahr. Ich möchte von vornherein klar stellen, dass ihr in gewisser Weise genau so auf mich angewiesen seid, wie ich auf euch – wenn wir alle überleben wollen. Denn ich habe mein Volk verraten.“

Schweigen lag über dem großen Platz im Zentrum des Lagers. Moconi und einige der besten Jäger, die vor ihm in der Mitte standen, umringt von allen anderen, die saßen, warfen sich kurz vielsagende Blicke zu, dann räusperte sich der Häuptling. Doch mit der darauf folgenden Frage hatte Shiran nicht gerechnet...

„Wie heißt du denn jetzt? Shiran oder Fassar?“

Er weitete die Augen perplex. Und etwas anderes war ihnen im Moment nicht wichtig? Na, die waren vielleicht amüsant. Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

„Shiran. Vergesst den Rest, ich heiße Shiran.“

Es hätte nichts gebracht, zu erklären, was der zweite Name zu bedeuten hatte, also ließ er es gleich. Vielleicht war es ein Fehler, schalten ihn die Götter im nächsten Moment, als in den Reihen eine leise Diskussion darüber entbrannte, was dieses andere Wort wohl bedeutet haben mochte. Seine Sprache fanden die Leute überdies ohnehin sehr interessant, durch seinen starken Akzent klangen einige Begriffe aus seinem Mund doch recht witzig.

Moconi seinerseits schien zufrieden. Er kam auf wichtigere Dinge zurück.

„Und wie kommst du darauf, wir seien von dir abhängig? Ich schwöre dir bei all meinen Brüdern und Schwestern, wir kämen mit Sicherheit auch ganz wunderbar ohne dich klar – nur mit dir ist es einfacher.“

Und wenn wir dich nicht mehr brauchen, töten wir dich., verrieten die Götter des Sehers ihm die Gedanken seines Gegenübers darauf und er zuckte kurz mit den Mundwinkeln. Natürlich, es wunderte ihn nicht. Davor würden sie sich hüten...

„Das waren weder alle Männer, die sie haben, noch all ihre Kräfte, die sie besitzen. Sie kamen relativ unvorbereitet, weil sie euch nicht kannten, aber sie werden zurückkehren, grausamer und blutdurstiger denn je. Und ich werde wissen, wann und wie. Und was wir dagegen tun können, denn ich weiß mehr als andere Kalenao.“

Ein Raunen ging durch die Reihen. Aus irgendwelchen Gründen wollten die Menschen ihn einfach falsch verstehen, kam dem Mann mit dem violetten Haar und er seufzte, während Karem irgendetwas von „So ein Angeber...“, vor sich hin fluchte. Die anderen schienen seiner Meinung zu sein.

„Los, Sanan, sag es ihm.“, kicherte Novaya und knuffte den Angesprochenen, der neben ihm saß, in die Seite, „Du findest die Fährten des Wildes viel besser als alle anderen!“

„Ja!“, stimmte sein Zwilling mit ein, „Sag uns, wie viel besser du deshalb bist als wir!“

Als darauf von verschiedenen Stellen Gelächter folgte, räusperte sich der junge Mann gespielt wichtig.

„Ja, natürlich! Ich bin allwissend!“

Er schielte grinsend zu dem genervt drein schauenden Magier, der zu seiner Verwunderung seinen Ausdruck kurz darauf ehrlich erwiderte.

„Nun einmal nicht übertreiben.“, spielte er mit und der Häuptling schüttelte seufzend den Kopf.

„Reißt euch mal zusammen! Eure gute Laune ist schändlich nach dem, was vor kurzem geschehen ist!“

Darauf hörten sie dann auch. Für sein geringes Alter hatte er die Horde an Primitiven eigentlich ziemlich gut im Griff, dachte sich Shiran darauf nur, sagte jedoch nichts weiter dazu.

„Nun aber ernsthaft.“, sprach Moconi da weiter, an ihn gewandt, „Warum weißt du mehr als andere deiner Art?“

Wieder lagen alle Augenpaare auf dem Mann und warteten nur darauf, einen Fehler an ihm zu finden, über den sie sich wieder lustig machen konnten. Nicht, weil sie ihn so sehr verabscheuten oder so unglaublich guter Laune gewesen wären... nein, sie brauchten einzig Ablenkung von dem Grauen, das ihnen vor kurzer Zeit widerfahren war.

