Zum Inhalt der Seite

Der Begierde hilflos verfallen

TheGazettE x MUCC
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Veränderte Realität

Heute verbringe ich die Pause alleine im Bandzimmer.

Mir ist nur allzu klar, dass Aoi mir jetzt erstmal aus dem Weg geht.

Aoi, Ruki und Reita.

Das wird immer besser…

Womöglich verstehe ich mich bald auch nicht mehr mit Kai und kann gleich die Band verlassen.

Aber…an diesen Albtraum will ich erst gar nicht denken.

Es wäre mehr als nur schrecklich…

Schließlich…ist das mein Traum. Nein, unser Traum.

Mit einer anderen Band…diesen Traum zu leben…käme für mich nicht in Frage.

Niemals.

Noch nie zuvor wie in dieser Sekunde…wird mir umso deutlicher…dass ich mich um meine Angelegenheiten in der Band kümmern muss. In letzter Zeit habe ich zuviel an Tatsuro gedacht…Ich…war zu egoistisch. Ich bin doch nicht alleine auf der Welt.

Doch…was kann ich nur tun? Wie kann ich…das jetzt alles wieder zurechtbiegen?? Wie…kann ich unsere bröckelnde Band retten??

Vielleicht…sollte ich damit beginnen erstmal die Sache mit Ruki zu klären.

Denn mir ist immer noch schleierhaft…wieso er eigentlich gegen meine Freundschaft mit Tatsuro ist. Das kann nicht nur wegen dem Label sein…

Sicher nicht. Es geht um etwas ganz Anderes. Tatsuro hat damit nichts zu tun…

Es muss einen plausiblen Grund geben.

Mühselig stehe ich von der Coach auf.

Ich muss Ruki finden und mit ihm reden.

Ich muss endlich lernen…Probleme in den Griff zu bekommen…

Lernen…nachzugeben…zuzuhören und aufhören immer nur mich in den Vordergrund zu stellen.

Um ehrlich zu sein…ich habe das Ganze satt.

Es soll endlich wieder so sein wie vorher!

Entschlossen schließe ich die Tür hinter mir und gehe den Gang entlang.

Ruki und die Anderen sind heute bestimmt in der kleinen Cafeteria, die sich im selben Stockwerk befindet.

Wäre sehr unwahrscheinlich, wenn sie sich ohne Fahrstuhl in den Erdgeschoss begeben haben…

Als ich am kaputten Fahrstuhl vorbeigehe, sehe ich einen Elektriker herumhantieren.

„Wurde aber auch Zeit.“

Im nächsten leeren Gang gehe ich an vielen geschlossenen Türen vorbei, hinter denen sich Büros befinden.

Alle haben Mittagspause.

Wenn jeder so faul ist wie wir, wird die kleine Cafeteria heute ganz schön voll sein…

Immernoch in Gedanken, vernehme ich überraschenderweise eine Stimme.

Ich bleibe stehen.

„Recht ungewöhnlich…“

Eigentlich ist hier in der Mittagszeit niemand.

Noch einmal höre ich jemand reden…aber diesmal muss ich verblüfft die Augen aufreißen.

Ich weiß wer das ist!

Das müsste Rukis Stimme sein…aber was macht er in den Büros??

Neugierig blicke ich in die Richtung der Stimme…und sehe auf eine Tür, die nur angelehnt ist.

Ich gehe auf sie zu und halte vor ihr inne.

Lauschend warte ich auf einen weiteren Laut…doch die Stimme scheint wieder verstummt…oder habe ich sie mir vielleicht nur eingebildet?

Einen psychischen Aussetzer kann ich jetzt schlecht gebrauchen…

Doch andererseits…wenn ich die Stimme wirklich gehört habe…ist das doch günstig. Immerhin wollte ich eh mit Ruki reden. Genau deswegen bin ich ja losgegangen.

Also drücke ich die Tür auf und…

…sehe vor mir ein leeres Büro.

Grummelnd rolle ich mit den Augen.

Und ich dachte immer…etwas Gehörtes kann man sich nicht zweimal einbilden.

Dazu kommt noch, dass hier anscheinend heute eh keiner arbeitet.

Die beiden Bürotische sind penibel aufgeräumt und nirgends hängen Jacken. Das Büro sieht einfach unbenutzt aus.

„Gngh!“

Erschrocken mache ich einen Hüpfer auf der Stelle.

Ich schaue noch mal um mich, bin aber nach wie vor alleine hier.

