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Rockin' Heaven

von

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13
 

Chris war am Morgen schon weg gewesen. Er hatte nur einen Zettel hinterlassen.
 

Musste früh los. Wollte dich nicht wecken. Zieh die Tür hinter dir einfach zu, wenn du gehst.
 

Chris
 

Unpersönlich wie immer, dachte sie sich nur und sprang unter die Dusche. Als sie die Küche betrat, war sie sichtlich beeindruckt. Ein wunderschön gedeckter Tisch erstreckte sich vor ihr. Er musste sich wirklich Mühe gegeben habe. Er hatte Tee gekocht, Müsli und Brötchen standen bereit und eine rote Rose rekelte sich auf ihrem Teller. Nach ausgiebigem Frühstück machte sie sich auf den Weg nach Hause. Sie wollte gar nicht wissen, wie ihre Mutter reagieren würde. Sie war lange nicht über Nacht weg gewesen und dann auch noch ohne etwas zu sagen. Ob sie wohl wieder ihren Vater eingespannt hatte? Oder sie saß seelenruhig auf ihrem Sessel, strickte fröhlich vor sich hin und würde sich ihren Teil denken. Wie damals, als sie das erste Mal bei Lucas übernachtet hatte. Unterschiedliche Gedanken schossen ihr durch den Kopf, während sie so die Straße herunterlief. Diese waren nur die harmlosen. Immer wieder musste sie an die heiße Nacht denken, an seinen schweißnassen Körper und die starken Arme, in denen sie geschlafen hatte. Aber auch an die Wut, die Verzweiflung und die Tränen des letzten Tages. Das erste Mal hatte auch Chris eine andere Seiten von sich gezeigt. Dann noch das Horrorhaus. Wieder kam es ihr in den Sinn. Trotz das sie Chris irgendwie versprochen hatte, wenn auch nur vor Angst, nicht wieder dorthin zu gehen, interessierte sie dieses Haus immer noch. Und was sie noch mehr interessierte, wer war die Person, die immer durch das Haus schlich und warum schien Chris genau zu wissen, wo sie war? Wusste er auch am ersten Tag, dass sie mit Ginger da war? Hatte er den Krach in der Küche verursacht?
 

Im Haus war es vollkommen still. An scheinend war keiner zu hause. Marika war leicht verwundert.

„Hatte meine Mutter gestern was gesagt? Ich habe zur Zeit echt nur ein Brett vor dem Kopf.“

In der Küche fand sie einen Zettel.
 

Hallo mein Schatz! Bin beim Sport und gehe mit einer Freundin danach etwas essen. Bin mir noch nicht sicher, wann ich wieder zu hause bin. Deine Mama
 

Jetzt viel es ihr wieder ein. Davon hatte ihre Mutter ja schon lange vorher gesprochen, weil sie sich so auf ihr neue Freizeitaktivität gefreut hatte. Aber was wunderte sie sich eigentlich über ihre Vergesslichkeit, schließlich war in der letzten Zeit soviel passiert.

Einige Tage vergingen, ohne dass sie noch einmal zu diesem Haus gegangen war, auch wenn sie manchmal stundenlang über nichts anderes nachdachte. Auch Chris schien wie vom Erdboden verschwunden zu sein. Seit der Nacht hatte er sich nur noch einmal gemeldet, und zwar am Abend, um sich zu erkundigen, ob sie gut nach Hause gekommen sei. Marika versuchte sich keine weiteren Gedanken deswegen zu machen, denn schließlich war es nicht das erste Mal. Chris hatte ja auch noch ein Leben neben ihr. Seine Arbeit nahm ihn anscheinend auch immer sehr in Anspruch. Er meinte wohl mal, er arbeite mit Computer. Wahrscheinlich so ein EDV-Typ oder so. Marika hatte davon ja nie wirklich Ahnung gehabt. Aber das Wort Arbeit brachte auch ihrer Mutter ins grübeln.

„Sag mal Schatz. Du hast doch noch solange Zeit, bis du deine Ergebnisse bekommst und es dann weitergeht. Willst du nicht ein bisschen jobben gehen? Wäre doch mal eine gelungen Abwechslung in deinem Leben.“, forderte sie fröhlich.

