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Runenherz

Weltenwandler Chroniken Teil 1
von

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Das geheimnisvolle Tor

Mit großen Augen starrte Runa Yaris an und schüttelte denn abwehrend den Kopf: „Sei nicht albern!“

Ruhig setzte er sich hin und blickte zu der verstörten Schwarzweißen: „Unsere Tochter um genau zu sein. Auch ich hielt sie für tot, aber sie kommt wohl nach ihrer Mutter und überlebte auf mysteriöse Weise.“

„Das kann gar nicht sein“, gab die die Gelbe verunsichert von sich.

Zwar wollte sie dem Schwarzbraunen nicht glauben, aber so langsam beschlich sie die Erkenntnis, dass er keinen Grund hatte zu lügen. Sie würde Sayuri auch so beschützen, ob sie ihre Tochter war oder nicht.

„Es ist die Wahrheit“, fuhr er fort. „Deine Jungen sind nicht bei der Geburt gestorben. Ich plante schon seit Jahren eine Armee von Magischen zu erschaffen und aus diesem Grund nahm ich dir die Welpen weg und ließ sie von anderen Wölfinnen aufziehen, da du niemals zugelassen hättest, was ich mit ihnen vorhatte. Du bist stark, Runa, aber du kannst nicht mit deinen Fähigkeiten umgehen, da du es nicht von klein auf gelernt hast. Bei ihnen wollte ich es anders machen und wäre mein Plan aufgegangen, hätte ich jetzt vermutlich ein paar mächtige und dazu gehorsame Krieger und müsste mich längst nicht mehr mit Gesindel wie dem Rudel von Artos herumschlagen, da jeder wüsste, wie stark ich und meine Abkömmlinge sind und sich niemand auch nur trauen würde uns anzugehen. Doch es kam anders, als ich dachte. Wie wir alle wissen, fürchten gewöhnliche Wölfe Magie, wenn du mich fragst sind sie nur neidisch, weil sie nichts Besonderes sind wie wir, aber das tut jetzt ja auch nichts zur Sache. Meine Armee wurde angegriffen, bevor ihre Ausbildung abgeschlossen war und eiskalt abgeschlachtet. Unsere Kinder starben alle, naja zumindest glaubte ich das immer.“ Er sah Sayuri an: „Nun, willst du das nicht bestätigten? Du warst schließlich dabei.“

„Mach dir keine Mühe, Yaris“, antwortete die Gelbe anstatt der Schwarzweißen. „Sie hat ihr Gedächtnis verloren.“

„Ich erzählte doch, dass ich verfolgt worden bin und deswegen in den Fluss sprang“, mischte sich die Schwarzweiße ein. Im Gesicht der der jungen Fähe konnte man ablesen, wie sehr sie das alles beunruhigte, trotzdem versuchte sie stark zu sein. „Das Erste woran ich mich erinnern kann, passt zu der Geschichte von Yaris. Damals wachte ich zwischen ganz vielen Leichen auf, sie alle waren keinen natürlichen Tod gestorben. Als ich Hilfe suchte, griffen mich Wölfe an und wollten auch mir mein Leben nehmen. Entkommen bin ich nur, weil floh.“

Danach kehrte Stille ein. Noch immer hatte der Schwarzbraune sein fieses Grinsen aufgesetzt, doch auch er wagte es nicht etwas zu sagen. Runa Herz schlug ihr bis zum Hals. Sayuri war also tatsächlich ihre Tochter. Niemals wäre sie auch nur darauf gekommen, da sie ihre Welpen immer für tot gehalten hatte.

Ihr Blick schnellte zu Pythia, die am Rande stand und die ganze Sache verfolgte: „Und du wusstest das?“ In ihre Stimme lag ein Vorwurf, aber auch Traurigkeit. „Du hast ein falsches Spiel mit mir gespielt. Alles war geplant. Jeder verdammte Schritt sollte genauso ablaufen, wie du es wolltest.“

Die alte Fähe senkte den Kopf: „Es ging nicht gegen dich. Ich mag dich wirklich, aber ich wollte das Grauen, das ich erschaffen habe wieder von dieser Welt fegen.“ Yaris knurrte daraufhin. „Ja, Sohn, du hörst richtig. Du bist außer Kontrolle. Deine Fähigkeiten nutzt du nur für Schlechtes und ich sehe es als meine Aufgabe dich aufzuhalten.“