Woher kam also das Geräusch??

Kurz muss ich an einen Geist denken…oder an die vielen Horrorfilme…

Verunsichert betrachte ich die geschlossene Tür an der linken Seite, die zu einem Nebenzimmer führt…Es kann nur von dort gekommen sein…Also…wenn das Geräusch echt war…

In dem Moment muss ich meine Neugier irgendwie mal wieder verfluchen.

Sie bringt mich immer in Schwierigkeiten…und auch diesmal wird es nicht anders sein. Obwohl ich das weiß…befindet sich meine Hand schon auf der Türklinke.

Ich kann nichts dagegen tun…als würde alles…automatisch gehen. Wie von selbst.

Im nächsten Moment ziehe ich sie herunter.

Was ich dann sehe…

…lässt mich erstarren.

Niemals in meinem ganzen Leben…hätte ich gedacht, das zu erblicken.

So…widersprüchlich…so unmöglich ist es.

Ich dachte zumindest, es wäre unmöglich.

Anscheinend habe ich falsch gedacht…falsch vermutet.

Oder…könnte das nur eine kranke Fantasie von mir sein?? Eine sehr Kranke…eine sehr Abartige.

Jetzt…wäre mir ein Geist umso lieber gewesen…

Ein Geist, ein Monster…ein Vampir…was auch immer.

Aber…ich habe es ja gewusst.

Ich habe gewusst…dass mich meine Neugier mal wieder in eine Falle locken würde…
 

Ich bin so fassungslos…dass ich die Szene erst nur ungläubig betrachten kann…

Unterwürfig liegt der eine Mann auf dem Boden, die Hände vor seinem mit Wunden und Kratzern übersäten Körper gefesselt…die Beine angezogen…während der andere sich an ihn ohne jegliche Rücksicht vergeht. Das Gesicht ist schmerzerfüllt und trotzdem drängt sich zwischen den versucht unterdrückten Schmerzenslauten das eine oder andere gefällige Stöhnen.

Der Andere scheint seine Überlegenheit aus vollsten Zügen zu genießen. Keuchend fixiert er den leidenden Körper vor sich und muss bei jedem einzelnen Schmerzenslaut sadistisch grinsen. So als würden ihn nur die Schmerzen des Anderen interessieren.

Grinsend beugt er sich vor und drückt mit der Hand den Kopf des Anderen seitlich auf den Boden. Die Stimme klingt auslachend.

„Mein Hündchen…Du tust alles was ich will…“

Ich knirsche mit den Zähnen.

Das ist kein Mensch…das ist ein Teufel.

Ein Teufel…den ich solange unterschätzt habe…dem…ich so was nicht zugemutet hätte…

„Gn…Ruki!“

Zutiefst angewidert schließe ich schnell die Tür.

Automatisch halte ich mir die Ohren zu.

Wenn es doch wenigstens nicht Reita gewesen wäre…der dort auf den Boden liegt…und den Namen seines Peinigers ruft…

Es hätte jeder andere sein können…aber doch nicht er!

Das ist nicht der Reita, den ich kenne…

Das ist eine ganz andere Person…genauso wie die Person über ihn.

Es sind Fremde.

Eine Sekunde länger und ich hätte mich übergeben müssen.

Das…ist einfach nicht wahr.

Es kann nicht wahr sein…dieser…Albtraum…

Die Bilder verdrängend begebe ich mich wieder zurück in den Gang und eile ihn entlang.

Ich gehe am besten weiter zur Cafeteria…

Vielleicht sehe ich dort Ruki und Reita beim Essen…und habe mir die Szene gerade wirklich nur eingebildet.

Nur ein kleiner Aussetzer meines kranken Gehirns...

Naja…nettes Wunschdenken.
 

In der vollen Cafeteria sehe ich in der Mitte bei einem der Stehtische Kai und Aoi.

Unfreiwillig zieht der Schwarzhaarige sofort meine ganze Aufmerksamkeit auf sich...

Aoi…sieht schrecklich aus.

Abwesend blickt er auf einen unsichtbaren Punkt, während er ab und zu langsam einen kleinen gezwungenen Schluck von seinem Becher nimmt.

Eigentlich sollte ich nicht so überrascht sein…immerhin ist das mein Werk.

„Das habe ich wieder toll hingekriegt…Jemand sollte mir auf die Schulter klopfen.“

Über den eigenen Sarkasmus nicht mal selbst lächelnd, gehe ich zu ihnen.