Es dauerte keine zwei Tage und schon stand sie beim Lieferservice des besten Pizzabäckers der Stadt.

„Also! Es gibt nicht viel zu sagen. Du bekommst ein Fahrrad und einen kleinen Stadtplan und lieferst dann die Pizzen an die Leute aus. Klaro?“ „Joar.“ ‚Bin ja nicht völlig behämmert.’ Sie sah durch diese Beschäftigung Teile der Stadt, in die sie niemals Einsicht haben wollte und sträubte sich dagegen nach Einbruch der Dunkelheit auszuliefern.

Nicht nur, dass in bestimmten Teilen der Stadt, die Leute nur auf so was wie sie warteten. Nein! Auch ihr Vater hatte wieder mal eine Warnung rausgeschickt. Nachdem sich der Aufruhr wegen dem entflohen Straftäter wieder gelegt hatte und davon ausgegangen wurde, er sei wieder aus der Stadt geflüchtet, sollen ihn jetzt vereinzelt Bürger erkannt haben. Er wurde jedoch immer noch nicht gefasst und ihr Vater sorgte sich natürlich.

„Zwei Wochen!! Verstehst du das?! ZWEI GANZE WOCHEN!!!! Du glaubst gar nicht, wie mich der Geruch von frisch gebackener Pizza ankotzt.“

„Dafür haust du aber ordentlich rein!“, lachte Ginger.

„Alles Frust. Ich glaub ich hab auch schon richtig gut zugenommen.“ Ginger hatte kurz vor Marikas Feierabend noch eine Pizza bestellt, um Marika auch mal wieder zu sehen. Seit der Sache mit dem Horrorhaus hatten sie nur noch telefoniert, weil einer von beiden immer keine Zeit hatte.

„Was ist eigentlich mit dir und diesem Kai geworden? Hast bist jetzt noch gar nichts weiter erzählt.“, neckte Mari ihre Freundin.

„Ach, ganz gut.“, versuchte diese sie abzuwimmeln.

„Oh nein! Versuch das nicht! Du weißt doch wie anstrengend ich da werden kann, wenn man mir nicht alles haarklein erzählt – Zumindest, wenn ich es auch wissen will.“

„Na ja, wir haben uns noch ein paar Mal getroffen und jetzt gehen wir halt miteinander.“

„Ui, der alte Steinzeitbegriff aber total süß.“

„Und bei dir? Hat er sich mal wieder gemeldet?“

„Nicht wirklich. An sein Handy ist nicht rangegangen, nur auf ein paar meiner SMS hatte er geantwortet. Er hätte zurzeit viel auf Arbeit zu erledigen und wäre immer erst spät zu hause. Aber wenn er wieder ein bisschen Freiraum hat, will er sich melden.“ Ihr Handy klingelte.

„Das wird er doch wohl nicht sein! Hallo Baby, hab endlich Zeit! Lust auf eine kleine Spritztour?“, meinte Ginger lachend mit verstellter Stimme. „Erstens redet er so nicht und zweitens hat er vor sieben nie Feierabend.“

Ginger zuckte nur mit den Schultern und ließ sich in den Stuhl zurückfallen. Auf dem Display des Handys stand nur Nummer unterdrückt.

„Hallo?“

„Hallo Marika….“

„Hallo?? Wer ist da?“

„Ich hab eine Überraschung für dich. Du weißt wo!“ Mit einem Satz stand Mari.

„Was wollen Sie? Hallo?“ Das Freizeichen war zu hören.

„Alles okay?“

„Nicht wirklich. Irgendein Spinner, der mich anscheinend kennt.“

„Und was wollte er?“

„Anscheinend hat er eine Überraschung für mich und ich soll wohl wissen wo.“

Die Fragezeichen über Gingers Kopf stapelten sich nur so hin.

„Schau mich nicht so an. Ich hab keine Ahnung wovon der gesprochen hat. Obwohl…“

„Was!?“

„Die Stimme kam mir irgendwie bekannt vor. Ich glaub, der hat mich schon mal angerufen.“

„Was glaubst du, hat der mit dieser Überraschung gemeint.“

„Is mir echt voll egal. Langsam glaub ich echt, ich hab einen Magneten am Hintern für Durchgeknallte. Chris ist zwar jetzt handlicher und ein wenig verständlicher, aber irgendwie ist bei ihm auch noch was im Busch und jetzt kommt der nächste Idiot und nervt. Echt, das kotzt mich gerade voll an.“

„Was machst du jetzt?“

„Na ja…“ Ihr Handy klingelte erneut. Voller Wut nahm sie ab.