„Moment?“ Runa hob erschrocken den Kopf. „Du bist seine…?“

„…seine Mutter, richtig.“ Sie drehte sich so, dass sich der Rest des Rudels angesprochen fühlte: „Seht ihr es denn nicht? Seht ihr nicht, was aus uns geworden ist?“ Alle des dunklen Clans wirkten nachdenklich. „Wir folgen einem Monster. In unseren Reihen wird es als normal gesehen die ehemaligen Anführer umzubringen, wenn sie nicht mehr stark genug sind. Mein Gefährte wurde vor meinen Augen getötet und mein Leben verdanke ich der Gnade meines Sohnes, der mit seither quält, wo er nur kann. Schwache werden unterdrückt und benutzt. Wird jemand zu schwach aufgrund von Alter oder Krankheit, dann scheucht man ihn fort oder beendet sogar sein Leben. Ist es das, was man unter einem Rudel versteht? Sollten wir nicht zusammenhalten und uns gegenseitig beschützen?“

Dem schwarzbraunen Anführer reichte es jetzt. Wutentbrannt befahl er seinen Wachen: „Tötet das alte Weib!“

Doch niemand rührte sich. Keiner seiner Wölfe bewegte auch nur einen Muskel. Völlig verzweifelt stand Yaris da und starrte auf die Rüden, die das Folgeleisten seines Befehls eiskalt verweigerten.

Jetzt war es an der Gelben sich einzumischen: „Sieh es doch ein. Es ist vorbei. Warum können wir nicht alle in Frieden leben? Ohne Krieg und Hass.“

In seinen Augen las sie seine Antwort, er musste dazu nichts sagen. Er hatte nie etwas anderes gelernt und sah für sich keinen Platz in einer Welt, die nicht aus Grausamkeit und Tod bestand. Immerhin hatte er versucht zu lieben, doch seine Liebe hat die, der er sie geschenkt hat, zerstört. Ein reines Herz in die Dunkelheit zu ziehen und ihm immer mehr Leid zuzufügen, das durfte man nicht einmal Liebe nennen. Und trotzdem war die junge Fähe wohl die Einzige, die in diesem Moment verstand, was in ihm vorging. Ihre Liebe war ungebrochen, rein und auch ein wenig naiv, wie schon zu Anfang. Sie hätte seine Rettung sein sollen, doch selbst sie war an diesem Wolf gescheitert.

„Ich werde euch alle für euren Ungehorsam töten!“, brüllte er plötzlich in die Menge, aber als wieder keiner reagierte, folgte ein verunsichertes Wimmern.

„Gehen wir!“ Artos schritt an dem Schwarzbraunen vorbei ohne ihn anzusehen. Seine Leute gingen stumm hinterher.

Das dunkle Rudel blieb noch kurz stehen und wartete bis ihre ehemaligen Feinde nicht mehr sichtbar waren, dann taten sie es ihnen gleich und einer nach dem anderen lief an Yaris vorbei, einige warfen ihm dabei verächtliche Blicke zu. Am Ende blieb nur noch Sayuri, die ihrer Mutter zunickte und ebenfalls den Garten verließ. Plötzlich war es totenstill. Spot saß auf einem Ast und selbst er machte keinen Laut.

„Auch du wirst gehen, nicht wahr?“

Runa war darüber schockiert, wie weinerlich er bei diesem Satz klang. Eine leichte Prise fuhr durch ihr Fell, was sie als angenehm empfand. Sie ließ sich Zeit mit ihrer Antwort, weil es ihr nicht leicht fiel, dazu etwas zu sagen.

„Ich muss.“

„Ich wünschte, du würdest bleiben.“

Ein tiefer Seufzer kam über ihre Lefzen: „Doch ich kann nicht. So sehr ich auch an dir hänge, so tief meine Gefühle auch sind, du bist schlecht für mich, genauso wie ich dir nicht gut tue.“

„Wie könntest du mir nicht gut tun? Du warst das Beste, was mir je passiert ist!“

„Du bist aber besessen von mir. Du wirst mir immer wehtun und damit tust du auch dir weh. Lass mich endlich los und beginne ganz von vorne. Genauso wie ich es tun werde. Manchmal funktionieren Dinge eben nicht so, wie man sie gerne hätte und daran wirst du auch nichts ändern können, versuche nicht mehr etwas zu erzwingen, was du einfach nicht ändern kannst.“ Traurig wendete sie sich ab und tapste den Weg zurück, den sie gekommen war. „Leb wohl, Yaris.“