„Was ich bin nennt sich Seher. Die Götter sagen mir mehr als meinen Blutsbrüdern und -schwestern. Das liegt an dem Zeitpunkt meiner Geburt, aber... das würde an dieser Stelle zu weit führen.“

„Also war das nicht nur einfach so daher gesagt?“, erkundigte Teco sich noch einmal grummelnd, den prüfenden Blick hartnäckig auf ihn legend. Shiran schielte bloß kurz mitleidig zu ihm, wie er da zwischen den unbegabteren Jägern und Jungen in Ausbildung saß. Dieser Mann war am Ende, sie hatten ihm sein bereits stark angeschlagenes Bein nun endgültig zerstört. Er hatte Verständnis für jede Boshaftigkeit seinerseits.

„Keineswegs. Ich weiß, was der Herr und die Herrin – oder um sie einmal bei ihren Namen zu nennen, Mahrran und Nadeshda – so planen. Ich weiß auch, was sie tun, zu jeder Zeit.“

„Und was tun sie jetzt?“, stellte Karem ihn zischend auf die Probe und er erwiderte seinen Blick neutral, kurz auf seine Götter lauschend, um seine Frage auch beantworten zu können.

„Nadeshda badet. Sie findet es gut, dass der Angriff aus der Sicht meines Volkes gescheitert ist... sie war es auch, die Zerit immer wieder geschickt hat. Von ihm wisst ihr wohl bereits in etwa, was sie stattdessen vorhat.“

Murmeln ging durch die Reihen. Die Machtverhältnisse mussten die Menschen irritieren, es wunderte den Mann nicht weiter. Teco riss seine Aufmerksamkeit abermals auf sich.

„Und was tut Mah... äh... wie auch immer, was macht der?“

Eine Weile schwieg Shiran auf diese Frage. Letztendlich entschied er sich dann aber doch dafür, sie zu beantworten.

„Der macht sich momentan wenig Gedanken um den nächsten Angriff, den er jedoch zweifelsohne bereits zu planen begonnen hat. Der vergnügt sich nämlich gerade... mit seiner Frau.“

Er hüstelte und irgendjemand weiter entfernt begann zu lachen. Teco wandte den Blick zischend ab.

„Und was tut meine Schwester in diesem Moment?“, erkundigte Moconi sich da leise und Shiran schlug seinen Kopf innerlich gegen den nächstbesten Felsen. Es war ja so unglaublich klar gewesen, dass er diese Frage als nächstes hatte stellen müssen! Vielleicht hätte er lügen sollen... ach, was sollte es, war ja nicht sein Problem.

„Die... vergnügt sich gerade mit ihrem Mann. Und ist sehr glücklich, gesund und vor allen Dingen wohlgenährt.“

Der Häuptling hob irritiert beide Brauen, als ein weiteres Mal verwirrtes Murmeln durch die Meute ging und allem Anschein nach viele dazu in der Lage waren, eins und eins zusammen zu zählen. Na bitte, wer behauptete denn, die Menschen waren dumm.

„Also... Mahrran und Kili... aber doch nicht freiwillig!“

Moconis Gesicht nahm den Ausdruck eines verwirrten kleinen Jungens an. Seine Schwester hätte sich doch unmöglich freiwillig auf eine widerliche Bestie, die sie auch noch gefangen hielt, eingelassen! Das konnte nicht sein! Wie konnte sie denn glücklich sein?!

„Mittlerweile schon.“, räumte der Seher nur schulterzuckend über das in seinen Augen belanglose Gespräch ein, „Mahrran versteht es, jemanden, den er wirklich mag, glücklich zu machen. Und die Götter wollten es so.“

Das konnte er nicht verstehen. Der Seher seufzte und schüttelte kurz den Kopf, während sein Gegenüber sich nur ungläubig und verwirrt an die Stirn fasste. Er sollte es einsehen, so war es nun einmal... er entschied sich, einfach das Thema zu wechseln.