„Jetzt pass mal auf, du Trottel!“

„Entschuldigung? Ich glaube wohl, ich hab mich gerade verhört!“ Diesmal war es der Chef der Pizzeria.

„Oh, ich bitte vielmals um Verzeihung! Ich dachte, sie wären jemand anderes.“

„Das will ich jawohl hoffen. Ich wollte nur Nachfragen, ob mit morgen alles klar geht und ich mich auf dich verlassen kann.“

„Natürlich. Ist doch kein Problem für mich.“ Nach nochmaliger Entschuldigung legte sie auf und ließ sich auch wieder auf dem Stuhl nieder, um den Kopf auch gleich auf den Tisch fallen zu lassen.

„Ich hatte fast vergessen, dass ich morgen den Laden führen muss.“ „Bitte? Du arbeitest doch noch gar nicht solange da und eigentlich doch auch als Lieferant.“

„Ja, aber er hat zu mir das meiste Vertrauen, weil meine Eltern und er, die kennen sich doch schon ewig und ich bin ja so zuverlässig. Na ja, auf jeden Fall hat er morgen einen wichtigen Termin außerhalb und da hab ich zugesagt, auf den Laden zu achten.“

„Du traust dir was.“, lachte Ginger nun wieder.

„Okay! Ich mach mich dann mal nach Hause. Wird schon dunkel und so wie ich meinen Vater kenne, macht der heute mal wieder Visite.“

„Alles klar. Aber sei vorsichtig, ja? Du weißt schon…wegen diesem Anruf und so.“

„Ja ja.“, winkte Marika nur ab, schwang sich auf ihr Rad um loszufahren. Es dämmerte immer mehr und auch die Straßenlaternen waren schon angegangen. Nach langer Zeit fuhr sie an diesem Abend an dem Haus vorbei und wurde auch gleich wieder von diesem gefangengenommen. Sie lehnte ihr Fahrrad an die Mauer und blickte dann vom Tor aus auf das verfallene Haus. Warum nur wollte Chris nicht, dass sie sich hier aufhält? Sie verstand es einfach nicht. Hatte er vielleicht einen Bezug zu diesem Haus? Vielleicht wohnte ja damals ein guter Freund von ihm hier oder hatte einfach nur Angst, dass dieses alte Ding einstürzen könnte. Auch wenn ihr Drang noch so groß war, sie versuchte es zu unterdrücken und wollte sich gerade zum Gehen drehen, als sie oben am Fenster etwas sah. Erst ein kleines Licht, dann schien sich der Vorhang zu bewegen. Also hatte sie sich die letzten Male wirklich nicht eingebildet, dass da jemand im Haus herumlief. Jetzt wollte sie es wissen! Wer war die Person, die der Geist des Hauses zu sein schien. Schnell schnappte sie sich ihr Rad und fuhr um die Ecke. Dort war ein kleiner Absatz von dem aus man über die Mauer sehen konnte. Eine lange Zeit passierte nichts. Marika wollte schon aufgeben, da sie der Meinung war, die Person hatte den hinteren Ausgang genommen. Ihr Telefon klingelte. Wieder unbekannter Teilnehmer. Nun hatte sie wirklich genug. Dem würde sie jetzt mal richtig die Meinung geigen.

„Wer zum Teufel noch mal ist da?“

„Na na, man sollte nicht zu leichtfertig mit den Namen des Bösen umgehen.“

„Gut zu wissen.“

„Marika, willst du dir denn gar nicht deine Überraschung ansehen?“ „Klar, ich hab ja auch sonst nichts zu tun, du Spinner.“

„Ich dachte vorhin, du kommst sie dir ansehen. Schließlich standest du ja so voller Anmut und Begeisterung vor meinem Haus.“ Hatte er da gerade meinem Haus gesagt? Marika hatte nur vor einem Haus gestanden und das war das gleiche Haus gewesen, vor dem sie sich jetzt auch befand.

