Tuesday - fourteen
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14.13
Er schrie. Die Qualen die er in diesem Moment waren schier unerträglich, und hätten die letzten fünf Jahre nicht stattgefunden würde er glauben nie etwas Grauenvolleres gespürt zu haben.
Anders als an den meisten anderen Tagen, hatten sie ihn heute nicht mit Gift voll gepumpt dass ihn vor lauter Krämpfen und Wahnvorstellung halb besinnungslos werden ließ, nein, heute war er bei vollem Bewusstsein, als sein Peiniger begann die Haut und das Fleisch auf seiner Brust, seinem Bauch und seinen Armen mit einem Stechbeitel auf- und abzureißen.
Eigentlich hatte sich das zunächst im Vergleich gar nicht so schlimm angefühlt, und er war jedes Mal wenn er „angebohrt“ wurde nur zusammen gezuckt und hatte gestöhnt, doch mit den letzten Treffern war sein linker Arm ganz durchbohrt worden (wobei der Knochen angeknackst wurde), sein rechtes Bein hatte ebenfalls tiefe Wunden davongetragen, und in diesem Moment wurde ihm das rostige Handwerkszeug in den Bauch getrieben.
Als der Schmerz geringfügig nachließ, und Shinichi begann sich zu fragen wie lange er wohl noch durchhalten würde, bevor sein Körper aufgab, kam – wie jedes Mal nach einer solchen Aktion, auch wenn Shinichi davon meist nichts mehr mitbekam – ein Krankenpfleger in den Raum, der seine Wunden versorgte, ihm aber keine fünf Minuten später wieder ein Gift injizierte.
Er kannte dieses Verfahren.
Er war noch nie mit einem Stechbeitel bearbeitet worden, doch das Verfahren blieb jedes Mal das gleiche…Messer, Eispickel, Zigaretten, Sägen…einmal sogar eine Bohrmaschine…mit so vielen Dingen hatten sie ihn schon gequält, ihn dann mit Gift oder Halluzinogenen voll gepumpt, und wenn er in den Abendstunden zu sich kam, hatten sie ihn wieder in seine Zelle geschmissen.
Inzwischen hatte er sich schon fast daran gewöhnt…Zumindest ausreichend, um die Krämpfe die das Gift in diesem Moment verursachte auszublenden, und sich in den Schaustoff zurück zu ziehen, der seinen Kopf und seine Ohren zu füllen schienen.
“Kaito…Du hattest doch recht…Ich hätte damals wirklich auf dich hören sollen!“, dachte er, in der leere seines Schädels, unfähig irgendetwas wahrzunehmen außer den grässlichen Erinnerungen vor seinem inneren Auge, und der Stimme in seinem Kopf.
“Hätte ich damals auf dich gehört, wären du, und der Kommissar, und…Mein Vater…Ihr wärt noch am Leben…“, dachte er deprimiert, und von tiefster Trauer erfüllt. Stumme Tränen rangen ihm übers Gesicht, und er spürte in sich eine Verzweiflung und Selbstschuld, der er nicht Herr werden konnte. “Was nützt mir jetzt die Tatsache dass ich nur mit besten Absichten gehandelt habe, und nur helfen wollte? Wegen mir sind drei – und weiß Gott wie viel mehr – Menschen ums Leben gekommen…Bin ich denn damit nicht selbst schon ein Mörder? Ich habe es gut gemeint, aber hätte ich nicht so entschieden wie ich entschieden habe, wären sie jetzt noch am Leben, und ich wäre nicht hier in Gefangenschaft…, führte sein inneres Ich weiter aus, und er begann langsam an seinen Ketten hin, und her zu schwingen. Die Trauer war überwältigend, und er verstand nicht, wie er überhaupt noch weiterleben sollte, mit einer derartigen Schuld die auf seinem Gewissen lastete.
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14.20
„Okay, hier bist du erstmal sicher…“ sagte Shuichi, und bedeutete Ran sich auf einen Stuhl zu setzen.
Nachdem Akai und Jodie die Agenten festgenommen hatten, waren sie mit Ran zusammen in einen Unterschlupf des FBI gefahren. Niemand hatte ein Wort gesagt. Jodie und Akai nicht, weil sie nicht wirklich etwas zu sagen hatten, was Ran nicht schon längst wusste, und Ran nicht weil sie den Eindruck hatte, dass es zunächst mal besser wäre die diplomatische Pause andauern zu lassen.
Ran setzte sich nicht.
Ihre Geduld war langsam am Ende.
Am vorherigen Abend hatte man ihr zugesichert dass man sie nicht überwachen würde, und nun dass! Sicher, wenn die beiden Mitarbeiter des FBI nicht dort gewesen wären wo sie waren, wäre Ran nun wahrscheinlich entweder Tot oder gefangen, aber das änderte nichts an dem Fakt, dass Ran sich eindeutig hintergangen fühlte, und ihr „Vertrauen“ in das FBI immer mehr in sich zusammenschrumpelte.
„Was soll das jetzt werden, hm?“ fragte sie, und ihr Blutdruck stieg langsam immer mehr in die Höhe.
„Wollen sie mir jetzt wieder einreden dass ich in ein Zeugenschutzprogramm soll, oder was? Sie haben mir gestern gesagt, dass ich weiter „frei rumlaufen“ dürfte, wie sie es ausdrückten, was ist damit? Sie sagten mir, ich würde über die weiteren Untersuchungen in Kenntnis gesetzt, also was ist damit?“, fragte sie den ausdruckslos schauenden Agenten wütend.
„Wärs das?“ fragte dieser nun ruhig, und sah ziemlich dicht an ihr vorbei. Er hatte ihrem kleinen Vortrag in aller Ruhe gelauscht, und obwohl ein Teil von ihm, - der sehr Pflichtbewusste, kalte Teil, - ihm sagte dass er sie einfach in Schutzhaft nehmen und ihr gar nichts sagen sollte, verspürte er dennoch den Drang ihr wenigstens einen keinen Beweiß zu liefern, dass ihre Suche nicht vergeblich war.
Verdammt…Ich wünschte sie wäre Akemi nicht so verdammt ähnlich…, dachte er betrübt, und sah nun direkt in ihre blauen Augen.
Ran schluckte kurz, hielt seinem Blick jedoch stand.
„Wie geht es Shinichi?“ fragte sie dann mit ruhiger, bestimmter Stimme.
Sie war sich sicher dass er es wusste, und er schien auch zu merken, dass er ihr diese Information nicht vorenthalten konnte…Und es seinem persönlichen Empfinden nach, irgendwie auch nicht dürfte.
Shuichi seufzte tief, und warf einen kurzen Blick zu seine Kollegin, die am anderen Ende des Schlauchartigen Raumes saß und ihrer Arbeit nachging. Er hatte so den Eindruck dass es ihr irgendwie nicht passen würde was er nun tat, doch dass war ihm ziemlich egal…In gewisser Weiße hatten sich in den letzten fünf Jahren ihre Rollen ein wenig vertauscht….
Nachdem er sich vergewissert hatte dass Jodie nicht hersah, holte er eine CD aus einem Umschlag, auf dem in roter Schrift „BEWEISMITTEL“ stand. Er legte sie in den PC, und startete eine Videodatei.
Ran sah nervös auf den Monitor. Das Video stammte offensichtlich eine Überwachungskamera. Das Bild war schwarzweiß, und im Moment zeigte sich lediglich ein leerer Raum, an dem seitlich ein paar Ketten hingen…
Dann sah man wie sich die Türe langsam öffnete, und eine Gestalt eintrat, und gleich darauf zwei weitere, massigere Gestalten hereinkamen, welche eine dritte, dünnere Person hereinschleppten.
Ran sah die Person, und wusste wer es war. Schon als Shuichi das Video gestartet hatte, war ihr klar gewesen, wen sie darauf zu sehen bekommen würde.
„Shinichi…“, murmelte sie leise, und traurig, als sie zusehen musste wie ihr Geliebter durch den Raum schleiften und ihn dann mit jedem Arm an einer Wand fest ketteten.
Einer der Männer lachte, und ein anderer holte ein Säge raus, und dann…
…stoppte Shuichi das Video ab.
„Glaub mir, das willst du nicht sehen.“ Sagte er entschieden.
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15.30
„Was soll das heißen, ihr habt den Kontakt verloren?“ fragte das BO Mitglied sauer. „Ihr seid nicht nur dazu in der Lage gewesen diese Frau zu entführen, nein, ihr sagt mir auch noch dass ihr den Kontakt zu unseren Leuten verloren habt?“ fragte Met wütend, und schien kurz davor zu sein jemanden zu erschießen.
„Tut uns Leid Sir, Aber sie antworten nicht mehr, wir glauben dass das FBI sie erwischt hat und…“ setzte der schmächtigere der zwei Mitarbeiter an, doch wurde er erneut von Met unterbrochen. „Ich will dieses Mädchen! Bringt mir dieses Mädchen damit wir den Schnüffler endlich umbringen können!“ brüllte er sie an, und die beiden Mitarbeiter verschwanden im Nu.
„Das ist doch einfach nicht zu fassen mit dem Personal heute…“ mümmelte Met in seinen Bart während er sich hinsetzte, als eine attraktive, Platinblonde Frau den Raum betrat.
“Was ist los Met, schlecht gelaunt?“ fragte sie mit einem leicht spöttischen Unterton in der Stimme.
„Ach..du bist’s…Nein, nicht direkt…Nur das üblcihe, du weißt ja wie es ist…“, sagte er in dem Versuch lässig zu klingen. Er hatte eine Schwäche für VErmouth, und er wollte nicht dass sie ihn für einen Waschlappen hielt.
“Tu ich das?“, fragte sie spielerisch, und schlich zu ihm, ein wenig wie eine Katze. „Was ist denn das Übliche, das dich so offensichtlich nervt?“, fragte sie schelmisch, und legte von hinten ihre Arme um seine Schultern. „Ach naja…diese Anfänger haben schon wieder einen Auftrag vermasselt den ich persönlich ausführen könnte ohne auch nur nachdenken zu müssen…“ sagte er, obwohl er mit den Gedanken viel eher bei Vermouth Brüsten war, die ihm sanft gegen den Rücken drückten.
„Ach herrje…Das tut mir wirklich sehr Leid…“ sagte Vermouth in gespieltem Mitleid, und zog mit einer Hand eine Pistole aus einer Tasche.
Sie fuhr ihm mit der anderen Hand langsam durch das mausgraue Haar, und setzte ihm dann sehr plötzlich die Pistole an die Schläfe. „…Aber ich fürchte, dein Tag wird von jetzt an ncoh schlechter werden.“, sagte sie während er spürte, wie sich das kalte Metall an seinen Schädel presste.