„Wenn ich mir eine Frage erlauben dürfte – irgendwo würde ich gern nächtigen. Und da du, Moconi, mich nur ungern bei dir behältst, darf ich mir jemand anderes aussuchen, zu dem ich gehen darf?“

Er wusste, dass seine Frage in den Ohren aller seltsam klingen musste – einmal abgesehen davon, dass niemand eine Missgeburt wie er es für sie war bei sich in der Hütte haben wollte. Aber der Häuptling wollte ihn tatsächlich los werden, so nickte er noch immer traumatisiert von den Worten über seine geliebte Schwester Kili einfach. Karem schnaubte empört.

„Ja nicht zu mir! Eine Bestie in der Hütte ist vollkommen ausreichend!“

Nein, zu dem hatte er ohnehin nicht gewollt. Er drehte sich um und grinste verheißungsvoll.

„Sanan... bei dir ist noch genügend Platz für mich.“

„Was?!“, empörte der Angesprochene sich entsetzt und die Zwillinge neben ihm begannen ihn schallend auszulachen. So ein Pechvogel aber auch!

„Tu uns allen den Gefallen, zu sonst etwas bist du ohnehin nicht nütze.“, fauchte Teco ihn an und unter seinem wütenden Blick sank der Schwarzhaarige unglücklich in sich zusammen.

„Einverstanden, verdammt...“
 


 

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Ja, Shiran ist jetzt zu Gast bei den Menschen, haha. XD



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Enyxis
2014-04-19T14:03:01+00:00 19.04.2014 16:03
>„Und was tut meine Schwester in diesem Moment?“, erkundigte Moconi sich da leise und Shiran schlug seinen Kopf innerlich gegen den nächstbesten Felsen. Es war ja so unglaublich klar gewesen, dass er diese Frage als nächstes hatte stellen müssen! Vielleicht hätte er lügen sollen... ach, was sollte es, war ja nicht sein Problem.<
xDDDDDDDDDDD ZU GEIL xDDDDD
Und Sanans Reaktion xD >„Was?!“, empörte der Angesprochene sich entsetzt<
xD Ich konnt mir das so gut vorstellen xD Der Gesichtsausdruck von dem xDDD Hahaha xDD
Die Natter ist echt.... böse... Setzt sich ins gemachte Nest rein...O__O Armer Irlak...Oder nee <__< Hat versucht die Leutz da zu killen... Die armen Kinder... x__X
Hamma Kapitel!
Von:  Linchan
2011-05-30T21:47:46+00:00 30.05.2011 23:47
Ach ja, der Angriff xD ich fand den kampf cool.... und wtf, diese verräterische bande XD Hahaha und Shiran und Karem. Die lieben sich ja eh.... die und ihre Zähne XDDD stimmt die haben j gegeneinander gekämpft da XD hihi^^

Ich fand die Stelle sehr witzig auch wo Irlak dachte er erwischt jetzt Semmi und dann wars Novaya XD Die Tätowierung hatte die seite gewechselt, seltsam, hahahah XD Und... Poser-Sanan *________* Ich maaag Sanan óo Und wie Shiran abgeht als Irlak Sanan hauen will.... omg, liebt so viel <3

Und ja... lol. Jetzt sind alle weg, weil Shiran Poser war, und er sitzt jetzt da rum xD Das find eich ist eine sehr spannende Wendung... jednefalls hab ich damit nicht gerechnet o.o aber, wie coool >/////< ich mag Intrigen XD Und Mahrran wütet xDDD tja, Junge, das war wohl nix XD

Irlak ist arm... seine frau ist weg und dafür hat er jetzt die Natter an der Backe XD ja das... was echt arm xD aaaw <3

Ach ja, Shiran. Der viel redne muss. Und..... erzählt, was Mahrran so macht. oder Kili. XD FAIL. xDDDD ich meine, das war so witzig XDDDD Und Shiran herzt Sanan <3 hahaha und Sanan sagt Antiherz und meint Doll Antiherz XDDDDDDD Mochte Kapi <3 fand sehr spannend <3


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