„Sag mir endlich was du von mir willst oder ich ruf die Polizei! Verstanden!“

„Du solltest lieber einen Krankenwagen rufen.“ Nach diesem Satz beendete er das Telefonat und Marika sah ein Auto mit quietschenden Reifen vom Grundstück wegfahren. Überraschung? Krankenwagen? Was war hier nur los?! Sollte sie es wirklich wagen und in das Haus gehen? Meinte er, sie solle einen Krankenwagen für sich rufen, nach dem Motto – Wenn du hier wieder lebend herauskommst! – Aber wenn dieser Kerl am Telefon derselbe gewesen war wie der im Wagen mit der Schallgeschwindigkeit, dann wäre der Arzt nicht für sie gedacht. Nach langem Hin und Her konnte sie sich selbst einfach nicht zurückhalten. Sie musste wissen, was gemeint war. Langsam betrat sie den Flur des Hauses. Da es nun schon fast um acht war, konnte man in dem Haus ohne Lampen natürlich kaum was erkennen. Als sie den Flur hinunterging, hatte sie das erste Mal vollen Respekt vor dem alten und kaputten Gemäuer. Jetzt verstand sie, warum es Ginger nicht noch einmal in dieses Gebäude verschlagen würde. Es war einfach bedrohlich. Trotzdem riss sich Marika zusammen. Und versuchte so wenig Angst wie nur möglich an sich heranzulassen. Unten schien alles ganz normal zu sein, zumindest sah sie weder im Wohnzimmer noch in der Küche etwas Ungewöhnliches. Als sie sich der Treppe näherte, bekam sie ein sehr flaues Gefühl in der Magengegend. Abstieg und Aufstieg nahmen sich nun vom Gruselfaktor überhaupt nichts mehr und wirkten wie ein alles verschlingendes schwarzes Loch. Es dauerte ein paar Atemzüge und paranoide Drehungen, bevor sie sich den Mut zusammengesammelt hatte die Treppe hinaufzusteigen. Oben hatte sie schließlich das kleine Aufblitzen und den wackelnden Vorhang gesehen. Der Flur im oberen Bereich des Hauses war völlig düster. Langsam tastete sie sich an der Wand entlang. Jedes Bild das sie berührte, brachte einen leichten Schauer mit sich, der sich über ihren gesamten Körper verteilte. Marika hatte das erste Zimmer auf der linken Seite fast erreicht, als sie über etwas stolperte. Es schepperte kurz und ein leichter Schmerz durchzog ihr Bein. Anscheinend hatte jemand einen Blumentopf aus dem Wohnzimmer hier hingestellt.

„Idiot, verdammter. Das büßt der mit noch.“ Sie stand wieder auf und merkte nun einen sehr intensiven stechenden Schmerz im Schienbein. Sie rieb sich die schmerzende Stelle und sah gleichzeitig zu dem Raum, in dem sie die Bewegung festgestellt hatte, der Raum wo, wohl damals der Brand begonnen hatte. Vorsichtig humpelte sie zu dem Zimmer und sah hinein. Es war jedoch auch dort zu dunkel, um etwas zu erkennen, da der Vorhang immer noch zugezogen war. Also musste sie ihn wohl öffnen. Als sie sich auf das Fenster zu bewegte, spürte sie einen leichten Luftzug. Hatte sich da etwas hinter ihr bewegt? Sie konnte den Gedanken gar nicht wirklich zu ende bringen, da merkte sie schon eine Hand auf ihrer Schulter. Vor Schreck schrie sie auf, sprang in Richtung Fenster und sah in den Raum.

„Marika?“ Diese Stimme. Das junge Mädchen konnte erst gar nicht reagieren, so tief saß der Schreck. Doch dann nahm sie sich zusammen und öffnete den Vorhang. Sie wusste, sie kannte die Stimme.

Chris stand an die Wand gelehnt, eine große stark blutende Platzwunde am Kopf.

„Oh Gott. Chris, was machst du denn hier.“ Er hielt sich den Kopf und atmete schwer.