Ich fühle mich so schuldig…dass ich nicht mal in Aois Richtung sehen kann, obwohl er mir sehr wohl einen Blick zuwirft. Ich hätte ihn nicht wieder ins Hier und Jetzt holen sollen…denn statt nur abwesend, wirkt er nun richtig kaputt. Mich nicht ertragend wendet er sich zur Seite.

Irgendwie…tut es sauweh. Aber ich habe es nicht anders verdient.

Es muss mir einfach wehtun.

Sonst ist es…irgendwie nicht fair.

Ein Seufzen runterschluckend drehe ich mich zu Kai, der nur widerwillig an einem Sandwich zu knabbern scheint.

Sein Anblick erschreckt mich.

Ich war so sehr auf unseren Gitarristen fixiert, dass ich vorhin nicht so sehr auf ihn geachtet habe.

„Kai…was-“

Meine Stimme scheint Aoi endgültig den Rest zu geben. Von den Augenwinkeln her sehe ich ihn abziehen…Mitten im Satz muss ich abbrechen.

Ich habe doch gerade erst einen traumatischen Schock erlitten! Doch das Schicksal scheint immer noch nicht quitt mit mir zu sein…

Es flüstert mir leise lachend ins Ohr…dass ich meine Strafe noch lange nicht gebüßt habe…

Verachtend und sich über mein Leid ergötzend.

Ich versuche mich innerlich noch zu fangen…während Kai im Gegensatz zu mir, Aoi hinter herruft.

Meine kurzzeitig verlorene Fassung hat er zum Glück nicht bemerkt.

„Aoi, wo gehst du hin?“

Ich höre nur noch wie er fast winselnd antwortet.

„Aufs Klo.“

Natürlich weiß ich, dass er wegen mir geht.

Er erträgt mich nicht mehr in seiner Nähe…

Ich habe ihn zu sehr verletzt…

…Wie…wie kann ich nur?

Ich…der größte Arsch Japans…

„Du wolltest…was sagen?“

Wieder durchzuckt mich innerlich ein Schreck, als ich Kais Gesicht erblicke.

Wieso sind mir seine dunklen Augenringe nicht schon heute früh aufgefallen??

Wieso…ist mir nicht schon vorher aufgefallen, dass er…so anders ist…?

Wo ist der Kai, der immer lächelt? Der immer fröhliche Stimmung verbreitet…?

Einen depressiven Kai gibt es nicht…

Wir waren doch vor der Pause alle zusammen im Bandraum…Er hat ein paar Dinge zur kommenden Tour abgeklärt…und den ungefähren Ablauf.

Ich kann mich nicht mehr genau erinnern…was er erzählt hat…Er hat zwischendurch Fragen gestellt…ob das so für uns ok wäre…

Ich frage mich…ob ihn denn jemand geantwortet hat…?

Oder…gar zugehört?

Es wird mir erst jetzt bewusst…

Als...hätte ich meine Augen erst heute geöffnet...

„Kai…es…es tut mir so Leid…“

Stumm knabbert er freudlos weiter an seinem Brot.

Glaube nicht, dass er mich gehört hat…Wie Aoi scheint er nun abwesend. Nicht richtig hier…obwohl…wir ihn als Bandleader mehr denn je brauchen…

Besorgt packe ich seine Hand.

„Kai, was ist nur mit dir??“

Ohne mich anzublicken zieht er seine Hand vor mir zurück.

„Ich…habe nur schlecht geschlafen…mehr nicht.“

Schluckend blicke ich nach unten… auf die weiße Tischoberfläche.

„Seit wie vielen Tagen schon, Kai?“

„…“

…Eine Antwort kommt nicht mehr.

Ich…weiß nicht…was ich dazu sagen soll…

Ich weiß nur…dass mir die veränderte Situation…die veränderten Bandmitglieder große Angst machen.

Eine Heidenangst.

Alles scheint so anders…so falsch.

So sollte alles nicht sein.

Doch die entscheidende Frage ist doch...Seit wann es schon so ist?
 

Ich sehe wieder auf, als sich jemand an unseren Tisch gesellt.

Sofort kassiere ich den stechenden Blick von Reita, der aufrecht an den Tisch steht.

Locker stützt er sich mit dem Unterarm am Tisch ab, während die andere Hand zur Faust geschlossen an seiner Hüfte anliegt.

Sein ganzer Körper ist provozierend in meine Richtung ausgerichtet.