Voller Schmerz winselte er ihr etwas nach, doch sie versuchte es zu überhören, wollte gar nicht wissen, was er ihr noch zu sagen hatte. Daraufhin ertönte ein qualvoller Heuler von ihm, der aber immer mehr verblaste, umso weiter sie sich entfernte. Diese Mal sah sie sich die Umgebung des Schlosses genauer an, weil sie es nicht mehr eilig hatte. Nun konnte sie nach so langer Zeit endlich zur Ruhe kommen. Und es kam noch besser, ihre Tochter lebte und nun wollte sie sich nur noch darauf konzentrieren. Als sie durch die Gänge stolzierte, landete Spot auf ihrer Schulter und ließ sich herumtragen. Ihr Weg führte durch einen großen, runden Raum, den sie vorher nicht wirklich bemerkt hatte, da sie zur dieser Zeit von ihrer Eile so angetrieben worden war. Die Wände strotzten vor goldenen Verzierungen, so dass es schon richtig überladen wirkte.

Der Vogel krächzte erstaunt: „Die Menschen sind schon ein seltsames Völkchen, nicht wahr?“

„Ja, und jetzt sind sie so gut wie ausgestorben und das hier wird alles verfallen.“

Sie sah an die Decke, von der ein riesiger Kronleuchter hing. Durch das Licht des Mondes, das durch die Fenster fiel, glitzerten die Kristalle der Lampe faszinierend. Noch während sich die Wölfin fragte, wie lange es wohl dauernd würde, bis die Natur sich das alles zurückeroberte, sprang sie plötzlich etwas an und riss sie unsanft zu Boden. Der große Rüde packte sie am Nacken und biss kräftig zu, so dass das Blut nur so aus der Wunde schoss. Wie hatte sie nur glauben können, dass Yaris so schnell aufgab? In seinen Augen lag der Wahnsinn, als er sich wieder von ihr löste und grinsend mit ansah, wie sie sich auf die Beine quälte.

„Ich sagte schon einmal, wenn ich dich nicht bekomme, dann bekommt dich keiner.“ Ihr roter Lebenssaft strömte während dieser Worte aus seinem Mund, woraufhin er sich genüsslich über die Lefzen leckte.

Jetzt wurde Runa richtig wütend: „Willst du es wirklich nicht anders? Es ist unverantwortlich dich weiter herumrennen zu lassen. Zwing mich nicht dich zu bestrafen.“

Plötzlich wusste sie, was zu tun war. Es schoss ihr wie ein Blitz in die Gedanken, obwohl sie vorher nie an so etwas gedacht hatte, wusste sie, dass sie Yaris damit niederstrecken konnte, ohne ihn zu töten. Sie sammelte alle Kraft an Magie, die sie in sich finden konnte. Was sie ansonsten zurückhielt, gab sie nun freien Lauf, das merkte auch der Schwarzbraune, der auf einmal nervös zurückwich.

„Nein, Runa, was tust du da?“

Ihre Augen leuchteten so grün, dass man die Pupillen schon gar nicht mehr sah. Das Runenherz sendete ein helles Licht aus, das jedem in dem Raum so gut wie blind machte. Staub wirbelte auf und begann sich in der Mitte wie eine Windhose zu formieren.

„Yaris“, brüllte Runa mit einer ungewöhnlich tiefen Stimme, „ich beraube dich deiner Kräfte. Du wirst niemanden mehr damit schaden.“

Daraufhin versuchte er zu fliehen, doch eine unsichtbare Macht hielt ihn davon ab sich überhaupt bewegen zu können. Der Wirbel im Raum wurde immer stärker. Es riss alles was nicht niet- und nagelfest war mit sich und schleuderte es in der Mitte herum.

„NEIN, HÖR AUF DAMIT!“

Doch es war zu spät. Selbst die Gelbe hätte es nicht mehr stoppen können. Der Schwarzbraune merkte wie es an ihm zog, so als würde man alle Lebenskraft aus ihm heraussaugen. Der kleine Sturm im Mittelpunkt wurde immer stärker, bis es schließlich eine riesige Explosion gab, die jedes Lebewesen in dem Raum das Bewusstsein raubte.
 

Die Ruhe, die nach der Magieüberlastung herrschte, wurde erst wenige Minuten später durch das angestrengte Keuchen der gelben Wölfin gestört. Sie wusste nicht wie lange sie ohnmächtig gewesen war, es hätte Sekunden, aber auch Stunden gewesen sein können. Vorsichtig rappelte sie sich auf und schüttelte sich den Staub aus ihrem Fell, der sich wie Schnee über die Umgebung gelegt hatte. Es brauchte seine Zeit bis sie begriff, was passiert war, dann glitten ihre brennenden Augen zu Mitte des Zimmers, wo sich plötzlich ein seltsames Tor befand. Der Bogen erstrahlte in hellem, weißem Marmor mit aufwendigen Verzierungen, darüber fand man eine Einfassung, in der ein Stein schwebte. Doch es handelte sich nicht um irgendeinen Stein! Verwirrt sah Runa an sich herunter und konnte seine Kette mit dem Runenherz nicht mehr an sich entdecken, kein Wunder, denn es war jetzt Teil dieses verwunderlichen Gebildes. Die Öffnung selbst schien im ersten Augenblick leer zu sein, doch wenn man genauer hinsah, wirkte es als würde ein dünner Film in der Luft liegen, fast wie ein sanftes Seidentuch, das dort vor sich hin schwebte. Es stand fest, ging man hindurch, würde man an einem anderen Ort landen, doch ob es klug wäre das auszuprobieren, wollte die Wölfin gar nicht wissen. Erst jetzt wurde ihr Kopf so klar, dass ihr einfiel, dass sie nicht alleine gewesen war. Yaris fand sie schnell, wenn er auch über und über bedeckt mit dem hellen Dreck am Boden lag. An der Bewegung des Brustkorbs konnte man deutlich erkennen, dass er noch lebte und die Gelbe spürte auch, dass ihr Angriff gewirkt hatte, denn seine Aura strahlte keinerlei Magie mehr aus. Diese Magie musste wohl umgeleitete worden sein und dieses geheimnisvolle Tor geöffnete haben, schlussfolgte Runa. Als sie zwei Schritte weiter lief, entdeckte sie schließlich Spot, um den sie sich viel mehr sorgte, als um ihren ehemaligen Gefährten. Mit voller Kraft blies sie den Staub von dem zierlichen Körper.

„Spot?“ Ihre Stimme klang heiser und sehr leise. Sie stupste ihren besten Freund sanft mit der Pfote an, doch daraufhin kam keine Reaktion. „Spot, du kannst doch nicht…“

Wut überkam sie und wieder konnte sie ihre Kräfte nicht kontrollieren. Eine Druckwelle ging von ihr aus und mit einem Schlag war der Raum von dem feinen Weiß leer gefegt, nur an den Wänden lag es jetzt in einer dicken Schicht vereint.

„Lichtwolf!“, brüllte Runa. „Du trägst an all dem Schuld. Jetzt komm gefälligst und rette diese unschuldige Amsel. Das schuldest du mir.“

„Das kann ich nicht.“

Überrascht drehte sich die Wölfin um und erblickte tatsächlich das gerufene Wesen hinter sich. Wie immer strahlend schön schwebte es über dem Boden.

„Bei mir konntest du es auch.“

„Er ist nicht tot.“

Aufgebracht knurrte sie: „Er atmet nicht. Er ist kalt. Was ist er dann, wenn nicht tot?“

„Nimm ihn und bringt ihn nach Avalon. Dann wirst du verstehen.“

„Avalon?“ Ihr Blick schnellte zum Tor. „Aber…?“

„Du hast die Aufgabe erfüllt, die dir dein Schicksal gestellt hat. Das hier ist die Pforte zu Avalon, etwas was die Geschichte der Erdenwölfe maßgebend verändern wird. Eine Zeit der Magischen wird beginnen. Sie werden über die Rudel wachen und sie leiten, an ihrer Seite der König.“

„Artos“, flüsterte die Fähe.

„Artos und die, die ihm nachfolgen werden.“ Plötzlich verschwand das Lichtwesen, doch seine Stimme halte ihm noch nach: „Ich warte auf der anderen Seite.“

Verwirrt blieb die Zurückgelassene eine Weile einfach nur so stehen, dann nahm sie den Vogel ganz sanft ins Maul und wagte sich herüber zu dem Gebilde, das sie in eine andere Welt führen sollte. So wirklich begriff sie nicht, was das bedeutete, immerhin war sie eine normale Wölfin und kannte nur das, was es hier auf der Erde gab. Trotzdem wollte sie Spot retten und dafür würde sie alles tun. Vorsichtig streckte sie die Pfote aus und berührte den seltsamen Übergang. Es fühlte sich an wie eine sanfte Sommerprise, nicht unangenehm, wie sie es eigentlich erwartete hatte. Dann fasste sie all ihren Mut zusammen und ging mit geschlossenen Augen hindurch.



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