„Zeig mal. Das sieht echt nicht gut aus. Ich ruf einen Krankenwagen. Los, setz dich auf den Boden.“

„Sie haben den Notruf gewählt. Mein Name ist Franke, was kann ich für sie tun?“

„Ja, hallo. Mein Name ist Marika und sie müssen schnell einen Krankenwagen zum Eichenweg 8 schicken. Mein Freund hat eine stark blutende Platzwunde am Kopf.“

„Wissen Sie was passiert ist?“

„Nein, ist mir gerade auch egal“, auch wenn es gelogen war, „er hat Schmerzen, also beeilen sie sich!“ Sie legte auf und streichelte über seine linke Wange.

„Was tust du hier?“

„Dir helfen?“, meinte sie süß und lieb.

Er sah sie daraufhin an.

„Sei nicht böse. Ich erkläre dir das nachher. Jetzt müssen wir erst einmal hier raus. Komm!“ Draußen setzten sie sich auf den Treppenaufstieg und warteten auf die Rettungskräfte. Jetzt wusste sie wenigstens was der Blumentopf oben zu suchen hatte.

Die Rettungskräfte waren schon nach kurzer Zeit da und nahmen beide mit ins Hospital. Dort stellte die angeforderte Polizei ein paar recht unangenehmen Fragen. Beide wurden natürlich unabhängig voneinander befragt, was Marika nervös machte. Sie wusste nicht, was sie dem Beamten erzählen sollte. Schließlich wusste sie auch nicht, was Chris sagte. Nachher würde es ihm Schaden, wenn sie was Falsches erzählen würde. Glücklicherweise war ihr Vater auch mit von der Partie. Er war es auch, der mit ihrem Freund gesprochen hatte. Als er aus dem Zimmer kam, sprang sie sofort auf.

„Und? Was hat er gesagt?“

„Nicht viel.“

„Wie immer.“

„Was wolltest du auf diesem Grundstück?“ Marika sah zur Seite.

„Weißt du, also ich...“ Sie sah ihren Vater kurz an. Man konnte der das gut. Verhören und nicht locker lassen. Das konnte sie noch nie leiden. „Mich hat jemand angerufen.“

„Der dir gesagt hat, wo er ist.“

„Nein. Er kannte meinen Namen und meinte, er hätte eine Überraschung. Ich wüsste wo. Später hat er dann wieder angerufen und gemeint, ich solle mir die Überraschung ansehen kommen und gleich einen Krankenwagen bestellen.“

„Aber du weißt nicht, wer es war.“ Sie schüttelte den Kopf. Die Sache mit dem Haus ließ sie aus gutem Grund weg. Ihr Vater musste nicht erfahren, dass sie mal aus Langeweile in ein leer stehendes Haus einbrach.

„Kann ich jetzt zu ihm?“ Ihr Vater schien nicht sehr begeistert. Anscheinend hatte er mitbekommen, dass Chris nicht so normal war, wie es sonst schien.

„Na gut. Aber nicht zu lang. Ich fahr dich dann gleich nach Hause.“

Mit gemischten Gefühlen betrat sie den Raum. Was würde jetzt wohl kommen. War er immer noch böse oder eher froh. Ruhig und langsam näherte sie sich dem Bett. Er lag auf dem Rücken und hatte beide Hände auf seiner Stirn liegen und die Augen geschlossen.

„Hast du starke Schmerzen?“ Er öffnete die Augen, lächelte kurz und hielt ihr seine linkte Hand hin. Freudig nahm sie diese und setzte sich auf den Rand des Bettes. Er sah sie die gesamte Zeit nur an, ohne auch nur einmal seine Miene zu verändern.

„Mein Vater kann ziemlich unangenehme Fragen stellen, oder? Also mich macht er damit immer fertig.“ Wieder keine Antwort.

Es schien so, als warte er auf was ganz Bestimmtes. Sie wusste auch auf was, schließlich war sie es selbst gewesen, die meinte es ihm später zu erzählen. Also erklärte auch sie ihm die ganze Sache mit den Anrufen. Danach schien er noch nachdenklich als sonst, während er so an die Decke starrte. Marika streichelte ihm währenddessen beruhigt über seine Hand. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass diese fast bis zum Ellenbogen auch bandagiert war. Stutzend sah sie die andere an. Auch diese hatte solch einen leichten Verband angelegt. Sie versuchte sich zu erinnern, ob er auch an den Händen verletzt gewesen war. Nein, nur am Kopf hatte er die Verletzung.

„Sag mal. Was ist eigentlich mit deinen Händen.“

„Was soll damit sein?“ Seine Antwort kam völlig emotionslos, während er sich aufsetzte.

„Na ja, sie sind bandagiert.“

„Und?“

„Entschuldige das ich frage, aber nachdem ich mich noch nicht mal beschwert hatte, dass du deine dämlichen Handschuhe sogar während wir es miteinander getan haben nicht ausgezogen hast, dachte ich du würdest vielleicht doch mal die Güte besitzen mit mir zu sprechen.“

Sie war aufgestanden und zum Fenster gegangen. Stur sah sie aus dem Fenster und wollte diesmal auch nicht nachgeben. Schließlich hatte sie dies oft genug getan und nun wollte sie endlich Antworten.

„Es fällt mir einfach schwer darüber zu sprechen.“

Marika zuckte leicht zusammen, da sie mit einer Antwort in diesem Moment nicht gerechnet hatte. Sie drehte sich wieder zu ihm.

„Über was?“

„Alles. Die ganzen Dinge die mal waren. Ich bin froh, dass du soviel zurückgesteckt hast. Auch wenn ich heute nicht an diesen Stellen verletzt wurde, vor lange Zeit schon.“

Marika viel es in diesem Moment noch viel schwerer als sonst seinen Worten zu folgen. Seine leise und raue Stimme brach immer wieder ab und die schwere in ihm war sehr gut zu erkennen. Gerade als die junge Frau beschloss sich wieder zu ihm auf Bett zu gesellen, öffnete sich die Tür.

„Entschuldigt, wenn ich störe, aber wir müssen jetzt wirklich los.“

Ihr Vater konnte echt in den dümmsten Momenten auftauchen. Leicht geknickt nickte Marika.

„Ich komm morgen auf jeden Fall vorbei.“ Er lächelte in sich hinein und sah sie nicht weiter an.
 

„Marika!! Was machst du denn immer?! Ich bin hier bald gestorben vor Sorge!“

Jonas hatte Kira also Bescheid gegeben. Hätte sie sich ja denken können. Er kann auch nichts für sich behalten.

„Ist doch alles okay. Nichts weiter passiert. Kann ich hoch?“

Ihre Mutter schüttelte verständnislos den Kopf. „Von mir aus. Ach, mir fällt gerade ein, dass ich dich ja noch an was erinnern sollte.“

„Und was?“, entsprang es ihr völlig genervt.

„Du sollst nicht vergessen morgen eine Stunde früher im Laden zu sein. Luigino will dir noch etwas erklären bevor er morgen fährt.“

„Ach so.“ Sie winkte ab und ging nach oben, schmiss sich auf ihr Bett und starrte die Decke an. Sie war gereizt, weil ihr Vater unbedingt im wichtigsten Moment in dieses dumme Patientenzimmer kommen musste, nur um sie nach Hause zu bringen und noch Volksreden mit ihrer Mutter zu halten. Sie war sich sicher Chris hätte ihr erzählt was ihn so bedrückt und warum er so komisch war. Jetzt musste sie bis zum nächsten Tag warten und das passte ihr gar nicht. Sie schreckte hoch, stöhnte und haute sich ein Kissen ins Gesicht.

„Verdammt! Die blöde Pizzeria!!!! Wer weiß wann ich da raus komme! Ach nö…“ Sie griff zu ihrem Handy um Chris noch schnell anzurufen und ihm zu sagen, dass es wohl später werden könnte.

Der Arzt meinte ja eh, er müsse noch den Rest der Woche dort bleiben, weil eine Gehirnerschütterung doch nichts ist, was man auf die leichte Schulter nehmen sollte. Das Freizeichen war zu hören aber niemand nahm ab. Sie ließ es bestimmt fünf Minuten tuten. Keine Reaktion am anderen Ende. Vielleicht schlief er ja schon. Eine kurze Nachricht getippt, dass sie morgen Vormittag noch mal anrufen würde und auf jeden Fall gegen Abend noch mal vorbei kommt. Dicker Smiley und ab die Post.



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