Links neben ihm und zugleich zwischen uns beugt sich Ruki über seinen Kaffee, den er abgestellt hat.

Man könnte meinen, er würde von alldem nichts mitbekommen…von der Anspannung…doch das ist nur gespielt.

Zu behutsam schaut er auf seine Tasse und gießt zögerlich etwas Milch ein, während er eine Hand auf die von Reita legt. Diese kleine Geste scheint der einzige Grund zu sein, wieso dieser sich zurückhält. Ruki…die einzige Barriere zwischen uns…

Wirklich…wie eine Art Herrchen, der seinen Hund zurückhält…

Es ist so widerwärtig.

Ich kann es nicht verhindern von Reitas Gesicht runter auf sein ärmelloses dunkles Shirt zu blicken. Das er ärmellos trägt ist nichts Besonderes, das macht er sogar im Winter. Keine Ahnung wieso. Gehört wohl zu seinen Macho-Eigenschaften.

Was mich eher dazu bewegt, ist das auftauchende Bild von vorhin…im Büro. Unter diesem Shirt verstecken sich so viele Wunden…Die meisten sind halbwegs verheilt…und dennoch…kann ich seinen Körper so nicht sehen…so nicht…akzeptieren.

Was Ruki mit ihm anstellt…ist einfach grausam.

Es ist echt nicht akzeptabel.

Von beiden Seiten. Auch von Seiner.

Denn…wie kann er so was mit sich nur machen lassen??

Er sieht gar nicht so aus…nein…er ist nie so gewesen.

Ich kenne ihn doch.

Das ist nicht Reita, der dort steht.

Reita würde sich niemals jemandem unterwerfen…und erst recht nicht einem Mann.

Verwirrt wie ich jetzt über Ruki denken soll, sehe ich ihm dabei zu, wie er scheinbar seelenruhig in seinem Kaffee rührt.

Als…hätte er überhaupt keine Schuldgefühle. Als…wäre das, was er mit unserem besten Freund gemacht hat, völlig in Ordnung…

Ich will ihn schon fragen, ob er sich auch verändert hat…doch er würde den Kontext jetzt nicht verstehen.

„Ruki, kann ich mit dir reden?“

Er rührt unbekümmert weiter.

Reita hingegen fixiert mich intensiver als zuvor.

Das ergebene Hündchen…das zugleich als Wachhund fungiert.

Ich weiß nicht…was Ruki mit ihm gemacht hat…aber eines ist sicher. Er hat es gut gemacht.

Insgeheim frage ich mich…wie weit es geht…Wie weit würde Reita für ihn gehen? Zu was...wäre er nun fähig?

Ich schlucke bei dem Gedanken. Wahrscheinlich übertreibe ich nur...

Stattdessen sollte ich mich besser klarer ausdrücken und Ruki endlich dazu bewegen mit mir zu reden. Behaglich füge ich etwas hinzu.

„Unter vier Augen.“

Endlich hebt er seinen Kopf und sieht mich an.

„Du willst wirklich reden?“

Ich nicke stumm.

Plötzlich will Reita an ihm vorbei und auf mich los wie ein bissiger Hund, als er seinen Arm vor diesen ausstreckt.

„Akira!“

Abrupt hält dieser tatsächlich inne.

Was mich jedoch innerlich noch mehr entsetzt ist, dass Ruki Reitas echten Namen benutzt hat. Keiner darf ihn benutzen…außer Ruki…und ich. Aber wir hatten uns eigentlich gesagt, es den anderen gleich zu tun…

In diesem Augenblick…verspüre ich so was wie tiefe Eifersucht.

Ich habe das Gefühl…dass unser festes Dreiergespann…das seit unserer Kindheit besteht…nun nicht mehr existiert. Streit und Perversion hin oder her.

Die beiden haben mich einfach…fallen gelassen. Meine zwei besten Freunde…die mir…so verdammt wichtig sind. Sie haben mich fallen gelassen…und sich gegen mich verschworen…

Es scheint jetzt so...ausgeprägt. So…unwiderruflich.

Ich fühle mich wieder wie ein verletzbares Kind…

„Ok, reden wir.“

Schwach nickend folge ich Ruki.

Ich blicke nur einmal kurz über die Schulter, direkt in Reitas bedrohliche Augen.

Doch er bleibt gehorsam auf seinem Platz.

Ich wollte ihm entgegen rufen…dass ich seinen heiß geliebten Ruki schon nicht entführen werde…

Aber es wäre so kindisch rübergekommen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück